Protocol of the Session on February 10, 2010

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde des heutigen Tages findet in einem Umfeld statt, in dem in vielfältigen Bereichen und in verschiedenen Aspekten noch einmal über das Gesamtpaket der großen Arbeitsmarktgesetzgebung beginnend mit dem Jahr 2002 gesprochen wird.

Ich darf zu Beginn der Diskussion in Erinnerung rufen, was damals Ausgangspunkt und Erwartung dieser Gesetzgebung war. Ich darf den damaligen Minister für Wirtschaft und Arbeit, Herrn Clement, zitieren, der damals noch Mitglied der SPD war und der im Jahr 2002 gesagt hat: „Wir eröffnen heute die Debatte über einen Gesetzentwurf zur Förderung moderner Dienstleistungen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist das erste große Gesetzespaket, das zur tiefgreifendsten Strukturänderung des Arbeitsmarktes in Deutschland hinführen soll.“ - Sehr geehrter Herr Kollege Roth, ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, was er darüber hinaus ausgeführt hat, damit nicht das Märchen gestrickt wird, es sei insbesondere Ministerpräsident Koch, der über Zumutbarkeit gesprochen habe. Clement hat hinzugefügt, und ich darf wörtlich zitieren: „Darüber hinaus müssen Arbeitslose verstärkt in die Pflicht genommen werden. Wir müssen stärker auf die Eigenbemühungen von Menschen drängen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Deshalb verlangen wir mit diesem Gesetzentwurf eine größere Bereitschaft zur Mobilität.“ Weiter heißt es: „Die Beweislast für die Zumutbarkeit der Arbeit liegt nicht mehr beim Arbeitsamt, jedenfalls dann nicht, wenn die Gründe für die Verweigerung einer Arbeitsaufnahme in der Sphäre des Arbeitslosen beziehungsweise der Arbeitslosen liegen.“ Das war Geist der Hartz-4-Gesetze, rot-grüne Gesetze im Bund. Deswegen können Sie die Schuld nicht auf den Kollegen Koch schieben, sondern sollten sich ein Stück weit an die eigene Nase fassen.

(Beifall bei der CDU.)

Wenn die Aktuelle Stunde heute auch genutzt wird, um etwas zum gestrigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz-4-Sätzen zu sagen, ist es durchaus legitim, die politische Auffassung zu vertreten, dass die Hartz-4-Sätze nicht dem Existenzminimum entsprechen. Es ist aber nicht legitim, hier eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes - ich unterstelle das einmal - wissentlich so darzustellen, dass das Bundesverfassungsgericht das erklärt hätte. Wenn Sie sich die Entscheidung genau ansehen, so werden Sie feststellen, dass das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gesagt hat, dass sowohl die Pauschalierung als auch die Höhe der Beiträge evident nicht verfassungswidrig sind. Vielmehr war die Art der Berechnung verfassungswidrig, sowohl was die Sätze für Erwachsene betrifft als auch die nicht korrekte Herleitung der Sätze für

(Abg. Spaniol (LINKE) )

Kinder. Das ist juristisch korrekt. Das andere ist eine politische Bewertung. Die mag stimmen, aber man sollte sich dann nicht hinter dem Verfassungsgericht verstecken.

Wir, die wir immer gesagt haben, dass die Sätze für Kinder nicht richtig hergeleitet sind, haben deswegen in mehreren Bundesratsinitiativen diesen Punkt aufgegriffen. Der Bundesrat hat ja auch beschlossen, dass die Kindersätze verändert werden sollen, aber leider ist dies zu Zeiten der großen Koalition durch das Bundesarbeitsministerium - damals noch unter der Führung von Olaf Scholz - nicht umgesetzt worden. Ansonsten hätte man sich nämlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ersparen können. Wir werden jetzt ein genaues Auge darauf haben, dass die Vorgaben des Verfassungsgerichtes umgesetzt werden.

Ich will noch ein Drittes sagen. Es gibt im Saarland einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt. Wir haben 900 sozialversicherungspflichtige Stellen für Langzeitarbeitslose.

(Zuruf.)

Sehr geehrter Herr Kollege Jost, wir sind damit das Bundesland -

(Heiterkeit.)

Entschuldigung, das war ein Reflex. Wenn jemand schreit, denke ich sofort an Herrn Jost.

(Heiterkeit und Zurufe.)

Wir sind damit das Bundesland, das im Bereich der öffentlich geförderten Arbeit an der Spitze aller Bundesländer liegt. Wenn in einer Debatte im Januar 2009 der Kollege Gysi sich für die rot-rote Regierung in Berlin gebrüstet hat, wie toll dort der öffentlich geförderte Arbeitsmarkt sei, dann kann ich nur feststellen: Wir liegen hier mit unseren Zahlen im Saarland weit vor den Kollegen in Berlin.

Und noch eines: Es gibt, glaube ich, keinen grundsätzlichen Dissens, dass wir für eine bestimmte Gruppe von Menschen, die auf Dauer nicht im ersten oder zweiten Arbeitsmarkt vermittelbar sind, eine entsprechende Struktur öffentlich geförderter Arbeit brauchen; denn es ist allemal besser, Arbeit zu fördern, als nur Alimentation zu leisten. Aber ich glaube, wir sind uns auch einig, dass wir sehr genau darauf achten müssen, dass reguläre Beschäftigung in Form von einfachen Tätigkeiten nicht abgebaut wird unter dem Vorwand, dass es ja öffentlich geförderte Beschäftigung gibt. Ich möchte nicht erleben, dass sich Arbeitgeber - ob öffentliche, caritative oder private - aus ihrer Verantwortung als Arbeitgeber zurückziehen, weil sie wissen, dass es entsprechende Arbeitsmarktprogramme gibt. Das ist die Schnittstelle, auf die wir achten wollen und müssen, damit die Mittel, die wir zur Verfügung haben, auch für diejeni

gen eingesetzt werden, die diese Mittel brauchen, damit wir nicht an falscher Stelle Entlastungswirkungen erzielen.

Ich will noch ein Drittes sagen, zu den klebrigen Fingern, Herr Kollege Jung. Es ist ja ein altes Märchen, das hier gestrickt worden ist und über das wir schon vor Ihrer Zeit im Landtag des Öfteren debattiert haben. Es ist im Saarland genau, wie es der gängigen Praxis in allen anderen Bundesländern entspricht und in Zusammenhang mit der Bildung der Argen gedacht war, ganz korrekt an die Kommunen weitergeleitet worden, nicht mehr und nicht weniger. Das Saarland hat sich da ganz korrekt verhalten. Deswegen ist es ein Märchen, was Sie hier zu stricken versuchen.

Ich darf noch einmal auf das Thema der Aktuellen Stunde zurückkommen, die Reform des Arbeitsmarktes, der Argen und im Bereich des SGB II. Auch hier darf ich noch einmal den Kollegen Clement zitieren, aus der Debatte im Jahr 2003, als der Gesetzentwurf zur Bildung der Argen eingebracht worden ist. Ich möchte das tun, damit noch einmal klar wird, was eigentlich gewollt war. Clement hat damals gesagt: Es ist wichtig - das ist der Kern des vierten Hartz-Gesetzes -, das ineffiziente Nebeneinander von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu beseitigen. Wir müssen in Deutschland mit den beiden Fürsorgesystemen auf der staatlichen Ebene Schluss machen. Wir müssen auch die Widersprüche, die es zwischen diesen beiden Systemen gibt, beenden.

Das war damals der Geist, der Ursprung der Arbeitsmarktreform. Er ist damals genauso richtig und wichtig gewesen wie heute. Denn das Prinzip „Hilfe aus einer Hand“ ist richtig. Wir haben damals, zu diesen Zeiten, immer wieder erlebt, dass in einem DrehtürEffekt versucht wurde, Hilfsbedürftige von der einen Leistungsart in die andere zu schieben, um auf der einen oder der anderen Seite Kosten sparen zu können. Das war eine Finanzverschiebung auf dem Rücken der Betroffenen. Deswegen war es richtig und weitsichtig zu sagen, wir bilden die gemeinsamen Arbeitsagenturen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2007 festgestellt, dass die bisherige Organisationsstruktur der Argen in Form der Mischverwaltung nicht dem Grundgesetz entspricht. Es hat dem Gesetzgeber den Auftrag erteilt, bis Ende 2010 die Aufgabenerfüllung Grundsicherung für Arbeitsuchende verfassungskonform zu gestalten.

(Zuruf von der SPD.)

Darüber hinaus haben bestimmte Prozesse begonnen, um dies auszudiskutieren. In diese Prozesse war die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister sehr intensiv eingebunden. Diese Konferenz hat sich im Juli 2008 zwei Ziele gegeben. Diese Ziele lauteten: Wir wollen eine Lösung, die verfassungskon

(Ministerin Kramp-Karrenbauer)

form ist, und wir wollen gleichzeitig eine Lösung, die die bekannten Mängel und Schwächen der Argen beseitigt. Also wollen wir ein Modell versuchen, das an den bisherigen Argen orientiert ist, und eine Neuorganisation schaffen.

Dieser ASMK-Beschluss vom Juli ist im November 2008 konkretisiert worden. Es ist damals einstimmig das Organisationsmodell der Länder verabschiedet worden, das sogenannte ZAG. Es ist damals entwickelt worden von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, von der Hansestadt Hamburg, vor allem aber vom Arbeitsministerium des Saarlandes unter Führung meines Vorgängers.

Es hat dann im Februar 2009 zwei Gesetzentwürfe aus dem BMA von dem Kollegen Scholz gegeben, die in wesentlichen Teilen auf das Organisationsmodell zurückgegriffen haben, dies auch deshalb, weil durch den Bundesminister Scholz, die Ministerpräsidenten Rüttgers und Beck und die Kollegen Laumann und Dreyer damals ein entsprechender Vorschlag erarbeitet worden ist.

Dieser Vorschlag hat im März 2009 - auch das gehört zur Wahrheit - nicht die Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden. Er hat keine Mehrheit in der CDU-Bundestagsfraktion gefunden, weil es dort Bedenken gab, ein ausformuliertes Organisationsmodell in einer Verfassung zu verankern. Man konnte sich aber auch mit den Kollegen der SPD nicht über die Frage der Erweiterung von Optionskommunen einigen. Auch das gehört zur Wahrheit. Deswegen ist es so, dass dem Auftrag des Verfassungsgerichtes in der letzten Legislaturperiode leider nicht Rechnung getragen werden konnte und dass wir jetzt unter einem gewissen Zeitdruck in diese Verhandlungen hineingehen.

Was die Kollegin von der Leyen vorgelegt hat, war folgerichtig ein Vorschlag, der davon ausgegangen ist, dass auch in der neuen Legislaturperiode eine verfassungsändernde Mehrheit nicht zu erreichen ist. Wir haben gesehen, mit wie vielen Problemen dieser Gesetzentwurf behaftet ist, weil er versucht hat, zwar Hilfe aus einer Hand, aber doch irgendwie getrennt unter einem Dach zu organisieren, und weil sich durch die entsprechenden juristischen Stellungnahmen sehr schnell herausgestellt hat, dass auch diese Form der Aufgabenerledigung insbesondere mit Blick auf die Entfristung der Optionskommunen verfassungsrechtlich nicht 100 Prozent sicher ist. Und was niemand riskieren wollte - ich glaube, auch zu Recht -, wäre gewesen, eine Reform zu machen, die schnell wieder vor dem Verfassungsgericht gelandet wäre. Das wäre sicherlich mit Blick auf die Betroffenen nicht zumutbar gewesen, diejenigen, die in der Vermittlung oder im Leistungsbezug der Arge stehen, aber auch die Beschäftigten, die dort arbeiten.

Aber was bedeutet das jetzt? Die Einigung auf Bundesebene, dass es zu einer Verfassungsänderung kommt - bisher haben wir von zwei großen Partnern die Erklärung, dass man eine Verfassungsänderung will, über die genauen Details muss natürlich noch verhandelt werden -, entspricht der Haltung unserer Landesregierung. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass bei der Neuorganisation der Aufgabenwahrnehmung im SGB II die Leistungsgewährung für langzeitarbeitslose Hilfeempfänger aus einer Hand kommen muss. Wir setzen uns für eine Absicherung der Argen im Grundgesetz ein, damit deren Arbeit auf gesicherter rechtlicher Grundlage fortgesetzt werden kann. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die bestehenden Optionskommunen ohne zeitliche Befristung arbeiten können und dass ein Wahlrecht zwischen Optionskommune und Arge eingeräumt wird. Was jetzt in einem Schritt erreicht worden ist, dass es nämlich eine grundgesetzliche Absicherung gibt, entspricht der Auffassung der Personalvertretungen der Argen, mit denen ich mehrere Gespräche geführt habe. Es entspricht darüber hinaus dem Wunsch des Landkreistages, mit dem ich auch mehrere Gespräche in dieser Angelegenheit geführt habe. Ich kann heute deshalb feststellen, dass wir als Landesregierung auf allen Ebenen unsere Möglichkeiten zur Verhandlungsführung gut genutzt haben.

Wir haben immer gesagt, dass wir die Verhandlungen zweigleisig führen wollen. Zweigleisig bedeutet, dass es unser erstes Ziel war, eine Grundgesetzänderung zu erreichen; dies scheint jetzt zu gelingen. Wir haben aber auch gesagt, dass wir uns darauf einstellen müssen - wenn es nicht zu einer Grundgesetzänderung kommt -, dass der Mustervertrag, der dann ausgearbeitet wird, so angelegt ist, dass er auf die saarländischen Verhältnisse passt. Wir haben uns gemeinsam mit Hamburg durch eine Protokollnotiz in der ASMK ein Verhandlungsmandat mit dem BMA erarbeitet in der Frage, ob es möglich wäre, dass wir als Land die Aufgabe übertragen bekommen und das dann hier gemeinsam mit allen Beteiligten organisieren können. Es gibt zurzeit eine Debatte mit dem Bundesarbeitsminister über die Frage, ob eine solche Landesoption rechtlich zulässig ist. Wir haben gemeinsam mit den Kollegen in Hamburg - die haben in dieser Debatte die Federführung - entsprechende Rechtsgutachten eingeholt, weil wir in dieser Frage anderer rechtlicher Auffassung sind als das Bundesministerium. Ministerpräsident Peter Müller hat am Freitag vor dem Treffen mit der Kollegin von der Leyen noch einmal in einem Brief betont, dass er für eine Grundgesetzänderung eintritt und dass er nach wie vor auch dafür eintritt, im Rahmen dieser rechtlichen Veränderungen zu prüfen, ob eine Möglichkeit der Landesoption für das Land gegeben ist. Ich gehe im Moment davon aus, dass die erste Option in den Verhandlungen auf der Grundgesetz

(Ministerin Kramp-Karrenbauer)

änderung liegt und dass es nach wie vor sozusagen Plan B ist, die eigene Modellregion zu entwickeln. Ich sage aber auch ganz deutlich, dass wir bei den jetzt anstehenden Verhandlungen - und dabei komme ich auf das zurück, was der Kollege Jung gesagt hat -, sehr darauf achten müssen, wie diese Verhandlungen en détail aussehen.

Zum einen müssen wir, glaube ich, bei der Grundgesetzänderung dafür sorgen - das ist meine Bitte und mein Appell insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen der SPD -, dass diese Verhandlungen so geführt werden, dass wir zu einem Ergebnis kommen können. Wenn vorhin gesagt worden ist, wer sich bewegt hat und wer nicht, dann ist festzustellen, dass es sicherlich nicht nur die CDU-Seite war, sondern dass zu diesen Entwicklungen auch entsprechende Äußerungen des Kollegen Heil beigetragen haben, der sowohl in der Saarbrücker Zeitung als auch in anderen Medien deutlich gemacht hat, dass er durchaus für eine moderate Erweiterung von Optionskommunen steht. Und deswegen ist das eine andere Verhandlungsgrundlage als in der letzten Legislaturperiode.

Im Gesetzgebungsverfahren wird vonseiten des Bundes - jedenfalls gibt es dafür die ersten Anzeichen - darüber geredet, wie in Zukunft die Aufsichtsund die Durchgriffsmöglichkeiten des Bundes oder der Bundesagentur für Arbeit gestaltet werden. An dem Punkt müssen wir sehr genau darauf achten, dass diese so gestaltet sind, dass die Kommunen, wenn sie die Option ziehen, oder die Kommunen, wenn sie im Bereich der Argen gemeinsam arbeiten, auch noch einen Gestaltungsspielraum haben. Die Aufsicht darf nicht so stringent und restriktiv sein, dass wir im Grunde genommen nur noch eng geführtes ausführendes Organ sind. Das wäre aus meiner Sicht mit dem Geist der Optionskommune nicht vereinbar.

Ich glaube, dass wir auch darauf achten müssen, dass die Zusammenarbeit in den Argen verbessert wird. Wir dürfen eines nicht vergessen: Die Argen haben nach wie vor strukturelle Probleme in der Zusammenarbeit. Das liegt zum Beispiel daran, dass wir durchaus unterschiedliche Dienstherreneigenschaften haben: BA auf der einen Seite, kommunales Personal auf der anderen Seite. Und dass dies hier im Saarland bisher so gut gelungen ist, das liegt wirklich an den handelnden Personen vor Ort. An dieser Stelle möchte ich dafür ganz ausdrücklich Danke sagen. Sowohl das Personal der BA als auch das kommunale Personal haben mit großem persönlichen Engagement, gerade mit Blick auf die Betroffenen, alles dafür getan, um diese Arbeit reibungslos erledigen zu können. Dafür ein herzliches Dankeschön. Ich weiß aus anderen Bundesländern, dass das nicht selbstverständlich ist, und darauf können wir hier stolz sein.

(Beifall.)

Nach allem, was sich bisher andeutet, wird es so sein, dass es zur Grundgesetzänderung ein Begleitgesetz geben wird, in dem die Einzelheiten ausgearbeitet werden. Ich glaube, dass es sich lohnen wird, wenn wir in diesem Begleitgesetz auch noch einmal auf Ideen und Strukturelemente des Modells zurückgreifen, das im Saarland entwickelt worden ist. Dabei denke ich an das sogenannte Zentrum für Arbeit und Grundsicherung. Dies gilt für die Frage der Dienstherrenfähigkeit einer solchen Behörde. Es geht aber auch um die Frage, ob die Länder angemessene, gesetzlich abgesicherte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erhalten. Das ist insbesondere im Saarland von großer Bedeutung, weil wir einen relativ kleinen und einheitlichen Arbeitsmarkt haben, bei dem es wichtig ist, dass wir Arbeitsmarktpolitik aus einem Guss betreiben. Auch das gelingt im Moment zwischen den Argen und der Optionskommune im Saarland ganz hervorragend. Wir sollten versuchen, dies auch für die Zukunft sicherzustellen. Es geht um die Frage, wie es sich in Zukunft mit voll umfänglichen Weisungs- und Direktionsrechten eines Geschäftsführers verhält, wie ein einheitlicher Personalkörper ausgestattet wird, wie man eine Trägerversammlung konzipieren könnte, wie viele Mittel zur Verfügung gestellt würden usw. Wir haben also eine Vielzahl von Fragen, die mit dem ZAG damals eine Antwort erfahren haben. Ich weiß, dass das ZAG in einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich gesehen wird. Trotzdem bin ich der Auffassung, dass es viele positive Elemente enthält, die jetzt auch in die Debatte - etwa im Begleitgesetz eingebracht werden können.

Ich halte es darüber hinaus auch für richtig, dass wir die Optionen erweitern. Ich will hier ganz deutlich machen, dass wir im Saarland, als damals Argen eingerichtet worden sind, eine durchaus kontroverse und heftige Diskussion über die Frage gehabt haben, ob wir Optionskommunen zulassen sollen - und wenn ja, wie viele und wer die Option ziehen kann. Ich gestehe ganz offen, dass ich damals auch zu denjenigen gehört habe, die den Optionskommunen skeptisch gegenübergestanden haben, und zwar weniger, weil ich den Kommunen nicht zugetraut hätte, diese Arbeitsmarktpolitik betreiben zu können als vielmehr, weil es die Befürchtung gab - und ich weiß, dass diese Befürchtung durchaus auch von Sozialdemokraten auf Bundesebene geteilt wurde dass die BA sich aus ihrer Zuständigkeit, ihrer Verantwortung und Verpflichtung zurückziehen könnte. Mittlerweile haben wir eine Zeitlang sowohl die Arbeit der Optionskommunen auf dem Tisch als auch die Arbeit der Argen. Und es ist so, wie es einem der gesunde Menschverstand oft sagt: Es gibt keinen klaren Beweis dafür, dass die Optionskommunen das allein selig machende Modell sind oder aber die Argen auf der anderen Seite. Wir haben Beispiele

(Ministerin Kramp-Karrenbauer)

für hervorragend funktionierende Optionskommunen - ich bin sehr stolz darauf, dass auch im bundesweiten Vergleich St. Wendel hierbei einen absoluten Spitzenplatz einnimmt - und wir haben Beispiele für ganz hervorragend funktionierende Argen. Zu diesen gehört zum Beispiel, ebenfalls gemessen in einem bundesweiten Vergleich, die Arge des Regionalverbandes Saarbrücken. Das spricht wiederum für die hier im Saarland geleistete Arbeit.

Ich bin nicht der Auffassung, die etwa von der Kollegin Buntenbach vom DGB vertreten wird. Am 04. Februar dieses Jahres hat sie sich in der FAZ geäußert. „Der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnt eine Grundgesetzänderung dagegen ab. ‚Die Verfassung darf nicht zum Spielball machtpolitischer Interessen von Ländern und Kommunen werden’, sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

(Abg. Commerçon (SPD) : In welcher Partei ist die?)

Vor allem eine Fortführung oder Ausweitung der Optionskommunen sei ‚der reine Hohn’. Auswertungen hätten schlechtere Eingliederungserfolge gezeigt.“ Also, mir sind diese -

(Abg. Maas (SPD) und Abg. Spaniol (LINKE): Die ist bei den Grünen.)

Mir sind diese Auswertungen nicht bekannt. Das spricht dafür -

(Zuruf: Eine grüne Gewerkschafterin!)

Das spricht im Übrigen auch für einen eigenständigen DGB-Bezirk, dass der Landesvorsitzende hier erkennbar eine andere Auffassung vertritt. Ich glaube, das ist auch richtig.

Aber Kollegin Buntenbach steht nicht so ganz allein da, wenn ich der Pressemitteilung der LINKE-Bundestagsfraktion vom 08. Februar Glauben schenken darf. In dieser Pressemitteilung ist gesagt worden: „Die Einigung der Union auf eine Grundgesetzänderung hat einen riesigen Pferdefuß: Die einheitliche Betreuung aus einer Hand ist langfristig nicht mehr gesichert, wenn die Kommunen ein Wahlrecht zur alleinigen Betreuung der Langzeitarbeitslosen erhalten.“

Man sieht: Es gibt landauf, landab noch reichlich Skepsis gegenüber und auch Widerstand gegen Optionskommunen. Deshalb bin ich der Auffassung, die Kommunen sollten auch wählen können. Die Antworten auf die Umfrage, die der Landkreistag im vergangenen Jahr gestartet hat zur Frage, wie viele Kreise oder kreisfreie Städte optieren würden, waren sicherlich auch der aktuellen Debatte über einen Gesetzentwurf zur getrennten Aufgabenwahrnehmung geschuldet. Ich bin auch der Auffassung: Je besser, je reibungsloser wir eine entsprechende Zusammenarbeit in Form der Argen oder in einer anderen Or

ganisationsform gestalten, je attraktiver dieses Angebot ist, je deutlicher auch für die Kommunen bei einem solchen Angebot wird, dass sie auf Augenhöhe arbeiten können, desto stärker wird sicherlich auch die Überlegung sein, ob man letztendlich nicht doch optiert - oder eben im Verbund der Argen weiterarbeitet. Ich hoffe sehr, dass wir dies hier für das Land entsprechend gestalten können.

Ich will noch etwas sagen zum Thema „SaarlandOption“. Wenn wir die Option erhalten sollten, dann ist es, so glaube ich, wichtig - diesbezüglich sind die ersten Gespräche auch mit dem Landkreistag angelaufen -, dass wir unter Einbeziehung aller Verantwortlichen der Kreise - wie das bisher auch war, etwa über die entsprechenden Trägerversammlungen, über die Landesarbeitsgemeinschaft -, aber durchaus auch unter Einbeziehung des Sachverstandes der BA eine gemeinsame Lösung finden. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass wir in folgender Reihenfolge kämpfen: Wir kämpfen zuerst um die rechtliche Möglichkeit und die tatsächliche Möglichkeit, eine Landesoption ziehen zu können. Wenn wir diese Möglichkeit haben, werden wir gemeinsam mit allen Beteiligten und insbesondere mit den Kreisen das Modell entwickeln, das hier im Saarland passt. Wir haben hierfür schon gute Vorarbeiten geleistet. Daher bin ich sehr optimistisch, dass wir das hinbekämen.