Protocol of the Session on June 26, 2013

(Abg. Meiser (CDU) )

chen. Aber eine andere Wahrheit ist - das ist statistisch nun einmal so -, dass Deutschland bei den Ländern, die aus sozialen Gründen umverteilen, in der Steuerpolitik und bei den Transferleistungen an der Spitze liegt. So zu tun, als seien wir ein kapitalistischer Staat, wo nur die freien Kräfte walten, ist barer Unsinn. Wir sind eine soziale Marktwirtschaft, in der man sicher vieles optimieren kann, in der man Fehlentwicklungen - Sie haben eine genannt: den Mittelstandsbauch - abbauen und verändern kann. Aber ich denke, der Grundansatz unseres Systems, unseres Wirtschaftssystems und unseres Gesellschaftssystems, stimmt, und es hat sich bisher - das wird auch niemand in diesem Hause bestreiten - international eindrucksvoll erwiesen, dass Deutschland wohl nicht in allem den falschen Weg gegangen sein kann.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich darf dann noch zum Kollegen Ulrich kommen, der dargelegt hat, dass in Jamaika alles optimal auf dem Weg gewesen sei. Sie wissen, dass auch ich immer klar gesagt habe, die Regierungsarbeit hat ordentlich funktioniert, es gab andere Gründe, warum wir gescheitert sind. Ich weise auch heute noch einmal darauf hin, dass auch wir darüber diskutiert haben, wie wir im Rahmen von etwa 24.000 Stellen insgesamt, von denen über ein Drittel Lehrerstellen sind - mit Polizei und Justiz zusammen sind wir schon bei der Hälfte -, es schaffen, im Rahmen einer Schuldenbremse alles unverändert zu lassen. Ich möchte deshalb einfach noch einmal darum bitten, bei politischen Debatten in diesem Hause ein Stück weit zu reflektieren und nicht absolut den Eindruck zu erwecken, bei uns hätte es keine einzige Lehrerstelle gegeben, die gestrichen worden wäre. Ich füge in Klammern immer hinzu: Das Geld wird von uns genommen, um im Bildungsbereich andere Dinge zu finanzieren. Ich denke, hier ist Selbstkritik angebracht.

Lassen Sie mich abschließend noch auf das Thema Gewerkschaften eingehen. Ich denke, der DGB-Vorsitzende wird hier und heute authentisch darlegen, wie die Gewerkschaften den Prozess mit dem Lande sehen. Ich finde es schon bedauerlich, wenn nicht gewürdigt wird, dass eine Gewerkschaft den Kraftakt unternimmt und sagt: Dieses Land ist in einer Lage, wo es keinen Sinn macht, sich nur zu verweigern. Wir müssen es hinbekommen, in die Mitverantwortung zu gehen und gleichzeitig eindeutig Arbeitnehmerinteressen wahrzunehmen. - Der Weg zu protestieren ist viel einfacher - Jubel der Mitglieder, gute Ergebnisse bei den Personalratswahlen -, aber dieser Weg ist nicht gegangen worden, im Übrigen auch nicht von Verdi. Verdi war in den Arbeitsgruppen mit dabei. Verdi wirkt bis heute noch konstruktiv mit. Ich bin gespannt, ob Verdi an den Verhand

lungstisch zurückkehrt. Aber zumindest auf dem Weg waren alle mit im Boot.

Deshalb, Kollege Lafontaine, finde ich es nicht gut, wenn Sie das, was der Gewerkschaftsvorsitzende DBB Linn gesagt hat - nicht die Ministerpräsidentin und was durchaus ein historisches Ergebnis ist, als Witz bezeichnen. Für mich sind die Gewerkschafter im Saarland keine Witzfiguren, für mich ist das ein Miteinander in einer Kultur von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die ihresgleichen sucht, in der die Gewerkschaften selbstverständlich ihre Interessen wahrgenommen haben.

Zu dem Tarifergebnis beziehungsweise zu der Frage, wie wir das auf die Beamten übertragen, möchte ich deshalb festhalten: Das ist ein schmaler Grat für uns. Wir haben gesagt, für dieses Jahr 2,5 Prozent das heißt für die Beamten 2,3 Prozent, weil 0,2 an das Versorgungswerk gehen - und für das nächste Jahr 2,0 beziehungsweise 1,8 Prozent. Das ist nicht die Welt, aber gemessen am Haushalt sehr viel und im Vergleich zu anderen Bundesländern zum Teil auch ein respektables Ergebnis. Die Gewerkschaften haben genau gewusst, sie können dieses Ergebnis nur erreichen, wenn eine gemeinsame Verantwortung da ist, wenn dem Stabilitätsrat dargelegt werden kann, was einmalig ist in der Republik, die Gewerkschaften sind in die Mitverantwortung, mit ins Boot gegangen und tragen eine Lösung mit, die bis 2020 zwei Dingen Rechnung trägt: einerseits den öffentlichen Dienst nicht abzuhängen, aber andererseits den Sparnotwendigkeiten so Rechnung zu tragen, dass ein Haushaltsnotlageland bei den verdammt schwierigen Verhandlungen um den Länderfinanzausgleich, aber insbesondere aktuell vor dem Stabilitätsrat bestehen kann. 260 Millionen Euro jährlich Solidarität von Bund anderen Ländern für unser Land, da kann man ab und zu auch einmal Danke schön sagen, auch wenn wir das Selbstbewusstsein haben zu sagen, das haben wir verdient, gerade im Vergleich zu den ostdeutschen Ländern.

Um auf die Gewerkschaften zurückzukommen: Man muss es doch in Gesamtheit sehen, dass die Gewerkschaften damit ein Ergebnis ausgehandelt haben - da verrate ich kein Geheimnis -, das mit Sicherheit ohne das Gesamtpaket für den Öffentlichen Dienst nie zustande gekommen wäre. Es wäre rein fiskalisch gesehen viel einfacher gewesen zu sagen, mit 1 Prozent sparen wir Millionen und haben damit bei der Schuldenbremse noch einen weiteren Schritt getan. Deshalb von meiner Seite der Dank an alle Beteiligten, dass man dort mit sehr viel Fingerspitzengefühl den Dialog vorangetrieben hat, dass keiner mit großen Sprüchen an die Öffentlichkeit gegangen ist, dass wir zu Ergebnissen gekommen sind, die die Ministerpräsidentin heute aus meiner Sicht genau und zutreffend gewürdigt hat.

(Abg. Meiser (CDU) )

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte deshalb abschließend darum bitten, dass Sie mit Blick auf die Herausforderungen natürlich - das ist die Rolle der Opposition - sehr kritisch mit dem umgehen, was die Regierung tut, aber dass Sie auch Mitverantwortung gegenüber den Menschen in diesem Lande übernehmen, dass wir ein Klima des Miteinanders prägen, dass wir in der politischen Auseinandersetzung den anderen nicht niedermachen nach dem Motto „Alles Schrott, was ihr leistet!“, sondern dass wir ein Stück weit Kultur zeigen und sagen, wir streiten über den richtigen Weg, aber in vielen Zielen sind wir einig. Wenn das im Anschluss die Debattenkultur hier prägen würde, wäre ich sehr dankbar. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei den Regierungsfraktio- nen.)

Das Wort hat für die PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht heute um die Regierungserklärung. Es geht auch um die beiden Anträge aus der Opposition, aber in erster Linie um die Regierungserklärung. Kollege Meiser, ich kann verstehen, dass Sie als Vertreter einer der Koalitionspartner lieber ein Klima haben, in der die Opposition die wunden Punkte einer Regierungserklärung nicht anspricht. Den Gefallen können wir Ihnen aber nicht tun. Es ist nun einmal so, dass wir von dieser Regierungserklärung ein bisschen enttäuscht sind. Das geht durch die Bank, das sind nicht die beiden Kollegen allein. Wir sind enttäuscht darüber, dass hier eine Hochstilisierung von Verwaltungsakten stattfindet, die dann als Erfolge gefeiert werden. Wir vermissen das große politische Ziel dahinter.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gesagt, die Schuldenbremse ist unvermeidbar, wenn wir auch in Zukunft ein eigenständiges Bundesland sein wollen und Handlungsspielräume für die nachfolgende Generation nicht einengen wollen. Das ist natürlich prinzipiell ein korrekter Ansatz, aber eine echte Entlastung für die nachfolgende Generation erreichen wir nicht, wenn wir nur aufseiten der fiskalen Schulen eine Schuldenbremse einführen. Was wir in Wirklichkeit tun, ist ja, dass wir die fiskalen Schulden herunterbringen und dafür Schulden in anderen Bereichen aufbauen.

Diese Schulden muss man auch einmal benennen. Das sind Schulden wie Know-how-Verluste in der saarländischen Verwaltung, Mindereinnahmen aus der Finanzverwaltung, weil wir dort unterpersonali

sieren. Das ist ein Fahren der Infrastruktur auf Verschleiß, was indirekt Schulden verursacht, die spätere Generationen zu tragen haben. Das ist nämlich in Zukunft teurer zu reparieren, als wenn man es jetzt tut. Es ist auch ein Fahren der Mitarbeiter auf Verschleiß, wenn die Personalisierung zu dünn ist. Vor allem im Justizbereich hatten wir diese Diskussion in diesem Hause schon öfter. Und es stellt sich auch die Frage, was wir uns antun, wenn wir die Investitionen im Bildungsbereich herunterfahren und dadurch ein mangelndes Bildungsniveau schaffen oder jedenfalls ein schlechteres, als wir es eigentlich haben müssten, um die Anforderungen in der Zukunft zu stemmen. Das saarländische Modell, das Sie vorstellen, ist eben kein Miteinander. Es gibt kein saarländisches Modell, wo alle für eine große Lösung an einem Strang ziehen. Das Einbeziehen der Gewerkschaften beim Abbau von 2.400 Stellen funktioniert insofern schon jetzt nicht mehr, als eine Gewerkschaft bereits gegangen ist. Wir haben es vorhin schon gehört, der CDU-Wirtschaftsrat spricht schon von 4.000 Stellen. Dann können die anderen Gewerkschaften auch noch durch die Tür rausgehen, die angeblich noch offen ist.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Was wir vermissen, ist eine klare Perspektive, wo denn Freiräume und Investitionen geschaffen werden sollen. Es muss natürlich darum gehen, Weichen für ein zukünftiges Wachstum zu stellen. Ein zukünftiges Wachstum ist bei einer Überalterung der Bevölkerung und einem Bevölkerungsrückgang umso schwieriger. Auch wenn wir jetzt im Zensus ein bisschen besser abgeschnitten haben, verlieren wir immer noch Menschen im Saarland, wir werden also weniger. Kompensieren kann man diese Verluste nur durch ein Wachstum in Nischen, und diese Nischen brauchen Freiräume, sie brauchen gut gebildete Menschen. Daran müssen wir arbeiten. An dieser Stelle haben wir unsere Hausaufgaben zu machen und nicht bloß als Verwaltungsakt jedes Jahr 65 Millionen Euro weniger auszugeben, wie es der Stabilitätsrat vorgibt. Wir haben unsere Hausaufgaben zu machen. Sie sprechen selbst von einer Stärkung der Einnahmeseite mit einer weiterhin blühenden Saarwirtschaft. Doch auch diese Wirtschaft steht irgendwo auf tönernen Füßen.

Wir haben zwei große industrielle Säulen im Saarland. Das ist die Stahlindustrie und das ist der Bereich Automotive. Bei der Stahlindustrie haben wir ein strukturelles Problem. Wir haben hier weder Eisen noch die Energie, die aus der Region kommt. Es ist eine sehr energieintensive Industrie, was es in Zukunft auch nicht einfacher machen wird, hier Standortvorteile zu finden. Im Moment haben wir den Vorteil, dass wir vor Ort großes Know-how haben und wir haben Anlagen vor Ort, die schon gebaut sind. Wir haben bei uns immer noch eine große

(Abg. Meiser (CDU) )

Auswahl an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt, aber die Zukunft ist trotzdem ungewiss. Der Automotivebereich ist sehr stark abhängig von der individuellen Mobilität. Und wenn wir ein bisschen in die Zukunft denken - man braucht sich nur einmal die Stadtplanung anzuschauen -, dann sehen wir, dass wir dicht besiedelte urbane Räume haben, wo man die individuelle Mobilität nicht mehr in dem Maße benötigt. Ich spreche jetzt nicht vom Saarland, sondern ich spreche allgemein von unseren Absatzmärkten. Wir sehen das Problem teurer Kraftstoffe, das die Industrie nicht im Griff hat, und auch die Akkutechnologie ist sehr teuer. Wir als Saarland haben speziell das Problem, dass wir doch eher als verlängerte Werkbank der süddeutschen Automobilindustrie arbeiten. Das heißt, es gibt hier nicht viel Forschung und Entwicklung. In Wirklichkeit stehen wir in Konkurrenz mit anderen Produktionsstandorten in Europa und natürlich auch mit anderen Produktionsstandorten weltweit. Da müssen wir herauskitzeln, was dieser spezielle saarländische Effekt ist, der uns da besonders macht. Das Umfeld für diese wirtschaftliche Entwicklung wird eher ungünstig. Es gibt auch erste Krisenanzeichen. In China scheint sich eine Finanzkrise anzubahnen. Europa schwächelt nach wie vor durch die Austeritätspolitik, die wir betreiben. Die USA kommen wirtschaftlich auch nicht richtig in Gang. Wie verlässlich sind diese Säulen, wo gehen da Freiräume auf? Wir sehen das im Moment nicht.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Sie haben sich gefreut, Frau Ministerpräsidentin, über den konstruktiven Bericht der Arbeitskammer des Saarlandes. Wir haben uns auch über den Bericht gefreut, aber wir sehen ihn auch mit Sorge. Denn immer noch konstatiert er, dass wir im Saarland einen Durchschnittsverdienst haben, der 8 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Noch gefährlicher ist, dass diese Differenz bei den Führungskräften sogar bei 10,5 Prozent liegt. Und diese Führungskräfte sind ja gerade diejenigen, die besonders mobil sind, die wollen wir eigentlich anlocken, die wollen wir ja nicht loswerden. Es stand auch darin, dass die Weiterbildung nur für 40 Prozent der Betriebe eine große Bedeutung hat. Kollege Kurtz hat das schön formuliert. Er hat gesagt, es mangelt an einer Weiterbildungs- und Lernkultur. Das ist ein Punkt, wo wir klar Anreize setzen müssen, um diese Lernkultur zu schaffen. Wir sind hier im Saarland noch weit weg von der Wissensgesellschaft, aber wir müssen dorthin. Hier käme natürlich die Wirtschaftskompetenz der CDU zum Zuge, aber auch hier habe ich in Ihrer Regierungserklärung nichts gehört, was auf konkrete Schritte in diese Richtung hinweisen würde.

Die andere große Säule, auf der unsere Zukunft ruht, ist die Bildung. Wir haben das hier schon oft angesprochen. Auch die beiden Anträge aus der

Opposition richten sich speziell auf dieses Thema. Aber auch hier sehen wir eine Entwicklung, die nicht gut ist. Wir sehen im Bildungsbereich eine Vertiefung der sozialen Spaltung, die unser Land leider schon durchzieht. Wir sehen das im Saarland ganz konkret an Dingen wie dem dritten Kindergartenjahr, das kostenpflichtig ist. Wir sehen das auch an Entwicklungen im Bund wie dem Betreuungsgeld, das den Eltern jetzt noch Geld in die Hand gibt, wenn sie ihre Kinder nicht in die Kindergärten schicken, sie also aus diesem Bildungssystem erst einmal heraushalten. Wir sehen es bei uns an den Beiträgen für die Betreuung in der Schule. Und jetzt wollen wir aus diesem System der Schulfinanzierung noch zusätzlich Geld herausnehmen, wo bereits heute das Elternhaus darüber entscheidet, wie die Entwicklung des Kindes in unserem Bildungssystem sein wird. Es gab diese Woche eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die noch einmal klar dargelegt hat, dass die soziale Herkunft nach wie vor großen Einfluss auf den Bildungserfolg hat. Das heißt, in Deutschland bekommen Akademiker immer noch Akademikerkinder und Hartz-4-Empfänger Hartz-4-Kinder. Das kann aber nicht unser Anspruch sein, an der Stelle müssen wir nachinvestieren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zumal die Akademiker dann auch wieder die Führungskräfte bilden, auch wieder die Mobilen bilden, und die werden uns verlassen, wenn die Rahmenbedingungen hier nicht stimmen.

Schauen wir auf einen anderen Bereich der Bildung, die Universität. Können wir an unserer Universität noch von der Freiheit der Lehre sprechen? Ich will jetzt gar nicht das große Fass aufmachen mit der Bologna-Reform. Aber wir haben eine Verschulung der Universität. Jetzt gehen wir weiter. Durch Haushaltszwänge haben wir reduzierte Finanzmittel an der Universität. Das bedeutet natürlich eine eingeschränkte Gestaltungsfreiheit für die selbstbestimmte Uni, was sie denn mit dem Geld tun kann, das sie zur Verfügung hat. Deutschland ist berühmt - weltweit noch immer - für seine Ingenieure und Forscher oder prosaisch gesagt für seine Dichter und Denker. Aber wo kamen die her? Die kamen aus den freien Universitäten. Deshalb ist es für uns ein Muss, die Zusammenarbeit der Universität mit der Wirtschaft auf Augenhöhe zu sichern, und dafür muss sie vernünftig ausgestattet sein. Wenn die Universität selbst zu geringe Mittel hat, dann kann sie auch nicht mehr auf Augenhöhe bestimmen, dann bestimmt sie nicht mehr die Forschungsinhalte, sondern dann werden diese Forschungsinhalte extern bestimmt. Und hier müssen wir gegensteuern.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich komme nun zum Komplex der Altschulden. Sie haben vorgerechnet, dass wir im Grunde genommen

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

ohne die Altschuldenbelastung momentan schon einen ausgeglichenen Haushalt hätten. Das ist natürlich insofern nicht ganz korrekt, als man die 260 Millionen Euro Konsolidierungshilfe an der Stelle nicht unterschlagen darf. Die bekämen wir nämlich nicht, wenn wir nicht in dieser Problematik stecken würden. Also kann man sagen, auch heute sind wir noch 215 Millionen Euro weit weg von einem ausgeglichenen Haushalt.

(Abg. Pauluhn (SPD) : Was ist die Konsequenz?)

Die Konsequenz an der Stelle ist, dass die Formulierung, wir hätten einen ausgeglichenen Haushalt, eben nicht stimmt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Aber mal von diesen „Details“, etwa den 215 Millionen, abgesehen - blicken wir ins Jahr 2020: Wir werden den Konsolidierungskurs fortsetzen, wie bisher, wir werden dann keine Neuverschuldung mehr haben. Wir werden strukturell keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Dass Rumpfsaarland, das nach dieser Rosskur noch übrig ist, wird aber mit 14 Milliarden Euro an Altschulden dastehen. Diese Altschulden werden weiterhin auf uns lasten. Es gab in der Rede ja auch zarte Andeutungen, in welche Richtung eine Altschuldenentlastung gehen könnte. Eine so richtig zündende Idee war aber offensichtlich nicht dabei. Wenn man nun sagt, okay, wir haben uns daran gewöhnt, in jedem Jahr 65 Millionen Euro auf die Seite zu legen, das können wir auch ab 2020 fortführen, so wären wir immerhin, ohne Zinseszins betrachtet, ab dem Jahr 2035 unsere Schulden los. Das ist aber natürlich keine Lösung.

Wir alle kennen die beiden Möglichkeiten, die es volkswirtschaftlich gibt, Schulden loszuwerden und damit Freiräume für die Gestaltung zu schaffen: Man erhöht die Steuern, belastet damit die Wirtschaft und jeden Einzelnen, dies aber mit dem Vorteil, dass man im Einzelnen steuern kann, wen man wie hoch belasten möchte. Oder aber man geht den letztlich bequemeren Weg, das Geld zu entwerten; das geschieht über die Inflation. Auch so wird man seine Schulden los, allerdings mit dem Nachteil, dass man nicht mehr steuern kann, wer wie hoch belastet wird. Das sind prinzipiell die beiden Möglichkeiten, für die man sich entscheiden kann. Man kann natürlich auch einen Mischkurs fahren, wie wir das derzeit auf der Bundesebene sehen, wo man ein bisschen darauf spekuliert, dass die Geldentwertung zuschlagen wird, gleichzeitig aber auch einen Sparkurs fährt.

Der wesentliche Punkt dabei ist aber doch, dass hier eine politische Entscheidung gefragt ist. Man darf sich diesbezüglich nicht vor dem öffentlichen Diskurs drücken. Aber eben das sehen wir im Moment: Das wird nicht thematisiert, man drückt sich vor dem öffentlichen Diskurs. So kann das Volk aber keine

Entscheidung treffen, was denn mit dem Geld zu geschehen hat.

(Beifall von den PIRATEN.)

Sie haben in Ihrer Regierungserklärung auch kurz davon gesprochen, unsere Infrastruktur habe sich stetig nach vorne entwickelt, dies ausdifferenziert nach verschiedenen Unterpunkten; Verkehr, Gesundheitswesen, Breitbandausbau sind mir jetzt als Unterpunkte erinnerlich. Gerade zu diesen Punkten habe ich in den zurückliegenden Wochen aber ganz andere Schlagzeilen gesehen. Zum Thema Verkehrsinfrastruktur ist von bröckelnden Brücken zu lesen, vom Wegfall von Fernzugverbindungen. Das nenne ich nun wirklich nicht ein Nach-Vorne-Entwickeln der Verkehrsinfrastruktur. Schauen wir uns das Gesundheitswesen an: Da gab es die Diskussion um die Schließung der Kinderstation in Merzig. Schauen wir uns den Breitbandausbau an: Da kommen wir festnetztechnisch auf dem Land auch nicht wirklich voran. Es wurde groß gefeiert, dass auf dem Land die Funktechnologie LTE eingeführt wird. Eigentlich müsste die aber doch schon vorhanden sein, denn die Vereinbarung mit den Mobilfunk-Providern war ja, dass zunächst die ländlichen Regionen ausgerüstet werden und erst dann die städtischen Bereiche an der Reihe sind. Trotz dieser Vereinbarung erfolgt nun die Ausrüstung erst langsam. Und auch dazu muss man sagen: Eine Funkverbindung ist natürlich kein Ersatz für das Festnetz, alle Leute teilen sich sozusagen die gleiche Bandbreite in der Luft. Das ist problematisch, und eigentlich setzen darauf die Länder, die sich keine Infrastruktur leisten können. Große Erfolge verzeichnet die Funktechnologie vor allem in Afrika. Ich glaube, das sollte in diesem Kontext nun wirklich nicht unser Vorbild sein.

(Beifall von der Opposition. - Abg. Ulrich (B 90/ GRÜNE) : Das stimmt!)

Von der Regierungserklärung hätte ich mir in diesem Zusammenhang eine Einladung des Landes an die Bürger zu einer offenen Aufgabenkritik erwartet. Damit meine ich nun nicht nur die Beschäftigten des Landes, die natürlich ein ganz wichtiger Partner bei solchen Verhandlungen sind; das steht ja außer Frage. Ich meine alle Betroffenen, alle Saarländerinnen und Saarländer, die ja direkt von diesem Sparkurs betroffen sind. Es muss darum gehen, in der öffentlichen Diskussion auch einmal klar die Frage zu stellen, welche Leistungen die Bürgerin, welche Leistungen der einzelne Bürger noch von diesem Staat erwartet und was er dafür zu bezahlen bereit ist. Dabei muss man auch mit Blick auf die langfristigen Kosten die Karten auf den Tisch legen, mit Blick auf die langfristigen Kosten, die die Demontage des öffentlichen Bereiches, wie wir sie derzeit sehen, eben mit sich bringt. Da kann man auch mal die Beispiele langfristiger Kosten nennen, wie sie bei Bauwerken,

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

bei Straßen, beim öffentlichen Nah- und Fernverkehr, in den Ver- und Entsorgungsnetzen, beim Breitbandinternet entstehen. Diese Liste lässt sich nahezu beliebig fortsetzen.

Investitionen, die in diesen Bereichen ausbleiben, werden uns künftig viel Geld kosten. Wir werden durch fehlende Investitionen in Bildung und Forschung ausbleibendes Wachstum haben. Wir werden hohe Folgekosten haben, weil wir es in den Justizvollzugsanstalten durch zu geringe Personalisierung nicht schaffen, die Resozialisierung Gefangener sicherzustellen. Wir werden uns hohe Kosten aufladen, weil uns durch eine restriktive Einwanderungspolitik und ausbleibende Integration Menschen fehlen werden, dies auch durch eine Integrationstätigkeit, die sehr viel besser laufen könnte, wenn man sie besser ausstatten würde. Wir haben die Kosten des Know-how-Verlustes in der öffentlichen Verwaltung zu tragen. Es kostet Geld, wieder qualifizierte Leute zu bekommen. Auch an der Stelle wäre politischer Gestaltungswille zu zeigen - dazu aber war in der Regierungserklärung nichts zu hören.

Beim beschriebenen „saarländischen Weg“ mangelt es am politischen Gestaltungswillen. Man hat den Eindruck, dass die Große Koalition auch nicht so genau weiß, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Deshalb werden in dieser Regierungserklärung wie auch in den sonstigen Äußerungen vonseiten der Großen Koalition die kleinen Verwaltungsschritte, die man unternimmt, um die Schuldenbremse einzuhalten, als politische Erfolge verkauft. Das kann es aber doch nicht sein!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Uns ist natürlich bewusst, dass wir die Vorgaben des Stabilitätsrates einhalten müssen, um die 260 Millionen Euro pro Jahr an Konsolidierungshilfe zu bekommen. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei dem Beschriebenen um Verwaltungsschritte mit dem Ziel, die Vorgaben des Stabilitätsrates zu erfüllen, nicht aber um politische Gestaltung und auch nicht um ein Ziel an sich. Selbst der Stabilitätsrat hat ja gerügt, dass Pläne für die Jahre 2015 bis 2020 fehlen. Dabei ging es ja wirklich um das Gestalterische, um den politischen Willen zur Erklärung, wie die Entwicklung unter der Schuldenbremse aussehen soll: Wohin soll es gehen? Wo sind noch Freiräume? Wo investieren wir?