Auch für Touristen - der Kollege Kurtz hat es ja schon angesprochen - muss der ÖPNV im Saarland attraktiver werden. Eine gute Erreichbarkeit der touristischen Hotspots, aber auch der schönsten Wanderwege, eine gute Beschilderung der Haltestellen und Bahnhöfe, aber auch attraktive Ticketangebote sind hier zu nennen. In Zukunft soll die Tagesfahrkarte für fünf Personen 18,90 Euro kosten. Gerade Aktivurlauber, die im Saarland wandern oder mit dem Rad unterwegs sein wollen, brauchen die Möglichkeit, sich mit dem ÖPNV bewegen zu können. Das Auto stehen lassen zu können, sich ohne Zeitdruck und Stress als Gruppe bewegen zu können, ist gerade für Aktivurlauber ein wichtiger Urlaubsbe
standteil. Hier stellt die vorgeschlagene Gruppentageskarte ein Angebot dar, das sicher viele nutzen werden.
Eine weitere Gruppe, die wir mit der geplanten Tarifreform entlasten wollen, sind Pendler, die außerhalb der Hauptlastzeiten den ÖPNV nutzen. Fährt man erst ab 09.00 Uhr morgens Bus oder Zug, sind monatlich zukünftig nur noch 39 Euro zu zahlen. Im Berufsverkehr vor 08.00 Uhr sind die Busse und Züge schon heute gut ausgelastet. Hier mit weiteren Vergünstigungen für noch mehr Fahrgastaufkommen zu sorgen, bedingt schnell zusätzliche Maßnahmen, um den gestiegenen Bedarf decken zu können: weitere Busse, eine engere Taktung oder längere Züge. Darin liegt zwar unser langfristiges Ziel, das wir in der aktuellen haushalterischen Situation jedoch nicht kurzfristig umsetzen können - leider. Trotzdem haben wir mit dem Jobticket ein Angebot geschaffen, das auch vor 09.00 Uhr Ersparnisse bringt, wenn mindestens drei Angestellte eines Unternehmens ein Jobticket beziehen. Dieses Angebot wollen wir selbstverständlich auch in Zukunft aufrechterhalten und weiter bewerben.
Daneben wollen wir zukünftig gerade auch für Auszubildende den öffentlichen Personennahverkehr günstiger gestalten. So sollen Auszubildende im ganzen Saarland bereits für 59 Euro im Monat den ÖPNV nutzen dürfen. Wie beim Jobticket auch soll es darüber hinaus für Arbeitgeber die Möglichkeit geben, das Ticket noch weiter zu vergünstigen. Hier muss ich allerdings dazu auffordern, nicht wie beim Jobticket über eine Staffelung bei einer größeren Zahl von Auszubildenden und damit einer größeren Zahl der abgenommenen Tickets große Unternehmen zu bevorzugen. Dadurch würde man den Mittelstand als Ausbilder benachteiligen. Selbstverständlich können Konzerne mit vielen Mitarbeitern auch mehr junge Menschen ausbilden und damit mehr Azubi-Tickets abnehmen, als dies ein Mittelständler kann. Bereits heute fällt es Mittelständlern schwerer, um Auszubildende zu werben, als großen, bundesweit bekannten Konzernen. Diese können Werbung schalten und über ihre Ausbildungsplätze sprechen, ohne dabei zunächst ihre Firma vorstellen zu müssen. Hier noch weiter das Ungleichgewicht zu verstärken, indem ich 20 Azubi-Tickets günstiger verkaufe als zum Beispiel fünf, wäre in meinen Augen der falsche Weg. Daher bitte ich die Landesregierung darum, darauf zu achten, dass hier nicht die Überzeugung „pro ÖPNV“ andere Umstände in den Hintergrund treten lässt.
Grundsätzlich sind wir uns jedoch einig, dass wir den öffentlichen Personennahverkehr vor allem auch für Berufspendler attraktiver gestalten wollen. Schließlich gewinnen wir in unseren Städten mehr Platz für sinnvollere Nutzungen, wenn weniger Ruheräume für Fahrzeuge des motorisierten Individual
verkehrs gebraucht werden. Wir gewinnen Platz für Radwege, die außerdem sicherer werden, wenn nicht ein- oder ausparkende Autos den Radweg queren. Wir gewinnen Platz für Menschen statt für Autos. Wir geben den Bürgern ihre Städte zurück.
Wir als CDU-Fraktion wollen keineswegs autofreie Städte, dafür ist die Automobilindustrie auch zu wichtig. Aber wir wollen attraktive Angebote schaffen, damit zumindest diejenigen mit einem Arbeitsplatz in Bahnhofsnähe überlegen, sich den Stress und die Zeit für die Parkplatzsuche zu ersparen, indem sie den Bus oder Zug nehmen. Wenn wir es schaffen, dass Menschen sich ärgern, wenn sie ausnahmsweise das Auto nehmen müssen, dann haben wir einen öffentlichen Personennahverkehr, wie wir ihn uns wünschen.
Natürlich ist uns bewusst, dass eine reine Änderung und Vereinfachung der Tarifstruktur nicht d i e Lösung für einen benutzerfreundlichen zukunftssicheren ÖPNV darstellt. Aber es ist ein erster Schritt für einen unkomplizierten Zugang und eine wichtige Unterstützung für Familien.
Darüber hinaus sind einige Maßnahmen langfristig umzusetzen. Beispielsweise fordern wir die Landesregierung auf, die notwendigen Anpassungen für einen Saarland-Takt zügig zu prüfen, damit Verträge nach ihrem Auslaufen passend ausgeschrieben werden können. Eine gute Taktung der einzelnen Verkehrsmittel untereinander ist wichtig, damit die Bürger schnell und ohne längere Wartezeit den ÖPNV nutzen können. Zum Beispiel ein Bus, der auf den Zug aus Saarbrücken wartet und den Fahrgast weiter in seinen Wohnort an die Haltestelle bringt. Dadurch wird teilweise der Einsatz zusätzlicher Busse nötig werden, da der Hin- und Rückweg von beziehungsweise zur Endhaltestelle zu weit ist, um rechtzeitig wieder am Bahnhof zu sein. Dies muss mit den Landkreisen besprochen werden und ist bei den Regionalbuslinien durch das Land umzusetzen.
Dabei können technische Mittel die Vernetzung der Verkehrsträger untereinander gut unterstützen. Gerade die letzte Meile, also der Weg von Bushaltestelle oder Bahnhof bis nach Hause, stellt für viele aktuell ein Hindernis dar, weshalb sie den ÖPNV nicht nutzen. Zwar sind im Durchschnitt im Saarland die Haltestellen von jedem Haus aus innerhalb kurzer Distanz erreichbar, trotzdem schreckt der Weg dorthin und das Warten an der Haltestelle einige ab. Hier über Apps bedarfsgesteuert ein Fahrzeug zu leiten, dass die Fahrgäste an der Haustür abholt und zum nächstgelegenen Bahnhof oder Busbahnhof bringt, ist über die Technik schon heute möglich. Finanzierbar ist es jedoch noch nicht. In einigen Jahren wird dieses Fahrzeug jedoch automatisiert fahren können, was die Nutzungskosten stark verringert. Dies ist zugegebenermaßen aktuell eher eine Vision. Mit dem grenzüberschreitenden Projekt TER
MINAL, das der Ministerpräsident bereits heute Morgen angesprochen hat, werden im Saarland aber gerade erste Schritte in Richtung der Umsetzung solcher Visionen unternommen.
Das Saarland sollte auch Testfeld für weitere Produkte werden, ob sie ein Angebot für die letzte Meile bieten oder für geteilte Mobilität. Hier sind beispielsweise Elektroroller zu nennen, die sich bundesweit aktuell in der Zulassung befinden, oder Rufbusse, die unterwegs andere Fahrgäste zusteigen lassen und so eine Mischform zwischen Taxi und Bus darstellen. Wir fordern daher die Landesregierung auf, hier keine Türen zu verschließen, sondern Lösungen für eine intelligente Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsträger und neuer Mobilitätsprodukte zu erarbeiten.
Dazu ist teilweise der Ausbau der Infrastruktur notwendig: Ladestationen, an denen Elektrofahrräder und -roller geladen werden können, die Möglichkeit, solche Fahrzeuge sowie Klappräder auch zu den Hauptverkehrszeiten im Zug kostengünstig mitnehmen zu können, und Leihfahrzeuge, mit denen zumindest innerstädtisch der Weg vom Bahnhof zum Arbeitsplatz zurückgelegt werden kann.
Die Möglichkeit, demnächst das Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr über eine App zu bezahlen, ist mittlerweile sicher kein großer Schritt mehr. In Zeiten, in denen viele Produkte des täglichen Bedarfs online gekauft werden, ist ein papierloser Fahrschein kein nennenswerter Erfolg. Trotzdem begrüßen wir es natürlich, dass wir diese Möglichkeit demnächst auch im Saarland anbieten, und sehen es als ersten Schritt zu einem zukünftigen automatischen Ticketkauf bei Betreten des öffentlichen Verkehrsmittels. Manchmal sind es tatsächlich die kleinen Dinge, die Großes bewirken. Schon der Wegfall der Notwendigkeit, sich vor Fahrtantritt am Fahrscheinautomat anzustellen, kann dem einen oder anderen den Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr erleichtern. Wir fordern daher die Landesregierung auf, die Bürger über den Komfortgewinn durch die Möglichkeit des Ticketkaufs per App zu informieren.
Insgesamt gehen wir also einen ersten Schritt in Richtung eines nutzerfreundlichen öffentlichen Personennahverkehrs. Das Ende der Fahnenstange erreichen wir so zugegebenermaßen noch nicht. Aber jeder Schüler, der heute mit Bus und Bahn zufrieden ist und der in einigen Jahren in der Ausbildung noch den Bus wählt, weil er damit günstiger fährt als mit dem eigenen PKW, wird auch in späteren Jahren noch eher den ÖPNV nutzen. Er wird vielleicht als Arbeitnehmer oder Unternehmer mit dem Elektroroller an die Bushaltestelle fahren, dort in den Bus einsteigen, schnell in den Zug umsteigen und vom Bahnhof aus wieder mit dem Roller die letzte Meile zum Arbeitsplatz zurücklegen. Die Tarifreform allei
ne stellt einen ersten Schritt dar, mit dem wir dem Elterntaxi die Stirn bieten können und den Azubi nicht ans eigene Auto verlieren.
Alle weiteren positiven Veränderungen sind langfristig anzugehen, weshalb wir in unserem Antrag der Fraktionen von CDU und SPD auch die Themen Saarland-Takt, letzte Meile oder die Verknüpfung von Verkehrsmitteln ansprechen und vorbereiten. Aus diesem Grund bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag, damit der öffentliche Personennahverkehr in seiner Attraktivität und Nutzerfreundlichkeit weiter gesteigert werden kann. - Vielen Dank.
Danke, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun Herr Fraktionsvorsitzender Josef Dörr für die AfD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal bewundere ich den Mut der Regierungsfraktionen, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu bringen. Dabei gibt es nichts zu gewinnen, aber es ist auch die Rede von der Zukunft. Das ist dann ein bisschen einfacher, als wenn von der Vergangenheit oder vom Jetzt-Zustand die Rede wäre. Ich fahre schon seit Längerem - im Augenblick kann ich es nicht so gut, weil ich keine Zeit habe - mit einem selbstbezahlten Ticket im Saarland rum. Man braucht da kein billiges oder teures Gutachten, um festzustellen, dass unser öffentlicher Personennahverkehr - um mal Verkehrsausdrücke zu gebrauchen - ein Totalschaden ist. Er funktioniert also absolut nicht.
Wenn ich dann lese, was hier beantragt und vorgestellt wird, und wenn ich höre, was Frau Gillen sagt das war ja alles so schön dargestellt, wie wunderbar das alles sein wird -, dann fällt mir Goethe ein, der den Faust hat sagen lassen: Die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Es gibt viele Dinge, die ich jetzt hier vortragen könnte. Das mache ich aber nicht. Ich kann mich in manchen Dingen auf die -
Frau Rehlinger, Ihre Kommentare brauche ich wirklich nicht. Frau Vizepräsidentin, sie redet immer dazwischen. Sie müssten ihr vielleicht mal sagen, dass sie so höflich sein soll, mir zuzuhören, ich höre ihr sicherlich auch zu.
Herr Fraktionsvorsitzender, es ist angekommen. Wir haben hier auch mehrfach darauf hingewiesen, dass Zurufe und Zwischenbemerkungen von der Regierungsbank nicht zulässig sind.
Ich bitte Sie, Herr Dörr, um Disziplin und darum, Ihre Rede fortzuführen und keinen Dialog zu führen. Bitte sehr.
Vielleicht hörst du nicht so gut, Eugen, aber andere haben es auch gehört. Es ist ja auch immer so. Das ist nicht nur bei mir so.
Ja, klar. Aber nehmen Sie doch einfach mal zu Kenntnis, dass das immer so ist, dass Frau Rehlinger den Leuten von der AfD hier dazwischenredet.
Frau Schramm hat sehr vieles gesagt, was ich zu 100 Prozent unterschreiben kann. Man sieht auch, dass sie davon Ahnung hat. Das Thema des öffentlichen Nahverkehrs ist ja nicht so einfach. Ich habe ihn zwangsweise erlebt, als er noch funktioniert hat, und das war zu einer Zeit, als niemand ein Auto hatte außer dem Arzt. Damals hat der Personennahverkehr funktioniert. Es ist auch noch eine Eisenbahn, die saarländische Eisenbahn SEB von Saarbrücken nach Wadern, gefahren. Das ist schon lange nicht mehr so. Die erste Abkürzung war Primsweiler und heute ist es nur noch Lebach. Damals gab es noch viele Bahnstrecken, die es heute nicht mehr gibt. Zudem gab es zwei Omnibusunternehmen, das eine waren die roten Bahnbusse und das andere die gelben Postbusse. Es war leicht zu regeln, dass die Strecken normal angefahren werden. Es gab keine Überschneidungen, es gab zuverlässige Fahrpläne und die Busse sind nach Fahrplan gefahren.
Diese Zeit hat sich geändert. Zuerst haben mehr Leute Autos gehabt. Inzwischen hat nicht nur jede Familie ein Auto, sondern fast jede einzelne Person
besitzt ein Auto. Heutzutage werden andere Ansprüche an den öffentlichen Personennahverkehr gestellt. Ich habe zu einer Zeit im Zug gesessen, als die Züge nur noch einen Waggon hatten. So tief war die Anzahl schon gesunken. Nur noch Bahner sind damit zu ihrer Arbeitsstelle gefahren und ich war der einzige Gast.
Ich habe mal einen Eisenbahner auf der Strecke von Uchtelfangen nach Saarbrücken angesprochen und nach seinen Erfahrungen mit der Bahn und den Freifahrtscheinen für Mitarbeiter gefragt. Er hat dann gesagt, dass er einen Freifahrtschein besitzt und dass seine Frau die Hälfte des Ticketpreises bezahlt, aber wenn er mit seiner Frau von Uchtelfangen nach Saarbrücken zum Einkaufen will, müssen sie zuerst zur Bushaltestelle und mit dem Bus nach Illingen, dann mit dem Zug zum damaligen Knotenpunkt Wemmetsweiler, wo in den Zug nach Saarbrücken umgestiegen werden muss. Dort können sie dann einkaufen, bepackt mit Taschen spazieren gehen und wieder nach Hause fahren. Er hat dann gesagt, wenn er seiner Frau vorschlägt, sie fahren mit dem Zug nach Saarbrücken, erschlägt sie ihn. Er braucht mit dem Auto nämlich nur 20 Minuten nach Saarbrücken, kann dort einkaufen, legt die Taschen ins Auto, geht mit seiner Frau noch einen Kaffee trinken und fährt nachher gemütlich nach Hause. Das macht er so, weil das einfacher ist.
Wie kann die Bahn überhaupt konkurrieren? Es kommt ja noch etwas anderes dazu, die meisten Leute sind nur zu feige, das zu sagen: Wenn man den Zug oder den Bus nimmt, begibt man sich unter Leute. Dann muss man deren Gerüche und Lärm ertragen. Man muss vieles ertragen, was man nicht ertragen muss, wenn man im eigenen Auto sitzt.
Ohne dass die Leute es zugeben, ist das ein wichtiger Grund, weshalb sie mit dem Auto fahren. Sie fahren sozusagen von Haustür zu Haustür. Und sie können fahren, wann sie wollen. - Das mag ja sehr heiter sein, aber das ist nun einmal so.
Und das lösen Sie, liebe Frau Rehlinger, mit dem Schund-Papier, das Sie hier haben, nicht. Das ist nur geeignet, den Leuten die Augen zuzuschmieren. Das wird nicht klappen, das wird ein Flop! Das sage ich Ihnen dazu, und da werde ich zu hundert Prozent recht haben.