Protocol of the Session on May 15, 2013

sind -, jährlich 1,5 Millionen Euro an Mehrkosten in diesem Land. 1,5 Euro Mehrkosten, dies vor dem Hintergrund der Schuldenbremse, dies vor dem Hintergrund eines Bildungsbereiches, der von Ihnen sukzessive immer weiter zusammengestrichen wird! Diese 1,5 Millionen Euro wären sehr viel besser für die Finanzierung von Förderunterricht statt zur Finanzierung des Sitzenbleibens eingesetzt.

„Die Ehrenrunde hat noch keinem geschadet“, „Sitzenbleiben ist eine zweite Chance“ - solche Sätze hört man natürlich oft. Der ehemalige Kultusminister Jürgen Schreier hat hier ja auch einmal formuliert, Sitzenbleiben sei ein kostenloser Nachhilfeunterricht des Staates. Meine sehr verehrten Damen und Herren, schlimmer als es Jürgen Schreier gemacht hat, kann man es eigentlich nicht auf den Punkt bringen.

Wir GRÜNE stehen mit der Forderung nach der Abschaffung des Sitzenbleibens nicht ganz allein. Auch die Kultusministerkonferenz will die Sitzenbleiberquote in Deutschland insgesamt senken. Der derzeitige KMK-Präsident, der Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Herr Dorgerloh, bezeichnet das Sitzenbleiben zu Recht als nicht mehr zeitgemäß. Aber damit, Herr Commerçon, ist er ja mit Ihnen einer Meinung; das freut mich. Es gibt Versuche, das Sitzenbleiben abzuschaffen, oder aber, wie hier im Saarland, Schulversuche, so in Bremen, Hamburg, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder auch in Baden-Württemberg.

Heute hat nun dieses Parlament die Möglichkeit, einer Sache Vortrieb zu verleihen, die in diesem Land eigentlich politisch schon entschieden war. Ich würde mich daher freuen, könnten Sie dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der insoweit den Bildungsminister unterstützt, zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE und den PIRATEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Stefan Pauluhn.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um die Spannung gleich wegzunehmen: Wir werden heute diesem Antrag nicht zustimmen, Kollege Ulrich.

(Zurufe: Ach, schade! - Abg. Ulrich (B 90/GRÜ- NE) : Bei einem guten Krimi bleibt die Spannung immer bis zum Schluss!)

Denjenigen, der zu dieser von Ihnen eingebrachten Vorlage, zur Vorlage von Hubert Ulrich,

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das ist keine Vorlage von mir, das ist eine Vorlage der GRÜNEN! Ich würde das etwas differenzierter sehen!)

eine dogmatische und an den Grenzen der eigenen parteipolitischen Überzeugung geführte Debatte auch von den beiden Regierungsfraktionen erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Ganz unaufgeregt richten wir heute den gemeinsamen Blick von SPD und CDU darauf, wo diese Landesregierung zukünftig auch im Bildungsbereich ihre Akzente zum Wohle der Kinder und damit auch zur Zukunft unseres Landes setzen wird. Unaufgeregt und an der Sache orientiert, genau so, wie diese Landesregierung dies bereits seit Beginn dieser Legislatur auf vielen anderen Feldern handhabt. SPD und CDU wollen gemeinsam, auch in der Beurteilung der Fortentwicklung unserer Grundschulen, beispielsweise aber auch beim Thema Inklusion, sowohl die eigenen Erfahrungen als auch die gewachsenen Überzeugungen in einen gestalterischen Prozess einfließen lassen, den diese Landesregierung zurzeit diskutiert und dessen Ergebnis sich derzeit bildet. Dabei gilt es allgemeine Überlegungen mit den Überlegungen der beiden Koalitionspartner zu verbinden und in ein Gesamtkonzept einfließen zu lassen, das zielführend und an den Bedürfnissen der Kinder ausgerichtet ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es geht nicht darum, recht zu behalten, weder für eine Partei noch für einen Lehrerverband. Mich interessieren -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Also ist es falsch, was Commerçon gefordert hat? Das haben Sie doch gerade formuliert! Es geht nicht um das Wohl der Kinder, sondern um das Wohl der Koalition!)

Es geht nicht darum, recht zu behalten. Kollege Ulrich, Sie stellen es ja immer so dar, als hätten Sie mit allem, was Sie in der Jamaika-Zeit taten, recht behalten. Mit allem!

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das sind doch Forderungen Ihres Ministers!)

Ein ehemaliger Staatssekretär sitzt ja auch auf der Zuschauertribüne, drei Plätze daneben der Bauernverband, und nach Ihrer Definition waren die immer einer Meinung.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das ist doch eine Forderung Ihres Ministers!)

Sie haben immer recht behalten! Dann müssen Sie aber auch einmal erklären, wie es zu diesen Ergebnissen bei der Umfrage gekommen ist, die in der vergangenen Woche zu lesen waren. Wenn Sie doch immer recht hatten, wie konnte es dazu kommen?

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wieso hat Heiko Maas so schlecht abgeschnitten im Vergleich zur Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer?)

Mich interessiert im Zweifel Ihre parteipolitische Argumentation wenig. Mich interessieren im Zweifel die Bedürfnisse der Kinder weit mehr als Antragslagen hier im Landtag und Beschlüsse von Verbänden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Und die Forderungen Ihres Ministers?)

Es macht mir auch gar nichts aus, dass der Kollege Ulrich ständig dazwischenruft und ständig den Ablauf der parlamentarischen Rede zu stören versucht. Das ist übrigens auch kennzeichnend für die Art und Weise, in der der Kollege Ulrich Politik macht, nicht nur in diesem Haus, sondern auch bei den GRÜNEN selbst. Machen Sie ruhig weiter so!

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Obwohl es diesem Antrag, da haben Sie recht, eine inhaltliche Nähe zu den Überlegungen meiner Partei gibt, werden wir heute doch nicht über das Stöckchen springen, das Sie uns hinhalten.

(Beifall bei den Koalitionsfraktionen.)

Der Diskussionsprozess innerhalb der beiden Koalitionsfraktionen ist heute noch nicht abgeschlossen. Daher werden wir heute bei diesem Thema tun, wofür uns die Menschen vor einem guten Jahr gewählt haben: Nach zweieinhalb Jahren einer umfänglich öffentlich geführten Debatte zu Zeiten von Jamaika mit zugegebenermaßen hinreichend grüner Programmatik wurde diese neue Regierung doch gerade gewählt in der Erwartung, sie möge sich endlich wieder stärker mit den Problemen dieses Landes und seiner Menschen beschäftigen als mit sich selbst. Und das tun wir.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Im bildungspolitischen Kontext sage ich das auch gar nicht allein in meiner Funktion in diesem Hause. Nein, ich sage das auch als Vater. Als Vater einer sechsjährigen Tochter, die in fast genau drei Monaten, am 19. August, ihren neuen, noch viel zu großen und, so befürchte ich, auch viel zu schweren Ranzen auf den Rücken schnallen wird, ihre Schultüte stolz im Arm halten wird und mit zahlreichen Mitschülerinnen und Mitschülern und deren Eltern darauf vertrauen muss, dass programmatische Diskussionsprozesse in der Politik und daraus folgendes Regierungshandeln auch die wirklich richtigen Weichenstellungen für die Zukunft erbringen. Weichenstellungen, die den schon schweren Ranzen dieser Kinder nicht noch zusätzlich belasten, sondern ihren Weg erleichtern helfen, sie an der Hand nehmen, sie fördern und fordern und ihnen eine

(Abg. Pauluhn (SPD) )

Richtung geben sollen, damit ihre Zukunft nicht durch den Zank von Entscheidungsträgern von vornherein erschwert wird - das ist diese Regierung den Kindern und den Eltern dieses Landes schuldig. Daran arbeiten wir gemeinsam. Darauf dürfen die Saarländerinnen und Saarländer weiter vertrauen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Lachen des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Herr Ulrich, ich nehme Ihr etwas aggressives Lachen zum Anlass, zu sagen, dass dieses Beschwören der eigenen Kraft, der eigenen Überzeugung und des politischen Gestaltungswillens kein Schönreden meinerseits ist, eines politischen Funktionsträgers in diesem Haus, sondern vor wenigen Tagen demoskopisch ermittelt und gemessen wurde.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Die schlechten Werte von Heiko Maas!)

Zu Ihren Werten komme ich gleich.

(Sprechen und Unruhe.)

Das Ergebnis ist, dass das Vertrauen in die Arbeit dieser Regierung ein gutes Stück gewachsen ist. Das Vertrauen in die Opposition ist dramatisch gesunken.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wir sind gestiegen! Wir sind nicht gesunken! - Sprechen und Unruhe.)

Während zusammengerechnet die einen Parteien 10 Prozent dazugewinnen, verlieren die anderen 10 Prozent. Hubert Ulrich, ich weise darauf hin, dass die GRÜNEN in dieser Umfrage von 5 auf 6 Prozent gestiegen sind.

(Sprechen und Heiterkeit.)

Gemessen an Ihrer Erwartung ist das sicherlich ein herausragendes Ergebnis. Aber wenn meine Partei auf Bundesebene doppelt so stark wäre wie meine hier im Land, wäre ich an dieser Stelle gänzlich ruhig und würde mich fragen, woran es liegt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Obwohl große Koalitionen im Allgemeinen geradezu Konjunkturprogramme für kleinere Parteien sind, ist es bei uns anders, das Gegenteil ist der Fall.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Steht auf der Tagesordnung nicht Bildungspolitik?)

Man stellt sich die Frage, warum. Die Saarländerinnen und Saarländer wollen sachgerechte Lösungen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Die Bildungspolitik und die Lösungen Ihres Ministers!)

Sie wollen, dass Probleme bearbeitet und beseitigt werden.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Sie haben an Hoffnung dazugewonnen, dass das auch geleistet werden kann. Während in den vielen Jahren zuvor die Zustimmung zu unserem Bundesland bei der Frage der Eigenständigkeit immer weiter gesunken war, ist sie dieses Mal wieder gestiegen. Fast 70 Prozent der Saarländerinnen und Saarländer setzen wieder auf ein eigenständiges Bundesland. Quer durch die Parteien. Lediglich bei den GRÜNEN ist das noch pari pari, da ist die Überzeugung noch nicht gereift. Ansonsten setzen die Saarländer wieder mit Mut und Zuversicht auf die Zukunft. Das hat auch etwas mit dem Regierungshandeln dieser Großen Koalition zu tun, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)