Protocol of the Session on December 17, 2009

Wer enthält sich? - Damit stelle ich fest,

(Fortgesetztes lautes Lachen bei der Opposition. - Starke Unruhe)

dass der Antrag Drucksache 14/37 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche unsere Sitzung bis um 13.15 Uhr.

(Die Sitzung wird von 12.13 Uhr bis 13.16 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort und kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer (Drucksache 14/30)

Zur Begründung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Professor Dr. Bierbaum das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor einem brechend vollen Landtag!

(Heiterkeit im Saal.)

Meine Damen und Herren, kommen wir zu Sache. Wir haben eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer beantragt. Ich möchte dies in den Zusammenhang stellen, der bereits bei der Debatte um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz eine erhebliche Rolle gespielt hat. Unabhängig von der Position zu diesem Gesetz kann man doch deutlich sehen, dass es zu einer Debatte über die Länderfinanzen insgesamt geführt hat. Das scheint mir in der Tat sehr notwendig zu sein. Die Frage der Länderfinanzen und ihre nachhaltige Sicherstellung halte ich für eine zentrale, ja entscheidende Frage, die weit über die reine Finanzierung hinaus Bedeutung hat, die nämlich eine Grundfrage des Föderalismus darstellt, weil ohne eine gesicherte Sanierung der Finanzen der Länder auch der Föderalismus wenig wert ist. Deshalb betrifft es aus unserer Sicht auch eine der Zentralfragen der demokratischen Entwicklung unseres Gemeinwesens.

Wir müssen uns klarmachen, dass wir bereits seit vielen Jahren eine ganze Reihe von Ländern mit anerkannter Haushaltsnotlage haben wie das Saarland. Wir haben daneben eine ganze Reihe von finanzschwachen Ländern und eigentlich sehr wenige finanzstarke Länder. Deswegen ist es aus unserer Sicht notwendig, dass etwas Grundlegendes getan wird zur Sanierung der Länderfinanzen.

Um von der Situation im Saarland auszugehen, haben wir kürzlich von Ihnen, Herr Minister Jacoby, im Finanz- und Haushaltsausschuss die Zahlen gehört. Wir haben insgesamt eine dramatische finanzielle Situation im Saarland. Wir haben eine Verschuldung von insgesamt 10,3 Milliarden Euro. Wir werden erhebliche Mindereinnahmen haben, die Steuereinnahmen werden für dieses Jahr um rund 250 Millionen Euro sinken. Für nächstes Jahr wird davon ausgegangen, dass die Mindereinnahmen 300 Millionen Euro betragen werden. Wir wissen alle, dass insbesondere das Saarland - als ein stark von der Industrie abhängiges Land - mit minus 10 Prozent besonders stark von der Krise betroffen ist, bezogen auf die wirtschaftliche Entwicklung ist das schon sehr deutlich.

In dem Zusammenhang, obwohl es jetzt hier nicht im Mittelpunkt steht, möchte ich doch eine kurze Bemerkung zum Thema Schuldenbremse machen. Die Schuldenbremse ist im Februar dieses Jahres beschlossen worden. Ich möchte nur darauf hinweisen, zum selben Zeitpunkt lauteten die Prognosen für die

(Abg. Schmitt (CDU) )

wirtschaftliche Entwicklung 2009 nicht minus 5, sondern minus 6 Prozent. Das waren damals die Aussagen der Institute. Man kann also kaum davon reden, dass sich die Geschäftsgrundlage inzwischen verändert habe. Das bedeutet, wir haben insgesamt eine dramatische Situation!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Die Neuverschuldung wird dieses Jahr - so Ihre Zahlen, Herr Minister Jacoby - auf rund 870 Millionen Euro ansteigen. Im Koalitionsvertrag steht, dass beabsichtigt ist, die Neuverschuldung für das Jahr 2010 unter einer Milliarde zu lassen, was schwer genug sein wird. Hinzu kommen die Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes - wenn es so beschlossen wird -, die weitere Probleme darstellen. Von daher glaube ich nicht, dass die Länderfinanzen und insbesondere auch die Finanzen im Saarland mit einer Kompensation der Ausfälle des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes zu lösen sind. Es geht um weit mehr als um diese 40 Millionen Euro.

Wir sind der Auffassung, dass wir eine Veränderung des Steuersystems brauchen, damit die Länderfinanzen nachhaltig gestärkt werden. Das geht nur mit einem grundlegend anderen Steuersystem, wir halten die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für einen ersten wichtigen Schritt. Das wird zwar nicht ausreichen, aber das ist ein erster wichtiger Schritt.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich möchte darauf hinweisen, dass im Hinblick auf die vermögensbezogenen Steuern die Bundesrepublik Deutschland mit einem Anteil von 0,9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt weit unter dem Schnitt der EU-Staaten und weit unter dem Schnitt der OECDLänder liegt. Deshalb hat die OECD festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland bezogen auf die vermögensbezogenen Steuern Nachholbedarf hat. Die Vermögenssteuer ist 1997 unter anderem mit dem Verweis auf das Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden. Wobei das Bundesverfassungsgericht nicht gesagt hat, dass die Vermögenssteuer verfassungswidrig sei, lediglich die Art und Weise, wie sie erhoben wird, ist gerügt worden, eine Ungleichbehandlung zwischen Geld- und Immobilienvermögen ist festgestellt worden.

Wir beziehen uns in unserem Antrag auf Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Es hatte bereits 2002 bei folgender Annahme, bei einem Freibetrag von 500.000 Euro und bei einer einprozentigen Steuer auf die Vermögen, die Steuereinnahmen durch eine solche Vermögenssteuer auf 16 Milliarden Euro beziffert. Das DIW geht bei diesen Bedingungen heute übereinstimmend mit anderen Institutionen von einem Steueraufkommen von 20 bis 25 Milliarden Euro Einnahmen aus. Die LINKE hat ebenfalls eigene Berech

nungen angestellt, wir kommen sogar zu anderen Zahlen, bei einem Freibetrag von einer Million - das ist die in der Öffentlichkeit bekannte Millionärssteuer -, und bei 5 Prozent kämen wir auf 80 Milliarden. Das nur, um Ihnen die Größendimension klarzumachen.

(Zuruf: 5 Prozent? - Oh-Rufe.)

Diese Berechnungen sind nachvollziehbar, es ist machbar. Wir orientieren uns in unserem Antrag ausdrücklich an einer Summe von 20 bis 25 Milliarden Euro, das ist die größte Gemeinsamkeit, die bei einem Freibetrag von 500.000 Euro erreicht wird. Ich möchte ausdrücklich sagen, damit ist das normale Familienvermögen - einschließlich des Häuschens außen vor, es wird überhaupt nicht angetastet.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wenn wir uns auf das DIW beziehen, wissen wir sehr wohl, dass es im Institut Überlegungen gibt, im Rahmen einer Reform der Grundsteuern insbesondere die Grundsteuer zu erhöhen. Wobei ich in diesem Zusammenhang nichts davon halte. Die Frage der Grundsteuer ist insbesondere eine Frage der Steuern für die Gemeinden. Ich glaube, dass sie in diesem Zusammenhang diskutiert werden muss. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass in unserem Antrag nicht damit gemeint ist, dass die Grundsteuern erhöht werden sollen. Wir folgen nicht der Anregung des DIW, das ist ausgeschlossen. Wir sind der Auffassung, die Zahlen liegen eindeutig vor, dass bei einer Besteuerung des Privatvermögens - und zwar des großen Privatvermögens - 20 bis 25 Milliarden Euro mehr eingenommen werden können, davon würde das Saarland mit rund 240 Millionen Euro profitieren.

Das ist ein deutlicher Schritt. Das reicht sicherlich nicht zur nachhaltigen Sanierung, bedeutet aber einen ersten wesentlichen Schritt. Das ist weit mehr als die Flickschusterei, die gegenwärtig diskutiert wird, als ob die Frage der 40 Millionen entscheidend wäre.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das wäre ein Einstieg in eine grundlegende Reform des Steuersystems mit der Zielrichtung einer nachhaltigen Sicherung der Länderfinanzen, was ich für eine vitale Frage des Föderalismus halte.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt benennen, zumal er auch von dem Herrn Ministerpräsidenten heute Morgen bemüht worden ist, dass die starken Schultern mehr tragen sollten als die schwachen Schultern. Ich glaube, da sind wir uns einig. Dann bedeutet dies, dass diejenigen, die das können, also diejenigen, die ein großes Vermögen haben, auch mehr dazu beitragen müssen. Deswegen halten wir

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (LINKE) )

die Wiedereinführung der Vermögenssteuer nicht nur für ein Gebot unter dem Gesichtspunkt der Sanierung der Länderfinanzen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt eines sozial gerechteren Steuersystems.

Deswegen, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, unserem Antrag zu einer Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer zuzustimmen. Ich glaube, dass das Saarland dabei nicht isoliert ist, sondern dass wir da eine ganze Reihe von Bündnispartnern haben werden.

(Zurufe von der CDU und der FDP.)

Es wäre also wert, dies zu tun, und zwar vor dem Hintergrund, einen guten Schritt in Richtung eines sozial gerechteren Steuersystems zu tun, eines Steuersystems, das wirklich geeignet ist, nachhaltig die finanzielle Situation der Länder zu sanieren. Dazu haben wir im Saarland einen besonderen Handlungsbedarf. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Thomas Schmitt, CDU-Fraktion.

(Abg. Linsler (LINKE) : Herr Schmitt, sind Sie dafür?)

Nein. Das sage Ich Ihnen gleich.

(Abg. Jost (SPD) : Er ist wenigstens ehrlich.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das lässt sich leicht vorwegnehmen. Nein, ich bin natürlich nicht dafür. Mit der Vermögenssteuer scheint es mir wie mit den Berichten über das Ungeheuer von Loch Ness zu sein. Es taucht in regelmäßigen Abständen stetig aus der Versenkung auf, wird reißerisch aufgemacht und diskutiert. Bei näherem Hinsehen ist der Realitätsbezug gleich Null. Dann verschwindet es wieder in der Versenkung, aber es bleibt immer ein wohliger Schauer zurück, sodass es beim nächsten Sommerloch wieder auftaucht und das Spiel von vorne losgeht.

So ist es auch dieses Mal. Dieses Mal hat die LINKE wieder die Vermögenssteuer entdeckt, wobei sie das ja in gewisser Regelmäßigkeit tut. Aber auch zum x-ten Mal entdeckt jetzt die SPD die Vermögenssteuer wieder. Sie hat sie genauso oft schon aus gutem Grund wieder verworfen, meistens dann, wenn sie an der Regierung war und etwas zu sagen hatte. Immer, wenn sie in der Opposition ist, entdeckt sie die Vermögenssteuer wieder von neuem. Aber der populistische Effekt ist dann wohl doch zu verführerisch. Mit der Vermögenssteuer kann man ja wirklich die Superreichen bestrafen.

Deswegen muss man sie einer Vermögenssteuer unterziehen. Vermögenssteuer hört sich ja an sich schon richtig gut an, weil das wirklich nur Leute mit hohem Vermögen trifft. Was ein hohes Vermögen ist, darüber kann man im Zweifelsfall streiten. Aber im Zweifelsfall bekommt man damit in einer Diskussion immer gleich Zustimmung, weil jeder denkt: Mich wird ja eine Vermögenssteuer nicht betreffen und die Superreichen sollen selbstverständlich bezahlen.

(Abg. Linsler (LINKE) : Richtig! Jawohl! - Abg. Spaniol (LINKE): Genau!)

Nur, dass Sie sich selbst noch gar nicht so sicher sind, was jetzt ein hohes Vermögen ist, das zeigen Sie schon mit Ihrem Antrag. Einmal berufen Sie sich auf ein Modell des DIW. Nur, das DIW-Modell ist nicht das, was Professor Bierbaum gerade eben vorgetragen hat. Das ist nicht die 1 Million Euro Freibetrag und darüber 5 Prozent Vermögenssteuer. Aber dieses DIW-Modell wollen Sie uns heute zur Abstimmung stellen. Das ist nämlich der Beschlussantrag, den SPD und LINKE uns vorgelegt haben. Aber zum DIW-Modell werde ich Ihnen gleich noch etwas sagen.

Im Übrigen noch zu Ihrem Antrag. Uns schon hier ein Demokratiedefizit im Land zu unterstellen, weil wir eine bestimmte Steuerart nicht mehr erheben! Das verwundert mich bei der LINKEN vielleicht noch weniger, dass so eine verwegene Aussage kommt, aber dass eine staatstragende Partei wie die SPD so etwas unterschreibt, das ist schon ein bisschen verwunderlich.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Tatsache ist, starke Schultern müssen mehr tragen als schwache Schultern.

(Abg. Roth (SPD) : Dann mach es doch!)