Protocol of the Session on August 22, 2018

kann er sich bewähren - zu erörtern mit dem Ziel, Migration in Richtung deutsche Grenze zu verhindern. Hier kann und muss sich erweisen, dass deutsch-französische Freundschaft nicht nur etwas für Sonntagsreden ist. Bei erfolgreichen Verhandlungen wäre ein Dominoeffekt zu erwarten, also Kontrolle und Schutz der französisch-spanischen Grenze und entsprechender Druck auf Spanien, seine Küsten ähnlich zu schützen wie Italien, damit letzten Endes Europa. Vor der Herausforderung internationaler Massenmigration in unsere Sozialsysteme bei Untätigkeit der Bundesregierung darf das Saarland nicht untätig wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen bleiben und warten, bis es gefressen wird. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD.)

Das Wort hat die Abgeordnete Ruth Meyer von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging. Mich hat es eben nur gefröstelt und das an diesem herrlichen Tag. Das ist ein Vokabular, das unerträglich ist. Ich rege an, dass die Geschäftsordnung durch das Präsidium noch einmal ordentlich überprüft wird. Solche Schmutzreden darf es in diesem Hause nicht geben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen, der LIN- KEN und der Abgeordneten Ensch-Engel (frakti- onslos). - Abg. Scharf (CDU): Das ist unterstes Niveau! - Abg. Müller (AfD): Passen Sie auf die Realität auf! Das ist Ihr Wunschdenken.)

Sie haben nicht das Wort. Das Wort habe ich jetzt.

(Abg. Müller (AfD) : Er auch nicht!)

Ich weise Ihre Wortmeldung als unparlamentarisch zurück. Es ist hier schwierig, es ist geschmacklos und leider nicht immer zu rügen, aber es war mehr als geschmacklos.

(Beifall von den Regierungsfraktionen, der LIN- KEN und der Abgeordneten Ensch-Engel (frakti- onslos).)

Da reicht es auch nicht, sich einfach mal kurz zu schütteln und dann sachlich zu werden. Das gelingt mir jetzt wirklich nicht. Allein, wie Sie gerade die evangelischen Christen in diesem Land - Kirchenrat Hofmann ist mit im Raum - beschmutzt haben, das ist absolut unerträglich. Da kann man kaum zur Tagesordnung zurückfinden. Wir haben es hier mit ei

nem Thema zu tun, das natürlich die Gefühle bewegt, das unsere Menschen hier im Land bewegt. Aber gerade deshalb ist die sachliche Auseinandersetzung so wichtig. Deshalb muss ich mich jetzt zusammennehmen und will auch noch einmal zu meiner Rede kommen. Ich bitte dafür dann um die notwendige Ruhe.

Die Zahl der Menschen ist gestiegen, die bei uns Schutz suchen - und das wird nicht nur so genannt, die suchen tatsächlich Schutz, überwiegend vor Verfolgung. Und wenn es nur der Schutz vor falschen Hoffnungen ist, die natürlich auch eine Rolle spielen, dann ist es unsere oberste Aufgabe, diese Menschen zu schützen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen, der LIN- KEN und der Abgeordenten Ensch-Engel (frakti- onslos).)

Dabei kämpfen wir alle mit gemischten Gefühlen, Mitleid und Entsetzen, natürlich in Anbetracht der vielen überfüllten Schlauchboote, Menschen, die wie Vieh gehandelt und transportiert werden, von ihren Schleppern über Bord geworfen werden wie Müll. Allein in der ersten Jahreshälfte sind 1.500 Menschen im Mittelmeer ertrunken, dort, wo viele von uns gerade Urlaub gemacht haben. Das geht unter die Haut. Das kann niemanden, keinen Christenmenschen wirklich kalt lassen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen, der LIN- KEN und der Abgeordneten Ensch-Engel (frakti- onslos).)

Natürlich kommen auch Ängste hoch, dass, wenn ein Großteil derjenigen, die eine Herberge suchen, tatsächlich zu uns käme, sich unser Land verändern würde, und dass unsere Integrationsfähigkeit überfordert sein könnte. Für Staaten wie Griechenland und Italien hätten wir gerade deshalb schon viel früher Verständnis haben müssen. Bloß weil sie am Beginn der Fluchtrouten liegen, können sie ja nicht das Gros der Menschen aufnehmen und versorgen. Aber da haben wir nach dem Sankt-Florians-Prinzip sehr lange weggeschaut. Wir waren uns lange selbst die Nächsten, bis diese Staaten wirklich an ihre Grenzen gekommen sind.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wenn Rettungsschiffe wie die „Aquarius“ oder jetzt die „Diciotto“ über Tage hinweg verschiedene Staaten anfahren, ich glaube, jetzt mit 177 Menschen an Bord, und keiner in der Lage ist, diese Menschen auch nur aufzunehmen - die irren umher wie die Heilige Familie kurz vor Christi Geburt -, dann schäme ich mich für Europa.

(Beifall von den Regierungsfraktionen, der LIN- KEN und der Abgeordneten Ensch-Engel (frakti- onslos) - Zuruf: Genau!)

(Abg. Müller (AfD) )

Nicht zuletzt habe ich manchmal auch eine Mordswut, wenn Einzelne unsere Gastfreundschaft sträflich missbrauchen, wenn unsere gesellschaftliche Ordnung attackiert wird - ja, das kommt vor -, aber mindestens genauso wütend macht es mich, wenn einer Apokalypsen an die Wand malt und damit anderen Leuten Scheinlösungen vorgaukeln will. Genau das tut der Antrag der AfD und das hat die Rede vom Kollegen Müller noch einmal gezeigt. Sie versuchen, hier ein bundespolitisches Thema aufzuwärmen und das in einem Bundesland, das gerade gezeigt hat, dass es die Lage im Griff hat.

Meine Damen und Herren, die Situation, wie wir sie 2015 an der bayerischen Grenze hatten, wird sich an der Goldenen Bremm nicht wiederholen. Wir sind drei Jahre weiter und um viele Erfahrungen reicher. Ganz grundsätzlich gilt: Abschottung ist keine Lösung!

(Beifall von den Regierungsfraktionen, bei der LINKEN und von der Abgeordneten Ensch-Engel (fraktionslos).)

Ich zitiere zu Ihrem Lösungsansatz Armin Laschet: „Wer jetzt in einem nationalen Alleingang Grenzkontrollen verschärft und bereits anderswo registrierte Asylbewerber unabgestimmt abweist, riskiert ähnlich unkluge, unabgestimmte Alleingänge anderswo in Europa, bei denen dann im Süden nicht mehr registriert wird.“ Das heißt, wenn es so weit kommt, dass jeder nur noch dicht macht und keiner mehr die Menschen identifiziert, dann haben wir in Europa das totale Chaos. Die Menschen erwarten von uns völlig zu Recht, dass wir wissen, wer bei uns im Land unterwegs ist, egal von welcher Ecke Europas er einreist. Das gelingt aber eben nicht, wenn wir zurückschieben, ohne zu registrieren. Abschottung ist deshalb nicht die Lösung des Problems, Abschottung ist seine Ursache,

(Beifall von den Regierungsfraktionen, bei der LINKEN und von der Abgeordneten Ensch-Engel (fraktionslos).)

zumal es nicht die eine Lösung gibt. Wir müssen vielmehr europaweit eine Vielzahl von Maßnahmen ergreifen. Damit haben wir zu Recht auch längst begonnen. Ich möchte diese Maßnahmen nochmals kurz zusammenfassen.

Punkt 1. Es muss deutlich sein, dass das Asylrecht kein Trojanisches Pferd ist, mit dem man wahlweise persönliche oder wirtschaftliche Perspektiven realisiert, so nachvollziehbar dieser Wunsch auch sein mag. Wer keinen Asylgrund nachweisen kann, muss schnellstmöglich die Europäische Union wieder verlassen. Das Saarland hat hier Maßstäbe gesetzt, zum Beispiel mit einem Fingerabdruckverfahren, das Identitäten eindeutig feststellt, mit einer schnellen und rechtssicheren Fallbearbeitung, bei der alle Behörden Hand in Hand arbeiten, und mit Rückkehrhil

fen, die Menschen ohne Bleibeperspektive aussichtslose Klagewege ersparen. Es ist höchste Zeit, Ankunfts- und Rückkehrzentren nach dem Vorbild von Lebach in der ganzen Republik und auch EUweit nachzuahmen.

Punkt 2. Es darf bei Straftätern und Gefährdern keinerlei Ermessensspielräume geben. Personen, die unser Recht missachten und sich gar anschicken, unseren Staat anzugreifen - ich nenne hier auch noch einmal den Fall Sami A. -, müssen konsequent abgeschoben werden. Und wenn die Gesetze noch nicht so sind, dass unsere Richter solche Urteile fällen können, dann liegt es an uns, diese Gesetze zu ändern.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es braucht insgesamt eine eindeutigere Sprache, dann werden sich auch viel weniger Menschen auf den ungewissen Weg machen. Punkt 3. Wo immer es möglich ist, außerhalb Europas Schutz und Zuflucht zu gewähren, ob für Verfolgte, für Bürgerkriegs- oder Klimaflüchtlinge, müssen wir Geld in die Hand nehmen und diese Orte so gestalten, dass sie menschenwürdig sind. Punkt 4. Ja, wir müssen auch die Grenzen besser sichern, diese Grenzen liegen aber nicht an der Goldenen Bremm, diese Grenzen liegen am Rand von Europa. Für die Sicherung der EU-Außengrenzen müssen viel mehr Mittel bereitgestellt werden. Gerade seit dem von Angela Merkel initiierten Gipfel Ende Juni ist Europa hier entscheidende Schritte vorangekommen. Geplant ist die Verdreifachung der Mittel für Frontex und die Verzehnfachung der Mitarbeiterzahl dieser Agentur. Nur wenn wir die Außengrenzen schützen, kann es das Europa geben, das wir wollen, ein Europa ohne Binnengrenzen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir leben doch gerade in der Großregion in einer deutsch-französisch-luxemburgischen Welt. Es muss deshalb gerade unser Interesse sein, dass es nicht wieder Schlagbäume oder Grenzhäuschen gibt. Ich glaube, das würde keine vier Wochen gut gehen, ohne dass es diesseits und jenseits der Grenzen zur Ausnahmezuständen käme oder über kurz oder lang auch zu massiven Wirtschaftskrisen.

(Zuruf des Abgeordneten Thul (SPD).)

Ich habe nachgelesen. 100 Millionen Transporter pro Jahr gehen bundesweit über die Grenzen. Unter diesen Grenzkontrollen würden nicht nur die Spediteure massiv leiden, sondern ganze Liefer- und Produktionsketten kämen ins Stocken. Der Handwerkskammerpräsident kann das gut nachvollziehen. Endlose Staus verursachen Wartezeiten und kosten viel Geld. Laut IFO-Institut geht mit den fortlaufenden Kontrollen an der deutschen-österreichischen Grenze derzeit ein volkswirtschaftlicher Schaden von 15

(Abg. Meyer (CDU) )

Milliarden Euro im Jahr einher. Das ist Geld, das am Ende die Verbraucher zahlen müssen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Nicht auszumalen ist auch, was Touristen und Berufspendler auszubaden hätten. Circa 10.000 Saarländer pendeln täglich nach Luxemburg, 15.000 Franzosen kommen ins Saarland. Nach optimistischer Schätzung ist bei durchgängigen Grenzkontrollen mit einem Mehr von einer halben Stunde Wartezeit pro Grenzgang zu rechnen. Das erklären Sie bitte einmal den Saarländern, die im Luxemburger Bankenviertel tätig sind. Ganz zu schweigen von der Freude, die aufkommt, wenn man nach einer langen Urlaubsreise auf der Heimfahrt in eine Kontrolle geschleust wird. Ich habe das selbst letztes Jahr hinter dem Grenztunnel in Füssen erlebt. Ich kann Ihnen garantieren, das Verständnis der Urlauber war sehr übersichtlich. Punktuell wird das vielleicht akzeptiert, aber als Dauerzustand ganz gewiss nicht.

Am Ende sind alle Grenzkontrollen ihren Aufwand nur wert, wenn sie mit bilateralen Länderabkommen verknüpft sind. Diese regeln ganz klar, wie bei einer Rückweisung zu verfahren ist. So funktioniert der Türkei-Deal und so werden auch die Abkommen wirken, die die Bundesrepublik mit Griechenland, Spanien und jetzt auch mit Italien verhandelt. Von all diesen wichtigen Initiativen der letzten drei Jahre ist natürlich im Antrag der AfD keine Rede.

(Abg. Müller (AfD) : Weil sie nicht wirken!)

Noch ein Wort zur Bundespolizei. Minister Bouillon hat längst die Initiative ergriffen. Er ist in regelmäßigen Gesprächen. Die derzeit 48 in Bayern eingesetzten Bundespolizisten aus dem Saarland sollen wieder an ihren Standort zurückgeholt und mittelfristig alle Stellen im Saarland wiederbesetzt werden. Wir brauchen sie tatsächlich unbedingt wieder zurück. Auch ich habe da schon Gespräche geführt und fordere alle auf, die Kontakte nach Berlin haben, dies zu unterstützen. Die Bundespolizei erledigt im Übrigen ja nicht nur Grenzkontrollen, sie kontrolliert landesweit Züge und Bahnhöfe, greift unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf, sie bekämpft Kriminalität, und das sehr erfolgreich, wie wir gestern wieder der SZ entnehmen konnten. Vor allem darf die Bundespolizei bis zu 30 Kilometer von der Grenze, also quasi im gesamten Saarland, verdachtsunabhängige Kontrollen und Fahndungen durchführen. Sollten durch neue Fluchtrouten tatsächlich deutlich mehr Schutzsuchende über das Saarland einreisen, dann muss die Bundespolizei zusätzlich bei uns so verstärkt werden, wie es unsere Leute jetzt in Bayern getan haben.

Ich fasse zusammen. Die Strategie der AfD beschränkt sich auf den Kurzschluss der Herbergssu

che: Nein, es kann nicht sein, geht fort, ihr kommt hier nicht rein. - Damit lösen Sie keine Probleme, sondern schaffen neue. Genau hier liegt meines Erachtens auch Ihre krude Absicht. Sie wollen gar keine Probleme lösen, Sie wollen sie kultivieren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN. - Abg. Roth (SPD) : Und wieder keine Alternative für Deutschland!)

Die Würde der Menschen, die weltweit in Not sind, ist Ihnen genauso fremd wie die Idee eines freiheitlichen Europas. Deshalb findet sich davon auch nichts in Ihrem Antrag. Sie offenbaren aufs Neue Ihr plakatives Weltbild: Nationalstaaten hinter zugezogenen Vorhängen, die völlige Abkehr von Europa, das Verlassen des Pfades, der uns so viel Frieden, Wohlstand und Freizügigkeit gebracht hat. - Was für eine düstere Vorstellung und wie bezeichnend, dass Sie diesen eingekerkerten Zustand unserer Bevölkerung zumuten wollen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen und verein- zelt bei der LINKEN.)

Meine Damen und Herren, wir setzen dagegen auf konsequentes und klar abgestimmtes rechtsstaatliches Vorgehen, wie es im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbart ist. Wenn wir alle dort genannten Punkte abarbeiten und dies vor allen Dingen in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn tun, dann bin ich gewiss, dass sich die Flüchtlingsströme eingrenzen lassen werden. Dann wird es uns gelingen, Sicherheit und Identität zu wahren und vor allen Dingen das offene Miteinander, das unsere wunderbare Heimat ausmacht. - Ihren Antrag lehnen wir selbstverständlich ab.

(Starker Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Dennis Lander von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal zielt ein Antrag der AfD augenscheinlich nur darauf ab, eine neue fette Schlagzeile zu produzieren. Was die AfD hier vorlegt, ist wirklich arm und beweist wieder, dass sie überhaupt nicht verstanden hat, wie das parlamentarische System funktioniert.