Protocol of the Session on October 5, 2016

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Eben nicht!)

Diese Belange, liebe Frau Kollegin, die Ihnen so am Herzen liegen, und auch weitere, werden sehr eingehend von dieser Behörde geprüft, bevor eine Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage im Außenbereich überhaupt erteilt werden kann.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Nein! Das sind Gutachten von den Erstellern. Das wissen Sie doch ganz genau.)

Da spielt der Landschaftsschutz eine Rolle, da spielt die natürliche Eigenart der Landschaft eine Rolle, da spielt der Erholungswert unserer schönen SaarLandschaft eine Rolle sowie das Orts- und das Landschaftsbild. Hierbei hat, wie das im Leben überall der Fall ist, wenn sich zwei Rechtsbereiche gegenüberstehen, eine Abwägung zu erfolgen, und zwar zwischen dem, was energiepolitisch in diesem Land gewollt ist, nämlich die Energiewende hinzubekommen,

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Aha!)

Schadstoffe in unserer Umwelt zu vermeiden, und dem anderen Bereich, dem Eingriff in Natur und

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) )

Landschaft und dem Landschaftsbild als schützenswertem Gut. Hier hat eine Abwägung zu erfolgen.

Die Errichtung einer baulichen Anlage hat zwangsläufig - das ist ja immanent - zur Folge, dass Landschaftsraum verbraucht wird. Das ist selbstverständlich auch bei der Windkraftanlage so. Damit dieser Eingriff in rechtlich geordneten Bahnen verläuft, wurden im Saarland Vorranggebiete für Windkraftanlagen in einem Landesentwicklungsplan ausgewiesen. Mit der energiepolitischen Weichenstellung durch Änderung des Baugesetzbuchs haben die Kommunen die Möglichkeit, Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan auszuweisen.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Sie haben das Baugesetzbuch geändert. Das hätten Sie auch lassen können!)

Damit, liebe Frau Kollegin, nehmen die Kommunen eigenverantwortlich ihre grundgesetzlich geschützte Planungshoheit wahr. Die Kommune hat damit die Möglichkeit, in ihrem Planungsraum abzuwägen, an welcher Stelle Windenergieanlagen errichtet werden sollen, und an welchen Stellen sie eben nicht errichtet werden sollen. Damit eine solche Abwägung rechtlich Bestand hat, muss der Darstellung einer Konzentrationsfläche, Konzentrationszone, für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegen, das sich nicht nur auf die Fläche bezieht, wo die Windkraftanlage errichtet werden soll, sondern auf den gesamten Außenbereich.

Das Planungskonzept muss gewährleisten, dass eine Windenergienutzung aufgrund der ermittelten Windhöffigkeit auch tatsächlich möglich ist. Das heißt, sie dürfen nicht so planen, dass es letztendlich zu einer Verhinderungsplanung kommt, nach der dann Windkraftanlagen nicht errichtet werden. Der Planungsträger, die Kommune, muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren, beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Das ist der Wille des Gesetzgebers.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Es steht zur Entscheidung der Kommune.)

Das ist der Wille von all denjenigen Abgeordneten, die im Bundestag in Berlin dieses Gesetz beschlossen haben. Ansonsten verstößt nämlich der Planungsgeber Kommune gegen geltendes Recht und macht sich mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit schadensersatzpflichtig.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Also verstößt man einfach gegen geltendes Recht.)

Meine liebe Kollegin, Kommunen, die die Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen nicht auswei

sen, müssen damit rechnen, dass solche Anlagen an allen möglichen und vielleicht auch allen unmöglichen Stellen im Gemeindegebiet errichtet werden, sofern die im Baugesetzbuch genannten öffentlichen Belange nicht tangiert sind.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Dort stehen sie schon.)

Die Windkraftanlagen haben - das ist ja deutlich geworden und man sieht das ja auch an der Presseschau - Einzug in unseren Wald gehalten. Aber die Standorte dort werden nach einem strengen Kriterienkatalog bestimmt, der sich an der Windhöffigkeit, an Höhenzügen und in vertretbaren Eingriffen in die Waldökologie ausrichtet. Der Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Umwelt“, nimmt als Vorranggebiete für Naturschutz die Natura-2000-Gebiete ausdrücklich aus, weil sie eine überdurchschnittliche Bedeutung haben, weil hier Artenschutzvorkommen sind, die einen besonderen Schutzstatus aufweisen. An diesen Stellen dürfen Windkraftanlagen nach wie vor nicht errichtet werden.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Sagen Sie einmal etwas zu den Gutachten!)

Die Waldstandorte, auf die die Ausschlusskriterien für Windenergieanlagen zutreffen, sind in der landesplanerischen Gebietskulisse „Vorranggebiete für Naturschutz“ enthalten. Die Errichtung von Windenergieanlagen ist hier unzulässig. Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald grundsätzlich zulässt, besonders schützenswerte Waldgebiete sind davon jedoch ausdrücklich ausgenommen.

Im Übrigen darf man darauf hinweisen, dass ein Drittel der Landesfläche im Saarland aus Wald besteht. Derzeit sind im SaarForst fünf Windenergieanlagen am Netz im Bereich Ottweiler, sechs werden demnächst am Netz sein im Bereich Nonnweiler. Insgesamt sind 36 Anlagen in der Planung, wobei aber mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass nicht alle genehmigungsfähig sein werden. Man muss davon ausgehen, dass wir rund 30 Windenergieanlagen auf einem Drittel der Landesfläche in unserem Waldgebiet haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Zustand, der mehr als akzeptabel ist.

Ferner darf ich darauf hinweisen, dass laut Umfragen mehr als 80 Prozent der deutschen Bevölkerung die Energiewende befürworten, insbesondere auch die Errichtung von Windenergieanlagen.

Herr Kollege Heinrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Ensch-Engel?

(Abg. Heinrich (CDU) )

Aber gerne. Bitte schön.

Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung, das auf Bundesebene Prüfungen erst ab 20 Anlagen vorsieht, sieht aber ausdrücklich andere Länderregelungen auch vor. Im Antrag heißt es, die Regierung solle dafür Sorge tragen etc. Das umfasst beispielsweise auch eine Bundesratsinitiative. Wo ist das bitte schön gesetzeswidrig oder ein Rechtsbruch? Das müssen Sie mir erklären! Andere Bundesländer können das auch, wieso wir nicht?

Ich weise darauf hin, was in Ihrem Antrag steht. Sie verlangen eine verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfung für jede einzelne Windkraftanlage, das steht so wörtlich in Ihrem Antrag. Das ist eine Aufforderung zum Rechtsbruch. Ich empfehle Ihnen die Lektüre von § 35 des Baugesetzbuches, da können Sie das selbst noch einmal nachlesen.

Meine Damen und Herren, rund 30 Windkraftanlagen im SaarForst Landesbetrieb auf Waldflächen im Saarland, einem Drittel der Landesfläche, ist ein akzeptabler Zustand. Wo es Akzeptanzprobleme wegen der Windkraft gibt, bedarf es der Aufklärung. Jeder ist für Windkraftanlagen. Wenn sie vor der eigenen Haustür errichtet werden sollen, kommt natürlich Protest auf, das ist völlig klar. Ich glaube, es gibt Möglichkeiten, auf das Verhalten einzuwirken. Hier sind in ganz besonderer Weise wir gefragt, die Politiker. Es gibt Politiker, die das populistisch aufnehmen, die Stimmung machen, das ist für die ein Wahlkampfthema. Sie tendieren auch sehr stark in diese Richtung.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Seit 2005 ist das Thema!)

Wenn ich Ihre Aktionen sehe, wo Sie sich überall bei den Leuten einschmeicheln, wenn es um Proteste geht, dann gehe ich davon aus, dass Sie das als ein Thema für die Landtagswahl hochziehen wollen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber einen Gefallen werden Sie damit weder sich noch der Sache tun. Vor allem werden Sie denjenigen keinen Gefallen tun, die unmittelbar von diesen Anlagen betroffen sind. Deshalb ist es erforderlich, dass man in den Kommunen sauber plant, dass man die Menschen mitnimmt, dass man ihnen das erklärt. Vielleicht ist es auch in dem einen oder anderen Fall ratsam, auch auf diejenigen einzugehen, die diese Anlagen betreiben, was die Höhe und die Anzahl der Anlagen an den Bestandsorten angeht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Weitere Zurufe der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LIN- KE).)

Meine Damen und Herren, ich darf zum Schluss kommen und kann mir den Satz nicht verkneifen, weil es dazu große Redebeiträge in den vergangenen Plenarsitzungen gegeben hat: Wenn man gegen Cattenom ist, wenn man keinen Atomstrom will, wenn man aus der Kohle aussteigt - im Saarland werden die Kohlekraftwerke peu à peu vom Netz gehen -, wenn man gegen alles ist, wo soll denn der Strom herkommen? Nur aus der Steckdose! Das können Sie vielleicht im Kindergarten erzählen, aber selbst dort wird man es Ihnen nicht glauben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Nach all dem bleibt festzustellen: Ihr Antrag steht in großen Teilen gegen geltendes Recht, ist nicht plausibel in der Argumentation und ist von daher konsequenterweise abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Lachen der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LINKE).)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Ensch-Engel, bei dem, was Sie hier eben beim Thema Windkraft zum Besten gegeben haben, weiß ich gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll. Sie erwecken bei dieser Energiedebatte den Eindruck, als müsste man Ihnen die Welt von A bis Z erklären.

(Lachen der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LINKE).)

Fangen wir mal bei dem Hauptgrund an, warum es überhaupt erneuerbare Energien gibt auf dieser Welt, warum sie vorangetrieben werden müssen. Da gibt es ein ganz kleines Problem, das klitzekleine Problem, Frau Ensch-Engel - Herr Lafontaine ist leider nicht mehr hier bei diesem Thema, was ich bedauere -, das da heißt Klimakatastrophe. Auf die Klimakatastrophe - ich glaube, das ist hier unstrittig geht dieser Planet, geht auch das Saarland mit Riesenschritten zu. Wir brauchen nur in die Alpen zu schauen. Dort kann man den Gletschern zusehen, wie sie wegschmelzen. Wir können an den Nordpol fahren oder uns zumindest die Bilder anschauen: Der Nordpol ist in einem Ausmaß zusammengeschrumpft, wie es das noch nie gegeben hat.

Ich nenne Ihnen mal eine Zahl, die Professor Lesch - den kennen wir alle aus seinen interessanten Fernsehsendungen - diese Woche noch mal öffentlich genannt hat. Alleine am Nordpol haben wir mittler

weile eine Erhöhung der Temperatur um 5 Grad. Schauen Sie sich diese Zahl an, Frau Ensch-Engel! Darüber reden wir, wenn wir über erneuerbare Energien debattieren. Und wir reden über die Zukunft unserer Kinder. Die große Masse von uns, die wir hier in diesem Plenum sitzen, wird die nächsten Jahre und die nächsten ein, zwei Jahrzehnte noch ganz gut überstehen. Wenn aber die Politik - da ist auch die Politik im Saarland gefragt - nicht ernsthaft eine Energiewende betreibt, wird es in Zukunft ziemlich düster für unsere Kinder und Enkel aussehen.

Dafür haben wir alle hier geradezustehen und dafür haben wir in erster Linie Politik zu machen. Und dann müssen Sie mal die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Die Korallenriffe gehen zugrunde. In Bangladesch ist der Anstieg des Meeresspiegels schon bei den Menschen angekommen, dort brechen vorne die Küsten schon weg. All das ist Realität. Und worüber diskutieren wir hier? Ob wir hier oder dort noch eine Windkraftanlage hinbauen dürfen. Das ist doch pervers, anders kann man das doch gar nicht mehr bezeichnen!

(Beifall von B 90/GRÜNE, den PIRATEN und ver- einzelt bei der SPD.)

Dann haben Sie eben hier versucht, den Eindruck zu erwecken, Frau Ensch-Engel, als würden hier Parteien sitzen - ich glaube, das ging insbesondere in Richtung der GRÜNEN -, die sich dafür aussprechen, dass wir in diesem Land weniger Wald haben. Ich glaube, das wollen noch nicht mal die Konservativen, das will auch die SPD nicht, das will hier keiner. Darum - das wissen Sie auch ganz genau - geht es auch bei dieser Diskussion gar nicht. Wir treten hier in diesem Land an, insbesondere wir GRÜNE, für eine naturnahe Waldwirtschaft. Wir wollen unsere Wälder erhalten. Wir wollen Naturschutzgebiete ausweisen, am besten Urwaldgebiete, um auch im Saarland der Natur, um dem Wald das zurückzugeben, was dringend notwendig ist.

Wir haben dabei aber ein kleines Problem. Wir haben im Saarland wie auch bundes- und europaweit überall Wirtschaftswald. Das heißt, im Saarland werden Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr große Baumbestände abgeholzt. Soll ich Ihnen die Zahl mal nennen, Frau Ensch-Engel? Das sind rund 200.000 Festmeter jedes Jahr. Die werden im Saarland abgeholzt. Wissen Sie, wie groß die Festmeteranzahl Holz ist, die abgeholzt werden muss für die paar Windkraftanlagen? Das ist ein Bruchteil von dem, was jedes Jahr im Saarland an Wald abgeholzt wird. Und Sie tun so, als wäre der Wald durch industrielle Produkte oder Anlagen im Saarland oder in Deutschland nicht geschädigt. Was ist mit all den Hochspannungstrassen, die wir heute haben, die durch unsere Waldgebiete gepfercht werden? Mit den Straßen, die wir durch unsere Wälder gehauen

haben, wo kein Wildwechsel mehr möglich ist? All das ist Realität.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Zuwegungen!)

Zuwegungen, ein Riesenproblem. - Jetzt komme ich mal zu den wenigen Windkraftanlagen, um die es im Saarland noch geht. Man muss an dieser Stelle auch einmal sagen, dass die Energiewende, insbesondere was die Windkraft angeht, in den nächsten Jahren im Saarland überhaupt keine Rolle mehr spielen wird. Nicht weil das irgendjemand hier im Parlament so will oder weil wir GRÜNE das wollen. Nein, das ist eine Folge der Politik der Großen Koalition in Berlin. Der Zubau von Windkraftanlagen im Saarland wird kaum noch stattfinden. Sie führen hier eine Gespensterdiskussion, eine Diskussion ohne jeden realen Hintergrund, auch das muss man an dieser Stelle einmal feststellen.

Aber kommen wir noch mal zu den wenigen, zu den 30 oder 36 Windanlagen, um die es im Saarland noch geht. Da frage ich mich, wie die den Wald beeinträchtigen, wenn eine Anlage in den Wald gebaut wird. Es kommt zu sehr begrenzten Rodungen, ich habe es eben gesagt. Im Vergleich zu den Abholzungen, die hier normalerweise geschehen, sind die lächerlich gering. Aber auf den Pfaden, die zu diesen Anlagen gebaut werden, ist nach wie vor ein Wildwechsel möglich. Die Natur wird durch diese Anlagen so gut wie überhaupt nicht beeinträchtigt. Man kann über eine optische Beeinträchtigung reden. Klar, kann man die Diskussion ernsthaft führen. Aber eine reale Beeinträchtigung der Tierwelt gibt es überhaupt nicht. Die wird an den Haaren herbeigezogen.

(Lautes Sprechen bei der LINKEN.)