Protocol of the Session on July 15, 2015

Wer ist als öffentliche Hand tatsächlich verpflichtet? Das bisherige Mittelstandsförderungsgesetz hatte bei einer solchen Auftragsvergabe nur das Land verpflichtet, entsprechend zu handeln. Das haben wir ausgeweitet, indem wir jetzt festgelegt haben, dass auch die Kommunen - damit meine ich in dem Fall Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige der Aufsicht des Landes unterstehende Körperschaften - an die eben geschilderten Vorgaben gebunden sind. Auch das hilft den Unternehmen, denn natürlich sind gerade die Kommunen in vielen Fällen Auftraggeber. Es wird ein weiterer Vorteil für die Unternehmen erreicht, wenn nicht nur das Land, sondern auch die übrigen öffentlichen Auftraggeber durch diese Regelungen verpflichtet werden.

Ich mache keinen Hehl daraus - es wird ja eine Anhörung dazu geben -, natürlich haben sich gerade

der Städte- und Gemeindetag und der Landkreistag diesen Punkt kritisch angesehen, weil es für sie eine neuerliche Verpflichtung bedeutet. Die will ich auch gar nicht in Abrede stellen, ich stelle fest, dass es sie gibt. Ich muss auf der anderen Seite aber auch feststellen, welchen Nutzen es für diese Unternehmen hat, wenn ich diese Verpflichtung vornehme. Wenn ich das eine gegen das andere abwäge, gelange ich klar zu der Auffassung, dass es zum Wohle der Unternehmen sehr vertretbar ist, die Kommunen genauso wie das Land zu verpflichten. Das, was für das Land gilt, muss auch für die Kommunen gelten, die auch Vorteile davon haben, wenn es gerade den Unternehmen in ihren Gemeindegebieten oder Stadtgebieten gut geht.

Ich komme zu den Sanktionsmöglichkeiten. Ein Gesetz ist immer nur so gut wie die bestehenden Möglichkeiten, es konsequent umzusetzen beziehungsweise seine Einhaltung zu kontrollieren. Dazu haben wir zwei Mechanismen eingebaut. Der erste ist, wenn es sich um grundsätzliche Verhaltensweisen handelt, die zu beanstanden sind, dass sich das Ministerium quasi in einem Selbstaufgriffsrecht des Themas erneut annehmen kann, dass diese Themen in dem Mittelstandsbeirat beraten werden können und dass darüber zu befinden ist, wie mit diesen grundsätzlichen Fragestellungen umzugehen ist. Der zweite, der eine noch deutlich höhere Relevanz hat, weil es einzelfallbezogen und ganz konkret ausgestaltet ist, ist die Einrichtung der Vergabe-Nachprüfungsstelle. Dies betrifft auch den wichtigen vergaberechtlichen Teil für die Unternehmen. Die jetzige Situation sieht vor, dass ein gewisser Unterschwellenwert erreicht werden muss, bis man im Fall von Vergaberechtsstreitigkeiten vor die Vergabekammer gehen kann. Jenseits dieses Unterschwellenbereichs war ein solcher Zugang nicht möglich. Es ist lediglich im Nachhinein der Weg über die ordentlichen Gerichte im Sinne einer Schadensersatzklage möglich gewesen. Dieser Weg wurde von den meisten gescheut wegen eines hohen Prozessrisikos, wegen des großen Aufwands und weil es letztendlich nur nachlaufend stattgefunden hat. Dadurch hatten gerade die Unternehmen, die von vielen kleinen Aufträgen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe gelebt haben, keine realistische Chance, um überprüfen zu lassen, ob das, was im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe stattgefunden hat, tatsächlich konform war oder ob es möglicherweise Verstöße gegeben hat.

Diesem Umstand wollen wir abhelfen durch die Einrichtung der Vergabe-Nachprüfungsstelle, die einen niedrigschwelligen Zugang darstellt, kein Prozessrisiko mehr beinhaltet und letztendlich auch mit einem eigenen Rügerecht ausgestattet sein wird. Dies ist eine große Unterstützung für die Unternehmer, die bisher einfach nur resigniert mit den Schultern gezuckt haben und sich entweder von öffentlichen Auf

(Ministerin Rehlinger)

tragsvergaben ganz abgewandt haben oder versucht haben, das zu kompensieren, was ihnen nicht zugebilligt wurde. Ich glaube, das hat eine große Praxisrelevanz und zeigt, dass wir es mit der Durchsetzung der Interessen gerade der kleineren Unternehmen bei uns im Land ernst meinen.

Ich will zusammenfassend darauf hinweisen, dass nicht alles, was in diesem Gesetz enthalten ist, im Saarland neu erfunden wurde. Es gibt in anderen Bundesländern ebenfalls eine Clearingstelle sowie die Frage der Nachprüfungsstelle. Ich will aber darauf hinweisen, dass der Clearingstelle, die es in Nordrhein-Westfalen gibt, die Möglichkeit nicht eingeräumt wurde, sich im Sinne des Aufgriffsrechts auch mit bestehenden Rechtsnormen zu befassen. Das ist nur bei uns in diesem erweiterten Sinn aufgenommen worden. Ich will auch darauf hinweisen, dass es kein Mittelstandsförderungsgesetz in der Bundesrepublik gibt, das gerade beide Strukturelemente beinhaltet, sprich Clearingstelle und Nachprüfungsstelle. Wir sind damit das einzige und erste Bundesland, das in seinem Zuständigkeitsbereich beide Stellen auf der Grundlage dieses Gesetzes schafft. Ich meine, dass damit deutlich wird, dass wir er es ernst meinen, wenn wir von der Förderung des Mittelstandes in unserem Land reden. Wir haben, wenn man das selbstbewusst formulieren will, damit das progressivste und fortschrittlichste Mittelstandsförderungsgesetz in dieser Republik geschaffen, und das ist gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es geht darum, dem Mittelstand eine gute Perspektive zu geben, als Wachstums- und Investitionsmotor für den Wirtschaftsstandort Saarland, aber natürlich auch als der Ort, an dem viele Menschen ihr Arbeitseinkommen finden. Es geht um eine starke und wettbewerbsfähige Wirtschaft in diesem Land, zu der das Mittelstandsförderungsgesetz ebenfalls einen Beitrag leisten kann.

Ich freue mich sehr, dass sich im Vorfeld bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes sehr viele Kammern, Verbände und Institutionen beteiligt haben. Die externe Anhörung zum Regierungsentwurf hat bereits ergeben, dass es auf eine sehr große und breite Zustimmung in diesem Land stoßen wird. Es ist wichtig, dass solche Signale gut und positiv von denjenigen aufgenommen werden, für die wir sie machen. Deshalb war es gut, dass wir es bereits bei der Erarbeitung dieses Gesetzes so breit angelegt haben. Ich will mich ausdrücklich bei denjenigen bedanken, die sich mit eingebracht haben. Ich möchte Sie ermuntern, diesem Gesetz zuzustimmen. Ich glaube, es ist ein gutes, ein starkes Signal für den saarländischen Mittelstand und damit für eine starke saarländische Wirtschaft. - Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich danke der Frau Ministerin und eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Astrid Schramm für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Förderung des Mittelstandes ist für die weitere Entwicklung eines Landes von zentraler Bedeutung. Ich glaube, da sind wir uns heute in diesem Hause wohl alle einig. Wir würden dabei aber auch verstärkt die kleineren Betriebe mit in den Blick nehmen, denn die Interessen und Probleme eines international agierenden Unternehmens mittelständischer Art wie Halberg-Guss sind doch andere als etwa die der Buchhandlung Bock & Seip oder des Martinshofs.

Die Änderungen, die die Landesregierung vorhat, sind vom Grundsatz her nicht falsch. Es spricht nichts dagegen, eine Clearingstelle Mittelstand einzurichten, damit die Interessen der mittelständischen Betriebe angemessen berücksichtigt werden. Dabei sollten allerdings die Beschäftigten der Betriebe beteiligt werden. Auch ihre Interessen müssen berücksichtigt werden. Auch sie sollten Gehör finden und beteiligt werden. Schließlich kennen sie ihren Betrieb am allerbesten.

Die Beteiligung der Beschäftigten ist auch das beste Mittel gegen die Gefahr von sogenannten Heuschrecken. Uns allen sind solche Investoren bekannt, die nur den kurzfristigen Profit im Auge haben und einen gesunden Betrieb zerstören. Was diese Heuschreckeninvestoren anrichten, sieht man in Beckingen bei einem mittelständischen Unternehmen, der Schraubenfabrik Whitesell. Zur Förderung des Mittelstandes sollten wir daher auch die Möglichkeit der Belegschaftsbeteiligungen stärken. Unternehmen, die öffentliche Fördermittel erhalten, sollten im Gegenzug ihre Beschäftigten an dem Unternehmen beteiligen. Wir halten dies auch bei der laufenden Diskussion über eine Reform der Erbschaftssteuer für sinnvoll. Denn so könnte die Liquidität und Investitionstätigkeit der Betriebe gesichert werden. Fällige Erbschaftssteuerbeträge können in Form einer Belegschaftsbeteiligung beglichen werden. Warum sollten die Beschäftigten nicht am Betriebsvermögen beteiligt werden, das sie mit ihrer Arbeit geschaffen haben?

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wer den Mittelstand fördern will, der sollte ihn auch von Wucherzinsen befreien. Die kleinen und mittleren Betriebe im Saarland leiden darunter genauso wie die Bürgerinnen und Bürger. Wenn ein Unternehmen für neue Investitionen in den Dispo gehen muss, dann wird es richtig teuer, mit Dispozinsen von 12, 13 und 14

(Ministerin Rehlinger)

Prozent. Auch das belastet den Mittelstand. Deshalb sollten diese Zinsen begrenzt werden.

Zum Schluss noch ein Punkt. Wer kleine und mittlere Unternehmen fördern und mit der Gründung und Ansiedlung neuer Unternehmen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen will, der darf nicht ausgerechnet die Universität kleinkürzen, denn unsere Universität ist von zentraler Bedeutung für die weitere Entwicklungsfähigkeit. Vor allem im Umfeld der Universität können neue, innovative Unternehmen entstehen, wie das Beispiel des mittelständischen Unternehmens IDS Scheer zeigt. Auch mittelständische Unternehmen brauchen beispielsweise Ingenieure. Das Saarland ist laut aktuellem Länderranking des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft jedoch bereits jetzt bundesweit Schlusslicht bei der Ingenieurausbildung. Wenn man den Standort Saarland stärken will, verbieten sich hier weitere Kürzungen von selbst. In diesem Zusammenhang möchte ich auch das erfolgreiche Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik, ZeMA, erwähnen, welches bei dieser Sache nicht vergessen werden darf. Das wäre sicherlich auch im Sinne des Mittelstandes an der Saar.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben nichts gegen das, was im Gesetzentwurf ausgeführt ist. Uns fehlen allerdings noch wichtige Punkte, die bisher nicht drinstehen. Daher werden wir dem Entwurf nicht zustimmen und unsere Vorschläge in den Ausschüssen einbringen und diskutieren. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der LINKEN und den PIRATEN.)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schramm. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Stefan Pauluhn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Tagen titelte der Saarländische Rundfunk - ähnlich auch die Saarbrücker Zeitung mit folgender Headline: „Stimmung der Saarwirtschaft auf Vierjahreshoch“. Weiter heißt es: „Während sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft insgesamt erneut verschlechtert hat, hat sich die Stimmung in den saarländischen Unternehmen weiter verbessert.“ Dies ging aus der aktuellen Erhebung der Industrie- und Handelskammer hervor, die Mitte Juni veröffentlicht wurde. „Die IHK spricht von einem ‚überdurchschnittlich guten Start ins Jahr‘ 2015 und betont, die Saarwirtschaft werde auch in der zweiten Jahreshälfte weiter wachsen, obwohl sich die Weltkonjunktur leicht eingetrübt habe. Der Lageindikator legte laut IHK (…) auf 39,5 Zähler zu. Das sei der höchste Stand seit vier Jahren. (…)

Wichtigster ‚Konjunkturtreiber‘ sei im Saarland nach wie vor die Industrie“ - auch die mittelständische. „Sie habe vor allem in Süd- und Westeuropa weiter Boden gut machen können. Die Umsatzgewinne in der Industrie liegen danach deutlich über denen des Vorjahres und über denen im bundesweiten Durchschnitt. (…) Die saarländischen Unternehmen werden nach Einschätzung der IHK ihre Exporte im laufenden Jahr um gut fünf Prozent steigern. Beim Bruttoinlandsprodukt rechnet die Kammer mit einem Jahresergebnis von 2,0 bis 2,5 Prozent. Grundlage für die Bewertung der IHK ist der Lageindikator, an dem sich nach IHK-Angaben 300 Unternehmen mit rund 120.000 Beschäftigten beteiligten.“

Aber nicht alleine im industriellen Bereich ist der Mittelstand Motor unserer Wirtschaftskraft. Das gilt ebenso für das Handwerk. Auch das Handwerk erwartet für das laufende Jahr weiter Wachstum. Im Vergleich zum Bund geht die Handwerkskammer für das Saarland von einem weiteren Anstieg beim Bruttoinlandsprodukt von 1,5 Prozent aus. Die HWK sieht die saarländischen Handwerksbetriebe für 2015 insgesamt gut aufgestellt. Man rechnet mit einer stabilen Beschäftigungsentwicklung verbunden mit weiter steigenden Umsätzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, das ist eine gute Basis, das ist eine gute Ausgangslage. Das ist natürlich das Resultat des wirtschaftlichen, des unternehmerischen Handelns unserer Unternehmerinnen und Unternehmer im Land, insbesondere im Mittelstand. Aber das wird natürlich auch begleitet von der Politik. Bei solchen positiven Zahlen, Rahmenbedingungen kann man insgesamt dieser Landesregierung und der Wirtschaftsministerin für ihr Handeln auch einmal Dank sagen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe diese Kennzahlen und Prognosen der saarländischen Wirtschaft meinen Ausführungen vorangestellt, weil eines doch sicher richtig ist: Wenn wir im Saarland von Industrierahmenbedingungen reden, reden wir auch und gerade von Rahmenbedingungen für unsere mittelständischen Unternehmen. Wenn wir von Konjunkturaussichten reden, wenn wir über die notwendige positive Steuerentwicklung auch hinsichtlich unserer Anstrengungen um die Haushaltskonsolidierung reden, wenn wir von Sicherung und von Ausbau von Arbeitsplätzen in unserem Land reden, und wenn wir von Zukunftsaussichten am Standort Saarland für unsere Kinder reden, ja, auch wenn wir über auskömmliche Löhne, gesundes Betriebsklima und Gute Arbeit reden, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann reden wir immer auch über unseren Mittelstand.

In der saarländischen Wirtschaft sind knapp 63 Prozent aller Beschäftigten in den kleinen und mittleren

(Abg. Schramm (DIE LINKE) )

Unternehmen tätig. 99,6 Prozent aller Betriebe in unserem Land gehören zum Mittelstand. Auch darum war es notwendig und im wahrsten Sinne des Wortes auch an der Zeit, über die Novellierung unseres Mittelstandsförderungsgesetzes zuerst auch einen Dialogprozess zu legen - die Ministerin sprach davon - und nach 40 Jahren diesen Teil der Mittelstandspolitik an die Anforderungen der heutigen Zeit anzupassen. Wie ich finde, ist das mit diesem Entwurf außerordentlich gut gelungen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Den Anpassungsbedarf als solchen wird niemand bestreiten. Das tat eben auch die Kollegin Schramm nicht. Darum war es auch notwendig, dass diese Landesregierung getragen von CDU und SPD, dass diese Wirtschaftsministerin, dass Anke Rehlinger nun diesen Entwurf in die Debatte bringt und ihn zuvor schon zur Chefsache oder Chefinnensache machte. Es ist ein Entwurf, der unsere Mittelstandsförderung auch als Element einer umfassenden Arbeitsmarktpolitik aufgreift und insgesamt zukunftsfest macht. Im Rahmen einer externen Anhörung konnten alle in Verbindung mit dem Mittelstandsförderungsgesetz stehende Institutionen ihre Stellungnahme zu diesem Gesetz abgeben. Die unterschiedlichsten Interessenlagen - die gibt es zweifelsohne zwischen kommunalen Spitzenverbänden, der Arbeitskammer und den Wirtschaftsverbänden haben sich auch in den umfangreichen Stellungnahmen widergespiegelt, sodass ihre juristische Prüfung, Würdigung und Abwägung und der damit verbundene Abstimmungsbedarf auch mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden war. Es genügt am Ende nicht, bei divergierenden Meinungen oder Anregungen sich einer Meinung anzuschließen. Die Auswertung der Stellungnahme ist auf 25 Seiten in der Ministervorlage dokumentiert und wird der parlamentarischen Debatte wenn nicht schon heute, dann sicherlich im weiteren Verlauf auch inhaltliche Unterfütterung geben können, da bin ich mir sicher.

Ich will auf aus meiner Sicht einige wichtige Punkte noch einmal eingehen. Man kann sicher von einem Glanzpunkt dieses Gesetzes sprechen, wenn man den Blick auf die neue Ausgestaltung des Vergaberechts richtet. Kleine und mittlere Unternehmen und auch Existenzgründerinnen und Existenzgründer werden künftig leichter - das ist ein entscheidender Vorteil - an öffentliche Aufträge kommen, als dies bisher möglich war. Erstmals sind nun die öffentlichen Verwaltungen auch komplett an die Regelungen des Mittelstandsförderungsgesetzes gebunden, die öffentliche Hand auf all ihren Ebenen - das war bisher nicht so. Von daher haben wir also auch einen umfassenden Einzugsbereich dieses Gesetzes gewählt, übrigens den umfassendsten, den man wählen konnte.

Ein bundesweites Novum stellt die Einrichtung der Clearingstelle - davon war schon die Rede - in Kombination mit einer Nachprüfstelle dar. In keinem anderen Bundesland gibt es diese Konstellation. Die Clearingstelle prüft Rechtsvorschriften, auch Mittelstandsfreundlichkeit und schützt kleine und mittlere Unternehmen beispielsweise vor einem Übermaß an Bürokratie. Sie wird Gesetze bewerten und eigene Vorschläge für eine mittelstandsfreundliche Ausgestaltung unterbreiten können. Diese wird wie in Nordrhein-Westfalen beim Erlass neuer Rechtsvorschriften mit beratender Stimme eingebunden. Im Gesetz zum NRW-Modell wird die Clearingstelle Mittelstand nicht nur beim Erlass neuer Rechtsvorschriften eingebunden, sondern erhält darüber hinaus ein Initiativrecht in Abstimmung mit dem Ministerium, auch Empfehlungen zur mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung bestehender Regelungen abzugeben. Die Nachprüfstelle gibt Unternehmen die Möglichkeit, auch bei öffentlichen Aufträgen mit einem geringeren Finanzvolumen die Rechtmäßigkeit der Auftragsvergabe untersuchen zu lassen. Damit ist gewährleistet, dass bei einem möglichen Verhalten einer öffentlichen Stelle entgegen den Bestimmungen des Gesetzes mit niedrigschwelligem Zugang eine Nachprüfmöglichkeit vorhanden ist.

Neben dem Nachprüfverfahren bezüglich der Auftragsvergabe gibt es nun auch die Beschwerdemöglichkeit für andere Verstöße gegen dieses Gesetz. Der Beschwerdeweg über das Ministerium wird mit diesem Gesetz erstmals eröffnet. Damit im Rahmen der Gesetze auch die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen angemessen berücksichtigt werden, wird ein „Arbeitsprogramm Mittelstand“, ein Katalog mittelstandsrelevanter Aktivitäten des Ministeriums, neben dem nach wie vor enthaltenen Mittelstandsbericht im Mittelstandsförderungsgesetz verankert. Positiv hervorzuheben ist auch der Wegfall der Fördereinschränkungen für kleine und mittlere Unternehmen. Damit können künftig auch die freien Berufe, beispielsweise Architekten und Ingenieure, Unterstützung auf Grundlage dieses Gesetzes erhalten.

Ein ganz wichtiger Bereich ist auch das Thema öffentliche Aufträge. Im vergaberechtlichen Teil werden nun erstmals verbindliche Regelungen eingeführt. Das neue Gesetz sieht darüber hinaus vor, dass Bewerber um einen öffentlichen Auftrag die fachliche Eignung beispielsweise mit der Vorlage des Meisterbriefes erbringen können. Komplizierte Prüfverfahren sind jetzt nicht mehr erforderlich. Ich finde, das ist ein wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung, der ausdrücklich zu begrüßen ist.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vorhin war schon mal davon die Rede, aber ich will es aus Sicht der Fraktion noch mal betonen: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir im Gesetz eine wirklich

(Abg. Pauluhn (SPD) )

mittelstandsfreundliche Zahlungsweise mit klaren Vorgaben festgeschrieben haben. Fällige Zahlungen sind spätestens 30 Tage nach Zugang der ordnungsgemäßen Abrechnung auszuführen. Wenn man sich die bisherige Zahlungsweise gerade für den Handwerksbereich - da war es schon manchmal haarig - ansieht, werden jetzt angesichts der neuen Regelungen einige aufschreien oder zumindest ihren Unmut äußern. Wer zu Recht eine gute Arbeitsleistung erwartet und auch geliefert bekommt, muss seine Zahlungsmoral als Teil seiner Rechnungsbegleichung begreifen und entsprechend umsetzen. Hier nimmt dieses Gesetz eine langjährige Forderung vor allem der Mittelständler auf. Ich finde, alleine dieser Punkt macht deutlich, dass die Novellierung notwendig war und dass das, was hier vorgelegt wird, ein guter Gesetzentwurf ist.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Damit haben wir in diesem Gesetz jetzt klare Regelungen. Das stärkt vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen, aber nicht nur sie. Das gilt auch für die Festschreibung mittelstandsfreundlicher Sicherheits- und Garantieleistungen mit klaren Vorgaben. Bis zu einem Auftragsvolumen von 250.000 Euro sollen keine Sicherheitsleistungen verlangt werden. Das ist eine sehr weitgehende Regelung, die ebenso gerade den kleineren Unternehmen zugute kommt.

Alle diese Beispiele zeigen, dass dieser Landesregierung, dass Anke Rehlinger mit ihrem Haus ein rundum modernes Gesetz gelungen ist, das den kleinen und mittleren Betrieben auch in Zukunft die Basis für ein erfolgreiches Wirtschaften am Standort Saarland bietet. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist es ein sehr weitgehendes und zugleich sehr mittelstandsfreundliches Gesetz. Wir machen damit deutlich, dass dieser Landesregierung der Mittelstand in besonderem Maße als Motor der Wirtschaft am Herzen liegt. Das kleine Saarland hat jetzt das größte Mittelstandsförderungsgesetz in Deutschland. Ich denke, das ist ein richtiges und wichtiges Signal in Richtung Zukunft.

Wenn Hans-Ulrich Jörges für den Mittelstand in Deutschland wirbt, ihm geradezu die wichtigste Rolle im Hinblick auf Innovationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Made in Germany zuweist, dann tut er dies auch vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen eindrucksvollen Bilanz der mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer. Lassen Sie mich darum mit einem Zitat dieses „Stern“-Journalisten um die Zustimmung dieses Hauses werben. Er sagt: „Der Mittelstand, sein Ethos, er hält dieses Land zusammen. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass das auch in Zukunft Wahrheit ist.“ Deshalb werbe ich noch mal eindringlich um Ihre Zustimmung zu diesem wirklich guten und positiven Entwurf aus dem Hause des Wirtschaftsministeri

ums, ein Entwurf, der in die Zukunft weist für die mittelständischen Unternehmen in unserem Land. Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kleine und mittelständische Unternehmen bilden das pulsierende Herz der deutschen Wirtschaft, das gilt natürlich auch für das Saarland. Die kleinen Unternehmen sind flexibel, innovativ, aus ihrem Kreis kommt ein Großteil der verantwortungsvollen Unternehmer in unserem Land. Vor diesem Hintergrund ist es richtig und wichtig, die Bedürfnisse der kleinen und mittelständischen Unternehmen auch in der saarländischen Wirtschaftspolitik stärker zu berücksichtigen. Daher ist es auch richtig, das saarländische Mittelstandsförderungsgesetz wieder einmal zu novellieren und auf den aktuellen Stand zu bringen. Besonders gut finden wir auch die Aufnahme aller freien Berufe - auch das ist eine klare Entwicklung der Zeit - und die geplante mittelstandsfreundliche Gestaltung öffentlicher Ausschreibungen. Ich glaube, auch das ist ein wichtiges Signal für die örtlichen Mittelständler, an öffentlichen Aufträgen partizipieren zu können.

Dass wir dem Gesetz in Erster Lesung trotzdem nicht zustimmen können, sondern uns enthalten werden, um in der parlamentarischen Beratung eigene Punkte anzubringen, möchte ich anhand von drei kritischen Punkte erläutern, die wir bei dem aktuellen Gesetzentwurf sehen. Es wird zum einen das Leitbild des schlanken Staates propagiert. Das ist prinzipiell verständlich vor dem Hintergrund der Lage in den öffentlichen Haushalten. Allerdings mahnen wir an, die private Gewinnorientierung ist eben nicht unbedingt deckungsgleich mit den Interessen der Allgemeinheit. Deshalb möchten wir mit diesem Begriff extrem vorsichtig umgehen und sagen, hier kommt es wirklich auf den Einzelfall an. Man kann nicht im Allgemeinen sagen, dass der schlanke Staat das bevorzugte Ziel ist.