Protocol of the Session on May 4, 2010

Ich darf mir noch einen kleinen Hinweis erlauben: Vielleicht schauen Sie sich einmal in der Landeshauptstadt Saarbrücken die Versorgungsquote an. Wir haben dort eine Versorgungsquote von 16 Prozent. Vielleicht können Sie in Saarbrücken Einfluss nehmen, damit der Ausbau der Krippenplätze dort vorankommt.

(Abg. Commerçon (SPD) : Sie haben nicht zugehört.)

Herr Kollege Commerçon, ich bin im Stadtrat von Völklingen auch mit der Einstellung von Erzieherinnen und Erziehern befasst. Es ist schwierig, da gebe ich Ihnen recht, aber das heißt nicht, dass man auf dem saarländischen Arbeitsmarkt keine Erzieher mehr findet. Das stimmt nicht. Wir sollten da wirklich an der Realität diskutieren. Wir werden die frühkindliche Bildung aufbauen und ein Schulvorbereitungsjahr einführen. Das ist uns ganz wichtig. Ich möchte an dieser Stelle, wenn wir von Ausbau reden, auch einen Dank an die Träger aussprechen. Wir setzen in diesem Bereich auf die freien Träger und arbeiten sehr gut zusammen. Ich bin der Meinung, dass wir auch im Schulvorbereitungsjahr eine gute Zusammenarbeit haben werden. Wir sind auf einem guten Weg, aber wir müssen die Träger, die Erzieher und die Eltern mitnehmen, und das wird diese Landesregierung auch tun.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich noch kurz den Schulbereich ansprechen. Zu Zeiten der SPD-Regierung hatten wir steigende Schülerzahlen und sinkende Lehrerzahlen. Wir haben jetzt sinkende Schülerzahlen und steigende Lehrerzahlen. Ich glaube, dass das eine gute Investition ist und wir werden diesen Weg weitergehen. Wir haben ein Studienseminar für Förderschullehrer eingerichtet. Sie wissen, welche Probleme wir in diesem Bereich bei der Personalisierung hatten. Wir haben reagiert und wir werden den Stufenplan für die beruflichen Schulen umsetzen. Das können Sie dem Einzelplan 06 entnehmen. Wir werden auch die Werkstattschulen - eine ganz wichtige Einrichtung -, wie vom Berichterstatter bereits erwähnt, weiterführen. Dazu gibt es einen Abänderungsantrag. Wir haben die Quote der Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen, sehr positiv verändert. 1999 hatten 11 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Mittlerweile liegen wir bei 6,9 Prozent. Ich denke, dies ist ein großer Erfolg, und wir werden diese Maßnahmen auch weiterhin durchführen.

Wahlfreiheit im Bildungsbereich ist uns ganz wichtig. Dabei geht es nicht nur um die Wahlfreiheit bei den Ganztagsschulen, sondern auch um Wahlfreiheit bei allen Schulformen. Wir bieten den Eltern ein qualitativ gutes Bildungssystem an. Bildung ist uns wichtig. Wir setzen Prioritäten in diesem Bereich, und das

findet sich im Einzelplan 06 auch ganz deutlich wieder. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfaktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Barbara Spaniol.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Rink, die ewig Gestrige, führt immer noch die Schlachten der Vergangenheit. Alle sind schuld, Frau Rink. Sie gehen zurück bis 1985 zu Oskar Lafontaine, vorher Franz-Josef Röder, Joho war auch schuld. Alle sind schuld. Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass Sie seit 11 Jahren in der politischen Verantwortung stehen. Sie sind selbst schuld an den bildungspolitischen Scherben, die Sie uns allen hinterlassen haben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zurufe von der CDU.)

Ja, ja, die Lehrerstellen, alles klar! - Das kennen wir alles schon und wir können es nicht mehr hören. Machen Sie Ihre Hausaufgaben! Wir führen eine bildungspolitische Debatte und wir sind gespannt, was jenseits dieser Beiträge von Ihnen noch kommt. Blickt man nämlich auf die derzeitige bildungspolitische Handlungsfähigkeit der Koalition, dann stellt man ein Dilemma fest. Ein Dilemma, auch Zwickmühle, bezeichnet eine Situation, die zwei Wahlmöglichkeiten bietet, welche beide zu einem unerwünschten Resultat führen. Klassisches Beispiel ist dabei das Dilemma von dem Esel, der exakt zwischen zwei gleichen Heuhaufen stand und verhungerte, da er sich mangels einleuchtenden Grundes, entweder vom linken oder vom rechten zu fressen, für keinen der beiden entscheiden konnte.

So weit wollen wir nicht gehen, meine Damen und Herren, aber wir stellen fest: Die Diskussion um die neue Stundentafel am Gymnasium macht eines doch sehr deutlich, nämlich das Dilemma des G 8. Das System G 8 besteht weiter fort und ist bisher ein pädagogisches Desaster, weil zu viel Stoff in weniger Zeit in weiterhin zu großen Klassen mit zu wenigen Lehrern vermittelt werden soll. Und daran hat sich mit Verlaub nicht viel geändert. Die Überarbeitung von Stundentafeln und Lehrplänen ist längst überfällig. Es hat von allen Seiten Kritik am übereilten Verfahren zulasten wichtiger Fächer gehagelt. Die externe Anhörung war doch nur Kosmetik, die Stundentafel wurde vorher schon längst öffentlich präsentiert. Meine Damen und Herren der neuen Koalition, das ist Politik über viele Köpfe hinweg und das war auch Tenor vieler Stellungnahmen. Das hat man Ihnen ins Stammbuch geschrieben, meine Damen und Herren.

(Abg. Rink (CDU) )

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Herr Kessler, Sie können die Fortsetzung der verfehlten CDU-Bildungspolitik eines Jürgen Schreiers nicht leugnen und auch nicht kaschieren. Herr Meiser hat gestern in der Generalaussprache noch einmal darauf hingewiesen, dass die CDU dabei bleibt denn das sei ja richtig - und dass sie diesen Kurs fortsetzen wird. Herr Kessler, Sie haben noch im Dezember 2008 die Einführung des G 8 ein Subventionsprogramm für kommerzielle Nachhilfeinstitute genannt. - Sie haben Recht, Herr Minister!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zurzeit gibt es an der Saar 114 Nachhilfeinstitute, 2006 waren es noch 92, im Jahr 2000 waren es 69. Das spricht Bände. Da gibt es nichts hinzuzufügen. Kommen wir nun zur Verpackung, auf der zwar Ganztagsschule steht, aber keine drin ist. Auch daran hat sich nichts geändert, Herr Minister. Stellen Sie sich eine Familie in einem saarländischen Dorf vor, die für ihr Kind eine Ganztagsbetreuung in der Schule in Anspruch nehmen will. Wie auf einem bildungspolitischen Basar wird hier alles feilgeboten: Freiwillige Ganztagsschule, die abenteuerliche Abkürzung FGTS Plus, gebundene Ganztagsschulen sowie Ganztagsklassen an Halbtagsschulen.

(Abg. Schmitt (CDU) : So wie in der ganzen Republik!)

Viele aufgehübschte und aufgeschlüsselte Etiketten, bald gebührenfrei - das begrüßen wir -, aber leider gibt es nicht genügend Plätze für alle. Das nächste Dilemma ist im Anmarsch. Daneben gibt es noch Horte und Kitas, die aber leider nicht kostenfrei sind; dafür bekommt man dort aber einen Platz für sein Kind. Meine Damen und Herren, damit sind die Eltern in der saarländischen Schulwirklichkeit von heute in einer Koalition aus CDU, FDP und Grünen angekommen. Und so frustrierend sieht das aus.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das ist eine Koalition, in der die Gemeinschaftsschule trotz Festschreibung im Koalitionsvertrag von der CDU als Einheitsbrei diffamiert wird.

(Zuruf.)

Schauen Sie sich doch Ihre Aussagen einmal an, die Sie sich geleistet haben. Sie diffamieren bei jeder Besuchergruppe die Gemeinschaftsschule als Einheitsbrei. Das ist einfach unbeschreiblich, aber es ist Tatsache. Das ist eine Koalition, Herr Schmitt, in der echte Ganztagsschulen von der CDU als Zwangsbeglückung hingestellt werden und der grüne Minister macht munter mit. Das ist eine Koalition, in der offenbar hinter vorgehaltener Hand offen gepokert wird, dass die Opposition hoffentlich gegen die geplante Verfassungsänderung stimmt, weil man

selbst als Koalitionspartner das alles politisch gar nicht will und der Basis nicht erklären kann.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Sehr geehrter Herr Kessler, Sie haben die richtigen bildungspolitischen Ideen, aber sie werden sie in dieser Koalition nicht durchsetzen können. Das alles zeigt doch ganz deutlich, dass diese Art von Bildungspolitik der Tatsache geschuldet ist, dass die Koalitionäre mit ihren Vorstellungen jeweils die Nase im Gesicht behalten sollen. Nur darum geht es. Bestes Beispiel dafür ist eine Aussage der ehemaligen Bildungsministerin Kramp-Karrenbauer im Zuge der Haushaltsberatungen 2008. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich: „Die Grünen vertreten zum Beispiel eins zu eins eine unglaublich ideologische Position. (...) Sie transportieren es über ihren grünen Vorzeigepolitiker bei der GEW auch in den vorpolitischen Raum.“

(Zuruf von der SPD: Wer hat das gesagt?)

Frau Kramp-Karrenbauer hat das gesagt.

(Weitere Zurufe von der SPD: Frau Kramp-Kar- renbauer? Oh! - Abg. Commerçon (SPD) : Alles aufgegeben!)

Sie zitiert die GRÜNEN, die klar sagen: „Wir wollen Einheitsschulen. Diese Einheitsschule soll die Gesamtschule sein. Sie“ - gemeint sind die GRÜNEN „negieren und ignorieren den Willen von Eltern, die ihre Kinder auf das Gymnasium oder die Erweiterten Realschulen schicken.“

(Abg. Roth (SPD) : Hört, hört!)

Ich zitiere weiter: „Sie“, gemeint ist Herr Kessler, „haben eine Zwangsvorstellung. Diesem Zwang sollen alle folgen. Das gilt im Übrigen auch für den Bereich der Ganztagsschule. Das ist ein Menschenbild und eine Gesellschaftsordnung, die wir ablehnen.“

(Amüsierte Zurufe von den Oppositionsfraktio- nen.)

Es geht in dieser Rede noch schlimmer weiter, das will ich uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ersparen. Das jedenfalls ist ganz klassisch die Politik einer Koalition, die nicht zusammenpasst, eine Politik, ausgetragen auf dem Rücken der Schüler, der Eltern, der Lehrer. Diese Politik wollen wir nicht so einfach hinnehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ein zentraler Punkt ist, dass Bildungspolitik nicht in Legislaturperioden gedacht werden darf. Die Bildungsfinanzierung muss langfristig und nachhaltig angelegt sein. Daher muss im Landeshaushalt auch eine eindeutige Priorität der Bildung erkennbar sein. Vom Ziel einer erkennbaren sukzessiven Steigerung der Bildungsausgaben, die Sie selbst ja auch immer wieder vollmundig angekündigt haben, ist der uns

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

vorgelegte Regierungsentwurf aber noch weit entfernt. Betrachtet man allein den schulischen Bereich, beträgt der Anteil gemäß den Berechnungen von Kammern und Verbänden nur knapp elf Prozent des Landeshaushaltes.

(Zuruf des Abgeordneten Hinschberger (FDP).)

Damit der Weg zum Bildungserfolg beschritten werden kann, müssen verbindliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Daran kommen Sie nicht vorbei. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören sowohl die konsequente Verringerung der Klassengrößen als auch die Erhöhung der Zahl der Lehrkräfte und die Einführung echter Ganztagsschulen. Schauen wir uns, Kollege Commerçon hat es eben auch schon angesprochen, die Umsetzung der so genannten „Kleinere-Klassen-Garantie“ einmal an. Es ist festzustellen, dass Gesamtschulen und Gymnasien noch immer viel zu große Klassen haben, Klassen mit mehr als 29 Schülern, teilweise sogar mit bis zu 34 Schülern.

(Abg. Commerçon (SPD) : Ja, ja, „garantiert“! Garantie nicht eingehalten!)

So ist es. Die Grundschulklassen haben immer noch eine zu hohe Durchschnittsgröße. Das heißt doch, dass Sie Ihr Klassenziel nicht erreicht haben. Dieser Landeshaushalt müsste daher eigentlich ein klares Signal zur Einstellung von Lehrkräften in allen Schulformen geben, denn nur so können die Klassenstärken gesenkt werden. Dies müsste verbunden sein mit der Schaffung einer Lehrerfeuerwehr, die diesen Namen wirklich verdient.

In keiner Schulform sei die Streichung von Lehrerstellen zu verantworten, das war immer Ihr Credo, Herr Minister. Betrachten wir nun aber die Realität bei den Schulformen. Erstens, die Grundschulen. Gerade bei den Grundschulen nimmt die befristete Beschäftigung zu. Für Nachwuchskräfte gibt es kaum Perspektiven. Es gibt keine zusätzlichen Stellen zur Umsetzung des Zieles kleinerer Klassen. Auch die geplante bessere Verzahnung von Kita und Grundschule wird ohne eine bessere Personalisierung nicht funktionieren. Aber diese Personalisierung ist im Haushalt nicht abgebildet. Eine Aufstockung wäre dringend notwendig.

Zweitens, die Förderschulen. Trotz eines Anstiegs der Schülerzahlen ist keine Erhöhung der Zahl der Stellen ausgewiesen. Wir wollen aber doch die Integrationsmaßnahmen an Regelschulen ausbauen, dies auch vor dem Hintergrund der notwendigen Umsetzung der UN-Konvention. Förderunterricht findet an vielen Grundschulen gar nicht mehr statt. Wir brauchen deshalb mehr Förderschullehrer.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Schmitt (CDU) : Wenn wir die Lehrer hätten!)

Herr Schmitt, dann müssen Sie die Stellen eben schaffen! Sie müssen etwas dafür tun. Seit elf Jahren, Herr Schmitt, steht Ihre Partei in der Verantwortung. Sie haben offensichtlich etwas versäumt, also müssen Sie jetzt nachsitzen. Nicht jammern, sondern schaffen! Strengen Sie sich an!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zurufe von der CDU.)

Fahren wir fort. Es gibt ja noch mehr Schulen, nämlich die Gesamtschulen, die ERS, die Gymnasien. Herr Kessler, weder die Eltern noch die Schulen können die geplante Streichung von 42 Stellen an den Gymnasien und von 33 Lehrerstellen an den Erweiterten Realschulen nachvollziehen. Ich gebe den Gymnasiallehrerverbänden Recht, die Ihr Vorgehen als einen Raubzug, der überhaupt keinen Sinn macht, ansehen. Verschiebungen zulasten einzelner Schulformen seien das falsche Signal, so haben auch Sie immer gepredigt. Meinen Sie das wirklich ernst, so müssen Sie mehr für Bildung ausgeben und das richtig machen. Das erfordert auch, die Stellen im jeweiligen System, in der jeweiligen Schulform zu belassen. Es macht nämlich, wie wir gelernt haben, keinen Sinn, das Gymnasium gegen die Gesamtschule auszuspielen und umgekehrt. Darum geht es nämlich wirklich.

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Der unrühmliche Trend, den Lehrkräften zunehmend befristete Arbeitsverträge statt fester Planstellen anzubieten, muss aufgehalten werden. Befristete Verträge öffnen der Abwanderung des Nachwuchses Tür und Tor. Die jungen Kräfte gehen in die Pfalz, und wir haben nichts von ihnen. Meine Damen und Herren, das kann nicht das Ziel unserer Schulpolitik und unserer Lehrereinstellungspolitik sein.

Kommen wir zu den beruflichen Schulen. Seit Jahren ist das Problem der „Stiefkindpolitik“ bezüglich der beruflichen Schulen bekannt. Der strukturelle Lehrermangel, der mit massivem Unterrichtsausfall einhergeht, kann nicht länger hingenommen werden. Diesbezüglich wurde in diesem Hause schon oft Einigkeit betont. Im Durchschnitt fallen wöchentlich immer noch 1.800 Unterrichtsstunden aus, weil die Schülerzahl schon seit Jahren um drei bis vier Prozent ansteigt, aber kaum zusätzliche Stellen geschaffen wurden. Dieser Entwicklung muss gegengesteuert werden. Es ist auch schon einiges passiert, wir begrüßen das sehr. Das bislang Eingeleitete wird aber nicht ausreichen. Deshalb gehört für uns eine Aufstockung der Stellenzahl zu den zu treffenden Maßnahmen.