Protocol of the Session on June 17, 2015

(Vizepräsidentin Ries)

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Hans von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich kann den Ausführungen des Kollegen Bierbaum zustimmen, was die Bedeutung der Tätigkeit der Mitglieder des Bundesrats, die für das Saarland in den Bundesrat entsandt sind, anbelangt. Das sind wichtige Entscheidungen, die auch für unser Land dort getroffen werden. Insbesondere geht es natürlich um die Mitwirkung des Landes an der Bundespolitik.

Es ist so, Kollege Bierbaum, dass der Bundesrat grundsätzlich öffentlich verhandelt. Das steht auch im Grundgesetz, Artikel 52. Das kann man nachlesen. Von daher ist es nicht so, als würde das Abstimmungsverhalten derzeit in irgendeiner Form der Geheimhaltung unterliegen. Davon kann man nicht sprechen. Es gibt auch jetzt schon ein transparentes Regierungshandeln, was die Abstimmung des Saarlandes im Bundesrat anbelangt.

Das Saarland teilt schon jetzt auf Anfrage das Stimmverhalten zu den einzelnen Tagesordnungspunkten mit und es informiert auch über konkrete, sich daraus ergebende Fragestellungen im Rahmen des üblichen Verfahrens. Das bedeutet, wenn es Anfragen aus dem Parlament gibt, gleich welcher Fraktion, dann wird auch im entsprechenden Ausschuss darüber berichtet. Das ist in der Geschäftsordnung der Landesregierung auch so festgehalten.

Das betrifft folgende Sachverhalte. Es geht um den Gegenstand des Gesetzentwurfs, auch das Interesse des Landes am Gesetzentwurf. Es wird berichtet über den wesentlichen Gang der Beratungen und auch über die grundsätzlich beabsichtigte Haltung der Landesregierung zu den jeweiligen Gesetzentwürfen. Im Interesse der möglichst flexiblen Gestaltung der Berichterstattung gibt es auch kein festgelegtes Verfahren dafür. Die Unterrichtung soll vielmehr im jeweiligen Landtagsausschuss erfolgen. So ist auch die gängige Praxis. Von daher regiert die saarländische Landesregierung hier im Saarland nicht nur transparent, nein, sie teilt auch transparent ihr Verhalten im Bundesrat auf Anfrage hin mit.

Nun ist es aber so, meine Damen und Herren, dass sich in der jüngsten Zeit in der Tat einige Landesregierungen dazu entschlossen haben, zusätzlich zu dem, was ich gerade genannt habe, auch ohne Anfrage auf den Internetseiten der Regierung oder Landesvertretungen zu veröffentlichen, wie man sich im Bundesrat verhalten hat. Es sind dies die Länder

Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Sachsen und Bremen. Und es gibt auch bei der saarländischen Landesregierung derzeit schon Überlegungen, das genauso zu tun. Auf Nachfrage konnte ich sehen, dass es sogar schon ein Muster gibt, wie diese Veröffentlichungen auf der Homepage künftig stattfinden sollen. Da sind alle die Dinge, die ich eben genannt habe, drauf. Das könnte man dann auf der Homepage abrufen. Insofern, Herr Kollege Bierbaum, rennen Sie mit Ihrem Antrag hier offene Türen ein. Aber das macht natürlich Ihren Antrag nicht falsch. Das, was da drinsteht, ist richtig. Von daher stimmen wir Ihrem Antrag gerne zu. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Michael Neyses von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel des vorliegenden Antrags „Transparenz im Bundesrat - Abstimmungsverhalten des Saarlandes öffentlich machen“ trifft es ja sehr gut. Daher haben wir GRÜNE uns auch entschlossen, dem Antrag beizutreten, weil wir gemeinsam die Landesregierung auffordern möchten, das Abstimmungsverhalten von Bundesratssitzungen zu dokumentieren.

Kollege Hans hat mich damit überrascht, dass die Koalitionsfraktionen den Antrag annehmen.

(Abg. Waluga (SPD) : Wieso? - Das war doch klar.)

Ich freue mich also, dass auf der Internetseite der Staatskanzlei zukünftig das Abstimmungsverhalten des Saarlandes im Bundesrat zu finden sein wird. Es ist ein Antrag, den man auch eigentlich nicht ablehnen kann. Ich kann meine Rede daher kurz halten und freue mich, dass die Regierungsfraktionen zustimmen werden. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen und teil- weise der Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat die Abgeordnete Petra Berg von der SPD-Landtagsfraktion.

Wir machen‘s! Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir veröffentlichen das Abstimmungsverhalten des Saarlandes, Herr Neyses, nicht das des Bundesrates, das steht uns nicht zu. Am Wochenende konnten wir lesen, dass sich die Gene

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

ralsekretäre von SPD, CDU, CSU, GRÜNEN, der LINKEN und der FDP getroffen und ein Reformpaket gegen die sinkende Wahlbeteiligung beschlossen haben. Denn die sinkende Wahlbeteiligung ist ein Warnsignal für das gesamte politische System. Ich darf zitieren: Wenn bei dem Thema nun alle Parteien an einem Strang zögen, sei dies ein starkes Signal. Deshalb tun wir das heute und stimmen diesem Antrag zu. Auch wir wollen aus diesem Haus ein starkes Signal setzen.

Man sollte fragen, ob die Nichtteilnahme an Wahlen per se die Ablehnung des demokratischen Systems bedeutet oder aber Zustimmung zu einem bestehenden Zustand. In jedem Fall ist sicher: Mehr Transparenz beim staatlichen Handeln ist unerlässlich für unsere Demokratie. Sie stärkt die Demokratie und ihre Glaubwürdigkeit. Zwar ist mehr Transparenz alleine kein Allheilmittel, aber wir überwinden die Distanz zur Politik. Der Mensch muss nicht zur Politik kommen, sondern die Politik kommt zum Menschen.

Die Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Länder im Bundesrat kann dafür ein erster Schritt sein. Sie stärkt das Verständnis der Menschen für Politik und sie stärkt auch das Verständnis der Bürger für politische Entscheidungen im Bundesrat als der sogenannten zweiten Kammer des Parlamentes. Sie hilft, Verantwortlichkeiten im Bundesrat besser zuzuordnen und auch das komplexe föderale System der Bundesrepublik besser zu verstehen. Denn Deutschland ist eine föderative Republik. Neben Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit bildet der Föderalismus ein freiheitssicherndes Instrument der Demokratie, und dies ist sehr wichtig.

Das Volk ist nämlich - man hört es immer wieder, es ist aber tatsächlich so - der primäre Träger der Staatsgewalt. Und essenziell für eine wirksame Ausübung dieser Staatsgewalt ist ein ausreichender Zugang zu Informationen. Politik in Hinterzimmern ohne Zugang für alle verunsichert Menschen, macht sie misstrauisch. Deshalb sind Vertrauen, Ehrlichkeit und Transparenz zusammen ganz wichtig für unser tägliches Handeln. Es ist derzeit schon - darauf hat mein Kollege Tobias Hans hingewiesen - auf Antrag beziehungsweise auf Anfrage möglich, Informationen zu erhalten. Aber Bürgerinnen und Bürger sind durch die Möglichkeiten, die sich heute mit Internet und modernen Medien eröffnen, politisch interessierter und auch kompetenter denn je. Der Zugang zu politischen Informationen ist auch erleichtert worden.

Folglich müssen auch in einem mitwachsenden demokratischen Gefüge die Informationsangebote der Politik zugänglicher, umfassender und auch moderner werden. Nachvollziehbarkeit und Kontrolle staatlichen Handelns werden erleichtert, und das wollen wir. Wir wollen, dass alle Bürgerinnen und Bürger nachschauen können, wie das Saarland im Bundes

rat abgestimmt hat. Heute Morgen haben wir in der Regierungserklärung unserer Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und unserer stellvertretenden Ministerpräsidentin Anke Rehlinger gehört, was der saarländische Weg ist. Der saarländische Weg ist, dass Menschen möglichst eng in das politische Handeln eingebunden werden.

Ich glaube, das kann man auch sehr gut auf diesen Sachverhalt hier übertragen. Auch hier wollen wir die Saarländerinnen und Saarländer, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes eng einbinden in unser politisches Handeln und ihnen auch diese Informationen leichter zugänglich machen. Deshalb stimmen wir heute diesem Antrag sehr gern zu, Herr Professor Bierbaum. - Vielen Dank.

(Beifall des Hauses.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Andreas Augustin von der Fraktion der PIRATEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Tatsache, dass der Antrag wohl gleich einstimmig angenommen wird, kann auch ich mich kürzer fassen als zunächst geplant. Ich muss aber dennoch ein, zwei Dinge klarstellen, vor allem was die Rede des Kollegen Tobias Hans betrifft.

Sie haben zunächst einmal gesagt, dass es auch jetzt schon die Möglichkeit gibt, sich im Ausschuss berichten zu lassen. Sie haben ferner gesagt, dass der Bundesrat grundsätzlich öffentlich tagt. Dem will ich nicht widersprechen. Aber die Ausschusssitzungen des Bundesrates sind nicht zwangsweise öffentlich. Manche sind öffentlich, aber eben nicht alle. Wenn wir uns im Landtag berichten lassen, geschieht dies auch wieder in einer nicht öffentlichen Ausschusssitzung. Sie haben nichts Gegenteiliges behauptet. Ich möchte nur sagen: Wir können uns über das, was im Bundesrat teilweise in geschlossener Sitzung passiert, im Landtag in ebenfalls geschlossener Ausschusssitzung berichten lassen. Davon profitieren allerdings die Wählerinnen und Wähler nicht so sehr. Insofern ist es natürlich ein echter Fortschritt, wenn wir den Antrag heute beschließen.

Ich muss noch auf einen anderen Punkt eingehen. Selbst wenn auch die Ausschusssitzungen öffentlich wären und selbst wenn man sonst noch alles Mögliche macht wie Videoaufzeichnung und Streaming, so ist es immer noch ein echter Vorteil, eine Textaufzeichnung zu haben, denn Texte sind leicht indexierbar. Wenn man einen Text, ein Protokoll oder eben auch einfach eine Liste des Abstimmungsverhaltens auf die Homepage der Staatskanzlei stellt, wie beantragt, dann wird dies automatisch von entsprechen

(Abg. Berg (SPD) )

den Suchdiensten indexiert und ist viel leichter auffindbar. Die Beiträge sind einfacher nachschlagbar, als wenn es irgendwo ein Video gibt, bei dem ich erst mal raten muss, an welcher Stelle überhaupt die gesuchte Abstimmung sein könnte oder ob in dem Video mit dem Titel „Sitzung vom 17.06.2015“ das betreffende Thema überhaupt beraten wurde. Die Textform bietet also viele Vorteile. Deshalb will ich hier noch mal herausstellen, dass es uns in diesem Fall nicht um Streaming oder Videoaufzeichnungen geht, sondern explizit darum, dass das Ergebnis in Textform veröffentlicht wird, weil das viele Vorteile bietet. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 15/1422 - neu - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1422 - neu - einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Wir kommen zu den Punkten 8, 9 und 10 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Öffnung der Ehe für schwule und lesbische Paare (Drucksache 15/1421)

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Diskriminierung aufgrund sexueller Identität verhindern - Gleichheitsartikel im Grundgesetz ergänzen (Drucksache 15/1420 - neu 2)

Beschlussfassung über der von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion und der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Aus Liebe zur Verantwortung - Die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnen (Drucksache 15/1425 - neu)

Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Barbara Spaniol das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Vertreterinnen und Vertreter des Lesben- und Schwulenverbandes Saar! Herzlich willkommen bei uns im Haus zu dieser wichtigen Debatte!

(Beifall.)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine breite und klare gesellschaftliche Mehrheit steht mittlerweile für die Öffnung der Ehe für alle. Für eine Ablehnung ist es längst zu spät. Es gibt kein sachliches Argument dagegen. Es ist alles nur noch eine Frage der Zeit. Das ist auch gut so, denn es geht schließlich um Menschenwürde und um die Freiheit, zu leben wie man will und wie man es empfindet. Das Thema gebietet es aus unserer Sicht, die üblichen Reflexe und Rituale in der öffentlichen Debatte zu unterlassen. Vielmehr gilt es, sich verbal zurückzunehmen und Worte in dieser sensiblen Diskussion sorgfältig zu wählen und abzuwägen, um Fehlinterpretationen und damit Verletzungen zu vermeiden. Das muss aber jede und jeder für sich selbst entscheiden. Das öffentliche Echo spricht jedenfalls vielfach Bände. Frau Ministerpräsidentin, wir sind gespannt auf Ihre Stellungnahme.

Kolleginnen und Kollegen, Heribert Prantl zitiert die Historie sehr treffend, wenn er sagt: Aus einer Ächtung der Homosexuellen ist Achtung geworden. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, gestern noch als unnatürlich beschimpft, werden im Recht respektiert und als Verantwortungsgemeinschaften geschätzt.

Meine Damen und Herren, im katholischen Irland hat eine überwältigende Mehrheit für eine Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben gestimmt. Im ebenfalls katholischen Spanien gibt es diese Ehe für alle schon seit Jahren. Wenn wir uns in der Großregion umschauen, dann sind wir die Einzigen, diedie völlige rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare immer noch nicht geschafft haben. Frankreich, Belgien und Luxemburg haben die Ehe für alle schon länger, ebenso wie viele andere Nachbarländer. Wir gehören also zu den europäischen Schlusslichtern.

Dabei haben wir im Bundestag und im Bundesrat seit Jahren stabile Mehrheiten von Parteien, die die völlige rechtliche Gleichstellung versprechen - auch hier im Landtag. Daher sollte diese Frage aus unserer Sicht auch keine Koalitionsfrage sein und auch keine Frage von Fraktionszwängen. Wir Abgeordnete sind allein unserem Gewissen verpflichtet und sollten bei dieser Entscheidung ausschließlich das Gewissen sprechen lassen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat vor ein paar Tagen zu Recht eindrucksvoll darauf hingewiesen. Es war auch aus der saarländischen CDU und dem Saarland heraus so ähnlich zu vernehmen. Wir appellieren an Sie: Lassen Sie das zu! Die CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein hat sich aktuell dafür ausgesprochen, homosexuelle Partnerschaften mit der Ehe gleichzustellen. Sie wolle eine Vorreiterrolle übernehmen und nicht Ge

(Abg. Augustin (PIRATEN) )

richtsurteile abwarten, sagte der Fraktionsvorsitzende. Das ist eine bundesweite Premiere. Wir hoffen, dass dieser Öffnungskurs weitergeht.