Ich kann nur festhalten: Mit uns wird eine Kita weiterhin bezahlbar bleiben. Wir wissen, wie wichtig die frühkindliche Bildung ist. Wir stellen uns aber auch der Verantwortung und müssen deshalb auch offen diskutieren, wie sich das finanziell umsetzen und stemmen lässt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie jetzt wach geworden sein sollten, freut mich das natürlich.
Insbesondere freut mich aber, dass mein Vorstoß von vor einigen Wochen hier auf so große Zustimmung stößt; das erreicht ein Bildungsminister mit seinen Vorschlägen ja nicht immer.
Ich will die Debatte aber auch stärker auf das fokussieren, worum es hierbei eigentlich geht: Es geht nicht so sehr darum, mit einem Antrag irgendwie die Welt verbessern zu wollen. Das kann man nämlich mit einem Antrag nicht.
Es geht um weitaus mehr: Es geht zunächst einmal um Bildungsgerechtigkeit, es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, es geht damit letztlich aber auch um Standortpolitik, um Standortpolitik zugunsten unseres Landes. Nicht zuletzt geht es aber
Dass Bildung für alle bezahlbar sein muss, das scheint in diesem Hause keine Streitfrage zu sein. Das, was wir in den zurückliegenden Jahren in Sachen Bildungsgerechtigkeit auf den Weg gebracht haben, spricht, so finde ich, schon für die Glaubwürdigkeit dieser Koalition.
So hat kürzlich der Bildungsmonitor 2016 wieder belegt, dass wir hier im Saarland gerade in den vergangenen Jahren nicht nur den größten Fortschritt im Bildungssystem im bundesdeutschen Vergleich erzielt haben, sondern mittlerweile auch bundesweit den Bestwert bei der Bildungsgerechtigkeit für uns verbuchen können. Im Saarland, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheidet eben heute nicht mehr die Herkunft der Kinder oder der Geldbeutel der Eltern über die Abschlüsse und über Schulerfolge, sondern das, was die Schülerinnen und Schüler im Kopf haben. Diesbezüglich haben wir riesige Fortschritte gemacht, darauf können wir in dieser Koalition alle gemeinsam stolz sein.
Bei meinem Amtsantritt 2012 lag das Saarland, was die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems angeht, noch auf Platz 12. Damals hatte ich von meiner „Eröffnungsbilanz“ gesprochen, die es zu verbessern galt. Heute belegen wir bereits den sechsten Platz im Vergleich der Bildungssysteme aller Bundesländer. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen für die Kinder in unserem Land und für unser Land insgesamt.
Auch im frühkindlichen Bereich bestand erheblicher Handlungsbedarf, ich sehe dort auch weiteren Handlungsbedarf. Zunächst einmal hatten wir es aber mit der Herausforderung des Krippenausbaus zu tun. In diesem Bereich hatten wir in den vergangenen Jahren mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz und dem damit verbundenen Ausbau eine wahre Herkulesaufgabe zu stemmen, um überhaupt ausreichend Krippenplätze zur Verfügung stellen zu können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der erste wichtige Schritt beim Thema frühkindliche Bildung. Im Saarland stehen nun, zum Ende der Legislaturperiode, rund 7.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung, zu Beginn der Legislaturperiode waren es gerade einmal knapp 4.000 Plätze. Somit konnte die Anzahl der Krippenplätze um 60 Prozent gesteigert werden. Zusammen mit den von den Jugendämtern gemeldeten Kindertagespflegeplätzen haben wir insgesamt in der Versorgung sogar eine Steigerung von 80 Prozent, verglichen mit dem Beginn der Legislaturperiode.
den zurückliegenden fünf Jahren prioritär darin gesehen, genügend Krippenplätze zur Verfügung zu stellen. Das war, liebe Kolleginnen und Kollegen, keine Selbstverständlichkeit, das ist aber ein ganz wesentlicher Aspekt, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten, gerade auch im frühkindlichen Bereich.
Dass wir dafür durchaus größere Summen mobilisieren mussten, zeigt sich beim einfachen Blick allein schon auf eine Titelgruppe des saarländischen Landeshaushalts: Ich empfehle Ihnen allen, einmal einen Blick in die Titelgruppe 73 zu werfen; darin geht es um die Erstattung der Personalkosten durch das Land. Sie finden diese Titelgruppe im Einzelplan 06, in Kapitel 06 29. Im Jahr 2012 findet sich für diese Titelgruppe ein Ist von 57 Millionen Euro, der Ansatz für das Jahr 2017 beläuft sich auf 84 Millionen Euro. Das sind 27 Millionen Euro, die wir zusätzlich ausgeben, alleine schon an dieser einen Haushaltsstelle. Das zeigt, dass wir in der Großen Koalition Prioritäten gesetzt haben. Wir haben die Prioritäten genau dort gesetzt, wo die Notwendigkeiten am größten waren. Und allein schon bei dieser einen Haushaltsstelle ist es uns gelungen, 27 Millionen Euro zusätzlich zu mobilisieren. Ich glaube, das war gut investiertes Geld, und ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir damit auch viel für die Kinder erreicht haben.
Und es handelt sich dabei um die laufenden Kosten, die Investitionskosten habe ich noch gar nicht genannt. Gerade vor zwei Wochen haben wir im Kabinett erneut festgestellt, dass wir nun umsteuern müssen. Wir wissen dass schon seit einiger Zeit: Wir müssen umsteuern, weil wir auch im Bereich der über 3-Jährigen mehr Kinder haben, als noch vor einigen Jahren prognostiziert wurde. Wir haben immer über Lehrerstellen gesprochen, wir wissen aber - die Regierung hat das nicht verschlafen, sondern ihre Hausaufgaben gemacht -, dass wir auch im Kindergartenbereich mehr Betreuungsplätze brauchen werden und sie auch sichern müssen. Das war noch vor wenigen Jahren so nicht vorauszusehen. Deswegen hat das Kabinett im Rahmen des Investitionsprogramms vor 14 Tagen beschlossen, hierzu erneut Mittel, und zwar weitere 5 Millionen Euro, kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Auch das ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine wichtige Investition, die uns bei der Bewältigung dieser Aufgabe helfen wird. Die Kitas -
Die Kitas sind, anders, als das zu Beginn der KitaBewegung der Fall war, mehr und mehr nicht nur eine Betreuungsinstitution, sondern eine Bildungsinstitution. Frühkindliche Bildung ist Teil des staatlichen Bildungsauftrags. Der Ausbau der Kitas in den zurückliegenden Jahrzehnten hat dazu geführt, dass das Augenmerk nicht mehr ausschließlich auf dem Betreuungsaspekt liegt, vielmehr sind die Kitas, wie gesagt, heute wichtige Bildungsinstitutionen. Wir wissen heute, dass eigentlich die wichtigste Bildung, die Grundlage für die weitere Bildung, gerade in den frühen Jahren gelegt wird.
Kinder lernen in der Kita nicht nur die Sprache, den Umgang mit Gleichaltrigen und das soziale Miteinander, Kinder haben vielmehr im Rahmen des saarländischen Bildungsprogramms, das bundesweit nach wie vor große Aufmerksamkeit erzielt, die Möglichkeit, wichtige Basiskompetenzen zu erwerben. Die Sprachbildung in der Kita durch Früh Deutsch lernen haben wir enorm verbessert. Die bilingualen Kitas und das Qualitätslabel „Elysée 2020“ sind wesentliche Ansätze, in die wir im Saarland in den letzten Jahren vor allem in Qualität, aber auch in Quantität investiert haben. All diese Angebote, die wir im Saarland haben, sollen möglichst allen Kindern zugutekommen.
Aber das andere Thema ist dabei bei Weitem noch nicht abgearbeitet. Bei frühkindlicher Betreuung ist Bildung die eine Seite, sie ist andererseits aber auch nach wie vor die Grundlage für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Angebot einer hochwertigen und ausreichenden Kinderbetreuungsinfrastruktur ist eben von grundlegender Bedeutung für diese Vereinbarkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn ich dann darauf schaue, dass wir im Saarland bis heute die niedrigste Frauenerwerbsquote von allen Bundesländern haben, sehe ich auch an dieser Stelle dringenden Handlungsbedarf für die Zukunft. Da müssen wir uns anschauen, woran das liegt. Davor darf man die Augen nicht verschließen.
Schauen wir es uns einmal im Zeitverlauf an. Die Anzahl der erwerbstätigen Frauen bricht in der Altersgruppe zwischen 25 und 30 Jahren sogar von 80 auf 77,5 Prozent ein. In der Gruppe der 40- bis 45-Jährigen steigt sie dann wieder auf 82,4 Prozent an. Es ist also davon auszugehen, dass es sich hier zum großen Teil um Mütter handelt, die bei der Geburt des Kindes oder der Kinder aus dem Beruf erstmal aussteigen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in meinen Augen perspektivisch gesellschaftspolitisch nicht mehr hinnehmbar.
Es reicht aber eben auch nicht aus, ausreichend Krippen- und Kitaplätze zur Verfügung zu stellen, sondern es muss sich für die jungen Mütter und Vä
ter auch lohnen, wieder in den Beruf einzusteigen. Wenn die Kita-Gebühren allerdings zunehmend so hoch werden, dass der Verdienst fast keinen Mehrwert mehr bringt, dass alles aufgefressen wird durch die zusätzlichen Kosten, müssen wir uns an dieser Stelle Gedanken machen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Gerade die Diskussionen in Saarbrücken belegen das doch zurzeit. Sie unterstreichen, dass wir an dieser Stelle für die Zukunft Handlungsbedarf haben. Ich finde, es kann nicht sein, dass wir junge Mütter, teilweise auch junge Väter, davon abhalten, wieder in den Beruf einzusteigen, weil sie sagen, dass es sich unter dem Strich für sie nicht lohnt. Sie bleiben lieber zu Hause, wenn sie am Ende nicht mehr Geld in der Tasche haben, aber den ganzen Ärger und Stress haben. Ich glaube, hier Lösungen anzubieten macht eine Gesellschaft zukunftsfähig. Deswegen müssen wir an der Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die nächsten Jahre klare Perspektiven bieten.
Schließlich - ich habe das angesprochen - ist es eben auch eine Frage des Standortes. Es ist die Frage: Wie attraktiv ist unser Bundesland denn im Vergleich mit den anderen? Wir sind im Wettbewerb gerade um junge Familien. Wir müssen dafür sorgen, dass junge Familien für sich hier eine Perspektive sehen. Ich sage ganz klar und deutlich: Es kann doch nicht sein, dass unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz seine Kinder mehr wert sind als unsere Kinder uns, meine sehr verehrten Damen und Herren! Deswegen müssen wir an dieser Stelle für die Zukunft entsprechende Perspektiven entwickeln.
Das Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss daher die kostenlose Bildung von Anfang an sein, sprich das Ziel muss eine völlige Beitragsfreistellung für Kindergartenplätze sein. Das entspricht dem höheren Stellenwert, den wir der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und auch der Verringerung der Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft beimessen. Die Beitragsfreiheit stellt den Kindergarten als Bildungseinrichtung mit der Schule gleich und entlastet die Familien. Ich bin im Übrigen auch sicher, dass wir das mit einer höheren Frauenerwerbsquote unter dem Strich volkswirtschaftlich sogar stemmen können. Und ich glaube, wenn das gilt, dass jede Zeit ihre Aufgaben hat, dann war es in der vergangenen Legislaturperiode so, dass wir den Ausbau und die Qualitätssicherung im Blick haben mussten. Da sind wir erhebliche Schritte vorangekommen. Deswegen bin ich auch fest davon überzeugt, dass es uns gelingen kann, perspektivisch auch die generelle Beitragsfreiheit auf den Weg zu bringen.
Völlig klar ist: Das wird sich nicht in einem Schritt realisieren lassen, sondern nur mit einem Stufenplan, bei dem sich die Beiträge möglicherweise zunächst auch am Einkommen der Eltern orientieren. Aber so kurz und knapp, wie das in dem ein oder anderen Aufschlag hier abgehandelt worden ist, ist das auch nicht vernünftig. Die eine Diskussion ist ja zum Teil auch schon zu Recht abgeräumt worden, es geht in der Tat gar nicht um diejenigen, die keinen Verdienst oder extrem niedrige Einkommen haben.
Das ist nicht von Ihnen, aber von anderen hier behauptet worden. - Das ist nicht in erster Linie die Gruppe, um die es geht. Es sind im Wesentlichen diejenigen, die gerade oberhalb der Einkommensgrenzen liegen oder die, die, wenn sie die Berufstätigkeit wieder aufnehmen würden, am Schluss netto nicht mehr hätten als sie vorher hatten oder so unwesentlich mehr hätten, dass es sich unter dem Strich für sie vermeintlich nicht lohnt. Unberücksichtigt dabei bleibt im Übrigen in vielen Fällen, was das eigentlich für Auswirkungen auf die Rentenanwartschaften hat, die dann eben nicht erworben werden. Das sind alles Dinge, da dürfen wir doch nicht sehenden Auges in zunehmende Altersarmut gerade bei Frauen hineinrennen. Auch deswegen, glaube ich, müssen wir uns an dieser Stelle etwas Kluges überlegen.
Wenn das aber so ist, ist es nicht so einfach zu sagen: Wir machen nach dem letzten Kindergartenjahr jetzt das vorletzte und dann das drittletzte Jahr beitragsfrei. Dann müssen wir uns erstmal genau anschauen, was ist denn eigentlich genau in der Situation, in der Eltern sich entscheiden müssen? Und das ist eben nicht erst, wenn die Kinder fünf oder sechs Jahre alt sind, sondern das ist eigentlich in dem Alter, in dem sie in die Krippe kommen. Ich glaube, auch dafür brauchen wir klare Antworten. Solche Antworten kann man jetzt nicht mit einem so kurzen Aufschlag kurz vor Ende einer Legislaturperiode mal schnell hinwischen.
Ich glaube allerdings, dass wir die Zukunft dafür heute bereiten müssen, dass wir diese Diskussion heute führen müssen. Ich bin deswegen sehr überzeugt davon, meine sehr verehrten Damen und Herren, egal, wie wir es stemmen, am Ende des Weges muss Bildung gebührenfrei sein. Ich freue mich auf die weitere Diskussion dazu ich freue mich auf seriöse Diskussionen. Es wird letztlich auch an der Schwerpunktsetzung des Parlaments als Haushaltsgesetzgeber liegen, was in den nächsten Jahren möglich ist. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wir kommen nun zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der B 90/GRÜNE-Landtagsfraktion. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 15/1937 - neu - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1940 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion B 90/GRÜNE, dagegen gestimmt haben die CDU- und die SPD-Fraktion, enthalten hat sich die Fraktion der PIRATEN.
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Übergänge gestalten und Anschlüsse schaffen für eine gute Ausbildung (Drucksache 15/1934)