Protocol of the Session on December 17, 2009

(Abg. Roth (SPD) : Dann mach es doch!)

Aber Tatsache ist auch, die 10 Prozent Einkommensstärksten unserer Gesellschaft tragen heute schon 55 Prozent des Steueraufkommens insgesamt.

(Abg. Huonker (LINKE) : Die spenden es dann!)

Eine Umverteilungswirkung unseres Steuersystems kann man letztendlich nicht abstreiten. Da kann man auch im Einzelfall diskutieren, ob es überall in unserem Steuersystem gerecht zugeht. Ich sage Ihnen nur gleich, die Vermögenssteuer ist dazu der völlig falsche Ansatz. Auch wenn ich von der SPD hier Halleluja und weiß der Kuckuck was höre, sage ich, es gab durchaus gute Gründe, dass Steinbrück und Steinmeier, als sie an der Regierung waren, die Vermögenssteuer immer wieder abgelehnt hatten, und dass man immer wieder, als man in der Regierung war, geprüft hatte, ob es ein sinnvolles Instrument

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (LINKE) )

ist, es aber letztendlich verworfen hatte und es nicht getan hatte.

Seit 1997 wird die Vermögenssteuer nicht mehr erhoben. Damals hatten wir einen Steuersatz von 1 Prozent für private Vermögen und 0,5 Prozent für betriebliche Vermögen. Wir hatten einen Freibetrag von 150.000 D-Mark. Damals hatte man mit dieser Steuer etwa 9 Milliarden D-Mark erzielt, betrieblich und privat zusammen bei diesem niedrigen Freibetrag. Da ist es ja schlechtweg absurd, wenn uns die LINKE hier vorträgt, mit dem DIW-Modell könnte man alleine 20 bis 21 Milliarden Euro bei so hohen Freibeträgen an Steueraufkommen erzielen. Diese Rechnung möchte ich tatsächlich einmal gerne sehen, wie das funktionieren soll, geschweige denn, wie man dann 80 Milliarden D-Mark erzielt. Da sind ja ganz besondere Finanzexperten am Werk!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Sie können es allein deswegen gar nicht nachrechnen, weil die Vermögenssteuer unter anderem deswegen abgeschafft worden ist, weil man damals nämlich die Einheitswerte beim Grundvermögen angesetzt hat, und weil man Betriebsvermögen anders angesetzt hat. Das Verfassungsgericht hatte damals gesagt, man müsse Grundvermögen, Geldvermögen, Immobilienvermögen zunächst einmal gleich bewerten und gleich versteuern, weil alles andere dem verfassungsmäßigen Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nicht entspreche.

Das hat man zu Recht nicht getan. Dann hätte man nämlich bei diesen Freibeträgen und diesen Steuersätzen jeden kleinen Grundbesitzer besteuern müssen. Sie können es deswegen nicht ausrechnen, weil niemand in der Republik weiß, wie hoch überhaupt das Grundvermögen in Deutschland letztendlich ist, weil es nämlich seitdem noch keiner bewertet hat. Wir arbeiten bei der Grundsteuer immer noch mit Einheitswerten, weil das einheitlich für alle ist. Aber letztendlich hat das Grundvermögen in Deutschland keiner bewertet. Deswegen können Sie diese Summen, die Sie hier nennen, letztendlich durch gar nichts belegen.

Damals hat man übrigens gesagt, weil es so aufwändig ist, diese Grundstücke neu zu bewerten, und weil wir dann in die Breite gehen müssten und jeden kleinen Grundbesitzer besteuern müssten, machen wir es anders. Das haben damals auch die Experten gesagt: Lasst uns Vermögen dann besteuern, wenn es seinen Besitzer wechselt. Das erfordert dann nämlich nur dann die Besteuerung und Bewertung im Einzelfall. Deshalb hat man die Grunderwerbssteuer damals von 2 auf 3,5 Prozent erhöht und man hat die Erbschaftssteuersätze drastisch erhöht.

Letztendlich ist also der Wegfall der Vermögenssteuer damals aufkommensneutral erfolgt. Man hat gleichzeitig weiterhin Vermögen besteuert, hat aber

einen anderen Ansatzpunkt gefunden, der nicht so bürokratieanfällig war und der es erlaubt hat, den kleinen Grundbesitzer weiterhin steuerfrei zu lassen. Ein weiterer Punkt war, dass man damals gesagt hat, man will die Betriebsvermögen nicht über Gebühr belasten. Da gab es sogar Einigkeit.

Nur, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögenssteuer hätten Sie bei einer Vermögenssteuer nicht schlichtweg von vornherein sagen können, die Betriebsvermögen lassen wir außen vor. Aber eine Belastung von Betriebsvermögen durch eine Substanzbesteuerung ist letztendlich wirtschaftsfeindlich, denn sie benachteiligt nicht nur die Großen und irgendwelche Banken - das ist auch sehr populär, dass man das sagt -, sondern sie benachteiligt die Unternehmen, die Eigenkapital und entsprechende Reserven haben sowie besonders kapitalintensive Unternehmen.

Warum nur soll ich die benachteiligen und andere, die eben nicht mit Eigenkapital arbeiten, bevorzugen? Das ergibt wirtschaftspolitisch überhaupt keinen Sinn. Von den hohen Bürokratiekosten, die das DIW übrigens mit 5,5 Milliarden Euro Belastung für die Wirtschaft im Jahr beziffert - auch das DIW! -, einmal ganz zu schweigen, die Sie dann den Betrieben wieder auflasten würden. 1998 hat die SPD es noch im Wahlprogramm gehabt. Man hat aus guten Gründen anschließend davon Abstand genommen.

2002 sind Herr Steinbrück und Herr Gabriel wieder auf die Idee gekommen. Das hat übrigens Herrn Steinbrück, als er Finanzminister war, nicht daran gehindert, es auch nicht zu tun, und heute, als die SPD wieder den Parteitagsbeschluss gefasst hat, zu sagen, dass das ganz großer Unsinn ist.

(Abg. Roth (SPD) : Wir brauchen es im Saarland.)

Dass Oskar Lafontaine und die LINKE diesen Populismus pflegen, ist für mich nicht weiter verwunderlich.

(Abg. Linsler (LINKE) : Na na! Herr Schmitt!)

Aber dass es nun die SPD auch wieder erreicht hat, ist nur noch bedauerlich. Es gab übrigens 2004, als die Grünen das wieder haben prüfen lassen, auch ein Gutachten des DIW.

Mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich daraus zitieren: „Es bleibt festzuhalten, dass eine Mindestbesteuerung im Rahmen einer Vermögensteuer allenfalls zu rechtfertigen ist, wenn ertragssteuerliche Vorschriften dazu führen, dass das steuerliche das erwirtschaftete Einkommen unterschreitet. Ist die tatsächliche Rendite gering oder sogar negativ, sei es auch nur zeitweise, bedeutet die Vermögensteuer eine Substanzbesteuerung, die wirtschaftsund steuerpolitisch unerwünscht ist. Hier zeigt sich das Dilemma der Vermögensbesteuerung. Sie trifft die Gerechten und Ungerechten, sie kann nicht unter

(Abg. Schmitt (CDU) )

scheiden zwischen echten und unechten Erträgen oder Verlusten. Ferner trifft die Vermögensteuer vor allem Realinvestitionen.“ Das hat das DIW damals erklärt und kam zu dem Fazit, dass es sich um ein fragwürdiges Steuerinstrument handelt.

Das DIW zeigt auch Alternativen auf, zum Beispiel diejenige, die Gewinnermittlungsvorschriften stärker am Ziel der periodischen Rechnungslegung auszurichten. Genau das hat man dann anschließend auch getan. Das hat man übrigens auch in mehreren Schritten getan - nicht nur Rot-Grün, sondern auch die die schwarz-rote Regierung -, indem man den Verlustvortrag und -rücktrag zum Teil abgeschafft beziehungsweise die Verrechnung der Einkommensarten eingeschränkt hat. Das DIW hat damals vorgeschlagen, bei der Ertragsbesteuerung von Immobilien einzugreifen und nicht mehr die degressive Abschreibung zuzulassen, sondern nur noch die lineare. Das ist übrigens unter der Großen Koalition anschließend erfolgt. Dann schlägt das DIW vor, dass man Veräußerungsgewinne beim privaten Vermögen stärker besteuern soll; das ist auch erfolgt. Veräußerungsgewinne bei Aktien werden mittlerweile mit einer Kapitalertragssteuer belegt, es gibt keine Spekulationsfrist mehr. Und die Spekulationsfrist bei Immobilien hat man auf zehn Jahre ausgeweitet.

Das heißt, alles, was damals vorgeschlagen wurde, ist mittlerweile umgesetzt. Auch im Jahr 2005, zu Beginn der Großen Koalition, hat man wieder über die Vermögensbesteuerung diskutiert. Aber auch damals hat man sie abgelehnt, und dann ist die SPD mit dem Vorschlag einer so genannten „Reichensteuer“ gekommen. Diese „Reichensteuer“ bedeutete, dass Einkommen über 250.000 Euro mit zwei Prozent zusätzlich beim Spitzensteuersatz belegt werden; das hat man dann gemeinsam gemacht. Nur, daraus lernt man eines. All das, was immer wieder vorgeschlagen worden ist als Alternative zur Vermögensteuer, ist gemacht worden. Das heißt, der Wegfall der Vermögensteuer ist mittlerweile schon doppelt und dreifach kompensiert worden. Wir können meinetwegen noch ein viertes und fünftes Mal darüber diskutieren, um es noch weiter zu kompensieren. Dennoch bleibt es dabei: Die Vermögensteuer ist kein gutes Instrument der Besteuerung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (LINKE) : In Ihren Augen.)

Wieder werden hier einige altbekannte Dinge aufgetischt, die schlichtweg nicht haltbar sind. Es hieß, die Vermögensteuer, wie sie bis 1997 hier gegolten hat, sei weltweit und europaweit üblich. Das ist sie aber nicht. In Europa gibt es sie nur noch in der Schweiz. Ansonsten ist sie in ganz Europa abgeschafft, es gibt sie dort nicht mehr. Es gibt sie noch in Teilen der USA.

(Abg. Linsler (LINKE) : England.)

Und was sagen das DIW und die OECD wirklich? DIW und OECD sagen, dass vermögensbezogene Steuern in Deutschland mit 0,9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt relativ niedrig sind im internationalen Vergleich. Das rührt aber nicht daher, dass andere Länder so etwas kennen würden, wie wir es damals hatten mit der Vermögensbesteuerung. Das rührt daher, dass andere Länder viel höhere Grundsteuern und viel höhere Erbschaftssteuern haben, wie das DIW auch im Detail ausführt. Und das DIW führt auch aus, wie diese 20 bis 21 Milliarden, von denen Sie in Ihrem Antrag sprechen, zustande kommen sollen. Es führt zum Beispiel aus, dass die Grundsteuer in Deutschland viel zu niedrig sei, dass man die stark verbreitern und viel stärker erhöhen müsste. Und es erklärt, die Politiker würden sich aber schwertun, den Bürgern eine höhere Belastung von Wohnungen und Eigenheimen zuzumuten. Die Politiker tun sich in der Tat schwer damit, und sie tun sich zu Recht schwer damit, denn ich sehe überhaupt keinen Sinn darin, Eigenheime und Wohnungen stärker zu belasten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das DIW sieht einen weiteren Reformbedarf bei der Erbschaftsteuer, hier müsse die Bemessungsgrundlage verbreitert werden. Die Erbschaftssteuerreform der Großen Koalition sei genau in die falsche Richtung gegangen, man habe nämlich selbstgenutzten Immobilienbesitz und Betriebsvermögen zu stark entlastet. Dann frage ich Sie jetzt ernsthaft: Wollen Sie wirklich Betriebsnachfolgen erschweren, indem Sie Betriebsvermögen stärker belasten? Das hat in der Großen Koalition zumindest die SPD noch ganz anders gesehen. Wollen Sie wirklich Grundvermögen schon ab einem niedrigeren Anteil besteuern und damit Oma ihr klein Häuschen besteuern, alles, was über 50.000 oder 100.000 Euro geht? Wollen Sie das? Ich sage Ihnen ganz klar, wir wollen das nicht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das DIW erklärt weiter, dass es die Vermögensteuer sehr skeptisch sieht. Ich zitiere Stefan Bach vom DIW im Wochenbericht des Institutes vom 22. Juli 2009: „Die allgemeinen Vermögenssteuern wurden international abgebaut. Die Wiedereinführung der persönlichen Vermögensteuer auf das gesamte Vermögen oder eine Vermögensabgabe sehe ich sehr skeptisch. Die Erfahrungen wie auch die internationalen Tendenzen zeigen, dass die persönlichen Vermögenssteuern letztlich nur eine Chance haben, wenn man sie auf eine deutlich breitere Basis stellt und im Gegenzug die Steuersätze senkt. Dann reichen die Mehrbelastungen aber bis weit in die Mittelschicht hinein.“ Wollen Sie das? Wollen Sie die breite Mittelschicht, die sich vielleicht ein Häuschen vom Mund abgespart hat, belasten?

(Abg. Schmitt (CDU) )

(Zurufe von der LINKEN.)

Entschuldigung, Sie legen uns heute hier einen Antrag vor, dass Sie eine Vermögenssteuer nach dem DIW-Modell wollen. Und ich zitiere Ihnen, was das DIW dazu ausführt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Prof. Dr. Bierbaum (LINKE) : Sie müssen den Antrag schon genau lesen.)

Herr Bierbaum, ich habe Ihnen eben vorgetragen, dass das, was Sie vorschlagen, nicht das Modell des DIW ist, dass Sie uns aber das DIW-Modell zur Abstimmung stellen. Dann müssen Sie auch entsprechend unterscheiden.

(Zurufe von der LINKEN.)

Dann noch etwas. Das Bundesverfassungsgericht hat damals gesagt, Vermögensbesteuerung dürfe niemals Substanzbesteuerung sein. Alleine schon deswegen ist Ihr Antrag falsch. Das Bundesverfassungsgericht erklärte damals, die Vermögenssteuer müsse aus den Erträgen zu finanzieren sein, und diese Erträge dürften nicht mehr als zur Hälfte wegbesteuert werden. Ein fünfprozentiger Steuersatz, fünf Prozent auf die Vermögensbasis lassen sich niemals aus den Erträgen erwirtschaften, sondern gehen an die Substanz, und das ist schlichtweg verfassungswidrig.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Verfassungsgericht hat mittlerweile den Halbteilungsgrundsatz revidiert, aber es sagt immer noch, dass man nicht an die Substanz gehen darf. Eine solche Steuer ist eine Substanzbesteuerung, und die ist verfassungsrechtlich nicht zulässig.

Ich stelle fest, die Opposition weiß letztlich selbst nicht, was sie will. Das DIW schlägt vor, vermögensbezogene Steuern zu erhöhen, nämlich die Grundsteuer und die Erbschaftsteuer, und die Vermögensteuer wieder einzuführen, und zwar in einer solchen Breite, dass sie bis in die Mittelschicht hineinwirkt. Ich sage Ihnen: Damit treffen Sie kleine Eigenheimbesitzer, damit treffen Sie auch Rentner, die ein Häuschen erworben haben.

(Lachen bei der LINKEN und Zurufe.)

Sie treffen auch die Mieter, denn das wird anschließend auf die Mieten umgelegt. Das ist unsozial. Sie treffen die kleinen Leute, das wollen wir nicht.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat der Abgeordnete Reinhold Jost.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Schmitt, ich bin jemand, der Sie,

was Ihr Fachwissen insbesondere im Bereich der Bildungspolitik angeht, sehr schätzt. Ich hatte gehofft, dass wir bei diesem Punkt, über den wir heute diskutieren, immer auch im Hinterkopf haben, worum es eigentlich geht. Sie haben zu Beginn Ihres Beitrages gesagt, uns ginge es nur um eine reißerische Aufmachung, die nichts mit der Realität zu tun habe. Dann will ich versuchen, Ihnen aus meiner Sicht die Realität zumindest in groben Umrissen zu umschreiben, warum es für uns als Saarland, warum es für uns als Parlament nicht nur dringend notwendig, sondern geradezu überlebensnotwendig ist, eine solide Einnahmebasis zu haben. Dann können Sie nicht absprechen, dass die Vermögensteuer als reine Landessteuer, die noch bis 1999 etwa in einer Größenordnung von 50 Millionen Euro einen guten Teil zum Landeshaushalt beigetragen hat, zumindest diskussionswürdig ist. Wenigstens das würde ich mir an dieser Stelle wünschen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich bin gerne bereit, mit Ihnen im übertragenen rhetorischen Sinn die Klingen zu kreuzen. Jetzt sagen Sie, dass es gute Gründe dafür und dagegen gibt. Das ist wohl wahr. Sie haben aus Ihrer Sicht auf die Historie dieser Steuer hingewiesen. Ich sage Ihnen Folgendes ganz selbstkritisch; ich sage das nicht nur hier, sondern ich habe es auch intern an der einen oder anderen Stelle teilweise sehr zum Leidwesen von SPD-Mitgliedern und Funktions- und Mandatsträgern schon früher gesagt. Ich hätte mir in unserer Regierungszeit, insbesondere zu Anfang der Regierungszeit von Rot-Grün auf Bundesebene, mit der gleichen Verve, mit der gleichen Energie und Kraft, mit der wir andere Projekte auf den Weg gebracht haben - beispielsweise das Thema doppelte Staatsbürgerschaft - damals die Wiedereinführung der Vermögensteuer gewünscht. Damit hätten wir für dieses Land und insbesondere für das Saarland und die Länder wesentlich mehr erreichen können. Das sage ich ganz selbstkritisch.