Meine Damen und Herren, bei allen Hürden, die uns der Rechtsstaat auferlegt, werden wir eines als CDU nicht tun: Wir werden unsere Sicherheitsorgane nicht so knebeln, dass der Schutz der Menschen in diesem Land gefährdet ist. Das wird es mit uns nicht geben.
Von Unkenntnis strotzend ist allerdings der Vorwurf in Ihrem Antrag, dass der Verfassungsschutz weder bei den Brandstiftungen in Völklingen noch beim Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung etwas zur Aufklärung beigetragen habe. Richtig ist, dass diese Vorfälle nicht in Gänze abschließend aufgeklärt sind. Aber in allen Fällen hat ein enger Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz stattgefunden. Ihnen geht es hier um etwas ganz anderes. Sie wollten schon im Innenausschuss den Zusammenhang zwischen dem Thüringer Trio und den Straftaten hier herstellen. Das hätte wunderbar in Ihre Kritiklinie gepasst. Aber weder die verschiedenen Brände in Völklingen, die nachgewiesenermaßen keine Brandanschläge darstellen, sondern als Einzelfälle zu sehen sind, noch der Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung kön
nen dem rechtsradikalen Trio zugeschrieben werden. Dem Verfassungsschutz und der Polizei hier quasi Versäumnisse irgendwelcher Art vorzuwerfen, ist absurd.
Meine Damen und Herren, auf Folgendes gehen die GRÜNEN in ihrem Antrag nicht ein: Vom saarländischen Verfassungsschutz sind die ersten Hinweise zur Ergreifung der sogenannten Sauerland-Gruppe gekommen. Durch die anschließende hervorragende Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden konnte eine ganz schlimme Katastrophe verhindert werden. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
Auch ohne die bisher genannten Gründe würde die Tatsache, dass der Ursprungshinweis, der zur späteren Ergreifung der Sauerland-Gruppe geführt hat, aus dem Saarland gekommen ist, alleine schon ausreichen, um den Bestand des saarländischen Verfassungsschutzes zu sichern.
Meine Damen und Herren, es würde sicherlich zu weit führen, wenn ich an dieser Stelle noch zahlreiche weitere Beispiele für die gute Arbeit unseres Verfassungsschutzes nennen würde. Ich möchte vielmehr zum Schluss kommen: Es gibt nichts auf der Welt, das man nicht noch verbessern könnte. Das ist auch bei uns so. Dies trifft sicherlich auch auf unsere Sicherheitsbehörden zu. Der vorliegende Antrag der GRÜNEN zeugt jedoch von wenig Sachkenntnis und zeigt deutlich, dass die Forderungen nicht bis zum Ende durchdacht sind.
Wir lehnen deshalb diesen Antrag ab. Wir stehen zu unseren Sicherheitsbehörden. Wir haben Vertrauen in ihre Arbeit und ich wiederhole: Die Sicherheit der Menschen in unserem Land hat oberste Priorität.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Becker. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Heike Kugler von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Becker, ich habe Ihrer Rede kein einziges Wort zur Kritik am Verfassungsschutz entnommen. Das halte ich für eine ziemlich starke Schieflage in Ihrer Rede. Dagegen möchte ich ein bisschen auf die Bundesebene blicken und das Ganze titulieren mit „Pleiten, Pech und Pannen“. Das passt etwas besser. Wir haben es inzwischen mit vernichteten Akten, falschen Auskünften vor dem Untersuchungsausschuss und zweifelhaften V-Leuten zu
tun. Die Arbeit zwischen den einzelnen Gremien funktioniert vorne und hinten nicht. Da muss man etwas tun. Für Frau Barbara John, die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Nazi-Opfer, sind diese Aufklärungspannen zu einer Krise der staatlichen Bürokratie geworden, die mit ein paar komfortablen Rücktritten von Behördenleitern nicht in Ordnung gebracht werden kann.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall NSU sprach der Tagesschauredakteur Patrick Gensing vorgestern in seinem Kommentar von einer Krise des demokratischen Rechtsstaates. Aus diesem Kommentar möchte ich gerne zitieren: „Die deutschtürkischen Bürger in Deutschland haben kaum noch Vertrauen in die deutschen Behörden und insbesondere in Sicherheitsbehörden, erzählte mir Ilker Duyan vom Türkischen Bund Berlin Brandenburg vor wenigen Tagen. Man habe das Gefühl, vom deutschen Staat im Stich gelassen worden zu sein. Das ist nicht weniger als eine Krise für den demokratischen Rechtsstaat, der sich keine Geheimdienste wie den Verfassungsschutz mehr leisten kann. Dieser hat das Verbot der NPD behindert, die danach in zwei Landtage einzog, er hat mit Steuergeldern den Thüringer Heimatschutz groß gemacht, aus dem die NSU-Terroristen hervorgingen - und er hat komplett bei der Analyse des Rechtsterrorismus versagt. Zum krönenden Abschluss wird nun auch noch die Aufarbeitung dieser Skandale behindert. Die Ausschüsse der demokratisch gewählten Parlamente werden düpiert, hintergangen und missachtet. Oft genug wurden mittlerweile Konsequenzen gefordert aus der Skandalserie, nun wird es Zeit zum Handeln. Die Rücktritte von vier Verfassungsschutzchefs ändern nichts an dem Grundproblem: Der Geheimdienst ist außer Kontrolle.“ Die Ängste der türkischen Bürger habe ich hier im Saarland ebenfalls zu spüren bekommen, Herr Abgeordneter Theis, und da schließt sich der Kreis. Da müssen wir nämlich anpacken und das Ganze irgendwo weitertreiben.
Die Forderung der GRÜNEN können wir nur unterstützen. Die vorgeschlagenen Korrekturen sind unserer Auffassung nach noch etwas zaghaft, aber sie gehen in die richtige Richtung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Dr. Magnus Jung von der SPDLandtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn eine Demokratie scheitert, wenn sie scheitert daran, dass es im Lande zu wenig Demokraten gibt und die Feinde der Demokratie die Herrschaft über
nehmen, dann mündet das in eine Katastrophe, dann mündet das in eine Gefahr für Leib und Leben vieler Menschen. Es bedeutet das Ende der Menschenrechte, es kann im Krieg enden. Kein Volk in Europa, wahrscheinlich kein Volk auf der Welt, weiß das so gut wie wir Deutschen. Davon muss man ausgehen, wenn man über die Thematik des heutigen Tages spricht.
Zur deutschen Geschichte gehört noch eine zweite Erfahrung, nämlich die, wie es ist, wenn der Nachrichtendienst auch polizeiliche Befugnisse hat. Wir verfügen aufgrund unserer Geschichte über Erfahrungen mit der Gestapo, wir erinnern uns daran, was die Stasi in Deutschland angerichtet hat. Deshalb haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes einige sehr kluge Entscheidungen getroffen, auch für den Bereich, über den wir jetzt zu sprechen haben. Sie haben eine freiheitlich-demokratische Grundordnung in diesem Land eingerichtet mit einer Garantie der Freiheitsrechte, aber auch mit einer Institutionenstruktur, die dafür die notwendige Sicherheit bereitstellt. Sie haben uns eine demokratische Kultur mitgegeben, die es erlaubt, extreme Meinungen in der Öffentlichkeit zu vertreten, Meinungen, die uns allen nicht gefallen, die aber in einer Demokratie ertragen werden müssen. Auch das tun wir. Sie haben uns aber auch die Möglichkeit gegeben, uns als wehrhafte Demokratie gegen diejenigen zu wehren, die die Freiheitsrechte in unserem Land in einem Maße ausnutzen wollen, das die Grundlagen unserer Verfassung, unserer Gesellschaft in Gefahr bringt. Auch das ist eine wichtige Erkenntnis, ein wichtiges Erbe unserer Geschichte, im Grundgesetz verabschiedet. Eine wichtige Lehre, die man daraus gezogen hat, ist eben die Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten. Die Organisation dieser polizeilichen beziehungsweise nachrichtendienstlichen Tätigkeit auf der föderalen Ebene ist ein wichtiges Instrument der Gewaltenteilung und der Kontrolle staatlicher Gewalt. Und sie haben uns mit auf den Weg gegeben, dass die nachrichtendienstliche Tätigkeit kontrolliert wird direkt von den Parlamenten, direkt von den Abgeordneten, die von den Bürgerinnen und Bürgern des Landes gewählt worden sind. Ich denke, das ist eine gute Struktur, das ist ein guter institutioneller Rahmen.
Wenn wir heute über die Arbeit der Nachrichtendienste und des Amtes für Verfassungsschutz reden, hat das natürlich einen bitteren Grund. Das ist die Mordund Terrorserie der NSU und die damit im Zusammenhang stehenden zahlreichen Versäumnisse sowohl der Polizei als auch der Nachrichtendienste in einigen Ländern. Auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz gibt es hier erhebliche Defizite. Deshalb gibt es derzeit auch eine ganze Reihe von Untersuchungsausschüssen, auf Bundesebene und in
Es gab Fehler in der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt und verschiedenen Landesämtern. Es gab eine mangelnde Kommunikation zwischen verschiedenen Landesämtern, und die Zusammenarbeit zwischen den Landesämtern und der Polizei hat auch nicht ausreichend funktioniert.
Hinzu kommt, dass man fragen muss: Gibt es - oder gab es in der Vergangenheit - bei den handelnden Beamtinnen und Beamten, aber vielleicht auch strukturell überall eine ausreichende Sensibilität für das Thema? Welche Rolle spielten verdeckte Ermittler und Vertrauensleute? Es ist aber auch die Frage zu stellen: Welche Fehler wurden denn bei der Polizei und den Staatsanwaltschaften gemacht? Es nur den Ämtern für Verfassungsschutz in die Schuhe zu schieben, ist sicherlich ein wenig kurz gesprungen.
Wir müssen aber auch feststellen, dass aufgrund dieser vielen Fehler schon viele Entscheidungen getroffen worden sind. Ich sprach eben die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen an. Es ist eine gemeinsame Rechtsextremismusdatei eingerichtet worden, die gerade heute an den Start geht. Es gibt weitere Verbesserungen in der institutionellen Zusammenarbeit zwischen den Landesämtern und dem Bund. Das heißt, es ist schon an vielen Stellen etwas passiert in der Aufarbeitung der Fehler. Unsere Zielsetzung muss deshalb sein, unsere Verfassung, die Menschen in unserem Land so gut wie möglich zu schützen, sie effektiv zu schützen vor allen erdenklichen Gefahren, ob sie von rechts kommen oder von links, ob sie von islamistischen Bewegungen kommen oder woher auch immer. Sie zu schützen, ist unsere Aufgabe. Das muss effektiv organisiert werden. Es muss rechtsstaatlich organisiert werden und es muss jederzeit demokratisch kontrolliert werden können. Das sind die Strukturen, die wir brauchen. Ich glaube, im Grunde sind wir da in Deutschland recht gut aufgestellt.
Frau Kollegin Peter, Sie schließen in Ihrem Antrag jetzt relativ wagemutig von der allgemeinen Schieflage, den allgemeinen Problemen, die man an anderer Stelle in der Bundesrepublik angetroffen hat, auf die Situation im Land. Sie ziehen den Schluss, wenn es dort nicht funktioniert hat, müssen wir bei uns etwas ändern. Dieser Schluss geht mir zu schnell, weil er unterstellt, dass wir die Probleme, die wir anderswo festgestellt haben, auf jeden Fall bei uns auch hätten und dass wir deshalb auf jeden Fall bei uns etwas ändern müssten.
Deshalb möchte ich sagen: Vorsicht! Bevor man Unterstellungen macht, bevor man falsche Schlüsse zieht, sollte man sich erst einmal ansehen, wie die Lage bei uns im Saarland ist. Mir sind zumindest in Zusammenhang mit der NSU-Terrorszene keine konkreten Versäumnisse bekannt, die man den entsprechenden Behörden im Saarland unterstellen müsste. Das ist eine wichtige Feststellung, die am heutigen Tag getroffen werden muss.
Die Untersuchungen zur Brandserie in Völklingen laufen noch, der Abschlussbericht liegt noch gar nicht vor. Deshalb sind Sie heute mit dieser Debatte auch zu früh dran. Erst einmal Untersuchungsergebnisse zur Kenntnis nehmen, dann auswerten, klug darüber nachdenken und anschließend gemeinsam in die politische Debatte gehen - das wäre eine Vorgehensweise gewesen, die ich mir an dieser Stelle gewünscht hätte.
Wir brauchen eine breite Beteiligung an der parlamentarischen Kontrolle. An dieser Stelle stimmen wir Ihrem Antrag zu. Der Kollege Becker hat es eben schon angekündigt: Wir werden in der nächsten Zeit gesetzliche Regelungen treffen und, sicherlich auch in Absprache mit Ihnen, allen Fraktionen im saarländischen Landtag ermöglichen, in dem entsprechenden Gremium vertreten zu sein und dort mitzuwirken. Das werden wir tun.
Aber was Sie darüber hinaus als Prüfaufträge in Ihrem Antrag formuliert haben, ist völlig abstrus. Sie wollen, dass wir die Zusammenlegung unseres Verfassungsschutzes mit dem Verfassungsschutz von Rheinland-Pfalz prüfen. Vieles von dem, was Sie ansonsten allgemein fordern, werden Sie dann nicht mehr haben. Wie soll denn die demokratische Kontrolle funktionieren? Ein Verfassungsschutz und zwei Landesparlamente, das wird nicht mehr gut funktionieren, das wird schlechter funktionieren.
Denken Sie doch einmal kurz darüber nach. Der Kollege Becker hat es eben schon erklärt. Wenn ich zwei Parlamente in zwei verschiedenen Bundesländern habe, die gemeinsam ein Amt kontrollieren sollen, dann gibt es Probleme. Herr Kollege Ulrich, denken Sie darüber nach, es wird Ihnen noch aufgehen.
Es kann noch ein bisschen länger dauern, okay. Die Kontrolle wird nicht funktionieren und auch nicht die Zusammenarbeit mit der Polizei, die ganz wichtig ist, gerade in den Fällen, wo man jetzt Fehler aufgedeckt hat. Die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei muss funktionieren. Das
würde aber nicht mehr funktionieren, wenn man ein gemeinsames Landesamt mit Rheinland-Pfalz hätte. Auch deshalb ist die jetzige Struktur wesentlich besser. Noch absurder erscheint mir Ihr Vorschlag, das Landesamt völlig aufzulösen oder die Auflösung zu prüfen.
Welchen Sinn hat eine Prüfung, etwas abschaffen zu wollen, wenn man nicht tatsächlich die Abschaffung in Erwägung zieht? Das macht doch keinen Sinn - oder? Aus der Nummer kommen Sie jetzt nicht mehr heraus. Das haben Sie ein bisschen flott hingeschrieben und nicht lange genug darüber nachgedacht.
Ich sage Ihnen, warum das keine gute Idee wäre. Dann hätten wir entweder die Situation, dass wir Aufgaben des Verfassungsschutzes an die Polizei übertragen müssten, was ja wohl keiner will, zumal Sie selber gesagt haben, dass Sie das nicht wollen, oder Sie müssten alle diese Aufgaben an eine neue Bundesbehörde übertragen. Auch das kann doch keiner wollen. Das würde keines der Probleme lösen, es würde nur neue Probleme schaffen. Es wäre schlecht, wenn das nur beim Bund liegen würde. Es würde sich die Frage stellen: Woher käme dann noch die demokratische Kontrolle aus dem Land? Wollen Sie die abbauen? Ich glaube nicht, dass Sie das wollen. Sie haben an dieser Stelle nur nicht zu Ende gedacht. Deshalb möchte ich Ihnen zum Ende sagen, das Thema, mit dem wir uns hier zu beschäftigen haben, ist es wert, dass wir uns ernsthaft damit auseinandersetzen. Es geht um eine ernste Sache. Sie haben in Ihren Vorschlägen leider den notwendigen Ernst ein bisschen vermissen lassen. - Vielen Dank.
Vielen Dank Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE PIRATEN, Michael Hilberer.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Verfassungsschutz berührt uns natürlich auch. Wir treten für Bürgerrechte ein und das ist ein Thema, bei dem das Bürgerrecht in Konflikt gerät mit den Prinzipien der wehrhaften Demokratie. Die anhaltende Affäre um den selbst ernannten Nationalsozialistischen Untergrund hat die Arbeit der Inlandsgeheimdienste und hier besonders der Verfassungsschutzbehörden in die öffentliche Diskussion gebracht und deren Zusammenarbeit mit der Bundesebene und mit den Polizeibehörden in ein öffent