Protocol of the Session on March 13, 2019

Wir von der AfD haben mit unseren Wahlerfolgen der CDU - der unglaublich zähen CDU - und unserem Land geholfen, diese Katastrophengestalt wenigstens schon einmal aus dem CDU-Vorsitz hinauszudrängen.

(Vereinzelt Lachen bei der CDU.)

Wir haben Ihnen geholfen, sonst würden Sie so weitermachen mit dieser Dame. Die anderen finden das sowieso alles wunderbar.

(Zurufe und erneutes Lachen.)

Ich sage Ihnen noch etwas, da können Sie auch schmunzeln: Zwar hätte die CDU mal wieder einen Mann gebraucht,

(Oh-Rufe)

oder zumindest eine Frau mit politisch männlichen Eigenschaften,

(Aufgebrachte Zurufe vor allem der Abgeordne- ten Schramm (DIE LINKE) und Spaniol (DIE LIN- KE))

aber die saarländischen Delegierten, die FrauenUnion und eine ganze Menge Merkel-Versteher haben sich nochmal ein Frauchen als Chef gewählt.

(Weitere empörte Zurufe von den Regierungs- fraktionen und der LINKEN.)

Ja, beruhigen Sie sich. - Eine Frau, die noch kurz vorher sagte, dass zwischen sie und Merkel kein Blatt Papier -

Herr Kollege Müller, die Bezeichnung „Frauchen“ ist in dieser Diskussion unparlamentarisch. Ich bitte Sie, wieder zu einem parlamentarischen Sprachgebrauch zurückzukehren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Eine Frau also, die noch kurz zuvor sagte, dass zwischen sie und Merkel kein Blatt Papier passt, und die eigentlich für ihre fünf gewählten Jahre im Saarland bleiben wollte.

(Abg. Heib (CDU) )

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Was hat das mit dem Thema zu tun?)

Bis auf andere Sprüche ändert sich bisher auch noch nichts. Die Grenzen Europas und Deutschlands sind immer noch nicht geschützt, das bringt diese EU nicht fertig, das ist ganz, ganz, ganz schwierig. Die zerstörerische Politik geht weiter, auch in anderen Politikfeldern. Sie aufzuzählen würde hier den Rahmen sprengen. Ich empfehle stattdessen eine Publikation, die ausführlich die katastrophale Merkel-Politik beschreibt. Führen Sie sich die mal bei Gelegenheit zu Gemüte, Tichys Einblick, sehr ausführlich und sehr treffend.

Bei den Aufräumarbeiten, die jetzt anstehen, müssen wir von der AfD natürlich auch mitmachen. Wir stimmen deshalb notgedrungen für das Gesetz, dass Sie heute hier eingebracht haben. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD. - Abg. Renner (SPD) lacht: Ihr seid Mitmacher - der Mitmacher-Apparat!)

Für die SPD-Landtagsfraktion rufe ich die Kollegin Isolde Ries auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Redebeiträge von Rechtsextremisten gehe ich grundsätzlich nicht ein. Ich denke, wir sollten uns auch nicht auf dieses Niveau begeben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Landesregierung hat uns den Gesetzentwurf für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreiches, Großbritannien und Nordirland, aus der EU zur Beratung und Abstimmung in Erster und Zweiter Lesung vorgelegt. Viele von uns Sie haben es ja angesprochen - stellen sich nun die Frage: Muss man über diesen Gesetzentwurf heute überhaupt noch abstimmen? Immerhin hat gestern das britische Unterhaus das Austrittsabkommen zum zweiten Mal mit einer satten Mehrheit abgelehnt - am 15. Januar zum ersten Mal, gestern zum zweiten Mal. Heute wird das Unterhaus darüber abstimmen, ob es einen No Deal geben soll. Ich habe mir gestern die Debatte im Unterhaus angetan. Da hat sich Boris Johnson, der ehemalige Bürgermeister und Außenminister, voll für einen No Deal ausgesprochen. Er wird sicherlich auch heute Abend in der Debatte das Wort für einen No Deal ergreifen. Ich hoffe, dass die meisten vernünftig sind und dass es heute Abend anders ausgehen wird.

Morgen wollen die Briten dann über eine Verschiebung des Brexits abstimmen. Das können sie eigentlich gar nicht alleine, weil für eine Verschiebung des Brexits alle 27 EU-Länder zustimmen müssen.

Es stellt sich in der Tat die Frage: Was wollen die denn mit dieser Verschiebung? Die kann ja höchstens bis Mai gehen - das sehe ich auch so -, weil dann die Wahlen folgen. Was soll denn diese Gnadenfrist überhaupt bringen? Sie wollen ja das Austrittsabkommen überhaupt nicht. Es kann aber nicht aufgeschnürt werden. Juncker hat gestern zu Recht gesagt: Wir haben euch eine zweite Chance gegeben, eine dritte wird es nicht geben. - Deshalb wird, je länger es dauert und je näher der 29. März kommt, ein No-Deal-Brexit sehr wahrscheinlich.

Das vorliegende Gesetz, zugegebenermaßen ein sehr schlankes Gesetz, soll nur in dem Fall für Rechtsklarheit sorgen, wenn es einen geregelten Austritt gibt - der im Moment aber in weiter Ferne liegt. Das Gesetz basiert nämlich auf der Annahme, dass es ein Austrittsabkommen mit anschließender Übergangsfrist gibt, entweder bis 2020 oder vielleicht sogar 2022. Und die Hoffnung stirbt zuletzt, deshalb werden wir heute auch über dieses Gesetz abstimmen.

Mit dem Gesetz soll klargestellt werden, dass das Vereinigte Königreich und Nordirland im Landesrecht während dieser Nachfrist, die im Austrittsabkommen vorgesehen ist, in der Übergangsphase bis 2020 oder 2022 so zu behandeln ist wie ein EULand, ohne dass sie eigene Rechte haben. Das heißt insbesondere auch, dass die Rechte der bei uns lebenden britischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger - darum machen wir ja das Gesetz - im Wesentlichen unverändert bleiben. Eine Ausnahme hiervon sieht der Gesetzentwurf vor. Es heißt, das aktive und passive Wahlrecht bei der Kommunalwahl wie auch bei der Europawahl gilt nicht mehr. Britische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die im Saarland leben, können somit nicht mehr an den Kommunalwahlen am 26. Mai teilnehmen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf trägt auch dem Umstand Rechnung, dass der Ausgang der Brexit-Verhandlungen total ungewiss ist. Die Landesregierung hat das Inkrafttreten des Gesetzes an das Zustandekommen des Austrittsabkommens geknüpft. So sehen es auch die anderen Länder vor. Das heißt, das saarländische Brexit-Übergangsgesetz tritt nur dann in Kraft, wenn das Europäische Parlament und das britische Unterhaus diesem Austrittsabkommen zustimmen.

(Zuruf.)

Zwei Wochen haben wir noch Zeit, genau. - Und noch einen Vorteil hat dieser - wie es rechtstechnisch heißt - dynamische Verweis auf das Austrittsabkommen. Er gewährleistet auch die notwendige Flexibilität, falls es zu einer derzeit immer noch nicht absehbaren Änderung der Sach- oder Rechtslage kommen sollte. Das heißt, dass der Vertragstext modifiziert wird im Rahmen des Backstop oder in Form

(Abg. Müller (AfD) )

einer Verschiebung des Austrittsdatums. Da muss man nichts ändern, da ist dieser Gesetzentwurf dynamisch genug.

Kolleginnen und Kollegen, ob ungeregelt oder geregelt, der Brexit trifft auch uns hier im Saarland. Herr Flackus hat es angedeutet, er trifft vor allem die Automobil- und Zulieferindustrie. Negatives Paradebeispiel sind ja - leider - die Ford Werke. Einen dramatischen Exportrückgang im Handel mit Großbritannien gibt es ja schon jetzt. Waren die Briten unser erster Handelspartner, ist das seit einem Jahr wieder Frankreich - das hat schon dazu geführt. Die Importe aus Großbritannien sind auch deutlich eingebrochen.

Diese Hängepartie ist zudem ein nicht zu unterschätzendes Problem für viele Bürgerinnen und Bürger, nämlich für Familienbesuche, für Urlaube, für Studienaufenthalte, für Schüleraustausche und für vieles mehr. Ich kenne ganz viele in meiner Bekanntschaft, die jetzt wegen dieser Unsicherheit die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt haben, so viele wie nie in der Vergangenheit. Es wird für die Betroffenen in der Praxis noch viel schwieriger werden. Es war gestern in der Zeitung zu lesen: Was passiert mit den 14.000 jungen Europäern, die gerade Stipendiaten des Programms Erasmus+ in England sind, wenn es ein No Deal gibt? Und was ist mit den 7.000 britischen Studierenden und Auszubildenden, die in Ländern der Europäischen Union unterwegs sind? Das sind alles Fragen, die nicht geklärt sind. Da sind einfach die Hausaufgaben nicht gemacht worden.

Das vorliegende Gesetz gilt nur für einen geregelten Austritt. Kommt es jetzt zu einem harten Brexit, dann wären die Folgen für die saarländische Wirtschaft deutlich. Dann gelten in Zukunft nämlich die gleichen Hürden wie beim Handel mit Weißrussland, Usbekistan, dem Sudan oder China. Es gelten nämlich die WTO-Regeln. Das heißt, es gibt Zölle, Zollkontrollen, Zollabfertigung, zwangsläufig längere Lieferzeiten und -fristen. Es gibt mit Großbritannien keinen gemeinsamen Binnenmarkt mehr, es gibt keine Dienstleistungsfreiheit mehr. Produkte werden teurer, was zu Absatzrückgängen führen wird. Das ist ein Szenario, das wir uns eigentlich gar nicht vorstellen wollten, das bedauerlicherweise aber immer realistischer wird.

Viele kleine und mittlere Unternehmen im Saarland, die in Handelsbeziehungen mit England stehen, verfügen nicht über die umfassenden Möglichkeiten großer Unternehmen, die Stäbe von Anwälten haben. Sie brauchen besondere Hilfe und Unterstützung vor allen Dingen von der Landesregierung, weil die Existenz dieser Betriebe davon abhängt. Für circa 50 saarländische Betriebe stellt sich ein ganz besonderes Problem. Sie haben nämlich die englische Gesellschaftsform der „Limited Company“. Das

heißt, sie laufen Gefahr, diese Gesellschaftsform zu verlieren. Die Alternativen dazu sind Einzelunternehmen oder Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, deren Besitzer uneingeschränkt persönlich haften. Wir können uns alle vorstellen, welche katastrophalen Folgen das haben kann. Viele kleine Unternehmen werden deshalb - ich kenne auch einen Betrieb aus meiner Heimat - den Handel mit Großbritannien aufgeben.

Die Landesregierung, hier das Wirtschaftsministerium, hat auch dafür Vorsorge getroffen, soweit das überhaupt möglich ist. Es hat seit der Brexit-Abstimmung gemeinsam mit Saaris und den Kammern Gespräche, Diskussionsrunden, Informationsveranstaltungen, Brexit-Checklisten und Seminare für die Firmen durchgeführt, die davon betroffen sind. Seit Februar dieses Jahres gibt es sogar eine Informationsoffensive für alle Betriebe im Saarland.

Klar ist, der Brexit kennt nur Verlierer. Es muss sich hier niemand darüber freuen. Wir erleben nun, was passiert, wenn sich stumpfer Nationalismus gegen europäische Zusammenarbeit durchsetzt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

In einer immer komplexeren Welt sind die einfachen Antworten verlockend, aber selten richtig, denn eine Sache zeigt der Brexit: Er steht exemplarisch für das, was passiert, wenn seriöse Politiker von Angst getrieben die Argumente der Populisten übernehmen. Denn erst aus dem Versuch David Camerons, der UKIP den Wind aus den Segeln zu nehmen, wurde schließlich die nicht mehr zu stoppende politische Lawine. Das Beispiel UKIP zeigt uns auch, dass rechte Parteien keine eigene politische Mehrheit brauchen, um das Land ins Chaos zu stürzen. Es reicht, wenn die anderen nicht früher und entschieden genug dagegen auftreten oder sogar - was in England der Fall war - das Dilemma für eigene, kurzsichtige Spiele nutzen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deswegen sage ich auch sehr deutlich, am Ende geht es um die Bewahrung von Frieden und Wohlstand in der Europäischen Union. Schon deswegen müssen wir den Nationalisten und Europahassern von rechts mit aller Entschiedenheit entgegentreten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch ein paar grundsätzliche Worte hinzufügen. Wir erleben den Brexit als eine Abfolge von Falschbehauptungen, Egotrips und völliger Ignoranz. Brexitees spielen ganz bewusst mit dem Schicksal und der Lebensplanung von Millionen von Menschen auf beiden Seiten des Kanals. Wir fühlen uns an eine alte griechische Tragödie erinnert, wenn wir dieses Schauspiel im britischen Unterhaus erschüttert betrachten - gestern Abend kam es mir genauso vor -,

(Abg. Ries (SPD) )

in der eine völlig inkompetente, zerrissene und zu großen Teilen in der Vergangenheit lebende politische Kaste dabei ist, ein Land sehenden Auges vor die Wand zu fahren.

Gerade der Brexit zeigt uns jetzt, was die EU in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Gutes erreicht hat: der Binnenmarkt, die Dienstleistungsfreiheit, die Zollunion. Frauenrechte wurden gestärkt wie nie zuvor. Der Herr Minister hat auch die verbesserten Verbraucherrechte aufgeführt, die wir gar nicht hätten, wenn es die EU nicht geben würde und und und. Der Brexit hält nämlich diese eine Lehre für uns bereit: Er zeigt den Menschen in Europa, was ohne die Europäische Union, was ohne die Zusammenarbeit der Länder und Regierungen in Europa alles nicht mehr funktioniert. Viele Menschen sind nun überrascht, was ohne die EU plötzlich nicht mehr geht, weil viele das gar nicht so wahrgenommen haben. Wir sehen deutlich, wie tief die Freiheiten und Chancen gehen, die die EU den Menschen in Europa bietet. Das ist eine wichtige Lehre. Ich hoffe, dass alle Menschen in ganz Europa diese Lehre verstehen - gerade vor den Wahlen des Europaparlaments. Meine Damen und Herren, die EU ist das Beste, was jedem einzelnen Mitgliedsstaat jemals passiert ist. Daran müssen wir festhalten, das müssen wir verteidigen, damit unser gemeinsames Europa nicht zerbricht und Frieden und Wohlstand gewahrt bleiben. - Vielen Dank.

Ich danke der Frau Abgeordneten. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Regierung Drucksache 16/739. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 16/739 in Erster Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 16/739 in Erster Lesung mit den Stimmen aller Abgeordneten angenommen worden ist.

In der heutigen Sitzung soll auch die Zweite Lesung durchgeführt werden. Nach § 33 Abs. 3 der Geschäftsordnung dürfen die zur Verabschiedung einer Gesetzesvorlage erforderlichen Lesungen nicht in einer Sitzung und nicht am selben Tag stattfinden. Abweichungen von dieser Vorschrift kann der Landtag gemäß § 57 LTG, SL mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten im Einzelfall beschließen.