Protocol of the Session on February 24, 2016

Es gibt aber auch die Sicht derer, die das Programm erstellen. Die Urheber fragen sich sehr wohl: Wie ist meine Vergütung? Wann ist sie angemessen? Es ist eben ein Unterschied, ob sie heute durch einen weiteren und wiederholten Aufruf ihres Angebots im Internet eine fortlaufende Vergütung bekommen oder ob sie einmal zu Beginn eine Vergütung bekommen. Das sollten wir berücksichtigen.

Man könnte sagen, das beziehen wir alles ein und dann bekommt er am Anfang mehr. Wer zahlt das wiederum? Das zahlt auch der Rundfunkbeitragszahler. Wollen wir, dass der Rundfunkbeitragszahler in der Summe mehr bezahlt? Was heißt es, wenn wir dem einzelnen Urheber mehr bezahlen? Das heißt doch, dass weniger zur Verfügung steht, um ein breites Angebot zu bieten. Das heißt, das, was Sie vorschlagen - so, wie Sie es vorschlagen -, muss leider an dieser Stelle hinterfragt werden, denn es ist uns zu undifferenziert.

Deshalb haben wir es aufgenommen. Wir wollen es zeitgemäß weiterentwickeln. Auch wir sehen in der Sieben-Tage-Frist als Regel ein zu enges Korsett. Aber wir glauben, so, wie Sie es machen, kann man es nicht tun. Es berücksichtigt eben nicht die Fragen des Beitragszahlers. Es berücksichtigt an der Stelle zu wenig, dass gerade die qualitativ hochwertigen Angebote in den Bereichen Information, Beratung und Bildung ohnehin schon sehr lange im Internet stehen.

Ich will darüber hinaus darauf hinweisen, dass es einen großen Anteil an fiktionaler Produktion gibt, der über Mischfinanzierung erstellt wird. Gerade diese Mischfinanzierung macht es möglich, dass der Rundfunkbeitragszahler entlastet wird, weil zum Beispiel Angebote noch auf anderen Wegen publiziert werden; dafür werden Erträge erzielt. Dieser Form der Mischfinanzierung widerspricht natürlich die Idee, alles unbegrenzt und dauerhaft an Unterhaltungsprogrammen zur Verfügung zu stellen.

Ich will an einen wichtigen Aspekt anknüpfen, den Sie mit Blick auf das Propagandafernsehen oder Propagandanachrichten gebracht haben, die Sie natürlich zu Recht bekämpfen wollen. Ich glaube, es wäre an der Stelle nicht gut, wenn man darauf hinweisen würde, dass hierzu alleine die fiktionalen Inhalte geeignet sind. Man muss schon das Gesamtangebot im Blick haben. Ich glaube aber auch, dass wir sehr genau hinschauen sollten. Wir sollten Wert darauf legen und stärker transparent machen, dass unsere Werte und unser Verständnis von Rundfunkfreiheit sowie unsere verfassungsgemäße Grundordnung nicht per se übertragbar sind auf jedes ausländische Angebot, das zu uns hineinstrahlt. Ich glaube, wir als Politik müssen gemeinsam daran arbeiten, dass dies den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land stärker bewusst wird.

(Abg. Conradt (CDU) )

Rundfunk ist Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung. Meine Damen und Herren, das gilt nicht nur für die Inlandsangebote. Das gilt auch für die Auslandsangebote, die in unser Land einstrahlen. Wenn Sie vielleicht in den letzten Wochen die Diskussion um eine angebliche Vergewaltigung und Entführung eines russischstämmigen Mädchens in Berlin verfolgt haben, dann kann man sehen, zu was es auch in unserem Land führt, wenn ausländische Medien unwahre Tatsachenbehauptungen in unserem Land publizieren und sie bewusst verbreiten, um Stimmung gegen einzelne Migrantengruppen oder gegen Migration und Flüchtlinge zu erzeugen. An dieser Stelle sage ich: Wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht ein Tor haben, das völlig unkontrolliert ist, sodass die Stimmung in unserem Land massiv zerstört wird. Wir dürfen deshalb auf keinen Fall zulassen, dass ausländische Medien die innere Ordnung in unserem Land gefährden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die unrichtige Information ist eben kein schützenswertes Gut und ich glaube, dass wir über unsere bestehenden völkerrechtlichen Verträge im Bereich des Europarats sehr wohl Anknüpfungspunkte haben, über das Europäische Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen entsprechend entgegenzuwirken. Da ist nach meiner Auffassung noch eine Möglichkeit und erheblicher politischer Spielraum. Wir sollten nicht direkt über Verbote reden, sondern wir sollten erst einmal zusehen, dass wir die Fehlinformationen richtig stellen und auf der anderen Seite die Gegendarstellung in diesen Medien ermöglichen, damit die Bevölkerung informiert wird.

Das ist das Gebot der Stunde: den Rundfunk schützen, dem Rundfunk Erweiterungsperspektiven geben. Das gilt für den privaten und für den öffentlichrechtlichen Rundfunk in unserem Land. Deshalb haben wir Ihre Idee mit aufgegriffen. Wir haben eine gewisse andere Konnotation, deshalb werden wir leider Ihren Antrag nicht unterstützen, wir werben aber bei allen für Unterstützung unseres Antrages und freuen uns schon, dass Sie Unterstützung zugesagt haben. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Barbara Spaniol.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie kennen sicher alle folgende Meldungen: „Sehr geehrte Zuschauerin, sehr geehrter Zuschauer! Leider können wir Ihnen diese Seite nicht mehr anbieten, weil wir sie nicht unbegrenzt vorhalten dürfen.“ Oder

wenn Sie beim Besuch des Online-Angebots des öffentlich-rechtlichen Senders xy die Fehlermeldung „Seite nicht gefunden“ häufiger sehen als früher, hat das vor allem einen Grund: Viele Inhalte sind aufgrund engerer gesetzlicher Grenzen für öffentlichrechtliche Online-Angebote leider nicht mehr verfügbar, so heißt es dort sinngemäß. Bei unserem heimischen Sender, dem Saarländischen Rundfunk - ich habe neulich einen sehr guten Beitrag bei „Fragen an den Autor“ gesucht -, steht: „Warum Sie nicht mehr finden, was Sie suchen: Nach dem Willen des Gesetzgebers darf der SR nur einen Teil seiner Online-Inhalte unbefristet im Netz anbieten.“ Man wird neuerdings sogar noch weitergeleitet auf die neue SR-Plattform, wo dann im besten Saarländisch steht: „Oh leck, die Seit‘ gebbt‘s nimmeh.“

Meine Damen und Herren, seit dem Jahr 2009 setzt der Rundfunkstaatsvertrag den Online-Angeboten von ARD, ZDF und Deutschlandfunk Zeitgrenzen. Der Kollege Hilberer hat das eben ausreichend ausgeführt, es ist klar, wo wir uns hier thematisch befinden. Audio- und Videobeiträge dürfen in der Regel nicht länger als sieben Tage online gelassen werden. Danach sind die Beiträge oft nicht mehr auffindbar. Für die Nutzer und Nutzerinnen ist das oft eine Hürde. Die Recherchen sind eingeschränkt und damit ist aus unserer Sicht auch dem öffentlich-rechtlichen Auftrag widersprochen. Es ist im Prinzip absurd: Aus Gebührengeldern finanzierte Beiträge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden erst produziert, dann ins Netz gestellt und dann wieder gelöscht. Depublizieren wird dieses Verfahren genannt. Das kann nicht wirklich zeitgemäß sein, wenn neben Hörfunk und Fernsehen das Internet - was längst bekannt ist - eine dritte Säule der Informationsversorgung geworden ist.

Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss es daher möglich sein, seine Inhalte auch umfassend im Netz verbreiten zu dürfen. Da sind sich auch die Arbeitnehmervertreter, die Gewerkschaft Verdi etc., weitgehend einig. Seitens der Politik wird das sogenannte Depublizieren auch vielfach kritisch gesehen. Das möchte ich kurz Revue passieren lassen. Die Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Bundestages mit 17 Sachverständigen und Abgeordneten aller Fraktionen hat im Januar 2013 noch ausdrücklich die Aufhebung der im Rundfunkstaatsvertrag festgezurrten Depublikationspflicht empfohlen.

Den Aufschlag für die Initiative heute hier im SaarLandtag haben die PIRATEN gegeben. Das ist vor dem Hintergrund der netzpolitischen Diskussion schon lange gerechtfertigt. Wir werden diesen Antrag unterstützen, aber genauso auch den Antrag von CDU und SPD. Auch dieser geht aus unserer Sicht in die richtige Richtung, wenn auch etwas zaghaft. Auch das hat der Kollege Hilberer eben zu

(Abg. Conradt (CDU) )

Recht aufgezeigt. Ein Wort noch dazu: Die SPD hatte in ihrem Wahlprogramm 2012 zum Beispiel noch versprochen, ein besonderes Leistungsschutzrecht für Presseverlage ebenso abzulehnen wie die Pflicht zum Depublizieren. Jetzt soll die Sieben-Tage-Regelung nur geprüft werden, obwohl viele von Verdi bis hin zu zahlreichen Medienjournalisten für die Abschaffung sind. Aber wie gesagt, wir sehen, dass diese Debatte viele Facetten hat. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass man sich im Berliner Abgeordnetenhaus 2014 fraktionsübergreifend geeinigt hat, die Sieben-Tage-Frist zu prüfen, aber gegebenenfalls auch zu streichen, also mithin ein stärkeres Plädoyer für die Abschaffung dieser Regelung.

Meine Damen und Herren, auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk in unserem Land wird durch diese Regelung aus unserer Sicht benachteiligt, denn er muss sein Medienangebot nach spätestens sieben Tagen löschen, während die private Konkurrenz ihre Angebote unbegrenzt im Netz verfügbar machen darf. Tatsächlich ist die Sieben-Tage-Frist nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sie ist das Ergebnis intensiver Lobbyarbeit von Zeitungsverlegern und privaten Rundfunkanbietern. Das sollte man nicht vergessen, die Privaten hatten Angst vor der gebührenfinanzierten Konkurrenz.

Ein Blick in die Online-Studie 2015 von ARD, ZDF etc. zeigt: 53 Prozent der Deutschen sehen mindestens einmal wöchentlich Videos im Internet und jeder Dritte hört Audiodateien online. Bei den jungen Leuten ist das noch einmal ganz anders, die nutzen diese Medienangebote im Netz noch deutlich mehr. 86 Prozent der 14- bis 29-Jährigen sehen mindestens einmal die Woche Videos im Netz und 59 Prozent der 14- bis 29-Jährigen hören Audios im Netz, nur um mal einige Zahlen zu nennen. Der Markt in Deutschland hat sich inzwischen längst differenziert und spezialisiert, auch das ist bekannt. Es geht bei alledem nicht nur um internationale Serien oder den üblichen Tatort im Netz, also das, was die große Community sehen will, es geht vor allem auch um Dokumentationen und Nachrichtenbeiträge, um Interviews und Analysen, auch zur saarländischen Politik. Das alles wurde mit den Beiträgen der Bürgerinnen und Bürger finanziert und sollte ihnen deshalb auch frei zugänglich sein, möglichst online und mobil.

Trotzdem an dieser Stelle - der Kollege Conradt hat das auch kurz skizziert - ein Wort, was die möglichen finanziellen Folgekosten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler angeht. Um das klar zu sagen: Jeder Autor sollte für sein Werk fair bezahlt werden. Wenn Videos und Audiodateien im Internet frei verfügbar gemacht werden, dann müssen die Urheberrechte gewahrt bleiben, so, wie es vor der Änderung im Rundfunkstaatsvertrag im Zuge dieser besagten Änderung auch ging und möglich war.

Abschließend ist zu sagen, dass die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darin besteht, ein jedermann zugängliches Angebot an Informations-, Bildungs- und Unterhaltungssendungen zu machen. Auch das wurde hier eben mehrfach zitiert. Das hat auch der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm 2007 genauso auf den Punkt gebracht. Diese Grundversorgung - und darum geht es - mit Nachrichten, Informationen, Kultur und Unterhaltung, dieser Mix muss nicht nur im Radio und im Fernsehen, sondern auch im Internet gewährleistet sein, und zwar nicht nur sieben Tage lang. Deshalb muss die Sieben-Tage-Frist aufgehoben werden, der digitale Verbreitungsweg darf den Sendern nicht versperrt werden.

Insgesamt ist festzustellen, dass es darum geht, den Rundfunkstaatsvertrag an die geänderte Mediennutzung der Menschen anzupassen und nicht umgekehrt, denn sonst haben die Öffentlich-Rechtlichen schlechtere Chancen, im Wettbewerb zu bestehen, und das kann nicht der politische Wille sein. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Sebastian Thul (SPD).

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem am 01.06.2009 in Kraft getretenen Rundfunkstaatsvertrag in der Fassung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages wurden verschiedene Änderungen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingeführt. Seit dem Jahr 2009 setzt der Rundfunkstaatsvertrag den Online-Angeboten von ARD und ZDF und Deutschlandradio enge zeitliche Grenzen.

Sie dürfen Audio- und Videobeiträge in der Regel nicht länger als sieben Tage online lassen, danach sind die Beiträge oft nicht mehr verfügbar. Darüber hinausgehende Angebote sind länger zulässig, wenn sie in ein so genanntes Telemedienkonzept der Rundfunkanstalt aufgenommen sind und den damals neu eingeführten Drei-Stufen-Test absolviert haben. Presseähnliche Angebote der öffentlichrechtlichen Sender ohne Sendebezug sind ebenso unzulässig wie zum Beispiel das Anbieten von angekauften Spielfilmen.

Diese besagte Sieben-Tage-Frist kam damals auf europäischer Ebene auf Betreiben des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, VPRT, zustande, der bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt hatte und insofern Recht bekam, als dass der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet eingeschränkt werden sollte. Der VPRT sah in

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

der Rundfunkgebühr eine unzulässige staatliche Beihilfe und wettbewerbsverzerrende Finanzierung. Konkrete Vorgaben machte die EU-Kommission daraufhin aber nicht. Das Bundesverfassungsgericht sprach dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen der damaligen Diskussion sogar einen genuinen Online-Auftrag zu. Demnach soll der öffentlichrechtliche Rundfunk im Internet zuvörderst die Angebotsvielfalt und die Verlässlichkeit von Information sicherstellen. Im Laufe der Diskussion wurden 2010 jedoch die aktuellen Regelungen in den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag aufgenommen.

Grundsätzlich entspricht diese Regelung auch den Grundprinzipien unserer dualen Rundfunkordnung, also dem Nebeneinander von öffentlichem und privatem Rundfunk. Demnach sind es die öffentlichrechtlichen Anstalten, die die öffentliche Aufgabe der Grundversorgung durch inhaltliche Standards, allgemeine Empfangbarkeit und Sicherung der Meinungsvielfalt wahrnehmen müssen. Privatrundfunk ist also neben den öffentlich-rechtlichen Anstalten zulässig, solange Letztere die Grundversorgung sichern.

Demgegenüber hat die Sieben-Tage-Frist-Regelung den Sinn und Zweck, eventuelle Wettbewerbsnachteile des privaten Rundfunks, der aufgrund fehlender staatlicher Beihilfe in Form von Rundfunkgebühren immer auch ein Auge auf die kommerzielle Vermarktbarkeit - sprich auf den finanziellen Ertrag - haben muss, auszugleichen. Grundidee dieser Regelung war also eine Konkretisierung des Grundversorgungsauftrags, damit der Wettbewerb zwischen Privaten und Öffentlichen fair bleibt.

Der Antrag der PIRATEN, der in ganz ähnlicher Form bereits Gegenstand eines Antrags im Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 2013/2014 war, ist aber dennoch durchaus diskussionswürdig. Es mag einem in der Tat nicht richtig einleuchten, warum qualitativ meist hochwertige öffentlich-rechtliche Produktionen bereits sieben Tage später wieder aus den Online-Mediatheken der Anstalten gelöscht werden müssen.

Jedoch darf man bei dieser Diskussion nicht vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir mit einer sofortigen Abschaffung der Depublizierungspflicht für den privaten Rundfunk die Büchse der Pandora wieder öffnen. Wir dürfen nämlich bei dieser Diskussion ebenfalls nicht außer Acht lassen, dass der damalige gefundene Kompromiss ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, das möglicherweise die Rundfunkfinanzierung in der gesamten EU infrage gestellt hätte, verhindert hat. Insofern plädiere ich dafür, wie in unserem eigenen Antrag dargestellt, sich dem Thema etwas vorsichtiger anzunähern - die PIRATEN sagen, es sei schwammig, ich sage, es ist ordentlich - und zunächst mit der Regel gemachte Erfahrungen zu evaluieren, die Sinn

haftigkeit der Regelung zu überprüfen und gegebenenfalls auf notwendige Erweiterungsmöglichkeiten hin zeitgemäß fortzuentwickeln.

Liebe Kollegin Spaniol, Sie haben gesagt, es war unsere Forderung, es abzuschaffen. Aber ein Prüfauftrag kann ja auch zu dem Ergebnis führen, dass man es abschafft. Ich sehe darin keinen Widerspruch. Ich bin sehr dafür, dass wir uns des Themas annehmen, genauso, wie es NRW gemacht hat. Man kann auch auf die Ergebnisse der in NRW gemachten Anhörung zurückgreifen und gute Ansätze, die dort gefunden wurden, weiter entwickeln.

Ziel muss es auf jeden Fall sein, zum einen einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Recht des Gebührenzahler auf umfassenden, unbegrenzten Zugang zu Informationen zu gewährleisten, für die er überdies bereits durch seinen Rundfunkbeitrag gezahlt hat. Zum anderen muss man die Belange des privatrechtlich organisierten Rundfunks beachten und mit einbeziehen. Ebenso muss man die Höhe der Gebühren bei einem Änderungsbedarf im Blick behalten, mithin, mit welchen Kosten eine längere Verweildauer verbunden wäre, weil das natürlich auch für unseren Saarländischen Rundfunk haushaltsrelevant wäre.

Wir dürfen eben nicht vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der jetzigen Regelung umfassende Diskussionen vorausgegangen sind und die aktuell gefundene Lösung ein langwieriger Prozess war. Eine übereilte Abschaffung der Sieben-TageFrist-Regelung, ohne sich über eventuelle Folgen Gedanken zu machen, wäre daher aus meiner Sicht zu kurz gesprungen. In den Telemedienkonzepten sind weit reichende Ausnahmen zur Sieben-TageFrist geschaffen worden. Wenn diese wegfällt, muss man davon ausgehen, dass die Telemedienkonzepte entsprechend angepasst werden und die anderen Fristen ebenfalls wegfallen.

Ob die Sieben-Tage-Frist in der Praxis eine so große Rolle spielt, sei ebenfalls dahingestellt. In diesem Zusammenhang muss man sich auch überlegen, ob man nicht den von vielen als unpraktikabel eingestuften Drei-Stufen-Test einer Prüfung unterzieht. Es stellen sich ebenso Fragen zur Preisstabilität bei längerem Vorhalten von Telemedienangeboten durch die öffentlich-rechtlich Rundfunkanstalten sowie zum Urheberrecht - das hat Kollege Conradt schon angesprochen - bei Wegfall der Sieben-TageFrist-Regel.

Um es kurz zu machen: Mir persönlich stellen sich bei dieser Problematik momentan noch zu viele Fragen, als dass ich dem Antrag der PIRATEN direkt zustimmen könnte. Ich bin aber dafür, dass wir uns kritisch damit auseinandersetzen. Wir werden den Antrag der PIRATEN ablehnen. Ich bitte um Zustim

(Abg. Thul (SPD) )

mung zum Antrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Michael Neyses.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der öffentliche Rundfunk ist eine wichtige Säule der Medienordnung. Für eine funktionierende gesellschaftliche Öffentlichkeit leistet er nach wie vor einen wichtigen Beitrag. Wenn wir hier über Depublizieren reden, so kommen wir nicht umhin, uns anzusehen, wie es dazu gekommen ist. In diese Betrachtung die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einzubeziehen, dem folgt auch der Antrag der Koalition, dem wir zustimmen werden. Das ist unser Verständnis von Opposition: Wenn wir einen Antrag gut finden, dann sagen wir es und stimmen auch zu.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Ich möchte die Vorgeschichte, die Kollege Thul schon erwähnt hat, etwas näher ausführen. Im Jahr 2003 bezeichnete eine Beschwerde des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, VPRT, bei der EU die deutsche Rundfunkgebühr als unzulässige staatliche Beihilfe nach Art. 87 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Kollege Thul ist auf diese Beschwerde eben bereits eingegangen. Die EU-Kommission folgte der Argumentation des VPRT und verlangte damals die Abschaffung dieser Beihilfe oder die Erfüllung von Ausnahmekriterien von Art. 86 Abs. 2 des EG-Vertrages. Ich möchte das an dieser Stelle überhaupt nicht werten, sondern nur die Fakten von damals aufzeigen.

2007 publizierte die ARD dann ihre Digitalstrategie. Deren Inhalt sah einen deutlichen Ausbau der Aktivitäten im Onlinebereich und bei digitalen Angeboten vor. Dies stieß auf heftige Proteste von VPRT und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. Am 17. September 2007 erging dazu ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses stellte fest, dass sich der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch auf neue digitale Angebote erstrecke und eine Entwicklungsgarantie enthalte. Zwischen EU und BRD gab es nun einen Dissens, es gab Abstimmungsbedarf.

Daher wurde 2007 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der EU-Kommission vereinbart, dass bis zum 1. Juni 2009 der Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hinreichend konkretisiert und insbesondere seine Ausdehnung auf das Online-Angebot definiert wird. Dieser soge

nannte Beihilfekompromiss verhinderte damals ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Bei diesem Verfahren wäre möglicherweise die EU-weite Rundfunkfinanzierung komplett infrage gestellt worden. Am 1. Juni 2009 trat dann der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft. Meine Vorredner sind alle darauf eingegangen.