Protocol of the Session on December 17, 2009

Das Wort hat Herr Abgeordneter Christoph Kühn.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen setzen wir heute eine weitere Vereinbarung aus unserem Koalitionsvertrag um. Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, dass wir nicht nur zum Sommersemester 2010 die Studiengebühren abschaffen, sondern übrigens auch für die Promotionsstudiengänge, Frau Kollegin Spaniol. Sie haben es eben gehört, vielleicht wissen Sie es jetzt. Wir werden den Hochschulen den Wegfall der Gebühren durch einen entsprechenden finanziellen Ausgleich ersetzen. Damit steht den Hochschulen nach der Umsetzung ebenso viel Geld zur Verbesserung der Lehre zur Verfügung, wie dies heute der Fall ist. Und dies wurde bereits jetzt schon - vielleicht ist das ja das große Problem für Sie - in einem fairen Dialog mit den Hochschulen ausgearbeitet und ausgehandelt. Für uns als Liberale ist es besonders wichtig, dass angemessene und gute Studienbedingungen vorhanden sind. Dies setzt eine angemessene finanzielle Ausstattung der Hochschulen voraus. Dies gewährleistet der gemeinsam eingebrachte Gesetzentwurf und ich bitte daher um Ihre Zustimmung.

Im Hinblick auf den Bologna-Prozess mit seiner Neuorganisation der Studiengänge an unseren Hochschulen gibt es sicherlich Einigkeit in zentralen Fragen, denn insgesamt begrüßen alle die Ziele des Bologna-Prozesses. Ebenso ist jedoch klar, dass es bei der konkreten Ausgestaltung der Studiengänge nach Bologna Reformbedarf gibt. Wir möchten deshalb die Bologna-Beschlüsse reformieren und das Bachelor-Studium im Allgemeinen studierendenfreundlicher gestalten. Wir möchten einen optimalen Einstieg ins Berufsleben gewährleisten. Wir möchten die Studierenden fordern, wir möchten sie aber auch nicht überfordern. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Wir haben ein offenes Ohr für die Demonstranten; auch für die 350 Demonstranten, die in Saarbrücken auf der Straße waren. Minister Hartmann hat als eine seiner ersten Amtshandlungen das Gespräch gesucht. Kollege Commerçon, ich hoffe Sie gestehen ihm zu, dass er dort nicht zu Fuß hingeht, denn es hat an diesem Tag geregnet. Und zu Ihrer Aussage „mit dem Dienstwagen“ muss ich Ihnen sagen, als Fraktionsvorsitzender hatte er bereits einen Dienstwagen. Er hat sich diesbezüglich nicht verbessert. Aber ich denke einmal, das ist eher eine Neidfrage, weil in diesem Dienstwagen niemand Ihrer Fraktion sitzt. Ich denke, da liegt letztendlich das Problem.

(Beifall bei CDU und FDP.)

Die Koalitionsfraktionen stehen den Vorschlägen, Problemen und Anregungen der Studierenden jederzeit offen gegenüber. Jede Beschwerde oder Anregung muss ernst genommen werden. Sie muss geprüft werden, und wenn sie ihre Berechtigung hat, müssen wir Lösungen angehen. Dies geht jedoch nur in gemeinsamer Zusammenarbeit mit den Hochschulen, den Dozenten, Herr Professor Bierbaum, zu denen Sie auch gehören und den Studierenden. Und dafür stehen auch wir. Bildung und die Chancengleichheit in der Bildung genießen bei uns Liberalen und bei unseren Koalitionspartnern hohe Priorität.

Ich komme nun zum Antrag der SPD. Ich habe beim ersten und auch beim zweiten Lesen - ich habe ihn sogar einmal mehr gelesen als der Abgeordnete Commerçon unsere Anträge gelesen hat - festgestellt, dass das ziemlich lau ist. Der Vorschlag im SPD-Antrag, eine unabhängige Clearingstelle einzurichten, bringt weitere Kosten und mehr Bürokratie, ohne dass es viel bringen würde. Das muss und das darf aus unserer Sicht nicht sein.

(Beifall bei FDP und CDU.)

Aus diesen Gründen lehnen wir den Antrag der SPD-Fraktion ab. Der Antrag der LINKEN lag uns heute leider erst kurzfristig vor.

(Zurufe.)

Es ist so und deshalb stimme ich hier einmalig auch dem Kollegen Commerçon zu: auch der war ziemlich mau. Der Antrag der Regierungskoalition ist der weitestgehende Antrag.

(Abg. Spaniol (LINKE) : Weitestgehend nebulös!)

Darin finden sich Maßnahmen, durch die wir für die Studenten wirklich spürbare Verbesserungen erreichen. - Durch ständige Zwischenrufe wird die Qualität Ihres Vortrages letztendlich auch nicht besser. Eine bessere Vernetzung der Hochschulen im SaarLor-Lux-Raum könnte zur Schaffung gemeinsamer Studiengänge und einheitlicher Studieninhalte ein erster Schritt im Sinne unserer Studierenden sein. Dadurch können sie sich in der Großregion freier und flexibler bewegen. Auch eine flexible Dauer und ein Loslösen von der strengen Einhaltung der 6-Semester-Regelung muss überprüft werden. Des Weiteren müssen die Studenten in der Lage sein, ihr Studium flexibler zu gestalten. Dies jedoch ohne Qualitätsverlust der Ausbildung. Es herrscht ja Einigkeit darüber, dass ein besserer Übergang vom Bachelor zum Master realisiert werden muss. Jeder Student mit einem qualifizierten Bachelor-Abschluss muss bei Bedarf einen Masterstudienplatz erhalten. Nur so ist es auch in Zukunft möglich, unsere Leistungsfähigkeit zu erhalten beziehungsweise zu steigern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits gesagt, wir müssen die Proteste unserer Studenten ernst nehmen und als Zeichen für den Reformbedarf werten. Wir dürfen aber nicht an Bologna zweifeln. Generell ist Bologna richtig. Der Prozess wurde vielleicht in den ersten Jahren seit 1999 von der damaligen Bundesregierung - übrigens mit einem SPDKanzler - etwas verschlafen. Generell ist Bologna aber richtig. Es bedarf einer Nachbesserung und einer Feinjustierung. Von daher bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Claudia WillgerLambert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute in der Tat eine ganz zentrale Frage für unser Land. Wir diskutieren hier Bedingungen sowohl für die Studierenden als auch für die Hochschulen. Das sind natürlich Fragen, die etwas mit der Innovationsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten unserer Hochschulen zu tun haben. Von daher tut es mir sehr leid, dass diese Diskussion mit derart wenig Ernsthaftigkeit vonseiten der Opposition geführt wird.

(Beifall bei CDU und B 90/Grüne.)

Hier beginnen heute ganz zentrale Veränderungen. Die Regierungskoalition beginnt mit diesen Veränderungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, der überhaupt denkbar ist. Die Opposition verspricht uns zwar, Unterschiede zu benennen. Wenn sie das verspricht, muss sie aber erst einmal bei der Realität ankommen. Und bei der Realität ankommen kann man am besten, indem man zuerst einmal mit etwas Genauigkeit liest. Es ist gerade unsere Aufgabe, einen Gesetzestext entsprechend genau zu lesen. In diesem Gesetzestext steht drin, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Wenn diese Erfolge für die Studierenden vonseiten der Opposition kleingeredet werden sollen, dann wird sie den Studierenden und ihren Protesten nicht im Geringsten gerecht und nehmen die Anliegen nicht ernst.

(Beifall bei CDU und B 90/Grüne.)

Die Erfolge für wissenschaftliche Bildung und Forschung, die wir heute beginnen und die uns im Hinblick auf die finanzielle Situation des Landes auch nicht gerade leicht fallen, sind Erfolge, die Sie nicht einfach wegschreien oder wegzischeln können. Auch Sie müssen darüber entsprechend seriös kommunizieren. Die Frage, was passiert mit den Langzeitstudierenden ist dabei offen, gerade weil sich die Studiengänge verändert haben und weil zu überprüfen ist, inwiefern Derartiges zu den neuen Verhält

nissen passt. Auch die Frage des Zweitstudiums ist offen - das wird in unserem Bologna-Antrag auch sehr deutlich -, weil wir klar sagen, wir wollen die Hochschulen für beruflich Qualifizierte und auch für weitere berufliche Qualifikation öffnen. Die Promotion ist immer noch studiengebührenfrei. Das soll auch so bleiben.

Dass uns Bologna auch in eine tiefe Krise geführt hat, dass diesbezüglich Veränderungen anstehen, ist ebenso klar und wird in unserem Antrag entsprechend gewürdigt. Wir verknüpfen damit ganz wichtige und zentrale Reformziele: Wir wollen die Weiterentwicklung der Studiengänge hin zu Studiengängen, in denen die Studierenden wieder im Mittelpunkt stehen. Wir wollen eine höhere Betreuungsintensität in den Bachelor-Studiengängen erreichen. Und wir wollen etwas dazu beitragen, dass ein echter europäischer Hochschulraum entsteht. Deswegen haben wir in unserem Antrag insbesondere auch die Universität der Großregion herausgestellt. Wir können doch hier im Saarland - insbesondere, wenn es um die Handlungsspielräume geht, die wir im Land haben und die wir im Land zu vertreten haben - nicht irgendwelchen Anträgen zustimmen, die noch nicht einmal die Universität der Großregion aufgreifen! Wir können nicht Anträgen zustimmen, die die Idee der Universität der Großregion nicht berücksichtigen und daher auch nicht die in diesem Ansatz steckenden Chancen der Weiterentwicklung nutzen wollen!

(Beifall von B 90/GRÜNE und der CDU.)

Die zweite Sache, die ebenfalls ganz wichtig ist, ist die soziale Dimension. Wir können nicht über die soziale Dimension sprechen, ohne dass auch das gesellschaftliche Engagement von Studierenden gewürdigt wird. Das ist übrigens auch vonseiten der Opposition im Wahlkampf immer wieder versprochen worden, allerdings hält man sich nun nicht mehr daran: In Ihren Anträgen steht überhaupt nichts zu dieser sozialen Dimension, zum gesellschaftlichen Engagement. Bei der LINKEN findet sich das nur noch unter einem Spiegelstrich in dem Sinn, es sei bei Stipendien zu berücksichtigen. Das reicht nach meiner Meinung überhaupt nicht. Auch deshalb werden wir Ihre diesbezüglichen Anträge ablehnen; unser Antrag ist einfach der weitergehende.

(Abg. Spaniol (LINKE) : Weitergehend? Weitgehend nebulös ist er!)

Er wird sehr viel besser den Bedürfnissen, die wir vor Ort haben, gerecht, und er wird sehr viel besser auch der Anforderung gerecht, Studierende wieder in den Mittelpunkt zu stellen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Kühn (FDP) )

Das Wort hat Herr Minister Dr. Christoph Hartmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalition hat sich entschlossen, in zwei Schritten mit dieser Herausforderung umzugehen. In einem ersten Schritt legen die Regierungsfraktionen heute einen Gesetzentwurf vor, der die Abschaffung der Studiengebühren für das Erststudium vorsieht. Warum gehen wir in zwei Schritten vor? Wir gehen in zwei Schritten vor, weil der zweite Teil - er betrifft die Frage der Kompensation - ein relativ kompliziertes Geschäft ist. Ab dem 10. Januar beginnen die Rückmeldefristen. Normalerweise müssten - so war das bisher - schon mit der Rückmeldung an den Hochschulen die Studiengebühren gezahlt werden. Es macht natürlich keinen Sinn, dass sich ab dem 10. Januar Studierende zurückmelden, wohl wissend, dass die gerade gezahlten Studiengebühren abgeschafft werden. Ein paar Wochen oder Monate später müssten die Studiengebühren, die gezahlt worden sind, wieder zurückerstattet werden. Würde man so verfahren, würde man erstens eine unnötige Vorfinanzierungsnotwendigkeit und zweitens eine unnötige Bürokratie schaffen. Daher gibt es dringenden Handlungsbedarf, und es ist notwendig, in dieser Frage schnell voranzukommen.

Frau Willger-Lambert hat schon darauf hingewiesen, dass der nun gewählte Weg die schnellste Möglichkeit darstellt, das Ziel zu erreichen. Für diesen Hinweis bin ich sehr dankbar. Wir fangen daher heute mit einem ersten Schritt, mit der Abschaffung der Studiengebühren, an. In einem zweiten Schritt werden wir die Kompensation regeln.

Ich will sehr deutlich darauf hinweisen, dass dieses Verfahren abgestimmt ist mit den Hochschulen. Das nervt Sie vielleicht, es ist aber nun einmal so: Die Hochschulen, alle vier Hochschulen, begleiten uns konstruktiv bei diesem Prozess. Alle vier Hochschulen haben ihre Zustimmung zu diesem Prozess gegeben. - Auch das sollte an dieser Stelle einmal sehr deutlich gesagt werden.

Nun zeigt sich ja der eine oder andere Redner der Opposition sehr echauffiert, wenn es um die Gebühren für ein Zweitstudium oder um Langzeitstudiengebühren geht. Sollte das wirklich das große Thema sein? Ich muss mich jetzt wirklich mal outen als Pressesprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Amüsiertes Lachen bei der LINKEN und der SPD.)

Ich frage: Wo sind denn die Massendemonstrationen vor dem Landtag? Wo sind die Massendemonstrationen, bei denen gesagt wird: „Was ist das nur für eine maximale Schweinerei, dass lediglich 90 Prozent der Studiengebühren abgeschafft werden,

die letzten zehn Prozent aber nicht abgeschafft werden! Das ist ja furchtbar! Das ist ja ein Drama!“? Ich schaue aber aus dem Fenster, und aus irgendwelchen Gründen finden sich dort nicht diese Massendemonstrationen! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, machen Sie also doch nicht ein solches Bohei, für das es überhaupt keinen Anlass gibt!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Der von der SPD und der LINKEN vorgelegte Gesetzentwurf ist, im Gegensatz zu unserem Gesetzentwurf, mit den Hochschulen nicht abgestimmt.

(Abg. Commerçon (SPD) : Aber mit den Studierenden!)

Und nicht nur, dass er nicht abgestimmt ist - er liegt auch nicht im Interesse der Hochschulen! Denn er nimmt -

(Abg. Commerçon (SPD) : Mit den Studierenden abgestimmt!)

Ja, darüber können wir uns gerne unterhalten. Er nimmt, Kollege Commerçon, den Hochschulen jede Möglichkeit -

(Abg. Commerçon (SPD) : Die Hochschulen sind für die Studierenden da!)

- - jede Möglichkeit, Gebühren zu erheben, beispielsweise auch für ein Weiterbildungsangebot. Wollen Sie wirklich den Hochschulen in diesem Land verbieten, Weiterbildungsangebote zu machen, die gebührenpflichtig sind? Das steht nämlich in Ihrem Gesetzentwurf drin! Für Weiterbildungsangebote dürften die Hochschulen keine Gebühren erheben. Damit nähmen Sie unsere Hochschulen aus dem Feld der Weiterbildungsanbieter heraus. Das kann ja wohl nicht Sinn der Übung sein!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Sie schreiben des Weiteren in Ihren Antrag, die Kompensation solle nur für die Verbesserung von Studium und Lehre eingesetzt werden und dürfe deswegen nicht kapazitätsrelevant sein. Wenn man dieses Ziel anstrebt, genügt es rechtlich aber nicht, das nur mit einem Satz in den Entwurf zu schreiben! Würde Ihr Gesetzentwurf durchgehen, würde genau das, was Sie erreichen wollen, nicht erreicht! Das Nichtgelten der Kapazitätsrelevanz würde durch die rechtliche Ausformulierung, die Sie verwendet haben, konterkariert. Sie würden den Hochschulen auch an dieser Stelle schaden, weil das jedem die Möglichkeit geben könnte, sich einzuklagen. Das kann ja eigentlich auch nicht in Ihrem Interesse sein, mal ganz abgesehen davon, dass es nicht im Interesse der Hochschulen sein kann.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Sie haben uns hier auch erklärt, wie schlimm doch die Ergebnisse dieses Bildungsgipfels wären.

(Abg. Commerçon (SPD) : Es gibt keine!)

Kollege Commerçon ruft dazwischen: Es gibt keine Ergebnisse! - Ich darf Ihnen die Frage stellen: Wer hat denn eigentlich an diesem Bildungsgipfel teilgenommen? Der Ministerpräsident des Saarlandes war dort anwesend. Aus Sicht der Opposition ist es natürlich furchtbar, dass er als Vertreter dieser Jamaika-Koalition dem zugestimmt hat. Wenn ich nun nicht völlig falsch informiert bin, so hat aber doch auch der eine oder andere SPD-Ministerpräsident dort zugestimmt! Und dort war sogar ein Vertreter der Linkspartei! Herr Wolf aus Berlin war als Vertreter von Herrn Wowereit dort und hat ebenfalls zugestimmt! Meine Güte! Es war also nicht nur der schlimme Peter Müller, nein, es waren auch ganz andere schlimme Menschen, die Sozialdemokraten und Linkspartei-Menschen sind!

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)