Herr Ministerpräsident, die Finanzlage unseres Landes und fast aller Städte und Gemeinden im Saarland ist so verheerend, dass weitere Steuerausfälle nicht zu verkraften sind. Das wissen alle hier; das wissen Sie auch. Und ich appelliere noch einmal an Sie: Wenn man der Auffassung ist - so habe ich Sie zumindest öffentlich, zitiert vom Saarländischen Rundfunk, verstanden -, dass das Saarland hart bleiben wird, wenn wir nicht die 40 Millionen Euro Steuerausfälle ausgeglichen bekommen, wenn es so ist, wie Sie es in der Öffentlichkeit gesagt haben, dann müssen Sie das Gesetz ablehnen und dürfen nicht so tun als ob. Ein bisschen schwanger gibt es nicht; entweder - oder. Das heißt in diesem Fall: Das Gesetz muss abgelehnt werden. Wir werden als LINKE dem Antrag der SPD zustimmen. - Glückauf!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war wieder interessant zu hören, wie Herr Linsler vorgetragen hat, wie er das Steuerrecht begreift. Herr Linsler, wenn Sie es so begreifen, dass es eine Strafe für Erfolg im Leben sein soll,
kann ich nur sagen: Dann fehlt uns die Gemeinsamkeit, die notwendig ist, um ein Land demokratisch zu führen.
Der Wahlkampf im Superwahljahr 2009 war durchweg geprägt vom Thema Steuern. In den vergangenen Bundestags- und Landtagswahlkämpfen hat sich keine Partei so sehr für Steuersenkungen eingesetzt wie die FDP, und das aus gutem Grund, denn der SPD-Finanzminister Steinbrück hatte in seiner Amtszeit insgesamt 19 Steuern erhöht und dabei die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um ihren wohlverdienten Anteil am Aufschwung gebracht. Deshalb hat insbesondere die FDP fortwährend für eine steuerliche Entlastung geworben und ist dafür von den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes auch gewählt worden. Jetzt halten wir Wort, indem wir schon für das Jahr 2010 Steuersenkungen auf den Weg bringen. Gerade vor diesem Hintergrund kann ich natürlich die Verärgerung bei der SPD verstehen. Waren Sie es doch, die vor vier Jahren im Wahlkampf angekündigt hatten, die Mehrwertsteuer nicht zu erhöhen. Herausgekommen ist am Ende die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das haben viele Menschen leidvoll in ihrem Geldbeutel erfahren müssen.
Das hat insofern etwas mit der Schweinegrippe zu tun, als es eine Schweinerei ist. Das will ich Ihnen nur einmal mitgeben.
Wir haben dagegen Steuersenkungen versprochen, und genau das setzen wir nun mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz um: Wir entlasten Bürger und Unternehmen. Insofern gebe ich Ihnen recht, wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben, dass es sich bei den Steuersenkungen um Wahlversprechen handelt - aber um Wahlversprechen, die umgesetzt werden müssen. Wir machen eben nach der Wahl das, was wir den Menschen vor der Wahl versprochen haben, Herr Commerçon. Das ist unser Verständnis von Glaubwürdigkeit. Leider gilt das nicht für Sie.
(Abg. Maas (SPD) : Wen meinen Sie, Herrn Müller? - Abg. Linsler (LINKE): Nichtraucherschutzgesetz, Glaubwürdigkeit.)
(Abg. Maas (SPD) : Ich habe doch gar nicht gesagt, dass wir die Steuern senken wollen. - Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD). - Weitere Zurufe und Sprechen.)
Was haben Sie denn gesagt? Das erläutern Sie mir bitte einmal. Ich lasse gern eine Zwischenfrage zu.
Ich will nur hervorheben, dass wir in dieser Angelegenheit kein Wahlversprechen gebrochen haben können, denn wir weisen jetzt darauf hin, dass die Steuersenkungen, die im Wachstumsbeschleunigungsgesetz stehen, nach unserer Auffassung haushaltspolitisch nicht verantwortbar sind. Wir haben dies schon vor der Wahl gesagt. Ihr Koalitionspartner, Herr Müller, hat vor der Wahl erklärt, er wolle die Steuern senken, sieht jetzt jedoch dafür keinen Spielraum. Deshalb glaube ich, dass das mit der Glaubwürdigkeit weniger an uns zu richten ist als vielmehr an Ihren Koalitionspartner in der hiesigen Regierung.
Ich beziehe mich - das habe ich vorhin eindeutig ausgeführt - auf Ihr Versprechen vor der Bundestagswahl 2004, die Mehrwertsteuer nicht zu erhöhen. Nach der Wahl haben Sie sich daran beteiligt, dass sie um drei Prozentpunkte erhöht worden ist. Das brauchen wir nicht zu diskutieren.
Wachstum schafft Steuern. Das sollten Sie endlich einmal sehen. In den Jahren 2006 und 2007 hat das Wachstum zu Mehreinnahmen geführt, die Ihr Finanzminister Peer Steinbrück allerdings nicht zur Haushaltskonsolidierung genutzt hat. Und wenn Sie hier glauben, dass man mit einer Umverteilung eine größere Gerechtigkeit erreichen könne, dann sage ich Ihnen: Das ist das Prinzip, dass der, der zwei Hosen hat, dem eine gibt, der nur eine hat, damit er auch zwei hat. So können Sie keine vernünftige Finanzpolitik machen.
Auch wenn es sich bei Ihrem Antrag um einen reinen Schaufensterantrag handelt, bin ich froh darüber, dass Sie ihn in den Landtag eingebracht haben, denn diese Debatte führt den Bürgerinnen und Bürgern eines noch einmal klar und unmissverständlich vor Augen: Die SPD will keine Steuersenkungen, im Gegenteil, sie will Steuererhöhungen. Jeder, der diesem Antrag der SPD zustimmt, beschert vielen Menschen in diesem Land erhebliche Mehrbelastungen. Dazu sage ich nur: Frohe Weihnachten, liebe SPD!
Sie fordern in Ihrem Antrag die Landesregierung auf, gegen Gesetzesvorhaben des Bundes zu stimmen, die negative Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben. Dies bedeutet: Es soll nicht nur gegen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz gestimmt wer
den, sondern auch gegen Maßnahmen wie zum Beispiel das Bürgerentlastungsgesetz, die noch von der alten Bundesregierung auf den Weg gebracht worden sind, wenn sie negative Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem auch die Wiedereinführung der Pendlerpauschale und die bessere steuerliche Anerkennung von Krankenversicherungsbeiträgen. Sie haben damals mit uns gemeinsam gefordert, die Pendlerpauschale wieder einzuführen. Haben Sie Ihre Meinung jetzt geändert? Soll die Pendlerpauschale erneut abgeschafft werden? Dazu müssen Sie sich noch erklären.
Insgesamt werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zum 01. Januar 2010 um 24 Milliarden Euro entlastet. Ein großer Teil der Entlastungsmaßnahmen wurde noch von der Großen Koalition beschlossen.
Diese Entlastung war Ihrer Meinung nach in Ordnung, meine Damen und Herren von der SPD. Jetzt regen Sie sich aber auf und sagen, die darüber hinausgehende Entlastung, die mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen wurde, sei falsch. Das müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern noch einmal erklären. Diese zusätzliche Entlastung ist nämlich notwendig. Ich will das auch erläutern. Beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz geht es vor allem um die finanzielle Stärkung von Unternehmen, damit sie Arbeitsplätze erhalten und schnell auf einen Wachstumspfad zurückkehren können. Ich verdeutliche dies an zwei Beispielen aus diesem Gesetz.
Beim sogenannten Mantelkauf geht es ausschließlich um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Wenn beispielsweise eine Konzernmutter an einer GmbH mit 25 Prozent beteiligt ist und die GmbH von der Insolvenz bedroht ist, kann man entweder die Insolvenz eintreten lassen, oder die Konzernmutter kann die restlichen 65 Prozent Anteile aufkaufen. Nach dem neuen Gesetz soll es so sein, dass die Schulden der GmbH bis zur Höhe ihrer stillen Reserven mit ihrem Eigengewinn verrechnet werden können. Dies bedeutet eine Rettung von Unternehmen und Arbeitsplätzen. Das gibt es allerdings auch schon heute, denn es stand so im Konjunkturprogramm I. Als CDU und SPD dies in der Großen Koalition in Berlin gemeinsam beschlossen haben, fanden Sie das alles toll und richtig. Jetzt, da CDU und FDP diese Regelung über den 31. Dezember 2009 hinaus verlängern wollen, weil die Krise noch nicht beendet ist, ist es plötzlich ein Werk des Teufels. Da muss man sich also schon entscheiden, was man sagt und was man tut.
Das Gleiche gilt für die Zinsschranke. Die Zinsschranke von drei Millionen Euro, die auf größere mittelständische Unternehmen begrenzt ist und somit gerade nicht für Großunternehmen konzipiert wurde, ist heute schon Gesetz. Sie ist ebenfalls im Rahmen des Konjunkturprogramms I von CDU und SPD beschlossen worden. Jetzt, da CDU und FDP die Regelung über den 31. Dezember 2009 hinaus verlängern wollen, weil die Krise eben noch nicht vorbei ist, ist das plötzlich alles falsch. Sie bekämpfen diese Regelung.
Wenn die neue Bundesregierung sinnvolle Gesetze verlängert, die Sie damals mitbeschlossen haben, und Sie diese Verlängerung anschließend kritisieren, kann ich nur sagen, dass Sie vollkommen zu Recht in die Opposition geschickt wurden. Mit seriöser Politik hat das nichts zu tun. Ihre Politik schafft es nicht, Arbeitsplätze in diesem Land zu erhalten. Deshalb ist es gut, dass die neue Bundesregierung die bisher beschlossenen steuerlichen Entlastungen durch wachstumsfördernde Elemente ergänzt und damit eine Grundlage für einen sich selbst tragenden Aufschwung schafft. Wenn Sie also Aufschwung wollen, müssen Sie diesen Antrag ablehnen. Das wird die FDP-Fraktion tun. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann und werde meinen Redebeitrag zu diesem Antrag der Sozialdemokraten kurz halten. Es ist recht klar, dass wir über einen echten Schaufensterantrag reden und über sonst nichts. Sie, Herr Heiko Maas, können wie alle anderen in diesem Lande seit mehreren Wochen vernehmen, wie die Koalition in Sachen Abstimmungsverhalten zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz steht. Wir werden es ablehnen. Das ist klar. Trotzdem stellen Sie hier einen Antrag, um uns zu dem aufzufordern, was wir ohnehin tun werden. Das ist blanker Unsinn. Deshalb werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. Es ist ein reiner Schaufensterantrag. Wir brauchen keine Schaufensteranträge von Ihrer Seite, um uns in unserem Tun, das wir nach außen bereits artikuliert haben, noch zu unterstützen.
Sie haben eben versucht, den Eindruck zu erwecken, der Ministerpräsident hätte in den letzten Wochen nach außen eine andere Linie vertreten als diejenige, die er heute wiederholt hat und die ihren Niederschlag auch in der Bundesratsabstimmung finden wird. Dort wird das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom Saarland abgelehnt werden.
Wir haben einen Koalitionsvertrag. Bestandteil dieses Vertrages ist es, dass natürlich jeder der drei Partner für sich das Recht in Anspruch nehmen kann, eine Enthaltung im Bundesrat zu fordern, was ja eine Ablehnung bedeutet. Wir als Grüne lehnen dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz ab, was auch vielfach kommuniziert worden ist, wie Sie wissen. Es gibt hier auch einen Unterschied zwischen den Freien Demokraten und den Grünen. Aber das ist innerhalb einer Koalition eine völlig normale Sache. Wir haben eine völlig andere Position. Wir haben grundsätzlich ein großes Problem mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, weil wir die nicht unberechtigte Befürchtung haben, dass die Steuerausfälle, die es auf Bundesebene geben wird, nicht durch Wachstum kompensiert werden. Das ist eine andere Frage. Das haben wir in diesem Hause auch nicht zu entscheiden.
Wir haben eine Koalition auf Landesebene und nicht auf Bundesebene. Wir haben eine andere Sichtweise der Dinge. Klar ist aber - und das sagt Peter Müller seit einigen Wochen -, dass das Saarland nicht zustimmen kann, egal wie man zu dem Gesetz im Detail auf Bundesebene steht.
Denn wir haben massive Einnahmeausfälle in Höhe von über 45 Millionen Euro zu befürchten. Dieses Geld wird, wenn das Gesetz durchkommt, im Saarland für all die positiven Projekte, die wir in den Bereichen Bildung, Soziales und Energie vereinbart haben, einfach fehlen. Das ist der Grund. Darum haben wir als Grüne gesagt: Wir vertreten hier die gleiche Linie wie die Christdemokraten. Wir können dem nicht zustimmen. Das wird am Freitag im Bundesrat auch so umgesetzt. Ihr Antrag war insofern vollkommen überflüssig.
Herr Maas, bei Ihren Zwischenrufen in der Rede von Herrn Hinschberger musste ich ein wenig schmunzeln. Es ist der Ausdruck „Wortbruch“ gefallen. Die Sozialdemokraten stehen neben Frau Ypsilanti immer noch für einen der größten Wortbrüche in dieser Republik - bei der Mehrwertsteuererhöhung im Jahre 2004.