Protocol of the Session on March 18, 2015

(Zuruf der Abgeordneten Schramm (DIE LINKE).)

Das war nichts anderes als eine Diskussionsgrundlage. Die Tatsache, dass Sie dieses Gutachten nicht haben, Frau Kollegin Schramm, ist einzig und allein darin begründet, das Sie weder Mitglied der Geschäftsführung eines Krankenhauses sind noch Mitglied der Geschäftsführung einer Krankenkasse noch Mitglied der Landesregierung, und das, so glaube ich, auch aus gutem Grund.

(Abg. Schramm (DIE LINKE) : Und warum wird es nicht zur Verfügung gestellt? - Abg. Kugler (DIE LINKE): Wo ist die Transparenz?)

(Abg. Hans (CDU) )

Frau Kollegin Schramm, das hat einfach damit zu tun, dass es eine Diskussionsgrundlage war - nicht mehr als das.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Und, Frau Kollegin, das Gutachten hat ja gar nicht eins zu eins Wiederklang gefunden in dem, was nun im Gesetz steht. Das, was im Gesetz steht, ist das, was vereinbart ist im Rahmen des großen Kanons der Experten, die sich zusammengesetzt haben. Als Ergebnis dieses Vorgehens sagt letzten Endes auch jeder, dass das mit dem Gesetz Gebrachte vernünftig und richtig ist. Wir brauchen letztlich die Planung in dieser Form, wir brauchen diese Fortschreibung, wie sie mit dem Gesetz vorgesehen ist.

Ich bin, Frau Kollegin Schramm, gerne bereit, mich mit Ihnen und allen Kollegen des Gesundheitsausschusses im Ausschuss bei der Beratung des Gesetzes im Rahmen einer Anhörung davon zu überzeugen, dass das weiterhin gilt. Wenn dem so ist, werden wir dem Gesetz auch in Zweiter Lesung zustimmen. Heute geht es aber zunächst einmal um die Erste Lesung, wir sind nun am Zug. Die Regierung hat gut vorgelegt, mit Rückendeckung aller Experten. Nun ist das Parlament am Zug, und wir treten gerne mit Ihnen in die Diskussion ein. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der PIRATEN Michael Hilberer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim vorliegenden Gesetzentwurf schwingt noch ein bisschen der Gedanke des Zeitalters der Industrialisierung mit, als man ein Krankenversorgungssystem aufgebaut hat nach dem Motto: Man nehme ein starres Versorgungssystem und werfe dieses auf die Population, um die Gesundheit der Werktätigen zu erhalten. Das war zweifelsohne eine wichtige Grundlage unseres heutigen Gesundheitssystems, das ist aber natürlich nicht das Ende der Geschichte. Denn heute ist, und das ist ein wichtiger Punkt, in der Medizin weitaus mehr Individualität angezeigt. Heute ist es notwendig, ein deutlich flexibleres System anzubieten - im Interesse der Patientinnen und Patienten.

Wir PIRATEN definieren deshalb für die zukunftsfähige Kliniklandschaft im Saarland drei Ziele: Erstens ist Resilienz erforderlich, wir brauchen ein resilientes System. Zweitens bedarf es einer hohen Qualität. Drittens benötigen wir einen strikten Fokus auf das Wohl des individuellen Patienten. Ich möchte zu diesen Punkten kurz ausführen.

Resilienz bedeutet, ein robustes und widerstandsfähiges System zu schaffen, das auch dann noch befriedigend funktioniert, wenn sich das System außerhalb des normalen Zustandes bewegt. Wenn man also beispielsweise eine andauernde Grippeepidemie hat und gleichzeitig ein Großschadensereignis eintritt, darf man dennoch nicht an die Grenzen der Kapazitäten des Systems stoßen. Diese Anforderung erscheint auch gerade im Hinblick auf die letzten Wochen etwas fragwürdig, wenn man sieht, wie stark die mittlere Grippeepidemie, die wir derzeit haben, schon teilweise die Krankenhäuser beschäftigt hat.

Der nächste Punkt ist die hohe Qualität. Gerade zu Qualitätsstandards sind in dem Gesetzentwurf ja auch einige Regelungen angedacht. Wichtig ist hierbei für uns, dass Qualitätsstandards für die Patientinnen und Patienten klar erkennbar sein müssen. Man muss abwägen können, welche Behandlung man auswählt. Die Frage ist natürlich, wie. Hochglanzbroschüren dürften dabei kaum weiterhelfen. Wenn ich mir die entsprechenden Passagen im Entwurf anschaue, ereilt mich die Befürchtung, dass wir in Zukunft keine qualitätsoptimierten Kliniken haben werden, sondern den Fokus auf benchmarkoptimierte Kliniken legen. Das wäre mit Sicherheit eine Fehlentwicklung, der es entgegenzusteuern gilt.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich kann hier nur vor einer Entwicklung warnen, wie wir sie bei Altenpflegeheimen teilweise gesehen haben. Es hat dort das Punktesystem gegeben mit der absurden Situation, dass man Punktabzüge, die es beispielsweise für wundgelegene Patienten gab, damit kompensieren konnte, dass man im Eingangsbereich ein Blumenarrangement aufgestellt hat, um den allgemeinen Eindruck eines Besuchers zu verbessern. Ein solches Punktesystem wäre für die Krankenhauslandschaft natürlich völlig ungeeignet. Das hat nichts mehr mit Qualitätstransparenz zu tun. Das wäre gegenüber den Patienten fahrlässig.

Der Status quo heute, wenn es darum geht, die richtige Fachklinik auszuwählen, besteht leider auch darin, dass die gut vernetzten und gut informierten Patienten in unserem Land sich die Fachärzte aussuchen und entsprechend die Klinik nehmen, wo diese Fachärzte arbeiten, während schlecht informierte und schlecht vernetzte Patienten diese Möglichkeit nicht haben. Sie haben damit einen klaren Nachteil in ihrer Behandlung. Hier muss in Zukunft mehr Fachkompetenz in die spezialisierten Einrichtungen wandern. Wir brauchen hier eine Institutionalisierung des Know-hows. Auch in diese Richtung können wir, glaube ich, im Rahmen dieses Gesetzes noch weitere Schritte gehen, um das als klares Ziel festzuschreiben.

(Abg. Hans (CDU) )

Bei allen Qualitätsbenchmarks und Checklisten, die mit sowas ja immer einhergehen, dürfen wir vor allem eines nicht aus dem Auge verlieren: Wir dürfen nicht die Arbeitsbelastung bei der Dokumentation für die Leute erhöhen, die eigentlich dafür da sind, mit den Patienten zu arbeiten. Wenn wir das Gegenteil schaffen, wenn es uns gelingt, die Dokumentationspflichten auf ein gesundes Maß herunterzuschrauben und sie aus den Händen der Leute zu nehmen, die direkt mit den Patientinnen und Patienten arbeiten, dann bekommen wir automatisch eine Qualitätsverbesserung in unserem Gesundheitssystem. Auch das muss ein Ziel sein!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Schließlich habe ich von dem Fokus auf das Wohl des individuellen Patienten gesprochen. Da geht es darum, ein paar Jahre in die Zukunft zu blicken. Die saarländische Krankenhauslandschaft muss fit werden für eine individualisierte Medizin. Wir brauchen also eine Ausrichtung weniger auf eine Gruppe oder eine Populationsgruppe, sondern auf den individuellen Patienten. Hierfür müssen Fachbarrieren beseitigt und Reibungsverluste abgebaut werden, wenn es bei der längerfristigen Behandlung eines Patienten einen Behandlungswechsel gibt. Ermöglicht wird dies durch eine umfassende Datenerfassung, Datenhaltung und Datennutzung individueller medizinischer Daten, denn dies ist ungemein wichtig für eine effektive individualisierte Behandlung. Allerdings sind diese Daten aufgrund ihrer Natur auch höchst sensibel und höchst persönlich. Es sind meine höchstpersönlichen Gesundheitsdaten, eine ganze Krankheits- und Leidensgeschichte wird mit diesen Daten dokumentiert. Deshalb muss der gesetzliche Rahmen hierfür die völlige Datensouveränität des Patienten gewährleisten. Das bedeutet gerade für den Datenschutz sehr große neue Herausforderungen. An dieser Stelle finden wir den Gesetzentwurf in der im Moment vorliegenden Fassung noch etwas dünn. Hier muss nachgebessert werden.

(Beifall von den PIRATEN.)

Erlauben Sie mir noch einen kleinen Blick in die Zukunft. Wenn ich mir den Gesundheitsmarkt - es ist ein riesiger Markt, von dem wir hier sprechen - heute anschaue, sehe ich unglaublich viel privates Geld in die Digitalisierung fließen. Wenn man sich mit Innovationszyklen auskennt, weiß man, dass das ein klares Zeichen dafür ist, dass auch dem Gesundheitsbereich radikale Änderungen bevorstehen. Wir werden hier bald Behandlungen erleben und Medikamente sehen, die individuell an die Gene einzelner Patienten und auf die persönliche Lebensführung angepasst sind. Wir werden telemedizinische Nachsorge erleben, die es erleichtert, auch zu Hause im ambulanten Bereich eine bessere Nachsorge zu erhalten, als das heute manchmal möglich ist. Und natürlich wird auch die Robotik Einzug halten, sowohl

in die Betreuung von Patientinnen und Patienten als auch in OPs. Ich werbe deshalb an dieser Stelle noch einmal eindringlich dafür, dass sich das Saarland bei diesen Entwicklungen an die Spitze stellt! Wir können die Zukunft in diesem Bereich gestalten, oder wir werden sie erleiden. Wir werden aber die Veränderungen auf keinen Fall aufhalten.

Ihr Gesetzentwurf bleibt hinter den Möglichkeiten und, so glaube ich, auch hinter dem Notwendigen zurück. Er stellt graduelle Verbesserungen dar, das möchte ich gar nicht bestreiten, aber er dient nicht dem Ziel, unsere Krankenhauslandschaft wirklich zukunftsfähig zu machen. Deshalb werden wir uns in der Ersten Lesung enthalten und uns in der Ausschussarbeit mit unseren Ideen einbringen. - Ich danke Ihnen vielmals.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Volker Schmidt von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Inhalt, Ziel und Zweck des vorliegenden Krankenhausgesetzentwurfs haben Frau Ministerin Bachmann und der Kollege Hans schon vieles, um nicht zu sagen alles gesagt, was heute dazu zu sagen ist. Insofern will ich auf unnötige Wiederholungen verzichten, ich will sie Ihnen und mir ersparen. Die SPD war natürlich in alle grundsätzlichen Überlegungen, die diesem Gesetzentwurf zugrunde liegen, eingebunden. Deshalb dürfte es Sie kaum verwundern, wenn ich feststelle, dass wir mit der Zielsetzung des Gesetzes voll und ganz einverstanden sind, dass wir sie unterstützen.

Es ist richtig, von der starren Detailplanung zu einer grundsätzlichen Rahmenplanung zu wechseln und somit den Leistungs- und Kostenträgern die Detailplanung zu überlassen und zugleich mehr Flexibilität im Planungszeitraum zu ermöglichen. Auch das hat die Kollegin Bachmann schon ausgeführt. Es ist wichtig, dass die Krankenhausträger, aber auch die beauftragten Kostenträger, nämlich die Krankenkassen, schneller und vor allem unbürokratischer auf neue Entwicklungen reagieren können. Das Saarland ist ja nicht das erste Bundesland - Frau Ministerin, auch das haben Sie gesagt -, das bei der Krankenhausplanung zu diesem Systemwechsel gefunden hat. Ich bin sicher, dass dieser neue Planungsweg sich schnell einspielen und bewähren wird.

Im Rahmen der externen Anhörung - auch darauf ist die Ministerin schon eingegangen - gab es zu den einzelnen Paragrafen bereits einige Anmerkungen, Hinweise und Änderungswünsche. Der zuständige

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Ausschuss wird im Rahmen seiner Gesetzesberatungen ebenfalls wie üblich eine entsprechende Anhörung durchführen. Ich kann allen Betroffenen versichern, dass wir wie immer alle Anregungen und Vorschläge sorgfältig prüfen und abwägen werden. Insofern kann es durchaus sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es bei dem ein oder anderen Paragrafen oder Detail noch zu Änderungen kommt. Es gilt hier die alte Parlamentarierweisheit, Kollege Hans: Es kommt kein Gesetz so aus dem Parlament heraus, wie es hineingegangen ist.

(Abg. Kolb (SPD) : Das ist das Strucksche Gesetz.)

Das ist das Strucksche Gesetz, Frau Kollegin, richtig. - An der grundsätzlichen Ausrichtung, auch das will ich heute betonen, von der Detailplanung zur Rahmenplanung zu wechseln und mehr Flexibilität zu ermöglichen, wird sich sicherlich nichts mehr ändern. - Dem Grunde nach ist damit eigentlich auch schon alles gesagt, was am heutigen Tag zu diesem Gesetzentwurf gesagt werden kann.

Da mir aber glücklicherweise noch ein paar Minuten meiner Redezeit verbleiben, möchte ich die Gelegenheit gern nutzen, ein paar grundsätzliche Fragen hinsichtlich der Situation unserer Krankenhäuser anzusprechen. Die Opposition, insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der LINKEN und insbesondere hier die Kollegin Schramm - heute in etwas abgeschwächter Form, Frau Schramm, aber es ist doch wieder ein bisschen passiert -, malt ja mit Blick auf die Situation unserer Krankenhäuser gern den Untergang des Abendlandes an die Wand. Sie formulieren sehr oft abstruse Thesen und Forderungen, die in der Regel von erschreckend wenig Fach- und Sachkenntnis getrübt sind.

(Zuruf der Abgeordneten Schramm (DIE LINKE).)

Am besten lesen Sie mal im Protokoll nach, was Sie gesagt haben, dann werden Sie zu dem gleichen Schluss kommen wie ich.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich darf noch einmal feststellen - das habe ich mehrfach betont -, wir haben in Deutschland immer noch eines der besten Gesundheitssysteme dieser Welt.

(Ministerin Bachmann: Genau!)

Fakt ist allerdings auch, davor dürfen wir die Augen nicht verschließen, dass vor allem kommunale, aber auch zunehmend kirchliche Krankenhäuser in eine finanziell äußerst schwierige Lage geraten sind beziehungsweise geraten. Das ist Fakt! Ich komme gleich auf die Ursachen zu sprechen, wie ich sie sehe. Mehrfach habe ich an diesem Pult bereits gesagt, dass gemeinnützige Unternehmen von Verlusten nicht leben und auch nicht überleben können. Es entzieht sich aber meiner Kenntnis, wie zum Bei

spiel die LINKEN, aber auch Teile der Gewerkschaft Verdi, auf den Gedanken kommen, wir könnten die wirtschaftliche Situation und die Überlebensfähigkeit der Krankenhäuser nachhaltig verbessern, indem man landesweit Krankenhäuser mit über 3.000 Stellen mehr personalisiert. Wenn ich die Zahlen richtig in Erinnerung habe, war von über 3.000 Stellen die Rede. Ich weiß nicht, wie man uns das erklären will, da bin ich wirklich gespannt wie ein Flitzebogen. Eine solche Rechenakrobatik ist wirklich schwierig, selbst Adam Riese wäre dazu nicht in der Lage.

Liebe Kollegin Schramm, ich will einmal die kaufmännische Betrachtung völlig außen vor lassen. Die geforderten Stellen, gemeint sind nicht nur Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger oder MTAs im medizinischen Bereich, aber wohl überwiegend, die gibt es auf dem Markt überhaupt nicht. Die sind einfach nicht vorhanden. Welchen Sinn macht es dann, wenn diese Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht vorhanden sind, vehement zu fordern, dass die Stellen besetzt werden? Ich meine in der Tat, Kollegin Schramm, was ist das für eine politische Verantwortungslosigkeit, bei den betroffenen Patienten, bei Menschen, die aufgrund ihrer Erkrankung sowieso schon mit vielen Ängsten behaftet sind, Ängste zu schüren, sie würden in unserem Gesundheitssystem, in unseren Krankenhäusern Gefahr laufen, schlecht bis miserabel versorgt zu werden!

(Zurufe der Abgeordneten Schramm (DIE LIN- KE).)

Es ist schlicht nicht so, und deshalb ist es völlig falsch, das so zu suggerieren. Ich frage mich in der Tat, welchen Zielen soll es eigentlich dienen, die Betreiber an den Pranger zu stellen, als könnten sie auf Tausende von Bewerbungen zurückgreifen, würden es aus lauter Geldgier aber nicht tun.

(Weiterer Zuruf der Abgeordneten Schramm (DIE LINKE).)

Sie wissen augenscheinlich nicht mehr, was Sie geredet haben.

(Abg. Schramm (DIE LINKE) : Doch!)

Lesen Sie doch einfach das nach, was Sie gesagt haben, welch ein gefährlicher Unsinn das ist.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich wiederhole es für Sie, dann können Sie mitschreiben, damit Sie in Zukunft Ihre abstrusen Thesen in der Mottenkiste lassen, wo sie hingehören.