Protocol of the Session on March 21, 2012

(Beifall bei der LINKEN.)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Christoph Kühn von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Gute Arbeit für das Saarland“ „gute Arbeit sichert Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe“. Wenn man die Forderungen in beiden Anträgen so liest, dann könnte man eigentlich glauben, die SPD hätte heute zwei Anträge abgegeben. Aber wie wir gehört haben, ist das weit gefehlt, denn der Antrag „Gute Arbeit für das Saarland“ ist von den GRÜNEN. Interessant ist: Alle Forderungen, die dort aufgestellt worden sind, hat die Fraktion B 90/GRÜNE in der letzten Legislaturperiode komplett abgelehnt. Ich sage: Wahlkampf ja, Glaubwürdigkeit sieht aber leider anders aus, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/ GRÜNE).)

Kollege Ulrich, dies ist meine letzte Rede. Ich werde einiges missen, aber Ihre Zwischenrufe werde ich nach dieser Legislaturperiode garantiert nicht missen.

(Beifall und Lachen.)

Die Spannbreite der Forderungen in den vorliegenden Anträgen liest sich wie das Who’s who der letzten Monate oder Plenarsitzungen. Es reicht vom gesetzlichen Mindestlohn über ein neues Tariftreuegesetz bis hin zu einer verbindlichen Frauenquote; schließlich wird sogar eine Individualversteuerung gefordert. Wie gesagt, ging es in den letzten Monaten querbeet. Das Thema Mindestlohn hatten wir in der letzten Legislaturperiode fünfmal oder sechsmal behandelt. Die FDP stand und steht auch weiterhin für guten Lohn für gute Arbeit.

Die FDP lehnt aber die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns weiterhin ab, denn auch ein anfangs niedriger gesetzlicher Mindestlohn würde aufgrund parteipolitischer Überbietungswettbewerbe in Wahlkämpfen - wie zum Beispiel jetzt - zum Spielball der Politik und der Politiker werden und somit schneller als die Durchschnittslöhne wachsen. Wir können es in Frankreich oder

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

Großbritannien sehen. Die Lohnfindung ist Aufgabe der jeweiligen Tarifpartner. Die haben diese Aufgabe in den vergangenen Jahren gut erfüllt. Frau Kollegin Ries hat eben die NGG angesprochen. Diese hat jetzt am Montag einen sehr guten Abschluss erzielt.

(Abg. Ries (SPD) : Da steht immer noch die Lohngruppe mit 6 Euro drin.)

Die Leute müssen von ihrem Gehalt leben können dahin müssen wir -, aber ein gesetzlicher Mindestlohn ist dafür nicht das richtige Instrument. Die Lohnfindung durch die Tarifpartner ist ein bewährter Grundsatz. Zu diesem Grundsatz stehen wir Liberale auch weiterhin.

In den Anträgen fordern die GRÜNEN einen Änderungsentwurf für ein Tariftreuegesetz mit wirkungsvoller Nachkontrolle. Dass die SPD das fordert, ist nur konsequent. Dass die GRÜNEN es fordern, ist putzig. Putzig - das haben wir schon einmal gehört. Das Tariftreuegesetz wurde nämlich durch die Fraktionen von CDU, FDP und B 90/GRÜNE eingebracht und verabschiedet. Ich zitiere die Kollegin - sie hieß damals noch Willger-Lambert -: „Ich bin jedenfalls froh, dass wir heute dieses Gesetz verabschieden. Es ist ein umfassendes Gesetz, umfassender als das, was ich vorher für möglich gehalten habe, weil es Bau-, Liefer- und Dienstleistungsverträge beinhaltet. Ein fairer Wettbewerb ist gewährleistet.“

(Zuruf: Wer hat das gesagt?)

Das war eine Kollegin, die gar nicht so weit von Ihnen entfernt sitzt. - Zweitens ist putzig, dass die GRÜNEN einen Stellenabbau im öffentlichen Dienst fordern; sie wollen aber mit ihrer Forderung unnötige Bürokratie weiter aufbauen. Wir Liberale - das sage ich auch; darin sind wir geradlinig - stehen weiterhin zu dem Tariftreuegesetz der Jamaika-Regierung. Wir brauchen auch keine staatlichen Eingriffe, wo dies nicht notwendig ist. Aus liberaler Sicht ist es ein unnötiges und aufwendiges Verfahren, bei dem die Kosten den Nutzen weit überschreiten. Auch sollten wir arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Instrumente nicht mit wirtschaftspolitischen verquicken.

Warum Leiharbeit? Warum Zeitarbeit? Fluch oder Segen? Mit der Leiharbeit können Unternehmen flexibel auf Auftragsschwankungen und Auftragsspitzen reagieren. Leiharbeit ist ein wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument, um Menschen in Arbeit zu bringen, denn 60 Prozent der Leiharbeitnehmer waren vorher nicht regulär beschäftigt. Aber sie darf auch - das sage ich ausdrücklich - kein Mittel zur Ersetzung von Stammbelegschaft oder für eine Lohndifferenzierung nach unten sein.

Wir Liberale stehen auch zu Equal Pay. Aus unserer Sicht sollten Leiharbeiter nach einer Probezeit von neun Monaten den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten. Das ist fair und stärkt die Leihar

beit. Sie ist ein flexibles Instrument, um Menschen in Arbeit zu bringen.

Wenn wir den bunten Strauß der Forderungen weiter betrachten, kommen wir zur Frauenquote. Die FDP-Fraktion ist dafür, dass Frauen auf allen Ebenen in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung repräsentativ vertreten sind.

(Abg. Ries (SPD) : Warum habt Ihr keine für den Landtag aufgestellt?)

Aber wir sprechen uns im Sinne der Frauen gegen eine Quote aus, denn eine Quote diskriminiert. Studien haben bewiesen, dass sich ein hoher Anteil an weiblichen Führungskräften positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens auswirken kann. Wir Liberale setzen daher auf die Kraft des Marktes, denn Erfolgsmodelle werden von anderen Unternehmen kopiert.

(Sprechen.)

Meine Damen und Herren, die vorliegenden Anträge stellen eine Überbietung an sozialdemokratischen Forderungen dar, denen sich die GRÜNEN und zum Teil die CDU angeschlossen haben. Wir - die FDP werden uns an diesem Überbietungswettbewerb nicht beteiligen und aus diesem Grund die Anträge ablehnen.

Ich mache es wie der Kollege Hinschberger vorhin auch. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies war heute meine letzte Rede in diesem Hause. Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren für mich spannend, interessant und ereignisreich. Es gab schöne, aber auch weniger schöne Momente. Es war stets ein hartes, aber auch ein faires Ringen um Entscheidungen zum Wohle der Saarländer und Saarländerinnen. Ich habe Sie, meine Damen und Herren, als aufrichtige Kollegen und Kolleginnen kennen und schätzen gelernt. Denen, die dem nächsten Landtag wieder angehören, wünsche ich eine glückliche Hand zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, zu denen ich dann auch wieder gehöre. Denen, die dem Parlament nicht mehr angehören, wünsche ich alles Gute für ihre private und berufliche Zukunft. Danke.

(Beifall des Hauses.)

Das Wort hat nun Frau Willger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit unserem Antrag „Gute Arbeit für das Saarland“ haben wir eins zu eins SPDForderungen übernommen, und zwar als Kompromiss und wohl wissend, dass sowohl die LINKE als auch die GRÜNEN ganz andere Positionen vertre

(Abg. Kühn (FDP) )

ten. Und es ging einfach auch darum, dass wir mit SPD-Forderungen das zur Abstimmung stellen wollten, was wir jetzt gemeinsam verabschieden könnten. Uns geht es dabei insbesondere um die Abstimmung im Bundesrat am 30. März. Dafür hätten wir heute ein Signal senden können. In diesen Antrag haben wir gemeinsame Schnittmengen aufgenommen und nicht alles gemeinsam gemacht.

(Zuruf des Abgeordneten Maas (SPD).)

Ich habe diesen Antrag insbesondere so gestellt, weil ich es für unmöglich gehalten habe, dass die SPD ihre eigenen Forderungen ablehnen wird. Das war am Montag im Frauenrat ebenso. Da hat die Vertreterin der SPD, Frau Zieder-Ripplinger, eigentlich Zustimmung signalisiert. Von daher hatte ich durchaus die Hoffnung, dass sich die SPD einfach an das hält, was sie hier gesagt hat. Frau Barbara Spaniol war ebenfalls anwesend. Auch sie kann das noch einmal sagen.

(Zurufe des Abgeordneten Maas (SPD).)

Aber offensichtlich hat die SPD Spaß daran, ihre eigenen Forderungen zu verraten und ad absurdum zu führen. Vor diesem Hintergrund, meine sehr geehrten Damen und Herren, ziehe ich unseren Antrag zurück,

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) )

denn er ist ein Kompromissantrag, der die SPD-Forderungen enthält. Unsere umfassenderen Forderungen zu den Themen Equal Pay, Werkverträge, Leiharbeit und Mindestlohn sind längst hier eingebracht und werden debattiert. Und ich denke auch nicht, dass es irgendeinen Sinn macht, nach der Wahl eine umfassende Anhörung durchzuführen, wohl wissend, dass alles dem Grundsatz der Diskontinuität unterfällt.

(Zuruf.)

Diejenigen, die an dieser Anhörung teilnehmen, sind im neuen Landtag wohl nur noch teilweise vertreten. Aus der Anhörung können überhaupt keine Konsequenzen gezogen werden, weil sich ein neuer Landtag konstituieren wird, und ich halte es für eine Unverschämtheit, die Energie der Verbände und Organisationen so zu missbrauchen.

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Wenn man mit dem Thema stilvoll umgehen und es ernst nehmen würde, würde man einsehen, dass sich der neue Landtag damit zu beschäftigen hat. Dann hat dieser Landtag eine Anhörung zu organisieren, er hat dann mit den entsprechenden Verbänden etwas zu tun.

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Jung (SPD) und Maas (SPD).)

Von daher halte ich das wirklich für eine Farce. Sie werden damit der Problematik in keiner Weise gerecht. Sie bringen hier ein schwieriges Thema unter die Räder und behandeln es, als sei es ein Leichtgewicht, Herr Maas. Das finde ich eine Schande.

(Beifall bei B 90/GRÜNE.)

Die nächste Wortmeldung kommt vom Fraktionsvorsitzenden Meiser, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Willger, es wird Ihnen nicht gelingen, die Koalitionsverhandlungen auf den heutigen Tag vorzuziehen. Wir haben in der kommenden Woche das ist nun einmal so - eine Ausschusssitzung. Beim gegenwärtigen Debattenstand macht es großen Sinn, die Anträge gemeinsam in den zuständigen Ausschuss zu überweisen und dann in Ruhe und Gelassenheit zu diskutieren. Sie haben recht: Die Diskussion wird sich in einem neuen Landtag fortsetzen. Deshalb darf ich den entsprechenden Antrag stellen. - Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Meine Damen und Herren, Sie haben die Ausführungen der Abgeordneten Willger von den GRÜNEN und des Fraktionsvorsitzenden Meiser von der CDU gehört. Der Antrag der GRÜNEN - Drucksache 14/718 - ist zurückgezogen. Somit bleibt es dabei, dass die Anträge Drucksachen 14/727 und 14/733 in den zuständigen Ausschuss überwiesen werden sollen. Das ist der Antrag, der eben gestellt wurde; es ist der weitergehende Antrag. Ich lasse darüber abstimmen. Wer für die Überweisung in den Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass die Anträge Drucksachen 14/727 und 14/733 einstimmig in den zuständigen Ausschuss überwiesen wurden. Enthalten hat sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, bevor wir zu den nächsten Tagesordnungspunkten kommen, darf ich mich von dieser Stelle als Vizepräsident des Landtags verabschieden. Sie wissen ja, dass ich nicht mehr für den saarländischen Landtag kandidiere. Für mich gilt natürlich das Gleiche wie für meine Fraktionskollegen Christoph Kühn und Horst Hinschberger: Ich bedanke mich zunächst einmal ganz herzlich für das, was ich hier in diesem Landtag erleben durfte.

(Heiterkeit und Beifall.)

(Abg. Willger (B 90/GRÜNE) )

Diese Zusammenarbeit hat sehr viel Freude gemacht. Ich bin auch mit mir im Reinen. Ich denke, dass ich jeder Fraktion die gleichen Chancen gelassen habe und dass ich sie fair behandelt habe.

(Zuruf.)