Protocol of the Session on January 20, 2016

Meine Damen und Herren, an einigen Stellen haben wir die Anregungen der Sachverständigenanhörung aufgegriffen und den Gesetzentwurf ergänzt oder geändert. Ein Punkt war, dass wir in der Anhörung die Bedeutung des Sports herausgearbeitet haben. Wir haben den Sport neben seiner Funktion der

Freizeitgestaltung explizit in den Fokus genommen. Wir haben ihn als Begriff ins Gesetz geschrieben, denn wir sind der Meinung, dem Sport kommt bei der Erziehung der Jugendlichen im Jugendarrestvollzug eine ganz besondere Bedeutung zu.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Basierend auf der Sachverständigenanhörung schlagen wir eine weitere Änderung vor. Sie betrifft die Regelung des generellen Rauchverbots auf dem gesamten Anstaltsgelände. Wir haben hierüber diskutiert und festgestellt, dass wir mit Blick auf die Durchsetzbarkeit eines solchen Verbotes, auf etwaige Entzugsprobleme und vor allem mit Blick auf die Förderung der Selbstverantwortlichkeit der Arrestanten die Beschränkung des gesetzlichen Rauchverbotes auf das Anstaltsgebäude befürworten. Denn Jugendliche unter 18 Jahren sind durch das Jugendschutzgesetz hinreichend geschützt. Daher spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, den wenigen volljährigen Arrestanten etwa im Bereich eines explizit zu diesem Zweck zugewiesenen Areals, einer Raucherecke das Rauchen auch zu gestatten. Sollte sich das aus Sicht der Anstaltsleitung oder der Bediensteten als schädlich oder nicht sinnvoll erweisen, so bleibt es diesen unbenommen, über eine Hausordnung eine andere Regelung auszusprechen. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen. Gesundheitsschutz ist wichtig, gar keine Frage. In die konkrete Ausgestaltung dieses Rauchverbots sollten wir uns als Gesetzgeber nicht einmischen, das sollten wir der Anstaltsleitung überlassen. Sie kann es besser entscheiden, weil sie die Situation vor Ort richtig einschätzen muss.

(Beifall des Abgeordneten Roth (SPD).)

Auch wir haben uns, wie die Oppositionsfraktionen, mit der Frage der Terminologie Anstalt und Einrichtung befasst. Die Ausführungen einiger Sachverständiger hierzu waren durchaus eindrücklich, etwa mit dem Verweis auf Irren- und Verwahranstalten insbesondere der NS-Zeit; das war auch nachvollziehbar. Bei genauerer Betrachtung überzeugt es aus unserer Sicht jedoch nicht. Der Hinweis etwa auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Landesmedienanstalt oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau zeigt, dass der Begriff „Anstalt“ durchaus auch heute noch in unverfänglicher Weise gebraucht werden kann.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Stimmt! Neues aus der Anstalt!)

Der Begriff ist folglich für sich betrachtet nicht zu beanstanden. Darüber hinaus erscheint eine derartige Änderung der Terminologie auch mit Blick auf die Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Artikel 125a GG bedenklich, denn das Saarländische Jugendarrestvollzugsgesetz ersetzt nach Artikel 125 GG in seinem Geltungsbereich den § 90 des Ju

(Abg. Berg (SPD) )

gendgerichtsgesetzes. Damit ist aber nur der vollzugliche Teil gemeint. Der vollstreckungsrechtliche Teil liegt nicht in der Länderkompetenz. Daher haben im Übrigen auch Schleswig-Holstein, Hamburg, Brandenburg und auch Rheinland-Pfalz in ihren Gesetzen diese Begrifflichkeiten ebenfalls beibehalten. Das wollten wir aus diesem Grunde auch für das Saarland nicht ändern.

Das Jugendstrafrecht ist ein sehr sensibles Feld, wie ich eingangs schon gesagt habe. Alle Maßnahmen in diesem Bereich erfordern größte Sorgfalt und Umsicht. Ihre Geeignetheit und Sinnhaftigkeit sind stets vom Ziel her zu bewerten: Was wollen wir erreichen? Wir wollen die realistische Chance auf ein eigenverantwortliches Leben ohne Straftaten für jeden einzelnen Jugendlichen. Da darf uns kein Mittel zu teuer, kein Versuch zu mühselig sein. Hier lohnt jede Anstrengung. Und es ist klarzustellen: Es geht nicht darum, den Jugendarrest zu romantisieren, die Anforderungen und Erfolgsaussichten zu beschönigen und die Gründe für dessen Verhängung zu verharmlosen. Es geht schlichtweg nicht um Idealisierung. Die jungen Menschen, die in den Jugendarrest kommen, haben bereits eine kriminelle Laufbahn hinter sich. Sie sind wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Ihr Unrechtsbewusstsein ist zugegebenermaßen nicht sehr ausgeprägt. Der Jugendarrest ist auch nicht das Mittel, um grundlegende Persönlichkeitsveränderungen zu bewirken. Dazu bedarf es mehr Zeit. Der Jugendarrest ist als kurzpädagogisches Konzept für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Aber, meine Damen und Herren, der Jugendarrest ist eine erzieherische Leitplanke, wo wohlmeinende Worte alleine nicht mehr ausreichen. Der Jugendarrest kann Türen öffnen und Wege zeigen zu einer anderen, rechtstreuen Lebensführung. Der Jugendarrest kann helfen, Weichen zu stellen von der schiefen auf die rechte Bahn, und der Jugendarrest kann ein Auftakt zum Leben in Straffreiheit sein.

Der Jugendarrest ist ein Gewinn für alle. Für den jungen Menschen, der künftig ein straffreies Leben führen kann. Für die Gesellschaft, deren Zukunft dieser junge Mensch ist. Und für den Opferschutz, denn der gelingt am besten dort, wo künftige Opfer verhindert werden. Jeder einzelne Jugendliche, der nicht mehr zum Täter wird, zählt. Das ist das Instrument des Jugendarrests. Darum ist an diesem Instrument auch festzuhalten. Es liegt uns jetzt ein moderner, auf Förderung ausgerichteter Gesetzentwurf vor. Dem werden wir zustimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, dies auch zu tun. Es ist ein sehr guter Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Saarland, vor allem die Regierungskoalition hat mit dem Jugendarrestgesetz in der jetzigen Form aus unserer Sicht eine Chance verpasst, nämlich die Chance, eines der modernsten Jugendarrestgesetze in der Republik zu verabschieden.

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Es wäre die Chance gewesen - ich sehe sie quasi vorbeiziehen, man kann ihr nachwinken -, den pädagogischen Charakter einer solchen Einrichtung für Jugendliche noch einmal deutlich in den Vordergrund zu stellen. Es wäre die Chance gewesen, eine klare und eindeutige Abgrenzung vorzunehmen zum Strafvollzug, denn Jugendarrest ist eben kein Hineinschnuppern ins Gefängnis, sondern hat eine ganz eigene Aufgabe und Bedeutung.

Die Kennzeichen von Jugendarrest hat die Kollegin Berg schon sehr ausführlich ausgebreitet, wir sehen sie im Gesetzentwurf aber nicht in der notwendigen Art und Weise gewürdigt. Zu den Kennzeichen nämlich, die im Mittelpunkt stehen, gehört einmal die Kürze des Unterbringungszeitraumes. Dazu gehört aber auch, dass geeignete Lerngelegenheiten für die Jugendlichen geboten werden. Im Mittelpunkt stehen muss die Motivation zum Zusammenwirken der Jugendlichen mit dem Personal vor Ort. Es müssen Strategien entwickelt werden, es muss Motivation entwickelt werden für gesellschaftliche Teilhabe, auch für Selbstorganisation. Wir haben ja oft das Problem, dass diese Jugendlichen so weit von gesellschaftlichen Normen weg sind, dass sie ihr Leben nicht selbst organisieren können. Das ist auch ein Grund, warum sie dann immer weiter in die Kriminalität hineinrutschen. Deshalb geht es um die aktive Beteiligung von Jugendlichen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der im vorliegenden Gesetzentwurf auch nicht ausreichend gewürdigt ist. Die gemeinsame Aufarbeitung des eigenen Verhaltens ist dringend notwendig; es muss eine Reflexion stattfinden, was schiefgelaufen ist. Das muss deutlich betont werden. Das fehlt unserer Meinung nach im jetzigen Entwurf. Um noch einmal die Worte Zucht und Ordnung heranzuziehen: In diesem Gesetz finden sich zu viel Zucht und zu wenig Erziehung.

Aber das kann man ändern. Es gibt entsprechende Abänderungsanträge, die den Mangel an der Betonung des kooperativen Charakters des Jugendarrestes ausmerzen könnten. Ich will auch die proaktive Beteiligung der Jugendlichen bei der Erarbeitung des eigenen Förderkonzeptes noch einmal in den Mittelpunkt stellen, denn damit muss erlernt werden,

(Abg. Berg (SPD) )

wie man sich selbst einen Lebensplan macht. Und schließlich geht es um die klare Ausrichtung auf die Nachsorge. Kollegin Berg hat es vorhin schon kurz erwähnt. Wir sehen es als zentralen Punkt, dass diese Nachsorge nachhaltig darauf hinarbeitet, die erzieherisch vermittelte Motivation in diesem Jugendarrest auch über die Zeit in der Einrichtung hinaus zu erhalten.

All dies wird in unserem Abänderungsantrag wesentlich deutlicher in den Vordergrund gerückt. Da geht es zum einen um die Frage von Formulierungen. Wir hatten es vorhin schon: Einrichtung statt Anstalt. Auch das Wort „Arrest“ ist in der Form insoweit belastet, als es sich negativ auf die Erziehungsaufgaben im Jugendarrest auswirken kann. Es stammt einfach aus vergangenen Zeiten und weist nicht auf einen zeitgemäßen, pädagogisch-kooperativen Ansatz hin, wie ihn ein moderner Jugendarrest bieten sollte.

Kritisch sehen wir auch die Regelung zum Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu einer Dauer von zwei Tagen. Das halten wir schlicht und ergreifend für unverhältnismäßig lang, gerade wenn man sich die Kürze der Aufenthaltsdauer der meisten Jugendlichen in diesen Einrichtungen betrachtet. Wir möchten das reduzieren auf maximal 24 Stunden. Es ist eine klare Sanktion, 24 Stunden von Freizeitaktivitäten ausgeschlossen zu werden, es wirkt sich aber nicht negativ aus auf den Erziehungsauftrag, den wir haben, denn mit diesen Freizeitaktivitäten soll ja etwas vermittelt werden. Sie haben vorhin das Beispiel des gemeinsamen Sportes genannt. Ein längerer Ausschluss ist aus unserer Sicht kontraproduktiv und sollte deshalb vom Gesetz ausgeschlossen werden.

(Vereinzelt Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich möchte noch kurz auf weitere notwendige Änderungen eingehen, die wir in unserem Änderungsantrag behandeln. Einmal möchten wir den Schutz der Intimsphäre der Jugendlichen in der Einrichtung verbessern, indem wir eine klare Beschränkung der optisch-elektronischen Beobachtung auf bestimmte Bereiche hineinschreiben. Wir sehen auch einen Änderungsbedarf bei der Befugnis zum erkennungsdienstlichen Behandeln der jungen Menschen. Wir bezweifeln einfach, dass bei der Kürze des Aufenthalts der Jugendlichen in den Einrichtungen die Notwendigkeit besteht, eine potenzielle Fahndung so sehr zu erleichtern, dass man in dem Maße erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen muss. Das widerspricht, wie gesagt, der Kürze des Aufenthalts.

Schließlich und endlich haben wir noch das Thema Speicherdauer von Videoaufnahmen. Im Gesetz heißt es derzeit 7 Tage, wir halten 48 Stunden für

absolut ausreichend. Innerhalb von 48 Stunden kann im Fall eines Vorfalls problemlos das Band beziehungsweise die digitale Aufnahme gesichert und vor Löschung geschützt werden. 7 Tage sind unnötig, eine längerfristige Speicherung ist eine unzulässige Datensammlung auf Vorrat und widerspricht somit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sodass man das einfach aus dem Gesetz streichen kann. Dafür besteht keine Notwendigkeit aufgrund der Abläufe. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.

Das Wort hat für die DIE LINKE-Fraktion Frau Abgeordnete Birgit Huonker.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich nach einer umfangreichen Anhörung zu diesem Gesetz die Abänderungsanträge der Koalition gelesen hatte, habe ich mich an die Stellungnahme eines Experten erinnert, den wir anhören wollten, Dr. Christoph Schallert, Fachanwalt für Strafrecht mit Schwerpunkt kriminologische Dimension des Jugendstrafrechts am Lehrstuhl für Kriminologie der Universität Mainz. Er hat allerdings die gewünschte Stellungnahme nicht abgegeben, er hat das aber auch begründet. Ich zitiere hierzu auszugsweise mit Erlaubnis des Präsidenten: „Ich war in den vergangenen Jahren mehrfach an solchen Anhörungen beteiligt in der vielleicht naiven Erwartung, aus fachlicher Sicht noch einen gewissen Einfluss nehmen zu können. In keinem Fall haben diese Veranstaltungen mit ganzen Herden von Experten irgendetwas an den vorliegenden Gesetzentwürfen geändert, insbesondere nicht an denen mit der zu erwartenden mehrheitlichen Zustimmung. Und für solche Showveranstaltungen, die gemacht werden müssen, weil es die entsprechenden Regelungen nun einmal so vorsehen, fehlen mir ganz ehrlich gesagt die Zeit und auch die Lust.“ Zitatende. Nach kurzer Durchsicht sei ihm deutlich geworden, dass der vorliegende saarländische Entwurf in vielen Teilen denen der anderen Bundesländer gleiche, zum Teil bis in die einzelnen Formulierungen und damit die Stärken, aber vor allem auch die Schwächen teile, die seit Jahren in der Fachwelt diskutiert würden. Die Argumente seien insoweit bekannt, würden aber wieder einmal ignoriert. - So weit ein Experte des Jugendstrafvollzugsrechts.

Willkommen in der Anstalt, könnte man hierzu sagen - und das meinen wir wörtlich. Die Koalition war noch nicht einmal in der Lage oder willens, wenigstens die von den Experten erbetenen minimalen terminologischen Änderungen in den Gesetzentwurf zu übernehmen. Die Kollegin Berg hat das ja mit dem Hinweis auf die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt erläutert.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

(Zuruf)

Wir haben bei diesem Wort aber einen anderen Bezug. Das Wort Anstalt verweist nämlich auf finstere Zeiten von Irren- und Verwahranstalten, so heißt es in diesen Stellungnahmen. Sie haben es ja erwähnt.

(Zuruf der Abgeordneten Berg (SPD).)

Die Experten haben darauf auch Hinweise gegeben, Frau Kollegin Berg. Ich habe mir die Stellungnahmen noch einmal sehr genau durchgelesen. In der gesamten Fachwelt werde dieser Begriff schon lange nicht mehr verwendet - im Saarland schon. Teilweise wurden Verbesserungsvorschläge vonseiten der Regierungskoalition schlicht ignoriert. Stattdessen gab es minimale Änderungen. So sollte zum Beispiel gerade einmal der hervorgehobenen Bedeutung des Sports im Jugendarrest durch eine Änderung der Überschrift Rechnung getragen werden. Da fragt man sich wirklich, wozu eigentlich überhaupt noch Experten zu einer Anhörung eingeladen werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, die Wirksamkeit eines Warnschussarrestes wird von einigen pädagogischen Fachleuten so negativ eingeschätzt, dass man sich wundert, wie Professor Dr. Jung von der Universität des Saarlandes ausführte, dass Kennerinnen und Kenner der Szene überhaupt noch am Jugendarrest festhalten. Auch wenn im vorliegenden Gesetzentwurf der Erziehungsgedanke eine Rolle spielt, haben wir großen Zweifel daran, dass innerhalb von zwei Tagen bis maximal vier Wochen auf Jugendliche erzieherisch eingewirkt werden kann. Jugendkriminalität ist ein Symptom, dessen Ursache es zu bekämpfen gilt, denn es gibt viele gesellschaftliche Probleme, die beeinflussen, ob jemand schon in früher Jugend zum Kriminellen wird oder später oder eben nicht. Arbeitslosigkeit der Eltern, fehlende Hilfsangebote, Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher am Rande der Gesellschaft können in kriminellem Verhalten münden. Wir können doch nicht im Ernst daran glauben, dass in vier Wochen das nachgeholt werden kann, was vorher versäumt wurde!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Warnschussarrest, also den Schuss vor den Bug, erachten wir als kontraproduktiv. Die Vorstellung, Strafhärte könne abschrecken, ist falsch. Unter Fachleuten gilt es längst unumstritten und es ist eine Binsenweisheit, dass Prävention mehr bewirkt als Repression. Strafe ist zwar unverzichtbar, aber sie kann bereits mit jetzt geltendem Recht ausgesprochen werden. Wenn zwischen dem Zeitpunkt der Tat und der Bestrafung Monate oder gar ein Jahr ins Land geht - wegen des fehlenden Personals -, dann wird der beste Erziehungsgedanke ad absurdum geführt. Eine tatnahe Schockwirkung ist dann schon

längst verpufft. Es gibt bessere Sanktionen als den Warnschussarrest. Seien wir doch ehrlich: Arrest kann wie Haft, trotz der erhofften erzieherischen Resultate, mehr schaden. Denn genau dort treffen die Jugendlichen vielleicht auch auf kriminell Erfahrene mit all den negativen Auswirkungen. Und wenn Kollegin Berg von einem positiven Leidensdruck als einem heilsamen Schock spricht, in ihren Ausführungen aber gleichzeitig auf die hohen Rückfallquoten verweist, dann finde ich, ist es schon eine mutige Schlussfolgerung, wenn man nach einer Verbesserung des Jugendarrestes ruft. Wir brauchen keine Verbesserung des Jugendarrestes, sondern einen Ausbau der Bewährungshilfe. Wir brauchen viel mehr sozialpädagogisch und psychologisch geschultes Fachpersonal.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Änderungsanträgen der Oppositionsparteien stimmen wir zu, weil wir denken, dass hier noch einmal viele pädagogische Aspekte eingeflossen sind. Wir enthalten uns beim Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, den Gesetzentwurf in Gänze lehnen wir aber in der uns vorliegenden Fassung aus den vorgetragenen Gründen ab. - Danke.

Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Frau Abgeordnete Dagmar Heib.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Damen und Herren! Nach den Vorschlägen der Oppositionsfraktionen sind wir natürlich folgerichtig bei der Einrichtung angekommen. Eine Einrichtung ist eine nichtstaatliche Behörde in freier Trägerschaft. Das, muss ich sagen, ist eine andere Begrifflichkeit für Einrichtung. Und hier haben wir keine Einrichtung. Unabhängig davon, dass das Jugendarrestvollzugsgesetz in einem gesetzlichen Kontext steht und wir als Land nicht die Gesetzgebungskompetenz für den vollstreckungsrechtlichen Teil haben, haben wir überhaupt nicht die Möglichkeit, die Anstalt begrifflich in eine Einrichtung umzuwandeln. Wir stehen damit nicht allein: Nicht nur in Rheinland-Pfalz, mit dem wir gemeinsam den Gesetzentwurf erarbeitet haben, sondern nach meiner Erinnerung auch in Hamburg und Schleswig-Holstein - und das ist, so meine ich, auch nicht abschließend aufgezählt - ist in den Gesetzen weiterhin von einer Anstalt die Rede.

Die Kollegin Petra Berg hat ja schon sehr ausführlich darauf hingewiesen, wie der Jugendarrest auszusehen hat. Ich möchte aber noch einmal, mit der Genehmigung des Präsidenten, die Begründung zitieren: „Nach § 13 Absatz 1 Jugendgerichtsgesetz ahndet der Richter die Straftat mit Jugendarrest oder anderen Zuchtmitteln, wenn Jugendstrafe nicht ge

(Abg. Huonker (DIE LINKE) )

boten ist, den Jugendlichen aber eindringlich zum Bewusstsein gebracht werden muss, dass sie für das von ihnen begangene Unrecht einzustehen haben. Der Vollzug des Jugendarrests soll nach § 90 Absatz 1 Jugendgerichtsgesetz das Ehrgefühl der Jugendlichen wecken und ihnen eindringlich zum Bewusstsein bringen, dass sie für das von ihnen begangene Unrecht einzustehen haben. Der Vollzug soll erzieherisch gestaltet werden und den Jugendlichen helfen, die Schwierigkeiten zu bewältigen, die zur Begehung der Straftaten beigetragen haben.“

Meine Damen und Herren, wir müssen doch sehen, dass das die Grundlage ist: Der Jugendarrest stellt keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel dar. Der Gesetzentwurf, den wir hier in Zweiter Lesung beraten, schafft dafür die Grundlage. Wir haben damit ein Jugendarrestvollzugsgesetz, das einen zeitgemäßen, humanen und auf die konsequente Förderung der Arrestierten ausgerichteten Jugendarrestvollzug gewährleistet. Das ist, so denke ich, hier wichtig: Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten, das ist festgeschrieben. Ebenfalls wichtig ist, auch wenn es bisher nicht zur Sprache kam, dass auch die Wiedergutmachung und der Täter-Opfer-Ausgleich Beachtung finden. Das ist gerade für den Jugendlichen in einer erzieherischen Maßnahme sehr wichtig.

Eine Erziehungsmaßnahme muss auch, wie es im Gesetz beschrieben ist, mit der Verfehlung in Zusammenhang stehen, sie muss für die Jugendlichen nachvollziehbar sein und zeitnah erfolgen. Ich teile die Einschätzung, dass das sehr wichtig ist. Das hat natürlich auch Folgerungen für die Personalisierung; dazu werde ich nachher noch etwas sagen.

Eine besondere Herausforderung des Jugendarrestes ist, wie schon beschrieben, die zeitliche Begrenzung auf zwei Tage bis vier Wochen. Das ist eine besondere Herausforderung, der man entsprechend begegnen muss. Dieser Gesetzentwurf gibt den Raum für eine zielorientierte und konsequente Nutzung dieses kurzen Zeitraums mit dem Ziel, den Jugendlichen auf den rechten Weg zu bringen. Er gibt den Raum, der ermahnenden und aufrüttelnden Funktion des Jugendarrestes gerecht zu werden. Hier wurde ja auch mit Studien beschrieben, wie hoch die Rückfallquote ist; immerhin sind es aber doch mehr als 30 Prozent, für die das Ganze lehrreich ist und die daraus die Konsequenzen für ihr Leben ziehen.

Im Arrest lernen die Jugendlichen einen strukturierten Tagesablauf kennen. Sie lernen, Regeln und Verhaltenspflichten zu befolgen. Es ist bedauerlich: Viele Jugendliche kommen in den Jugendarrest, ohne einen solchen Tagesablauf oder Regeln überhaupt zu kennen. Das ist ein Problem, dessen Lösung mit diesem Gesetz auch weiterhin zu meistern sein wird. Auch eine sinnvolle Freizeitgestaltung ist immens wichtig; das wurde schon angesprochen.

Ebenso wichtig ist es aber auch, einmal von elektronischen Medien freigehalten zu werden, auch insoweit einmal Auszeiten zu erfahren.

Wir haben mit unserem Abänderungsantrag § 14 geändert, er lautet nun: „Die Arrestierten sind angehalten, Maßnahmen zur lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung wahrzunehmen.“ Der zweite Satz lautet nunmehr: „Zu diesem Zweck sollen ihnen auch Aufgaben innerhalb der Anstalt übertragen und die Übertragung gemeinnütziger Tätigkeiten angeboten werden.“ Hierdurch wird eine Verstärkung der Mitwirkungspflicht der Jugendlichen im Arrest normiert. Es können Reinigungsarbeiten sein, es kann in der Küche sein, es kann aber auch in den Freizeitmaßnahmen oder beim Sport sein oder bei anderen Projekten - die Verpflichtung zur Mitwirkung wird festgeschrieben. Der Arrestierte kommt so auch zu einer Strukturierung.