Protocol of the Session on February 11, 2015

(Abg. Schmitt (CDU) : Die Technologieentwicklung verschlafen, so machen wir das. - Gegenruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Um diese Frage beantworten zu können, ist ein Datenschreiber unerlässlich. Die letzte halbe oder ganze Minute aller Fahrdaten müsste gespeichert und damit dokumentiert werden. Aber wollen wir wirklich eine solche Überwachung im Auto? Hier sehen wir noch offene Fragen im Datenschutz, zumal sehr klar geregelt werden müsste, wer unter welchen Umständen Zugriff auf diese Daten hat, die zwangsläufig erhoben werden müssen.

Zum Antrag der Koalition. Sie wollen ja, dass die Hochschulen durch die Forschung eine unterstützende Komponente leisten. Das ist sehr zu begrüßen, Kollege Strobel hat es angesprochen. Dann dürfen Sie den Hochschulen aber auch nicht die Mittel dafür kürzen.

(Zuruf von der CDU: Das Gegenteil ist der Fall.)

Wir haben mit dem Wissenschaftsausschuss im letzten Jahr das ZeMA besucht. Dort wurde die berechtigte Kritik geäußert, dass das Land zu wenig Mittel bereitstellt. Diese Landesregierung vernachlässigt die Hebelwirkung von Investitionen in die Forschung. Warme Worte nutzen da wenig.

(Abg. Schmitt (CDU) : Sie waren wohl auf der falschen Veranstaltung!)

Der Antrag der Koalition stellt die Stärken des Saarlandes als Autoland in den Fokus. Was wir im Saarland aber benötigen und bereits mehrfach gefordert haben, ist ein integriertes Mobilitätskonzept, das auf einen verbesserten und bezahlbaren ÖPNV setzt.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Wir wollen im Saarland einen ÖPNV aus einem Guss. Wir wollen die Umsetzung des Radverkehrsplanes und fordern die Landesregierung auf, sich endlich für die versprochene Qualitätsverbesserung im Nah- und Fernverkehr und einen Ausbau der Verbindungen einzusetzen. Kooperative Systeme unterstützen wir, aber nur unter Einbeziehung von Elektromobilität und ÖPNV. Wir werden uns bei beiden Anträgen daher enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Das Wort hat die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, Anke Rehlinger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die deutsche Automobilindustrie hat die attraktivsten Produkte der Welt, und das Saarland ist ein ganz wesentlicher Bestandteil und Produktionsstandort, wenn es um diese Innovationen in der deutschen Automobilindustrie geht. Wir dürfen uns aber nicht auf diesem guten Status, den wir erreicht haben, ausruhen, sondern wir müssen auch schauen, was die Trends der Zukunft sind. Wir müssen diese Trends erkennen und wir müssen am Ball sein, wenn es um die künftige Ausrichtung in der Automobilindustrie geht.

Zu einem solch wichtigen Zukunftstrend gehört auch das gesamte Thema automatisiertes Fahren. Es bildet einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Intelligente Fahrzeugtechnik haben wir schon heute relativ viel in unseren Autos, Instrumente, die wir uns gar nicht mehr wegdenken können wie ABS oder ESP. Aber die Entwicklungsmöglichkeiten nach oben sind quasi unbegrenzt und führen uns bis hin zu der Frage, ob wir ein in weiten Teilen selbstfahrendes Auto haben können. Aber es kann auch einen Beitrag zum Umweltschutz liefern. Es ist noch gar nicht angesprochen worden, wenn es auch diesbezüglich eine ideale Aufstellung gibt. Und es verbessert letztlich auch den Fahrkomfort.

Dies alles sind Punkte, die uns im globalen Wettbewerb bei den Automobilherstellern einen Vorteil bringen können. Sie können auch der Weiterentwicklung unserer Automotive-Produktpalette dienen und uns im Wettbewerb stärken, ohne dass wir versuchen müssen, diesen Wettbewerb durch niedrige Löhne zu gewinnen, sondern durch innovativere Produkte. Deshalb ist das ein wichtiges Zukunftsthema für dieses Land.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ziel ist es, in Deutschland einen Markt zu entwickeln, der Leitmarkt und Leitanbieter neuer Technologien für automatisiertes Fahren ist. Das ist ein

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

Ziel, das sowohl aus verkehrspolitischer als auch aus wirtschaftspolitischer Sicht von hoher Bedeutung ist.

Wenn dies das Ziel in Deutschland ist, stellt sich natürlich die Frage, wie wir uns im Saarland bei einer solchen Strategie positionieren. Es geht uns nicht darum, immer nur irgendwelchen Zukunftstrends blind hinterherzulaufen, sondern immer auch zu schauen, wie wir bereits aufgestellt sind und ob es Sinn macht, an dieser Stelle einen neuen Zukunftstrend mitgestalten zu wollen. Da bin ich der festen Überzeugung, dass wir gerade beim Thema selbstfahrendes Auto im Saarland gut aufgestellt und auch gut beraten sind, nicht nur den Anschluss nicht zu verpassen, sondern sogar an der Spitze der Bewegung zu stehen, wenn es um die Entwicklung des selbstfahrenden Autos geht, vor allem wenn es darum geht, die Herausforderungen produktionstechnischer Art nachher in der Umsetzung bewerkstelligen zu können, wenn es konkret um den Bau des selbstfahrenden Autos mit all seinen dazugehörigen Komponenten geht.

Dafür ist das Saarland prädestiniert. Deshalb laufen wir nicht blind einem Zukunftstrend hinterher. Wir haben vielmehr geschaut, wo wir stehen und ob wir im Wettbewerb mithalten können. Ich glaube, wir sind gut aufgestellt und deshalb gut beraten, bei diesem Zukunftstrend an der Spitze der Bewegung zu stehen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich mache das an ein paar Zahlen deutlich. Wir haben immer die große Überschrift, dass das Saarland Automobilland ist. Das ist nicht nur etwas, was man in den Tag hinein behauptet, sondern vor allem etwas, was sich mit konkreten Zahlen belegen lässt. Die Automobilhersteller und ihre Zulieferer sind die größte Industriebranche bei uns im Saarland. Rund 8 Milliarden Euro wurden im Jahr 2013 hier im Saarland mit der Herstellung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen umgesetzt. Das Saarland hat rund 50.000 Beschäftigte in über 200 Unternehmen der Automobil- und Automobilzulieferindustrie. Meine sehr verehrten Damen und Herren vor allem von den GRÜNEN, denen nützt der Ruf nach mehr ÖPNV nichts, denn die wollen gerne arbeiten gehen. Für die müssen wir eine zukunftsfähige Automobilbranche in diesem Land erhalten. Für die wollen wir Arbeitsplätze in der Zukunft erhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Deshalb ist es doch nicht die Frage, ob wir auf einen Zukunftstrend setzen, der „selbstfahrendes Auto“ lautet, oder machen wir ÖPNV, so, wie Sie das tun. Im Zweifelsfall müssen wir beides machen. Aber etwas müssen wir auf jeden Fall machen, nämlich eine Zukunftsperspektive für die Automobilbranche in

diesem Land entwickeln. Dazu steht diese Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben im Übrigen damit die höchste Dichte der Automobilbeschäftigten bezogen auf die Einwohnerzahl und alle Bundesländer. Schaut man, wie wir mit unseren Unternehmen im weltweiten Wettbewerb aufgestellt sind, so nenne ich dazu noch eine Zahl. Von den 65 weltweit umsatzstärksten Automobilzulieferbetrieben betreiben 17 eine Niederlassung hier im Saarland. All das macht deutlich, wie wichtig diese Branche für eine gute Wirtschaft im Land ist und damit auch für eine gute Zukunftsfähigkeit. Es macht auch deutlich, dass diese Zahlen für uns eine Verpflichtung darstellen gegenüber denjenigen, die dort ihr Unternehmen haben, und gegenüber denjenigen, die in den Unternehmen arbeiten oder in zukünftigen Generationen noch arbeiten wollen. Es ist aber gleichzeitig auch eine Chance für uns, denn wir sind in diesen Bereichen gut aufgestellt.

Wir wollen als Verpflichtung den Unternehmen eine gute Perspektive geben. Wir wollen als Verpflichtung dafür Sorge tragen, dass viele Saarländerinnen und Saarländer auch noch in der Zukunft in diesen Betrieben gutes Geld verdienen können. Wir wollen allen Betrieben, die in diesem Land produzieren und sehr eng mit der Automobilbranche verflochten sind, ebenfalls eine Zukunft bieten.

Es sei noch eine Zahl genannt: 60 Prozent des von Saarstahl produzierten Stahls gehen in die Automobilbranche. Das heißt, dass wir hier nicht über Insellösungen reden, sondern über Verflechtungen innerhalb der Industrie unseres Wirtschaftsstandortes. Deshalb ist das für uns natürlich eine zusätzliche Verpflichtung, uns hier zukunftsfähig aufzustellen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Hat hier irgendjemand einen Antrag gegen die Automobilbranche gestellt? Wir haben hier Modellcharakter - haben Sie das übersehen?)

Ich kann gern aus der Saarbrücker Zeitung eine GRÜNEN-Vertreterin zitieren, die sich offensichtlich dagegen ausgesprochen hat. Der Wortbeitrag Ihres neuen Fraktionskollegen war nicht gerade ein Konjunkturprogramm für die Automobilindustrie in diesem Land.

(Lachen und Beifall bei den Regierungsfraktio- nen. - Weiterer Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Vielleicht müssen Sie die Vorbesprechungen noch etwas intensivieren.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : In einem starken Automobilland gibt es einen grünen Ministerpräsi (Ministerin Rehlinger)

denten. Ich wollte daran erinnern. Das klappt wunderbar. Kommen wir zur Realität zurück!)

Ich bin auf jeden Fall der Auffassung, dass dem Land vor allem nicht Ihre Zwischenrufe helfen, sondern nur klare Botschaften.

(Fortdauerndes Sprechen des Abgeordneten Ul- rich (B 90/GRÜNE).)

Die klare Botschaft der saarländischen Landesregierung und der sie tragenden Regierungskoalition ist, dass wir auf die Zukunftsfähigkeit dieses Landes - Kollege Ulrich, ich hoffe, ich störe Sie nicht allzu sehr bei Ihren Beiträgen.

(Heiterkeit und Beifall.)

Ich will in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass das alles keine Erkenntnisse sind, die quasi in Vorbereitung des heutigen Plenartages gewachsen sind, sondern dass das etwas ist, was bei uns schon lange Gegenstand der aktuellen Politik und des Regierungshandelns ist. Insofern verweise ich auf das Zitat des Kollegen Strobel, der mich selbst aus den Papieren zu den industriepolitischen Leitlinien zitiert hat. Das hätte ich selber nicht schöner sagen können. Es dient allerdings als Beleg dafür, dass dieses Thema schon länger auf unserer Tagesordnung steht. Es ist schön, wenn uns die PIRATEN unterstützen. Aber wir hätten den Antrag der PIRATEN nicht gebraucht, um an der Stelle auf diesen Kurs zu kommen.

Wir haben es als Zukunftsthema bei den industriepolitischen Leitlinien und Strategien für das Saarland prominent platziert. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nicht nur im Hier und Jetzt alles Notwendige dafür haben, sondern wir haben auch für die Zukunft alles Notwendige. Wir haben die entscheidenden Forschungseinrichtungen, die sich schon seit Langem mit diesen Fragen beschäftigen. Die Namen sind eben gefallen. Ich nenne beispielsweise ZeMA und DFKI, die schon lange intelligente Elektronik im Straßenverkehr auf ihrer Tagesordnung haben. Wir haben die notwendige technische Ausrichtung in unseren Hochschulen, die dafür den notwendigen Nachwuchs mitbringen. Wir haben vor allem aber auch die Produktionsstandorte, die die produktionstechnischen Herausforderungen, die sich zwangsläufig stellen werden, wenn man das Ganze marktreif umsetzen will, bewältigen können, und zwar zusammen und in enger Kooperation mit unseren Forschungseinrichtungen. Wir haben jetzt schon eine ganze Reihe von Unternehmen im Land, die die verschiedenen Komponenten für ein selbstfahrendes Auto liefern können.

Das alles halte ich für notwendig, um die tatsächliche Wertschöpfung betreiben zu können, wenn dieses Thema in Zukunft noch mehr an Fahrt aufnehmen wird. Davon bin ich überzeugt. Ob dafür tat

sächlich konstitutiv ist, eine Teststrecke einzurichten, lasse ich dahingestellt sein. Es ist sicherlich schön. Der Bund hat sich allerdings überraschend entschieden, dass die einzige Teststrecke in Bayern realisiert wird. Nun sei es so, aber ich bin auf jeden Fall fest davon überzeugt, dass eine Teststrecke allein noch keinen Weg in die Zukunft ausmacht, sondern vielmehr das, was wir beschrieben haben, der Weg in die Zukunft sein wird. Wir werden vor allem mit den hiesigen Akteuren darüber zu diskutieren haben, wie wir alles miteinander verbinden und zusammenführen können, um daraus die notwendigen Zukunftsperspektiven ableiten zu können.

Das selbstfahrende Auto ist ein schönes Bild, aber es ist mittlerweile nicht mehr nur eine Utopie, sondern es ist technologisch bereits in greifbarer Nähe. Wir im Saarland können dazu wesentliche Beiträge leisten. Wir können vor allem wesentliche Komponenten produzieren und damit erheblich von der technologischen Entwicklung profitieren. In diesem Sinne ist das Saarland ein Industrieland. Es ist ein Automobilland. Mit dieser Industrie möchten wir gemeinsam die Zukunft für unser Land gestalten. Ich würde mich freuen, wenn das eine möglichst breite Unterstützung auch in diesem Hause fände, denn das ist der richtige Weg für das Saarland. - Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der PIRATEN Michael Hilberer.

Herr Strobel! Herr Kurtz! Ich bleibe dabei: Ihr Antrag wäre ein perfektes Vorwort für unseren Antrag, denn zusammen ergäben die beiden Anträge richtig Sinn. Ich möchte das gerne näher erklären und auf das eingehen, was die Frau Ministerin gesagt hat. Sie hat nämlich zu Recht gesagt, wie wir mit unserer Automobilindustrie dastehen. Das ist das Jetzt. Es geht aber darum, in die Zukunft zu sehen. Und dabei geht es darum zu klappern, denn klappern gehört auch zum Geschäft. Es ist für das Saarland wichtig, dass wir Zeichen setzen und voranschreiten möchten. Wir wollen nicht nur die Entwicklung mitnehmen und mit dem, was wir haben, die Produktion machen, sondern uns auch als jemand positionieren, der vorne stehen will. Das ist der gravierende Unterschied zwischen den beiden Anträgen. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Der ist ja okay. Aber zusammen mit unserem Antrag gibt das ein rundes Bild. Eigentlich muss man beide annehmen, um zu sagen: Wir möchten dieses Zukunftsland positionieren.

(Beifall von den PIRATEN.)

(Ministerin Rehlinger)

Natürlich geht es bei dem Thema nicht nur um Teststrecken. Das ist völlig klar. Aber die Teststrecke ist das besondere Alleinstellungsmerkmal, das wir momentan bieten können. Wir können sagen, wir bieten unsere verschiedenen topografischen Möglichkeiten an und werfen sie in die Waagschale. Deshalb ist das Thema Teststrecke für uns interessant. Dass es dabei aber nicht nur um eine Teststrecke geht, sondern um eine ganze Industrie, die sich neu aufstellt und bei der wir mitspielen wollen, ist selbstverständlich.

(Beifall von den PIRATEN.)