Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute haben wir gleich drei Tagesordnungspunkte mit einem Bezug zur Pflege. Das Saarländische Pflegegesetz haben wir eben einstimmig in Zweiter Lesung verabschiedet. Die Fortschreibung, die Novellierung des Heimgesetzes haben wir in Erster Lesung, wenn ich mich richtig erinnere, Herr Präsident, ebenfalls einstimmig beschlossen. Frau Ministerin Bachmann ist ja auf die Änderungen im Heimgesetz - es sind nicht viele, aber doch zwei, drei wesentliche - eingegangen. Ich bin auf die Anhörung gespannt. Wir werden sicherlich im Rahmen der Zweiten Lesung uns etwas intensiver damit zu befassen haben.
Die Koalitionsfraktionen haben diesen Antrag eingebracht, weil es für uns wichtig ist, das Thema Pflege unter einem eigenen Tagesordnungspunkt zu diskutieren, nicht sozusagen als Annex zu irgendwelchen Gesetzesberatungen. Liebe Frau Schramm, für die Koalitionsfraktionen ist nicht alles gut. Das haben wir nie behauptet. Aber was wir behaupten, ist, dass wir uns seit Jahren intensivst mit dem Thema Pflege, Krankenhäuser und so weiter befassen, dass wir auch schon einiges erreicht haben und dass wir anders, als Sie es sehen - auf dem richtigen Weg sind.
Ich will auf einige Aspekte über das hinaus, was im Antrag nachzulesen ist und vom Kollegen Scharf bereits genannt wurde, eingehen. Im Antrag nimmt die demografische Entwicklung einen breiten Raum ein. Ich bin nicht sicher, ob die statistischen Prognosen, was den Anstieg der Anzahl der Pflegebedürftigen anbelangt, wirklich stimmen. Die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge, zu denen auch schon mein Geburtsjahrgang 1957 zu zählen ist, kommen ja erst sukzessive in das Alter
Eugen, deiner auch -, in dem die Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden, steigt. Ich habe kürzlich an einer Veranstaltung teilgenommen, in der behauptet wurde, ab 80 wäre jeder Zweite pflegebedürftig. Ich habe mir dann gesagt, ich bin außen vor, ich bin Nummer 1,
aber das ist schon schwierig. Die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge, so habe ich gesagt, kommen erst. Die Wahrscheinlichkeit, ab dem 80. Lebensjahr pflegebedürftig zu werden, steigt enorm an; ich habe es eben noch einmal scherzhaft angesprochen.
Wenn man sich die Jahrgänge zwischen 1956 und 1966 ansieht, dann weiß man, dass von 2036 bis 2046 eine weitaus größere Steigerung zu erwarten ist als die, die bis 2030 bereits prognostiziert ist. Wir
haben also, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Megathema vor der Brust. Und ein ganz wesentlicher Aspekt ist die Finanzierung des Systems, ich komme später noch darauf zu sprechen.
Wie wir heute mit dem Thema umgehen - und mit „wir“ meine ich nicht nur uns hier, sondern die Politik, die Gesellschaft allgemein -, ist meines Erachtens ziemlich inkonsequent. Wir fordern fortwährend gebetsmühlenartig immer irgendwelche Qualitätsverbesserungen und noch mehr und bessere Kontrollen. Ich will an dieser Stelle einmal festhalten: Die Qualität - der Kollege Scharf hat es eben auch gesagt - in unserem Gesundheitswesen, in unserem Pflegewesen, in den Krankenhäusern ist grundsätzlich gut. Die Kontrollen sind grundsätzlich ausreichend und streckenweise sogar übertrieben, wenn man sich das überbordende Ausmaß der geforderten Dokumentation ansieht.
Darin, liebe Kolleginnen und Kollegen, spiegelt sich auch der Zustand unserer Gesellschaft wider. Wir sind zu einer Misstrauensgesellschaft geworden. Viel zu viele Stellen befassen sich ausschließlich damit, Vorschriften zu erfinden, wie man die, die im Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten, bis ins kleinste Detail kontrollieren kann. Das kann nicht richtig und zielführend sein. Ich sage nicht, dass es keiner Kontrolle bedarf. Das Kontrollsystem darf aber nicht dazu führen, dass ein Großteil der Arbeitszeit darauf verwandt werden muss, die Kontrolleure zufriedenzustellen. Wir beklagen zum Beispiel die Arbeitsüberlastung in der Pflege. Hätten die Kolleginnen und Kollegen mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben, hätten wir zum Beispiel beim Thema Arbeitsverdichtung einige Probleme weniger.
Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz hat auch viel mit Gesundheitsschutz zu tun. Insbesondere hat die Zufriedenheit am Arbeitsplatz auch damit zu tun, das Image des Pflegeberufes zu verbessern. Natürlich benötigen wir eine Verbesserung der entsprechenden gesellschaftlichen Wertschätzung. Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen haben das Thema ganz klar auf die Agenda gesetzt. Im Antrag ist einiges darüber nachzulesen, was wir bereits alles in die Wege geleitet haben. Es wäre aber naiv zu glauben, dass die Politik dieses Problem durch noch so gute Imagekampagnen lösen könnte, Frau Schramm. Solange zum Beispiel die aktiven Schwestern und Pfleger davon abraten, einen Pflegeberuf zu ergreifen, solange diese nicht guten Gewissens selbst für diesen Beruf werben, solange haben wir ein Personalproblem bei den Fachkräften.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was nützt es uns zum Beispiel, in der stationären Altenpflege eine Fachkraftquote von 50 Prozent zu fordern, wenn es auf dem Arbeitsmarkt überhaupt nicht mehr so viele
Fachkräfte gibt beziehungsweise man die, die sich dort noch zwischen den Examensterminen tummeln, am besten nicht einstellen sollte, wenn man gute Pflegequalität liefern möchte? Was ist, wenn die 50-Prozent-Fachkraftquote bei allen Anstrengungen nicht erfüllt werden kann? Wollen wir dann die Menschen komplett ohne Pflege und Versorgung lassen? Das kann sicherlich niemand von uns ernsthaft wollen. Wir müssen hier umdenken, wir müssen unsere Forderungen an der Realität orientieren.
Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen haben dies erkannt, wir reagieren praxisorientiert mit der Einführung einer zweijährigen PflegeassistenzAusbildung mit entsprechender Kompetenzzuweisung, die die einjährige Pflegehelfer-Ausbildung ablösen will. In diesem Segment, liebe Kolleginnen und Kollegen, stehen derzeit Gott sei Dank noch genügend Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung.
Aber egal was wir tun, wir werden auf dem deutschen Arbeitsund Ausbildungsmarkt kurzfristig nicht genügend Menschen finden, um den Fachkräftebedarf im Pflegebereich abzudecken. Deshalb müssen wir auf ausländische Fachkräfte zurückgreifen, wir müssen Ausländerinnen und Ausländer bei uns entsprechend ausbilden, inklusive der sprachlichen Schulung. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat die Landesregierung erkannt und hat eine entsprechend ausgerichtete Altenpflegeschule, die wahrscheinlich in diesem Jahr noch ans Netz geht, zugelassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles kostet Geld. Das Geld muss irgendwo herkommen. Die Krankenhäuser finanzieren sich aus einem anderen System als zum Beispiel die stationären Pflegeeinrichtungen. Werfen wir einmal einen Blick auf die Krankenhäuser. Die Finanzdecke der meisten Krankenhäuser ist dünn. Dies gilt vor allem für die Kreiskrankenhäuser, die naturgemäß eine breite Angebotspalette vorhalten müssen. Ich will klar sagen: Auch das Krankenhausstrukturgesetz des Bundes hilft da nicht wirklich weiter. Mit dem Geld, das zusätzlich für die Finanzierung von Pflegekräften zur Verfügung gestellt wird - und das wir natürlich gerne nehmen -, kann ein Krankenhaus etwa in der Größenordnung der SHG-Klinik Völklingen maximal zwei zusätzliche Stellen finanzieren. Dieses Gesetz ist also ein erster Schritt, aber wirklich nur ein erster Schritt, dem weitere Schritte folgen müssen.
Auch die Finanzierung über die DRGs muss auf den Prüfstand. Es wird zwar zu Recht behauptet, im Saarland hätten wir nach Rheinland-Pfalz bundesweit den zweithöchsten Landesbasisfallwert mit über 3.200 Euro pro Fall. Dies hilft aber nicht weiter, wenn zu viele Abteilungen nur einen Case-Mix-Index von 0,6 bis 0,8 haben, denn dann bekommen sie von diesen 3.200 Euro pro Fall eben nur 60 bis 80 Prozent. Damit hat man schon erhebliche Probleme,
Frau Schramm, das vorhandene Personal zu finanzieren, und kann auf keinen Fall weiteres Personal bezahlen - vorausgesetzt, dieses Personal wäre überhaupt auf dem Markt. Ich verweise hierzu im Übrigen auch auf den Artikel in der SZ von gestern, in dem sich die Krankenhausleitungen entsprechend geäußert haben.
Von der Opposition wird, wie eben auch, oft beklagt, dass die Länder im Rahmen der dualen Finanzierung ihrer Aufgabe, 100 Prozent der notwendigen Investitionskosten zu finanzieren, nicht nachkommen. Als Opposition würde ich das vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, auch so machen. Doch weiter hilft uns das nicht wirklich, zumindest nicht im Saarland, Herr Kessler. Wir haben das Geld einfach nicht. Und selbst wenn wir es uns aus den Rippen schneiden würden, könnten wir in unserer Situation hierfür nicht mehr ausgeben, als im Bundesdurchschnitt ausgegeben wird. Das ist doch die Wahrheit. Also müssen die saarländischen Krankenhäuser, wie die meisten bundesdeutschen Krankenhäuser auch, eigentlich da haben Sie recht - systemwidrig ihre notwendigen Investitionen aus dem operativen Geschäft erwirtschaften. Das ist alles schwer bis überhaupt nicht mehr machbar. Es ist aber so!
Darüber hinaus verhindert diese Finanzierungsstruktur eine vernünftige Ordnung der Angebotsstrukturen in den Krankenhäusern. Warum haben wir zum Beispiel so viele, vielleicht sogar zu viele Linksherzkathetermessplätze? Doch nur deshalb, weil damit Patienten gewonnen werden können, deren Behandlung über dem Punktwert 1,0 des Landesbasisfallwertes abgerechnet werden kann. Das ist betriebswirtschaftlich offensichtlich notwendig, volkswirtschaftlich und auch gesundheitspolitisch ist das natürlich Unsinn. Volkswirtschaftlich und gesundheitspolitisch wäre es weitaus sinnvoller, mehr Geld ins System zu geben. Ich bin kein Versicherungsmathematiker und kann nicht berechnen, was das in der Konsequenz an zusätzlichem Finanzbedarf bedeuten würde. Eines ist allerdings sicher: Wenn die Krankenkassen für die Krankenhäuser mehr zahlen sollen, brauchen sie auch mehr Einnahmen. Das bedeutet in jedem Fall, dass die Lohnnebenkosten steigen werden - aus Sicht der SPD natürlich paritätisch finanziert.
Am gerechtesten, aber da bin ich nicht sicher, ob das die Koalitionspartner genauso sehen, wäre eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen müssten. Über die entsprechenden Details lässt sich hier sicherlich trefflich streiten. Unser Krankenkassensystem ist im Grunde nach als Solidarsystem konstruiert. Es kann allerdings nur ein enormer Webfehler sein, wenn viele überhaupt nicht gesetzlich verpflichtet einbezogen sind und sich somit einfach ausklinken können. Es ist doch ein Treppenwitz, wenn ge
rade diejenigen, die viel Geld haben, sich nicht mehr solidarisieren müssen mit der Mehrheit unserer Bevölkerung. Aber ungeachtet dessen bin ich sicher, dass sowohl die Arbeitnehmer wie auch die Mehrzahl der Arbeitgeber eine entsprechende Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge akzeptieren würden. Unsere Gesundheit und die optimale Versorgung im Krankheitsfall ist uns allen viel wert. Die Politik muss den Mut haben, das auch umzusetzen. Das, was wir derzeit tun, ist nach meiner Einschätzung falsch und mutlos. Von einer Großen Koalition in Berlin muss man in dieser Frage mutigere Schritte erwarten dürfen, auch wenn davon kurzfristig irgendwelche „Bekloppte“ in Berlin oder sonst wo bei Wahlen profitieren könnten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, werfen wir einen Blick auf die stationären Pflegeeinrichtungen. Wie sieht es dort mit der personellen Besetzung aus? Grundsätzlich kann ich auch hier auf das eingangs Ausgeführte verweisen, um Wiederholungen zu vermeiden. Im Vergleich zu den Krankenhäusern gibt es hier allerdings diverse Unterschiede. Im Unterschied zu den Krankenhäusern, wo es in der Tat bis auf wenige Ausnahmen keine vereinbarten Personalanhaltszahlen gibt, gibt es in saarländischen Pflegeheimen solche Personalanhaltszahlen schon lange. Diese sind vertraglich vereinbart. Noch einmal ein kurzer Sprung zurück zu den Krankenhäusern. Die SPD Saar tritt auch dort für die Vereinbarung entsprechender Anhaltszahlen ein. Was die diesbezügliche Finanzierung betrifft, die man immer mitdenken muss, verweise ich auf meine vorherigen Ausführungen.
Für die saarländischen Pflegeheime haben die Teilkostenträger, Pflegekassen, Sozialhilfeträger und die Einrichtungsträger, vor knapp zwei Jahren eine Personalerhöhung - Kollege Scharf hat es eben schon gesagt - im stationären Bereich von über 10 Prozent vereinbart. Den Sozialhilfeträgern und dem Regionalverband ist die Zustimmung tatsächlich schwergefallen. Ich komme darauf noch zu sprechen. Nach meiner persönlichen Einschätzung, die sicherlich auch geprägt ist durch meine praktische Erfahrung in diesem Bereich seit 1985, ist die vereinbarte Personalquote im Pflegeheimbereich nicht schlecht. Ich würde sogar behaupten, nach derzeitigem Kenntnisstand ist sie ausreichend. Hinzu kommen noch die sogenannten 87-b-Kräfte, die seit der Verabschiedung des Pflegestärkungsgesetzes II in den Pflegeheimen finanziert und vorgehalten werden müssen. Im Pflegebereich gibt es eher zwei andere Probleme, die die Politik möglicherweise im Begriff ist noch zu verschärfen. Mit verschärfen meine ich die geplante generalistische Ausbildung in der Pflege. Ich weiß, dass gerade meine Partei dies in
Berlin forciert, aber auch meine Partei kann sich ja mal - auch wenn das äußerst selten vorkommt - irren.
Die Grundidee ist ja nicht verkehrt. Durch die Multimorbidität der Pflegebedürftigen sind auch in den Pflegeheimen immer mehr behandlungspflegerische Kenntnisse vonnöten. Umgekehrt gibt es in den Krankenhäusern immer mehr demente Patienten, die adäquat betreut werden müssen. Hier muss es in der Tat in der Ausbildung eine stärkere Verzahnung geben. Auch hinsichtlich der europaweiten Anerkennung der deutschen Pflegeausbildung gibt es sicherlich einen gewissen Handlungsbedarf, denn eine gesonderte Altenpflegeausbildung gibt es beziehungsweise gab es meines Wissens nur in Deutschland und in Österreich. Richtig ist allerdings auch, dass für Altenpflegerinnen und Altenpfleger eine Beschäftigung im Ausland als Fachkraft schwierig bis unmöglich ist. Ähnliches gilt für die Durchlässigkeit einer Beschäftigung in den Krankenhäusern. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das wirklich ein Problem? Die Menschen, die sich für die Ausbildung in der Altenpflege entschieden haben, haben sich in der Regel bewusst genau dafür entschieden, die wollen eben nicht im Krankenhaus arbeiten, sondern eher im Pflegeheim. Und auch das Argument, dass sie im europäischen Ausland nicht als Fachkräfte anerkannt werden, zieht nur bedingt. Wir wollen hier ja nicht für das europäische Ausland ausbilden, sondern unseren inländischen Fachkräftebedarf decken.
In der geplanten Generalistik sollen gleich drei bislang eigenständige Ausbildungsberufe, Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege, zu einem Beruf vereinigt werden - und dies bei gleich langer Ausbildungsdauer. Dass das eigentlich nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. Meines Erachtens sollte man die Ausbildung auf mindestens dreieinhalb Jahre verlängern und dabei zwei Jahre die pflegerischen Grundlagen, nämlich Grundpflege, Behandlungspflege und soziale Betreuung, gemeinsam ausbilden. Danach kann man differenzieren in drei Berufsfelder, wo dann die Besonderheiten vertieft werden können. Die Berufsbezeichnung nach Abschluss sollte dann die gleiche bleiben wie bislang.
Gerade die Altenpflegeverbände sind überwiegend gegen die generalisierte Ausbildung, unter anderem weil sie befürchten, dass dadurch eventuell die Qualifiziertesten doch in die Krankenhäuser abwandern. Diese Angst ist auch nicht ganz unberechtigt. Die durchschnittlichen Gehälter in den Krankenhäusern liegen, so ist es in einem bundesweiten Vergleich berechnet worden, 300 bis 700 Euro über den Gehältern in der Altenpflege. Um dies aufzufangen, müssten die monatlichen Gesamtpflegesätze durchschnittlich um bis zu 200 Euro steigen. Bei der der
An dieser Stelle möchte ich noch einmal grundsätzlich auf die Finanzierungsstruktur zu sprechen kommen. Die Pflegeversicherung ist eine Teilkaskoversicherung, die derzeit nicht einmal den Anteil der Pflege im Gesamtpflegesatz abdeckt. Zur Erläuterung: Der Pflegesatz setzt sich aus den Komponenten Pflege, Unterkunft und Verpflegung, Investitionen beziehungsweise Mietkosten zusammen. Im Saarland kommt noch die Ausbildungsumlage hinzu. Und je höher die Pflegestufe, umso prozentual geringer ist der Anteil, den derzeit die Pflegeversicherung abdeckt. Das wird sich zwar 2017 mit der Einführung der neuen Pflegegrade ändern, nicht ändern wird sich aber, dass der größte Teil der Kosten eben nicht durch die Pflegeversicherung gedeckt wird. Derzeit sind noch rund 50 Prozent der Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen in der Lage, den Restbetrag unter Einsatz ihrer Rente und ihres Vermögens selbst zu zahlen. Die übrigen 50 Prozent müssen den Sozialhilfeträger in Anspruch nehmen, der dann über die Hilfe zur Pflege in die Teilfinanzierung eintreten muss - mit steigender Tendenz.
Der Anteil der hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt stetig. Die Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden - ich habe es vorhin schon gesagt -, steigt ab dem 80. Lebensjahr erheblich an. Der dadurch immer weiter steigende Finanzierungsbedarf darf nicht an der kommunalen Seite hängenbleiben. Die notwendige Finanzierung ist eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung, die der Bund, ähnlich wie bei der Grundsicherung, übernehmen muss. Dafür müssen sich die Länder starkmachen. Grundsätzlich gibt es meines Erachtens zwei Möglichkeiten der künftigen Finanzierung: Entweder sehen wir eine Pflegevollversicherung vor, dann müssten eben die Lohnnebenkosten erheblich steigen - ich muss das jetzt ein bisschen abkürzen, die rote Lampe blinkt schon -, oder aber wir machen das steuerfinanziert, wie wir das bislang schon machen; dann müsste das aber raus aus dem Nimbus der Sozialhilfe. Auch das müsste vom Bund finanziert werden, denn das, was als Finanzierungsbedarf, was hieraus an gesellschaftlicher Last auf uns zukommt, können die Kommunen, können die Kreise, kann der Regionalverband, können die Sozialhilfeträger nicht leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die pflegerische Versorgung unserer Bevölkerung, ob ambulant, im Pflegeheim oder im Krankenhaus, ist bereits ein zentrales Thema und wird noch an Bedeutung gewinnen. Das ist ein Thema, auf das adäquate Antworten gefunden werden müssen. Diese Antworten dürfen aber nicht in erster Linie durch finanzielle Restriktionen bestimmt werden. Sollten wir als eines der reichsten Länder dieser Erde keine an den Men
schen orientierten, sondern nur kostengeleitete Antworten finden, könnte man wirklich nur noch sagen: Gute Nacht, Deutschland! Ich bin allerdings durchaus zuversichtlich, dass wir die richtigen Antworten finden werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das waren jetzt nur einige wenige Aspekte, die das Thema Pflege betreffen. Ein wichtiger Aspekt sind die Finanzen; wird dies nicht gelöst, drehen wir uns mit allen unseren Forderungen letztlich nur im Kreis. Ich bin aber sicher, dass wir die richtigen Antworten finden werden. Und ich bin ebenso sicher, dass sich der saarländische Landtag noch oft mit dieser Gesamtthematik befassen wird, auch nach meinem Ausscheiden im kommenden Jahr. - Ich danke für heute für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unstrittig: Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. Die Lebens- und Arbeitswelten verändern sich, in zunehmendem Maße bestimmt auch das Alter einen längeren Lebensabschnitt. Für eine gute Versorgung kranker und pflegebedürftiger Menschen werden wir in Zukunft mehr und sehr gut qualifiziertes Pflegepersonal brauchen.
Alte Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderungen, Patientinnen und Patienten bringen den Wunsch nach einer selbstbestimmten Lebensführung und nach mehr Mitbestimmung bei ihrer Pflege und Behandlung immer selbstbewusster zum Ausdruck. Das ist aus meiner Sicht gut so, denn ein möglichst langer Verbleib in der häuslichen und vertrauten Umgebung und die Gewährleistung eines möglichst langen selbstbestimmten Lebens entsprechen dem Wunsch der meisten Menschen. Das zu gewährleisten muss auch unser Ziel und unser Anspruch in der pflegerischen Versorgung sein und bleiben. Diesbezüglich haben wir, so glaube ich, eine große Übereinstimmung.
Der Antrag der Großen Koalition greift insofern grundsätzlich richtige Fragestellungen auf, will sagen: Da steht nichts Falsches drin. Gute Pflege ist Menschenwürde, das ist richtig. Und eine menschenwürdige Pflege soll zusammen mit allen Beteiligten dauerhaft sichergestellt werden. - Deshalb werden wir GRÜNE diesen Antrag auch nicht ablehnen.