All das sind Dinge, die deutlich machen, wo das Potenzial telemedizinischer Anwendung liegen kann. Und weil das Ganze nur mit Unterstützung der Landesregierung erfolgen konnte, möchte ich an der
Stelle Ihnen, Frau Ministerin Bachmann, ganz herzlich Danke sagen, aber natürlich auch dem ZRF und dem DRK, die bei der Umsetzung dieses wichtigen Projektes involviert waren.
Ich denke, das ist in der Tat einen Applaus für die Landesregierung wert. - Allerdings dürfen wir nicht ruhen, wir müssen weitere Projekte vorantreiben. Auch da kann man feststellen, dass das Gesundheitsministerium schon weitere Projekte auf der Agenda hat, beispielsweise die saarländischen Stroke-Units im Rahmen eines telemedizinischen Schlaganfallnetzwerkes zu organisieren, sie zusammenzuführen, damit auch dort, wenn jemand einen Schlaganfall erlitten hat, die Experten sich direkt untereinander telemedizinisch austauschen und eine bestmögliche Versorgung sicherstellen können.
Ein weiterer Punkt von ganz zentraler Bedeutung ist, dass gerade in Altenpflegeeinrichtungen, wo sich viele ältere Menschen aufhalten, deren Gesundheitszustand zu wünschen übrig lässt, ein Projekt Televisite auf den Weg gebracht und etabliert werden soll. Die Patientinnen und Patienten können dann, wenn Probleme bestehen, sie in ein Krankenhaus oder eine Arztpraxis zu transportieren, vor Ort eine ergänzende medizinische Behandlung erfahren.
Bei allen Vorteilen und Chancen gibt es natürlich auch noch Hürden. Es gibt Herausforderungen, die wir gemeinsam angehen müssen. Die Grundvoraussetzung, dass all das funktionieren kann, dass all die digitalen Anwendungen auf den Weg gebracht werden können, ist natürlich eine entsprechende Telematik-Infrastruktur. Wir wissen - auch das ist im ambulanten Bereich schon auf einem guten Weg -, die Infrastruktur, das entsprechende Roll-out sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, spätestens Ende 2019. Aber das ist ja nur der erste Schritt, weil auch die weiteren Partner des Gesundheitssystems, ob Apotheken oder Krankenhäuser, mit dieser Telematik-Infrastruktur ausgestattet werden. Da gilt es, am Ball zu bleiben, dass alle Partner im Gesundheitswesen entsprechend vernetzt sind und der Datenabgleich einfach erfolgen kann.
Ein weiterer Punkt, der mir persönlich ganz wichtig war - ich glaube, auch dem Kollegen Magnus Jung -, war in der Anhörung das Thema Datensicherheit. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass gerade Gesundheitsdaten von allerhöchster Bedeutung sind. Es sind ganz sensible Daten, mit denen sorgsam und sicher umgegangen werden muss. Deshalb war ich persönlich wirklich erleichtert, dass von unserem CISPA-Helmholtz-Zentrum die ganz klare Aussage kam, dass mit dem aktuellen Stand der Technik schon ein verantwortungsvoller und sicherer Um
gang mit Daten bei telemedizinischen Anwendungen möglich sei. Ich glaube, das ist ein ganz zentraler Punkt, auf den wir alle Wert legen müssen. Deswegen war ich über diese klare Aussage des CISPA sehr erleichtert. Man kann dort also innovative Entwicklungen zeitnah anstreben und auf den Weg bringen.
Ich glaube, ich habe viele positive Beispiele aufgeführt, wie die Telemedizin unser Gesundheitssystem bereichern kann, wie sie dazu beitragen kann, dass wir alle noch länger und gesünder leben können, sicherer leben können. Trotzdem bleibt noch ganz viel zu tun, wir müssen noch ganz viel vorantreiben. Deswegen meine herzliche Bitte an Sie alle: Packen wir es gemeinsam an, streben wir diese innovativen Lösungen gemeinsam an, das ist im Interesse von uns allen. - Dafür vorab schon einmal vielen Dank!
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Ich eröffne die Aussprache und rufe für die DIE LINKE-Landtagsfraktion Frau Kollegin Astrid Schramm auf.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es eben gehört: Wir behandeln heute einen Antrag der CDU- und SPD-Fraktion mit der Überschrift „Telemedizin ist ein wichtiger Baustein der Medizinzukunft“. Dies kann und will niemand heute hier bestreiten. Es gibt ja auch schon mehrere positive Beispiele für gelungene Projekte wie etwa die Ertüchtigung der Rettungsfahrzeuge des ZRF zur EKG-Übermittlung an die Herzkatheter-Kliniken des Saarlandes. Damit können Gesundheitsparameter wie etwa ein EKG bereits während des Patiententransportes an die Zielklinik übermittelt werden, die Notaufnahme kann dann schon entsprechende Vorbereitungen treffen. Dieses Verfahren spart lebenswichtige Zeit und vermindert die Gefahr von Informationsverlusten im Rahmen der Patientenübergabe. Die Sinnhaftigkeit und der Vorteil dieser Neuerung ist offenkundig und somit nicht zu leugnen.
Etwas differenzierter muss man allerdings den Bereich der Telemedizin betrachten, der im Mittelpunkt des vorliegenden Antrages steht. Es geht um die Fernbehandlung von Patientinnen und Patienten mittels moderner Telekommunikationsmittel. Ja, natürlich können auch die Online- und Video-Sprechstunden sinnvolle Ergänzungen zu bereits bestehenden Angeboten darstellen. Wer aber diese telemedizinischen Anwendungen nicht nutzen kann oder will, muss auch weiterhin wie gewohnt in seine Arztpraxis gehen können. Das persönliche Gespräch und der direkte Kontakt zwischen Arzt und Patient müssen auch in Zukunft die Basis der medizinischen Versorgung bleiben. So wurde es auch in der Anhö
Deshalb muss es auch das Hauptziel der Landesregierung sein, die flächendeckende hausärztliche Versorgung im Land sicherzustellen. Wir bezweifeln, dass strukturelle Probleme medizinisch unterversorgter Regionen gerade im ländlichen Raum durch telemedizinische Anwendungen behoben werden können. Die technische Ausstattung für derartige Fernbehandlungen ist oft gar nicht gegeben, weder beim flächendeckenden Breitbandausbau noch was die Ausstattung mit Hard- und Software in den Praxen und Kliniken angeht. Darauf hatten zuletzt auch die Krankenkassen in ihrer Stellungnahme in der Anhörung hingewiesen.
In Ihrem Antrag steht zwar - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -: „Vor diesem Hintergrund (…) fordert der Landtag die Landesregierung auf, mit Blick auf die Förderung der Verbesserung der Strukturen in der Krankenhausversorgung bei der Kalkulierung der Investitionskostenförderung für die Krankenhäuser auch telemedizinische Anwendungen adäquat zu berücksichtigen.“ Angesichts eines Sanierungsstaus von rund 100 Millionen Euro und der Tatsache, dass das Land die Investitionskostenzuschüsse an die Kliniken dauerhaft unter dem eigentlichen Bedarf hält, erscheint mir die Forderung nach mehr Geld für die Digitalisierung in den Häusern jedoch durchaus fragwürdig.
Aber zurück zur Online-Sprechstunde als vermeintlichem Hilfsmittel gegen den Ärztemangel auf dem Land. Ich frage mich, ob gerade ältere und zum Teil pflegebedürftige Patienten die notwendige Akzeptanz und die notwendige Technikaffinität für diese neuartige Form der Behandlung mitbringen. Ich denke, gerade für diese Patientinnen und Patienten ist und bleibt ein persönlicher Kontakt mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten unabdingbar.
Zudem muss sichergestellt werden, dass der angepriesene Zeit- und Behandlungsgewinn auch tatsächlich zu einer Verbesserung führt, vor allem für schwer kranke und nicht mobile Patientinnen und Patienten. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, so wichtig es ist, neue technologische Möglichkeiten wie die Telemedizin zu nutzen, so wichtig ist es aber auch, dass hierbei nicht die Interessen der IT-Industrie, sondern die der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen. Für die LINKE ist ganz klar, Telemedizin kann bei entsprechendem Nutzennachweis zwar unbestritten die medizinische Versorgung ergänzen, sie darf den persönlichen Arzt-PatientenKontakt jedoch nicht ersetzen!
Der Anspruch einer wohnortnahen medizinischen Versorgung darf nicht zugunsten von telemedizinischen Anwendungen aufgegeben werden. Wir wer
den Ihrem Antrag zustimmen und den Prozess der Digitalisierung im medizinischen Bereich kritisch begleiten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Schramm, und rufe für die SPD-Landtagsfraktion Herrn Kollegen Dr. Magnus Jung auf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn wir jemandem etwas ganz besonders Gutes wünschen wollen, dann wünschen wir ihm Gesundheit. Gesundheit ist auch das, was die Menschen selbst als das höchste Gut ansehen. Umgekehrt ist Krankheit etwas, was wie nichts anderes die Lebensqualität und Lebensfreude der Menschen einschränkt. Und wenn es jemanden gibt, der dafür zuständig ist, die Gesundheit der Menschen zu erhalten oder ihnen im Krankheitsfall zu helfen, dann sind es vor allen Dingen die Ärzte. Deshalb ist für viele Menschen die Beziehung zu ihrem Arzt eine der wichtigsten Beziehungen in ihrem Leben. Gerade für die Menschen, die krank sind, ist der Arzt eine der wichtigsten Beziehungspersonen in ihrem Leben.
Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist dadurch charakterisiert, dass es von einer gewissen Ungleichheit geprägt ist. Der Arzt ist derjenige, der das medizinische Fachwissen hat, der eine Diagnose stellen kann, der Entscheidungen darüber trifft, welche Behandlungen Erfolg versprechend sein sollen. Dieses Verhältnis ist also auch geprägt von einer entsprechenden Kompetenzzuschreibung vom Patienten zum Arzt, und die wird der Patient auf Dauer nur vornehmen, wenn er entsprechendes Vertrauen in den Arzt hat. Darum geht es bei der heutigen Debatte über das Thema Telemedizin, es geht darum, wie dieses Verhältnis zwischen Arzt und Patient, das bislang auf dem persönlichen Kontakt beruht, möglicherweise verändert wird, wenn man auf die Telemedizin setzt und deren Chancen nutzen will. Es geht also um eine wichtige Veränderung im Leben von Menschen.
Und bei allen Chancen, die jetzt auch schon beschrieben wurden, sollten wir sehen, dass die Menschen auch immer etwas Sorge haben, wenn Veränderungen stattfinden. Ich weiß nicht, ob Sie das auch schon erlebt haben. Als der Hausarzt, den ich 30 Jahre lang hatte, in den Ruhestand gegangen ist und durch einen neuen Hausarzt ersetzt wurde, war das eine Veränderung, die mir zunächst einmal ein gewisses Unwohlsein bereitet hat, denn ich habe mich bei meinem Hausarzt wohl gefühlt. Wie viel größer noch ist die Veränderung, wenn das Arzt-Patienten-Verhältnis durch telemedizinische Behand
lungsformen ein Stück weit zumindest ergänzt, vielleicht an manchen Stellen ersetzt wird. Deshalb rate ich zu einer großen Sensibilität beim Umgang mit diesem Thema.
Wir haben aus guten Gründen zunächst einmal eine Anhörung im Sozialausschuss durchgeführt, um dieses Thema von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten. Dabei haben viele der Anzuhörenden uns gefragt: Was meint ihr denn überhaupt mit Telemedizin? - In der Tat, das ist ein sehr vielfältiges Thema. Telemedizin ist schon dann vorhanden, wenn ein Patient einen Arzt anruft und ein Gespräch, eine Beratung, eine Diagnosestellung, möglicherweise ein Behandlungsvorschlag rein telefonisch läuft. Man stellt sich vielleicht eher vor, dass es sich dann um Telemedizin handelt, wenn neben dem Telefon auch noch ein Bild hinzukommt, also zum Beispiel geskypt wird; aber das ist nicht unbedingt notwendig. Telemedizin ist es auch, wenn im Rahmen einer Behandlung, der Vorbereitung einer Diagnosestellung, Dateien von einem Arzt zum anderen übertragen und auf diese Weise Informationen übermittelt werden. Telemedizin ist auch dann gegeben, wenn mehrere Ärzte, die an unterschiedlichen Orten sitzen, aber auf die gleichen Daten zugreifen, sozusagen eine Fallkonferenz durchführen. Mit Überraschung habe ich gehört, dass zukünftig Telemedizin auch so vorstellbar ist, dass bei Operationen, in denen Roboter eingesetzt werden, derjenige, der den Roboter bedient, sich gar nicht mehr im Operationssaal befinden muss, sondern möglicherweise einige Hundert Kilometer weit entfernt sitzt und von dort an einer Operation teilnimmt, weil er die entsprechenden Kompetenzen hat. Sie sehen, wie vielfältig Anwendungsbereiche der Telemedizin sein können. Ich glaube, es wird noch vielfältiger, denn der technische Fortschritt wird noch viele weitere Möglichkeiten mit sich bringen.
Aktuell haben wir bei uns beim Thema Telemedizin vor allem eine Debatte um das sogenannte Fernbehandlungsverbot. Bundesweit hat die Bundesärztekammer empfohlen, dieses aufzuheben. Im Saarland gibt es bei der Ärztekammer noch keine Abstimmung darüber, aber ein kritisches Meinungsbild; der Diskussionsprozess wird dort fortgeführt. Am Ende werden dort die berufsrechtlichen Entscheidungen zu treffen sein. Unsere Position zu diesem Thema ist: Der Einsatz von Telemedizin, auch was die Fernbehandlung betrifft, vielleicht auch die Erstbehandlung, kann als eine Ergänzung sinnvoll sein. Sinnvoll ist sie vor allen Dingen dort, wo es um die Verlaufskontrolle geht, also dort, wo eine Behandlung schon einmal in der Arztpraxis stattgefunden hat und zum Beispiel zur Kontrolle des Heilungsprozesses über Videokameras Bilder transportiert werden oder eine Befragung des Patienten stattfinden kann.
Bei der Erstbehandlung ist die Telemedizin unserer Ansicht nach durchaus etwas kritisch zu sehen. Das heißt nicht, dass man sie gänzlich ausschließen soll, aber man muss sich kritisch die Frage stellen, welche Krankheiten sich dafür eignen, im Rahmen der Erstbehandlung telemedizinisch diagnostiziert und behandelt zu werden, und welche eben nicht. Die Regeln dafür müssen in erster Linie die Ärzte aufstellen, das kann nicht der Landtag oder die Landesregierung tun, das gehört zur Selbstverwaltung der Ärzteschaft.
Der Arzt muss auch immer im Einzelfall genau entscheiden können, was kann ich noch verantworten an Entscheidung, an Festlegung, ohne dass ein anderer Arzt - oder ich selbst - diesen Patienten von Auge zu Auge besehen, betastet, befühlt oder abgehört hat. Dies müssen die Ärzte am Ende selbst entscheiden. Ich hielte es allerdings für wünschenswert und sinnvoll, die Aufhebung des Erstbehandlungsverbotes zumindest am Anfang auf bestimmte Krankheitsbilder zu beschränken, damit man Erfahrungen sammeln kann, was in der Praxis tatsächlich zu behandeln ist und was nicht. Die Frage ist natürlich auch, was am Ende Behandlung heißt. Behandlung bedeutet das Stellen einer Diagnose, das Verschreiben von Medikamenten, es kann auf diesem Weg aber auch ein Krankenschein ausgestellt werden, ohne dass ein Besuch in einer Praxis nötig ist.
Neben diesem Erstbehandlungsthema gibt es weitere Möglichkeiten für die Telemedizin, die Verlaufskontrolle habe ich eben angesprochen. Es gibt auch die Situation, wenn die sogenannten VERAHs, also die Versorgungsassistentinnen beim Patienten zu Hause sind und aus der Arbeit heraus Kontakt zum Arzt aufnehmen und entweder telefonisch oder mit Videounterstützung darum bitten, dass sich der Arzt das anschaut und seine Meinung zur Weiterbehandlung gibt. Eine deutliche Verbesserung wären, wie bereits genannt, Konsultationen bei der Diagnose durch das Übertragen von Daten. Auch beim Thema Entlassmanagement wäre sicherlich vieles einfacher, wenn es gute telemedizinische Standards gäbe. Es ist bereits angesprochen worden, wo wir auf einem guten Weg sind, aber auch wo das eine oder andere hinzukommen kann, wie bei den Schnittstellen zwischen Rettungswagen und Krankenhäusern. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung hat dabei eine sehr gute Vorreiterrolle übernommen. Wir haben ihn übrigens für die nächste Sitzung des Sozialausschusses eingeladen, über die Thematik zu berichten, weil wir ihn bei der Anhörung nicht dabei hatten.
Wenn man in diese Richtung gehen will, gibt es zwei Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Das eine ist das Thema Datenschutz, dazu hat der Kollege Schäfer bereits einiges gesagt. Das ist nicht leicht, aber sicherlich machbar. Das andere, minde
stens genauso wichtig und möglicherweise schwieriger, ist das Thema, wie man tatsächlich eine IT-Infrastruktur so organisiert zwischen den unterschiedlichsten Akteuren im Gesundheitswesen, dass die Daten an den Schnittstellen gut miteinander ausgetauscht werden können. Das war ein wesentlicher Hinweis, den wir in der Anhörung bekommen haben. Wenn jeder der beteiligten Akteure diese Frage nur so klärt, dass er den Austausch seiner Daten nur mit seinem jeweiligen Kooperationspartner regelt - beispielsweise der Hausarzt mit der Krankenkasse oder das Krankenhaus mit der Krankenkasse -, also wenn nur zwei Regelungen treffen, aber nicht alle miteinander, dann kann es zu Kommunikationsschwierigkeiten kommen und dazu führen, dass das System insgesamt keine gute Datendurchlässigkeit hat.
Deshalb ist es wichtig, dass der Prozess zu einer modernen Telemedizin im Saarland von irgendjemandem gesteuert wird. Deshalb müssen wir an dieser Stelle alle Beteiligten an einen Tisch bekommen. Wir wünschen uns, dass das Sozialministerium eine moderierende Rolle einnimmt, da kann man nichts verordnen. Wir beide, Frau Ministerin, kennen das Ganze ziemlich gut, glaube ich, auch aus dem Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit und des E-Government. Wir wissen, wie schwierig es ist, alle Akteure unter einen Hut zu bringen, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Beim Thema E-Government haben wir das Problem, dass schon vieles passiert ist und alles, was schon da ist, neue gemeinsame Lösungen behindert. Beim Thema der Telemedizin haben wir vielleicht etwas mehr offene Landschaften vor uns, deshalb sollten wir den Zeitpunkt nicht verpassen und frühzeitig daran gehen, diesen Prozess auch als Land mitzugestalten und zu steuern.
Wenn wir schon ein Helmholtz-Institut im Saarland haben, das beim Thema Datensicherheit weltweit Spitze ist, dann wäre es eine tolle Idee zu sagen, wir machen das Saarland zum Vorreiterland, wo diese Strukturen inklusive Datenschutz und der Schnittstellenproblematik modellhaft entwickelt und nach vorne gebracht werden. Ich glaube, das wäre ein tolles Betätigungsfeld für das Helmholtz-Institut und eine gute Kooperation von Wissenschaft und Praxis im Gesundheitswesen, was unserem Land und den Menschen helfen würde.
So weit, so gut, es hört sich alles spannend und vielversprechend an. Ich glaube aber, es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen, was das im Konkreten bedeuten würde. Mir ist in Gesprächen auch gestern noch einmal klar geworden, dass es dem Grunde nach zwei verschiedene Wege gibt, die sich nicht ausschließen, aber doch deutlich unterscheiden.
Das eine ist die Vorstellung, die meisten Hausärzte und Fachärzte haben dann zukünftig neben ihrer normalen Praxisarbeit auch noch ein zusätzliches telemedizinisches Angebot. Ich glaube, das ist die Vorstellung, die man zunächst einmal entwickelt. Das ist ein zusätzliches Element, das wir auch wollen würden, damit, wenn man ein neues Rezept braucht oder zur Kontrolle muss, man nicht für jeden Termin erneut in die Praxis und eine Stunde warten muss oder wenn man auf den ÖPNV angewiesen ist, für die Fahrt hin und zurück 8 Euro bezahlen muss. Das kann man sich alles sparen, wenn es ein telemedizinisches Element gibt.
Es könnte sich aber auch etwas anderes entwickeln, nämlich eine Telemedizin, die darauf angelegt ist, Patientenströme zu verändern, indem man sich zum Ziel setzt, durch Telemedizin grundsätzlich weniger Patienten in den Arztpraxen zu haben, weniger Zulauf in den Bereitschaftspraxen der KV an den Wochenenden zu haben oder weniger Patienten in den Notaufnahmen der Krankenhäuser zu haben. Man könnte also die Telemedizin im Sinne einer Steuerung von Patientenströmen nutzen, um die Arzt-Patienten-Kontakte zu minimieren. Man könnte beispielsweise reine telemedizinische Praxen eröffnen.
Das könnte auf der einen Seite einen Vorteil haben, weil, wer Telemedizin betreibt, sicherlich gesondert qualifiziert oder geschult sein muss. Jemand, der das nur am Telefon oder über den Bildschirm macht, ist wahrscheinlich auch besonders fit darin. Es birgt aber sicherlich auch das Risiko, dass gesagt wird, wenn der Patient in die Praxis kommt, ist es immer teurer als wenn man ihn am Telefon behandeln kann. Dann gibt es einen gewissen Trend, dass das, was billiger ist, auch gemacht werden soll. Im schlimmsten Fall könnte es so weit kommen, dass der Patient, der einen Termin in der Praxis oder beim Facharzt haben will, zumindest anrufen muss, damit sich herausstellt, ob er überhaupt einen Termin in der Praxis oder beim Facharzt notwendig hat. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir alle sicher nicht. Man muss aber darauf hinweisen, weil jede technische Veränderung nicht nur eine Möglichkeit in sich birgt, sondern auch die Gefahr, dass aus einer Möglichkeit ein Zwang wird, und genau den wollen wir an dieser Stelle verhindern.
Ich fasse zusammen. Das Thema Telemedizin ist eines, das mit großer Sensibilität behandelt werden muss. Wir sehen die vielen Chancen, die es gibt. Wir wollen nicht warten, sondern zugreifen und die Entwicklung gestalten. Wir sehen die Risiken, die dabei zu beachten sind, wir haben aber auch den Mut, Verantwortung zu übernehmen und den Prozess in eine gute Richtung zu steuern. Wir dürfen dabei nicht vergessen, das ist auch ein Grund für die heutige Debatte, dass wir die Bürgerinnen und Bür
ger bei dieser Veränderung beteiligen, sie mitnehmen und am Ende ihre Interessen immer in den Mittelpunkt unserer Entscheidungen stellen müssen und werden. In diesem Sinne danke ich Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Jung. - Ich rufe für die AfD-Landtagsfraktion Herrn Kollegen Rudolf Müller auf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Digitalisierung schreitet voran. Natürlich tut sie das auch im Bereich der Medizin. Im Bereich der Telemedizin, über den wir hier sprechen, gibt es nun einen gewissen Dissens zwischen der Ärzteschaft auf Bundesebene, Bundesärztekammer, und den Ärzten im Saarland, zumindest n o c h gibt es diesen Dissens. Man kann die Hoffnung haben, dass das abgebaut wird und dass da auch der Fortschritt Platz greift.