Protocol of the Session on October 5, 2016

(Minister Jost)

Produkt zu tun, aber auch nichts mit Wertschätzung gegenüber den Produzenten. Das heißt, die Produzenten am langen Arm verhungern zu lassen. Deswegen, sage ich, hat auch der Lebensmitteleinzelhandel eine Verantwortung, durch die Preisgestaltung dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen merken, dass das, was sie in Anspruch nehmen, etwas kostet. Auch das ist ein Beitrag dazu, dass man Produkt und Produzent wertschätzend gegenübertritt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen gehören Qualität, Aussehen, Preisgestaltung, Wertigkeit gegenüber dem Produkt und Wertschätzung gegenüber den Produzenten dazu. Das muss sich dann auch dort auswirken, wo die Produkte zum Tragen kommen, natürlich auch in den Privathaushalten. Wir haben eben darüber gesprochen, dass 70 bis 80 Prozent der weggeworfenen Lebensmittel aus den Privathaushalten oder deren Umfeld stammen. Deswegen gilt es, zu allererst dort anzusetzen, aber auch in den Kindergärten und in den Schulen. Kollege Theis hat vorhin die Vernetzungsstelle Schulverpflegung und das Programm Schulobst genannt; wir stellen uns dieser Diskussion.

Ich habe gestern Abend in einer Diskussion aber wieder erlebt, wie das ist. Eltern waren der Auffassung, einerseits ist der Staat zu sehr bevormundend und greift in alles und jedes ein, aber auf der anderen Seite fordern die gleichen Leute, der Staat müsse dafür sorgen, dass ihre Kinder in der Schule nicht nur geistige Sättigung erfahren, sondern die Schule, die Lehrer hätten dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder auch körperlich satt werden. Ich habe gestern sehr deutlich darauf hingewiesen, dass das wohl nicht sein kann, dass man glaubt, ein Rundumsorglos-Paket mit den Schulen geschnürt zu haben, die nicht nur die Bildung vermitteln sollen, sondern dafür Sorge zu tragen haben, dass die Kinder das Frühstück oder das Mittagessen bekommen, das ihnen die Eltern selber nicht organisieren. Es ist auch eine Frage der Erziehung und der Verantwortung der Eltern, denen man ein Stück weit diese Verantwortung zuweisen muss.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deswegen wollen wir mit Maßnahmen wie dem Ernährungsführerschein und anderen dazu beitragen, dass das, was in den Schulkantinen angeboten wird, auch im privaten Umfeld seinen Niederschlag findet und den Kindern einen stärkeren Anreiz gibt, mit ihren Eltern vermehrt zu kochen und darüber zu reden, was für sie richtig und gesund ist. Ich sage an der Stelle ganz klar, wir müssen Gewohnheiten aufbrechen, zu denen auch gehört, dass man beim Einkauf nicht mehr großartig nachdenkt. Da werden zwei oder drei Packungen eines Produktes gekauft, obwohl man nur eine braucht. Genauso wie zu den Gewohnheiten zählt, die Kollegin Freigang hat es eben angesprochen, dass man auf das Mindesthalt

barkeitsdatum schaut und feststellt, dass das Produkt schon seit zwei Wochen abgelaufen ist. Was beispielsweise bei Reis wirklich eine Katastrophe ist! Wenn man sich diese Idiotie, diese Schizophrenie vor Augen führt, dann unterstelle ich eine bewusste Irreführung, die dazu genutzt wird, um zusätzlich Geld zu machen zulasten der Umwelt, zulasten des Verbrauchers. Deswegen muss mit diesem Unsinn zu Recht Schluss gemacht werden. Das Thema Mindesthaltbarkeitsdatum gehört dem Grunde nach auf den Müll und nicht die Produkte.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben in den vergangenen Jahren in unserem Land die Grundlagen dafür gelegt, dass ein Großteil der Vorschläge, die in den Anträgen formuliert sind, auch ohne Weiteres umgesetzt werden kann. Ich warne an dieser Stelle aber auch davor zu glauben, dass man durch reines staatliches Handeln, durch mehr Gesetze oder Verordnungen das Thema in den Griff bekommt. Es ist und bleibt letzten Endes eine Frage, wie man Gewohnheiten und Klischees aufbrechen kann, wie wir es schaffen, jungen Menschen nahezubringen, dass es eben nicht unschicklich ist, in einen Apfel zu beißen, der eine Druckstelle hat. Wir sind alle groß geworden, obwohl wir früher schon mal den einen oder anderen Apfel gegessen haben, in dem ein Wurm war.

(Zuruf: Genau!)

Wir haben alle überlebt. Wir haben auch mal Lebensmittel gegessen, die vermeintlich abgelaufen waren und wo es sich herausstellte, dass es gar nicht so war. Ich sage hier ganz deutlich, wie gestern Abend bei der Veranstaltung im Gymnasien am Rotenbühl: Man sollte nicht zu sehr nach dem Aussehen gehen. Das gilt bei den Lebensmitteln wie bei vielen anderen Dingen im Leben auch.

(Heiterkeit bei der LINKEN.)

Deswegen muss es unsere Aufgabe sein, in Erinnerung zu rufen, nicht immer die Klischees zu erfüllen, sondern vielleicht häufiger nachzudenken. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Anträge in diesem Hause mit großer Geschlossenheit verabschiedet werden und verspreche, dass wir unsere Arbeit in der Landesregierung in diesem Sinne ausrichten. Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Minister. Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Koalitionsfraktionen. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1962 ist, den bitte

(Minister Jost)

ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1962 bei Zustimmung aller Fraktionen im Hohen Hause einstimmig angenommen ist.

(Beifall von Minister Jost.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der PIRATEN-Landtagsfraktion. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1966 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass auch dieser Antrag bei Zustimmung aller Fraktionen im Hause einstimmig angenommen ist.

Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Wald im Bereich des SaarForst schützen - Umweltverträglichkeit von Windkraftanlagen verbindlich prüfen (Drucksache 15/1959)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Frau Abgeordneter Dagmar Ensch-Engel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von Reinhold Messner stammt der Satz: Alternative Energiegewinnung ist notwendig, aber dort unsinnig, wo sie das zerstört, was sie eigentlich bewahren soll. - Recht hat er. Reinhold Messner ist nicht nur ein bekannter Bergsteiger, er war auch als Parteiloser fünf Jahre für die GRÜNEN Abgeordneter im Europäischen Parlament, und trotzdem hat er diese Meinung.

(Sprechen bei GRÜNEN und LINKEN.)

Auch im Saarland wachsen die Zweifel, ob der ständige Zuwachs - - Herr Ulrich, es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden, anstatt zu quaken.

(Zuruf: Er will nicht!)

Er will nicht zuhören, ja, das sehe ich. - Auch im Saarland wachsen die Zweifel, ob der ständige Bau immer größerer Windkraftanlagen mitten in der Natur wirklich Sinn macht und gut für die Umwelt sein kann. So sehen es die GRÜNEN im Stadtverband Wadern letztlich auch. Wer die Zeitung im Kreis Merzig erhält, wird gelesen haben, dass man im Löstertal die Höhe der Anlagen reduzieren will, man will die Menge der Anlagen reduzieren, man will die Abstände zu den Wohngebäuden vergrößern, und man hätte gerne wieder eine zentrale Stelle wie zum Beispiel das Umweltministerium, die stärker auf Standortentscheidungen Einfluss nimmt. Diese Forderungen hätten glatt von mir sein können.

In Saarbrücken ist es die CDU, die an den Ausbauplänen Kritik übt. Es geht dabei um die Standorte in Gersweiler und Burbach. Ich könnte noch zahlreiche weitere Fälle aufzählen wie beispielsweise den Primsbogen oder die vorgesehenen Anlagen am Limberg, das Projekt ist Gott sei Dank gestorben. Es vergeht aber keine Woche, in der ich keinen Anruf von Bürgern, Kommunen oder Räten bekomme, die fragen, was da passiert und wo sie sich hinwenden können.

Ein Blick nach Rheinland-Pfalz zeigt, wie es gehen könnte, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dort hat die neue Landesregierung aus SPD, GRÜNEN und FDP unterstützt von der CDU nun klare Regeln vorgelegt, die die Windkraftanlagen betreffen. Danach sollen sie nicht mehr in den Kernzonen der Naturparks gebaut werden, im gesamten Naturpark Pfälzerwald, in den Rahmenbereichen der Wettergebiete Oberes Mittelrheintal, in landesweit bedeutsamen Kulturlandschaften oder in Gebieten mit zusammenhängendem altem Laubholzbestand. Es geht also doch, wenn man denn will. Wenn der Pfälzerwald geschützt wird, warum beschützen wir nicht unseren saarländischen Wald?

(Beifall bei der LINKEN.)

Das ist für mich persönlich auch eine Frage der Verbundenheit mit unserem schönen Saarland. Wir wollen, dass der saarländische Wald - zumindest der, der sich im Besitz des Landes befindet - geschützt wird und für Windkraftanlagen tabu ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Saarland ist ein Waldland. Unser Wald erfüllt eine Vielzahl von Funktionen. Er produziert den wertvollen Rohstoff Holz, er sichert bestes Trinkwasser, speichert Kohlendioxid und bietet vielen Pflanzen und Tieren Lebensräume.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Ist das das Kohlendioxid, das aus den Kohlekraftwerken kommt?)

Der Wald ist aber auch Erholungsort für die Bürgerinnen und Bürger und ein Lern- und Bildungsort für junge Menschen. Wir setzen uns für eine naturnahe, multifunktionale Waldbewirtschaftung ein, die diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht wird. Diese Sätze stammen übrigens aus dem Wahlprogramm der CDU von 2012.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie haben jetzt die einmalige Gelegenheit, hier und heute im Sinne Ihres Programmes abzustimmen und somit den saarländischen Wald zu schützen.

(Abg. Thul (SPD) : Einmalig? - Lachen bei der CDU. - Zurufe von der LINKEN.)

Denn tatsächlich hat jede einzelne Windkraftanlage erhebliche Auswirkungen auf den Wald. Im Ausland ist das auch schon erkannt worden, zum Beispiel in

(Vizepräsidentin Spaniol)

Österreich. Dort gibt es klare Regeln beim Ausbau von Windrädern in Waldgebieten, aber auch bei uns beginnt Gott sei Dank ein Umdenkungsprozess. So hat das Bundesamt für Naturschutz nun klar festgelegt, dass der Nutzungsdruck auf Waldflächen deutlich zunimmt, und dass man neben den harten Kriterien den Aspekt Landschaftsbild in Entscheidungen einbeziehen sollte. Ich hoffe, das kommt dann irgendwann einmal überall an, auch hier im Saarland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat ja seinen Grund, weshalb es in vielen anderen Bundesländern wie zum Beispiel Sachsen, Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt diese Verbote für die Windkraftanlagen im Wald gibt. Dadurch wird die Energiewende ganz offensichtlich nicht gefährdet. Das ist bei uns ein Hauptargument, das immer vorgebracht wird, und es stimmt einfach nicht.

(Beifall von der LINKEN. - Zuruf des Abgeordne- ten Thul (SPD).)

Wenn es in anderen Bundesländern funktioniert, funktioniert es bei uns auch. Wir sind eine windarme Gegend und man sollte sich überlegen, ob diese Dinger überhaupt hierhin gehören, Herr Thul. Ganz einfach.

Ein weiterer Punkt, der uns sehr wichtig ist und uns am Herzen liegt, ist die Frage der Umweltverträglichkeitsprüfung. Da wird sich hier auch ganz fein aus der Affäre gezogen. Wer überzeugt ist, dass Windkraftanlagen ökologisch einwandfrei und unbedenklich sind und dass die Vorteile wirklich deutlich die Nachteile ausgleichen, der kann nicht dagegen sein, dass es eine unbedingte, verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung für jede Anlage gibt. Bei uns ist es so geregelt, dass es die erst ab 20 Anlagen gibt, also baut man 19 und dann ist alles in Butter. Das, finde ich, ist unverschämt!

(Beifall von der LINKEN.)

Wer nämlich behauptet - das sage ich hier ganz klar -, dass mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung für eine einzige Anlage die ganze Energiewende infrage gestellt wird, der sagt damit ganz klar, dass mit der Umweltverträglichkeitsprüfung für eine Anlage der Beweis erbracht ist, dass diese Anlage wirklich die Umwelt zerstört und schädigt. Deshalb wird es nicht gemacht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten darüber hinaus einmal auf unsere Bürger hören. Es kann mir keiner erzählen, egal wo er wohnt, dass er nicht mitbekommt, was in der Bevölkerung in Sachen Windräder im Moment los ist. Wir sollten auf unsere Bürger hören, wir sollten uns mit ihnen beraten. Wir wollen von Ihnen nur, dass wir wirklich unseren eigenen, unseren Staatswald, vor diesen Anlagen schützen. Und wir wollen, dass diese Umweltverträglichkeitsprüfung jedes Mal vorgenommen wird. Das ist

wirklich nicht zu viel verlangt. Ich bitte deshalb um Zustimmung für unseren Antrag.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion der Kollege Günter Heinrich.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme heute die einmalige Gelegenheit wahr, liebe Frau Kollegin Ensch-Engel, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie mit der Forderung in Ihrem Antrag, verbindlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung für jede einzelne Windkraftanlage vorzuschreiben, einen Rechtsbruch verlangen, den die Landesregierung begehen soll, denn liebe Frau Kollegin, das Baugesetzbuch gilt auch im Saarland und das Baugesetzbuch privilegiert Windkraftanlagen im Außenbereich. Das schreibt ausdrücklich der § 35 Abs. 1 Satz 1 vor: „(…) wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen (…)“. Wann eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange gegeben ist, ist ebenfalls enumerativ im Baugesetzbuch aufgeschrieben. Das muss man nur dort nachlesen. Dazu gehören, wie in Ihrem Antrag zum Teil auch ausgeführt, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, aber genau diese Belange, die Ihnen heute so wichtig erscheinen, werden in Bezug auf eine mögliche Beeinträchtigung durch Windkraftanlagen durch das Landesamt für Umwelt- und Verbraucherschutz geprüft.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Eben nicht!)