Protocol of the Session on September 19, 2012

wird man mir glauben. Insofern war mir dieser Brief nicht bekannt.

Wichtig ist zunächst einmal, dass hier von verschiedenen Rednerinnen und Rednern auch der Koalition geäußert worden ist, dass man weiter am Ball bleiben will und dass man weiter das Gespräch mit der Bürgerinitiative führen will. Ich glaube, das ist eine Zusage, die für die Bürgerinitiative von Bedeutung ist. Das war, wenn man so will, auch das Ziel dieser Aktuellen Stunde; denn es kam in der Öffentlichkeit ja so rüber, dass sich die Sache gewissermaßen erledigt habe und damit das Gespräch nicht mehr weitergeführt würde.

Ich will hier nicht den Eindruck erwecken, als hätten wir große Möglichkeiten, große finanzielle Spielräume; das würde mir niemand abnehmen. Ich habe das deshalb auch gleich zu Beginn klargestellt. Insofern ist die Zusage, weiter im Gespräch zu bleiben, die jetzt abgegeben worden ist, wichtig. Ich will nur darauf hinweisen, dass ich, wenn ich den Brief gekannt hätte, von vornherein die Frage aufgeworfen hätte, ob es sinnvoll ist, eine solche Begrenzung vorzunehmen; das ist ja etwas ganz anderes. Wenn man die Schwierigkeiten kennt, Geld zu sammeln, wenn man weiß, dass das manchmal auch von Konjunkturen abhängig ist, wenn man gleichzeitig weiß, wie Planungsvorgänge sich gestalten, dass diese immer wieder über den Haufen geworfen werden, muss man schon die Frage stellen, ob es sinnvoll war, eine solche Zusage überhaupt zu befristen.

Was jetzt bei dieser Debatte herausgekommen ist, Herr Kollege Meiser - da darf ich Sie also beim Wort nehmen -, ist, dass Sie nach meinem Verständnis die Befristung insoweit relativiert haben, als Sie über die Realisierung einer solchen Maßnahme weiter im Gespräch bleiben wollen. Innerhalb der Fachwelt an der Saar wird ja nicht nur der Neubau oder Umbau diskutiert, es wird auch diskutiert, ob vielleicht vorhandene Hallen im Sinne einer Nutzungsänderung besser für Konzertveranstaltungen ausgerüstet werden können. Über all dies kann man ja reden.

Genau das wollten wir mit unserer Aktuellen Stunde erreichen. Wir wollten erreichen, dass den Kulturschaffenden gesagt wird: Das Thema ist nicht völlig vom Tisch, es wird ernsthaft - - Das ist das Entscheidende! Denn ich kann so einen Brief ja auch schreiben ausgehend davon, dass das Geld sowieso nie zusammenkommt und sich damit das Ganze erledigt hat. Das soll es in der Politik ja auch geben. Aber hier ist von verschiedenen Rednerinnen und Rednern insbesondere der Koalitionsfraktionen, die ja hier die Mehrheit haben, ernsthaft vorgetragen worden, dass man damit das Projekt nicht beerdigen will. Das war der Sinn unserer Veranstaltung. Wenn es dann weiterhin zu einem fairen Dialog mit der Bürgerinitiative kommt, haben wir das Ziel unserer kleinen Aktuellen Stunde erreicht.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat der Minister für Bildung und Kultur Ulrich Commerçon.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht alle Aktuellen Stunden haben zum Ergebnis, dass man anschließend feststellen kann, man findet einen möglichst breiten, gemeinsamen Weg. Ich glaube, für die heutige Aktuelle Stunde gilt das. Insofern war sie für den weiteren Debattenverlauf hilfreich.

Ehrlichkeit und Transparenz muss bei einer Landesregierung im Mittelpunkt stehen. Wir haben uns das auf die Fahnen geschrieben und deswegen auch gesagt, wir machen keine Versprechungen, die wir am Ende nicht halten können. Diese Landesregierung ist angetreten, um das Saarland als eigenständiges, liebens- und lebenswertes Bundesland zu erhalten, und dazu gehört selbstverständlich und notwendig eine lebendige Kulturszene. Ich glaube, wir können feststellen: Wir haben im Saarland eine attraktive, lebendige Kulturszene, und darüber sind wir sehr froh.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die saarländische Landesregierung tut auch alles, um diese Kulturszene zu erhalten und auszubauen. Viele Zahlen sind schon genannt worden. Wir investieren auch in die kulturelle Infrastruktur, auch in dieser Legislaturperiode, und das ganz massiv. Die Fertigstellung der Erweiterung des Saarlandmuseums ist angesprochen worden. Ich will ergänzend darauf hinweisen, dass wir ein großes, zentrales Leuchtturm-Projekt haben, das Weltkulturerbe Völklinger Hütte, in das zwischen 2007 und 2015 45 Millionen Euro investiert werden, davon allein aus dem saarländischen Landeshaushalt 13,75 Millionen Euro. Wir investieren ferner - ein Projekt dieser Landesregierung, das zu Beginn vereinbart wurde und Ende des vergangenen Jahres andiskutiert wurde 15 Millionen Euro in die Bühnentechnik des Staatstheaters. Das sind alles Dinge, die vorher so nicht abzusehen waren. Deswegen haben wir uns darauf verständigt, dass das die zentralen Projekte sind, wenn es um den Ausbau der kulturellen Infrastruktur geht. Ich denke, das sind große Brocken, die wir als Große Koalition vernünftigerweise anpacken, und das ist ein gutes Zeichen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Selbstverständlich - auch das ist von Debattenrednern mehrfach angesprochen worden - haben wir zwei überragende Klangkörper. Es gibt schon seit Jahrzehnten das ehemalige Rundfunksinfonieorchester, mittlerweile zur Deutschen Radio Philharmonie

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Saarbrücken-Kaiserslautern geworden. Es hat inzwischen auch eine wunderbare Entwicklung beim Saarländischen Staatsorchester gegeben. Jeder, der bei der Hundertjahrfeier dabei war, konnte das genießen; es war ein wunderbares Ereignis. Wir können auf diese beiden Klangkörper stolz sein und müssen natürlich auch dafür sorgen, dass diese Klangkörper Spielorte haben. Auch das ist völlig unstrittig.

Wir haben auch Spielorte, wir haben das Staatstheater selbst, das dem Staatsorchester immer wieder zur Verfügung steht. Den Saarländischen Rundfunk muss man an der Stelle auch einmal erwähnen. Er ist keine Einrichtung des Landes, sondern eine eigenständige Körperschaft. Der Saarländische Rundfunk hat in den Großen Sendesaal investiert und kann dort inzwischen wunderbare Konzerte veranstalten. Wir haben mit massiver Unterstützung der saarländischen Landesregierung in den letzten Jahren in den Großen Saal der Congresshalle investiert. Auch da sind rund 2 Millionen Euro geflossen, dort verfügen wir inzwischen über modernste Technik.

Selbstverständlich - das weiß Professor Leonardy auch, der letzte Woche noch einmal mit mir zusammengesessen hat - werden wir alles daransetzen, weitere Möglichkeiten zu finden, Spielorte für unsere Orchester zu bekommen. Was an dieser Vereinbarung von damals aber sehr vernünftig ist: Wenn wir auf privates Engagement setzen, muss das private Engagement erst einmal da sein. Wir können keine Zusage geben, dass alles aus dem Landeshaushalt finanziert wird. Auch da, stelle ich fest, haben wir heute Einigkeit.

Als Herr Professor Leonardy letzte Woche in mein Büro gekommen ist, hat er übrigens gesagt: „Guten Morgen, wir brauchen gar nicht lange über die Saarphilharmonie zu sprechen; ich wusste gar nicht von diesem Brief, der mir jetzt bekannt gegeben wurde.“ - Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich wusste von diesem Brief und diesen Konditionen vorher auch nichts. Ich musste auch nichts davon wissen, denn es bestand vorher kein Entscheidungsbedarf. - Herr Leonardy hat dann gesagt, ich bitte Sie aber, mich dann an anderer Stelle weiter zu unterstützen.

Das habe ich ihm auch zugesagt. Ich habe ihm in der letzten Woche zugesagt, dass ich mich mit dem Bundeskulturministerium, auch mit dem Bundesbauministerium in Verbindung setzen werde, dass wir nach Möglichkeiten suchen werden, wie wir das private gesellschaftliche Engagement weiter unterstützen können. Ich habe ihm die Unterstützung des Landesdenkmalamtes zugesagt, wenn es um die Eruierung von notwendigen Maßnahmen und Denkmalschutzbelange geht, sollte es beispielsweise an der Stelle des E-Werks zu weiteren Aktivitäten kommen. Ich habe ihm aber auch gesagt, dass wir in der gegenwärtigen Haushaltssituation in dieser Legisla

turperiode voraussichtlich nicht in der Lage sein werden, einfach mal so eine Saarphilharmonie zu bauen. Auch da, stelle ich fest, haben wir offenbar große Einigkeit hier im Hause.

Wir haben sehr viel über die Musikfestspiele gesprochen, und unterm Strich, das stelle ich hier fest, findet das natürlich auch weiterhin die volle Unterstützung der saarländischen Landesregierung. Herr Professor Leonardy und ich sind ja auch über viele andere Dinge ständig im Gespräch. Er bekommt weiterhin die Unterstützung der gesamten saarländischen Landesregierung, wenn es darum geht, private Spendengelder einzuwerben. Es ist völlig unstrittig, dass es diese Unterstützung gibt. Deswegen sage ich noch einmal: Ich bin froh, dass wir diese Debatte heute so führen konnten, weil sie einiges aufgeklärt hat, und ich freue mich auch auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen in diesem Bereich; denn es lohnt sich wirklich. Wenn wir ein lebendiges und zukunftsfähiges Saarland wollen, dann wird uns das nur gelingen, wenn es auch ein kulturell attraktives Saarland gibt. Und da bin ich guter Dinge, dass wir das in Zukunft auch hinbekommen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache. Bevor wir mit der Tagesordnung fortfahren, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, im Namen des Hauses unserem Wirtschaftsminister, Herrn Heiko Maas, zu seinem heutigen 46. Geburtstag sehr herzlich zu gratulieren.

(Beifall.)

Wir kommen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Saarlandes zur Stärkung der Bürgerbeteiligung (Drucksache 15/140)

Erste Lesung des von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Saarlandes und des Volksabstimmungsgesetzes (Drucksache 15/120 - neu)

Zur Begründung des Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Roland Theis das Wort.

(Minister Commerçon)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen führen wir eine jahrelange Auseinandersetzung über das Verhältnis von repräsentativ-demokratischen und plebiszitären Elementen in der Verfassung des Saarlandes einer Lösung zu. Dabei stellt aus unserer Sicht der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung einen sinnvollen, einen pragmatischen und einen in der Tradition der Verfassung des Saarlandes stehenden Ausgleich zwischen plebiszitärer Ergänzung und Beibehaltung der repräsentativ-demokratischen Grundausrichtung unserer Verfassung dar. Die Auseinandersetzung, die wir vielleicht auch heute um das Verhältnis von Volksgesetzgebung und Parlamentsgesetzgebung führen, ist dabei nicht neu. Vielmehr ist sie eine Konstante in der Verfassungsgeschichte unseres Landes. Bereits in der Verfassungskommission von 1947, die mit der Ausarbeitung der Verfassung des Saarlandes beauftragt war, gab es Diskussionen über die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden. Damals entschied sich die Gesetzgebende Versammlung gegen die Einführung der sogenannten Volksbegehren. Insbesondere auch aus den historischen Erfahrungen lehnten damals alle an der Verfassungskommission mitwirkenden demokratischen Parteien die Einführung von Volksentscheiden ab. Alfred Levy, das wohl einflussreichste Mitglied in diesem Gremium, brachte in der Sitzung der Verfassungskommission vom 26. Juni 1947 die damalige Einschätzung des Verfassungsgesetzgebers aus seiner Sicht wie folgt auf den Punkt. Ich mache mir das nicht zu eigen, aber ich will es dennoch zitieren - mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident: Ein Volk, das sich wiederholt so elementar geirrt hat wie das Volk an der Saar, möchte auch gar keine Entscheidung selbst treffen. So Levy 1947.

Trotz dieser Verfassungsrechtslage wurde diese Einschätzung Levys schon bald auf die Probe gestellt. Denn 1955 wurde auf der Grundlage von Völkerrecht, nicht auf der Grundlage der Landesverfassung, die plebiszitäre Grundsatzentscheidung über die politische Zukunft des Saarlandes getroffen. Nicht zuletzt deshalb kann man also noch heute mit Fug und Recht die Auffassung von Isensee teilen, der in der Kommentierung der Verfassung des Saarlandes, ohne dabei eine politische Wertung vorzunehmen, ausführt, ich zitiere abermals mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident: Das Saarland ist hervorgegangen aus zwei Akten unmittelbarer Demokratie, den Volksabstimmungen der Jahre 1935 und 1955 über die Rückkehr in den deutschen Staatsverband, aus dem es nach dem Ersten Weltkrieg wie nach dem Zweiten Weltkrieg herausgelöst worden war. Und weiter: Damit schufen diese die saarländische Identität und prägten nachhaltig saarländisches

Selbstbewusstsein. Das Saarland gründet demnach auf plebiszitären Elementen. - So Isensee, wertfrei.

Was auch immer man damals oder heute von den Ergebnissen dieser Abstimmungen halten mag, so wird deutlich, das Saarland ist stärker auf plebiszitären Fundamenten gegründet als jedes andere Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland. Und das zeigt zum einen, dass Alfred Levy mit seiner 1947 geäußerten Feststellung nicht recht behalten sollte und zum andern, dass diejenigen, die heute in schöner Regelmäßigkeit den vermeintlichen Mangel an plebiszitärer Demokratie im Saarland beklagen und dies im Übrigen unter dem, wie ich finde, anmaßenden Titel „Mehr Demokratie“ tun, zumindest von der Geschichte dieses Saarlandes keine Ahnung haben.

(Beifall bei der CDU.)

Doch zurück zur Verfassungsentwicklung des Landes. 1947 wurde das sogenannte unechte Plebiszit in der Verfassung des Saarlandes verankert, wonach die Einleitung eines Volksentscheides allein einer starken Minderheit, eines Drittels des Landtags zukommt, die ihrerseits der Unterstützung eines Drittels der Bevölkerung bedurfte, um zum Volksentscheid zu führen. Erst 1978 wurde die Volksgesetzgebung in die Verfassung des Saarlandes eingeführt. Die Bestimmungen der Artikel 99 und 100 erhielten ihre bis heute gültige Fassung, die die vom Landtag 1976 eingesetzte Enquetekommission für Verfassungsfragen erarbeitet hatte. Die Initiative ging damals übrigens nicht von den Abgeordneten, sondern von den sachverständigen Mitgliedern Knies, Krause und Isensee aus. Viele von Ihnen waren dabei, als sich das Parlament mehrfach und in den unterschiedlichsten Formen der parlamentarischen Arbeit mit dem Spannungsverhältnis von plebiszitärer und parlamentarischer Gesetzgebung befasste.

Der heutige Gesetzentwurf beendet diese Auseinandersetzung durch eine - wie wir finden - vernünftige, pragmatische und ausgewogene plebiszitäre Anreicherung der bewährten parlamentarischen Demokratie in unserem Land. Er weitet die Möglichkeiten der politischen und gesetzgeberischen Initiativen aus der Bevölkerung aus, er schafft rechtssichere Verfahren für den plebiszitären Gesetzgeber, er schafft klare staatsorganisatorische Regelungen und gibt damit einen klaren Rahmen, in dem sich der politische Meinungskampf abspielen kann. Und - aus Sicht des Parlaments nicht unwichtig - er sichert gerade in einem Haushaltsnotlageland die wichtige Budgethoheit des Parlaments ab und sorgt nicht zuletzt dafür, dass durch die besonderen Vorschriften zur Änderung der Verfassung durch Plebiszit die Stabilität der demokratischen Verfasstheit des Saarlandes sowie die Vorrangigkeit des repräsentativ-de

mokratischen Charakters unserer Verfassung gewährleistet bleibt.

Was ändert sich konkret durch den Gesetzentwurf in der Verfassung des Saarlandes? Gestatten Sie mir, auf die zentralen Neuerungen in Artikel 98 ff. der Verfassung des Saarlandes einzugehen und dabei wesentliche Anmerkungen zur Auslegung dieser neuen Vorschriften zu machen. Durch den neuen Artikel 98 a der Verfassung des Saarlandes wird die Volksinitiative als niedrigschwelliges Instrument der Bürgerbeteiligung auf Landesebene eingeführt. Mit dieser können zukünftig 5.000 Unterzeichner den Landtag zur Befassung mit bestimmten Themen im Rahmen seiner Zuständigkeiten zwingen. Dadurch wird eine nicht unwesentliche Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern in die Lage versetzt, bestimmte Themen sozusagen auf die Agenda des Landtags und damit der politischen Parteien, der Fraktionen und der Öffentlichkeit zu bringen und auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.

In Artikel 99 (neu) der Verfassung des Saarlandes ermöglichen wir dem Grunde nach zukünftig finanzwirksame Volksbegehren. Damit ist zwar die Diskussion um das sogenannte Finanztabu beendet, die Neuregelung bezieht sich dabei aber sowohl auf die partiellen Ausnahmen der Zulässigkeit von finanzwirksamen Volksbegehren als auch auf die Einführung des sogenannten relativen Finanzvorbehalts. In Art. 99 Abs. 1 Satz 3 regeln wir zunächst die partiellen Ausnahmen der Zulässigkeit von Volksbegehren neu. Einen neuen Ausschlusstatbestand stellt dabei der für unsere Verfassung neue Begriff der Landeshaushaltsgesetze dar. Dabei werden in Zukunft solche Volksbegehren unzulässig sein, die entsprechend der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes von Berlin aus dem Jahre 2009 - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident das Haushaltsgesetz und den in ihm festgestellten Haushaltsplan für das laufende Haushaltsjahr unmittelbar zum Gegenstand haben. Hierzu gehören auch Volksbegehren, die in einem im Zeitpunkt des Zustandekommens des Volksgesetzes geltenden Haushaltsplan eingreifen. - So der Verfassungsgerichtshof von Berlin.

Daneben wird ein relativer Finanzvorbehalt eingeführt, der Volksbegehren zulässt, die Einnahmen oder Ausgaben bis zu 0,3 Prozent des Landeshaushalts, das sind im Saarland circa 11 Millionen Euro, verursachen. Des Weiteren werden Plebiszite mit wiederkehrender Haushaltswirksamkeit zulässig, die bis zu 0,5 Prozent in einem Zeitraum von vier Jahren nach sich ziehen. Dabei bezieht sich der relative Finanzvorbehalt sowohl auf Ausgaben als auch auf Einnahmen. Das durch diese Vorschrift geschützte Budgetrecht des Parlamentes beinhaltet, wie wir alle wissen, sowohl die Gestaltung der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite des Landeshaushaltes.

Beides wird daher auch vom Schutzzweck des Art. 99 Abs. 1 Sätze 4, 5 (neu) der Verfassung des Saarlandes umfasst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die vorliegende Verfassungsänderung betont mit der Einführung der Möglichkeit von finanzwirksamen Volksbegehren gleichzeitig die Finanzverantwortung des plebiszitären Gesetzgebers. Nach Art. 99 Abs. 1 Satz 6 (neu) werden die Initiatoren eines Volksbegehrens zukünftig verpflichtet sein, einen konkreten und begründeten Kostendeckungsvorschlag zu unterbreiten. Dieser muss mehrere Voraussetzungen erfüllen. So unterliegt er denselben partiellen Ausnahmetatbeständen wie das Volksbegehren selbst. Um das zu erklären: Die Grundlogik des Art. 99 Abs. 1 Satz 7 lautet: Was nicht zulässigerweise zum finanzwirksamen Gegenstand des Volksbegehrens an sich gemacht werden darf, darf auch nicht zum Gegenstand des Kostendeckungsvorschlags gemacht werden. Damit schließen wir die Durchführung eigentlich unzulässiger Plebiszite durch die Hintertür des Kostendeckungsvorschlags auch zukünftig aus.

Zudem muss der Kostendeckungsvorschlag konkret und begründet sein. Zwar dürfen an die Initiatoren eines Volksbegehrens keine unzumutbar hohen Anforderungen hinsichtlich dieser Voraussetzung gestellt werden, nichtsdestotrotz ist Sinn dieser Vorschrift, dass die Initiatoren eines Volksbegehrens eine konkrete Ausgabe im Landeshaushalt benennen, die zugunsten ihres Anliegens gestrichen werden soll. Die Grundlogik dieser Vorschrift lautet: Wer beispielsweise 50 zusätzliche Landesbedienstete für sein gesetzgeberisches Ziel einstellen will, muss konkret darlegen, wo im Gegenzug Stellen für Landesbedienstete in Wegfall gebracht werden sollen. Oder: Wer den Neubau einer bestimmten Infrastruktur im Wert von 10 Millionen Euro fordert, der muss darstellen, auf welchen Neubau in der Investitionsplanung des Landes im Gegenzug verzichtet werden soll oder wo Personal im entsprechenden Umfang eingespart werden soll. Klar ist, dass der schlichte Verweis auf die Erhöhung der Neuverschuldung oder eine globale Minderausgabe über alle Personal- oder Sachkosten als Vorschlag zur Gegenfinanzierung auch künftig nicht als ausreichend konkret und begründet gewertet werden darf.

Dabei ist festzuhalten, dass auch im Falle eines erfolgreichen Volksentscheides diesen Kostendeckungsvorschlägen keine Bindungswirkung für den Haushaltsgesetzgeber zukommt. Ziel dieser Vorschrift ist vielmehr, dass der stimmberechtigte Bürger die möglichen Auswirkungen seiner Stimmabgabe möglichst konkret vor Augen hat. Dies stärkt die Informationsbasis, auf der der Bürger seine Stimmentscheidung treffen kann, und ist damit ein Beitrag zu mehr Transparenz in der Politik.

(Abg. Theis (CDU) )

(Beifall bei den Koalitionsfraktionen.)

Daher kommt der Vorlage eines dergestalt qualifizierten Kostendeckungsvorschlages auch in Zukunft die Rolle eines harten Zulässigkeitskriteriums für Volksbegehren zu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darüber hinaus werden in Art. 99 Abs. 2 (neu) der Verfassung des Saarlandes die Hürden für den Erfolg von Volksbegehren gesenkt. Für das Zustandekommen eines Volksbegehrens werden künftig 7 statt bislang 20 Prozent der Stimmberechtigten unterschreiben müssen. Die Sammlung erfolgt weiterhin in amtlichen Unterschriftenlisten, sodass ordnungsgemäße Verfahren gesichert und spätere Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Damit sichern wir ab, dass nach Abgabe der Unterschriftenlisten kein endloser Rechtsstreit über deren Gültigkeit entstehen kann. Damit stellen wir auch sicher, dass Volksbegehren nicht durch solche Verzögerungen sozusagen faktisch aufgrund des Zeitablaufs verhindert werden können. Und damit sorgen wir auch für einen manipulationsfreien Ablauf dieses Gesetzgebungsvorverfahrens.

Sie sehen, im Gegensatz zu dem, was manchmal in der Debatte kritisiert wird, handelt es sich bei der amtlichen Sammlung eigentlich um ein Verfahren, das in erster Linie im Interesse der Initiatoren von Volksbegehren ist, weil sie so schnelle Verfahren und Rechtssicherheit erhalten. Mit unserem Entwurf kommt diesen Verfahrensvorschriften künftig Verfassungsrang zu, weil sie als wesentliche Vorschriften zur Gesetzgebung materielles Staatsorganisationsrecht sind. Damit sorgen wir auch hier für eine langfristig stabile Ausgestaltung unserer demokratischen Verfahren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Art. 100 Abs. 3 (neu) der Verfassung des Saarlandes werden auch die notwendigen Beteiligungsquoten maßvoll verändert. Künftig ist ein Gesetz durch Volksentscheid angenommen, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens jedoch 25 Prozent der stimmberechtigten Saarländerinnen und Saarländer, für einen Gesetzentwurf gestimmt hat. Bei Verfassungsänderungen, die künftig grundsätzlich möglich sein werden, bedarf es einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei mindestens 50 Prozent der Stimmberechtigten an der Abstimmung teilgenommen haben müssen.

Mindestquoten, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das vielleicht auch als Anmerkung zum Gesetzentwurf der PIRATEN, haben zwar einen bestimmten gesetzgeberischen und verfassungsgesetzgeberischen Spielraum. Die herrschende Meinung in der verfassungsrechtlichen Literatur, der ich mich anschließen möchte, ist allerdings, dass Volksgesetzgebung ohne jegliche Mindestbeteiligung, wie