Wir müssen einen repräsentativen Tarifvertrag haben und wir brauchen sinnvolle Nachkontrollen. Ohne Kontrolle ist das Gesetz nur Makulatur. Das ist ein weiterer Aspekt für öffentliche Auftragsvergabe unter dem Label „gute Arbeit“.
Ich komme zum Thema Wirtschaftsförderung, das natürlich sehr spannend ist. Wir wissen schon länger, dass Zeit- und Leiharbeit leider in manchen Bereichen nicht mehr zum Abdecken von Spitzen gebraucht werden, sondern dass es darum geht, Stammbelegschaften auszuwechseln. Ein ganz berühmtes Beispiel, wo es allerdings eine Auseinandersetzung gab und es wieder zurückgeschraubt wurde, war BMW in Leipzig. Jetzt ist man bei BMW sicherlich nicht notleidend, man ist dort auch nicht schwach gewerkschaftlich organisiert. Man ist über die IG Metall organisiert. BMW wollte es zum Geschäftsmodell in Deutschland machen, dass man quasi nur noch Vorarbeiter hat und ansonsten die Belegschaften rotieren. Wenn dies so geschehen würde, würden wir unseren gesamten Arbeitsmarkt so durcheinander bringen, dass das nichts mehr mit dem Modell von Ludwig Erhard oder Willy Brandt zu
tun hätte. Bei BMW ist man von diesem Modell auch wieder abgekommen. Als sich die Dinge rundgesprochen hatten und man gesehen hat, welche Fehlerquoten die Produktion hatte, ist man ein Stück weit davon abgekommen.
Wir haben aber Branchen, wo es leider noch gängige Art ist, über Leiharbeit und neuerdings über das Phänomen der Werkverträge vorzugehen. Das ist eine rechtlich komplizierte Sache. Von der Kollegin Willger und auch vom Kollegen Bierbaum ist das Beispiel Höll genannt worden. Dort ist es eklatant. Man muss aufpassen, wie man mit dem Thema umgeht. Zunächst einmal ist es uns wichtig, dass die 200 Arbeitsplätze, die im Moment noch gehalten werden - die anderen sind in der Transfergesellschaft - möglichst auch dauerhaft gehalten werden. Das ist das unmittelbare Interesse. Was dort unsäglich schlecht gelaufen ist, auch im Hinblick auf die europäische Freizügigkeit, die Klaus Meiser angesprochen hat, ist, dass man in relativ dramatischer Weise osteuropäische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hierher gebracht hat, während ein Drittel der Stammbelegschaft nach Hause geschickt wurde. Das Ganze ist mit Werkverträgen geschehen. Man kann davon ausgehen, dass das formaljuristisch sogar sauber ist. Das macht es so kompliziert. Es ist mit Werkverträgen geschehen, nach denen diese Leute 12 bis 16 Stunden arbeiten und dafür einen Tageslohn von 37 Euro brutto erhalten. Davon werden noch die Kosten für ihre Gemeinschaftsunterkunft, der Transport zur Arbeit und wieder zurück sowie die Arbeitsmaterialien abgezogen.
Die Kollegin Willger ruft mir zu, dass auch die Sozialversicherung noch abgezogen wird. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Modell dürfen wir nicht zulassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass dies das gängige Geschäftsmodell bei uns wird. Denn am Ende - und das gehört auch zur Wahrheit dazu -, als die Rumänen drin waren und die anderen Arbeitnehmer draußen, war an die Wand ein Hakenkreuz gemalt. Dies sage ich, falls es dem ein oder anderen noch nicht ganz klar war, wie gefährlich solche Strategien sind. Dort, wo wir einen Hebel haben, müssen wir so etwas auch mit unseren Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung abstellen. Wir müssen aufpassen, dass dies nicht gängige Praxis wird. Denn das hat Nebeneffekte, die wir alle nicht wollen.
Es wäre aber „schön“, wenn es nur um eine Firma ginge, denn dann wäre das Problem überschaubar. Es sind allerdings mehrere. Ich möchte einige nennen, obwohl ich nicht weiß, ob mir das zum Vorteil gereicht. Ich tue es trotzdem. Ich nenne die Firma Schwamm. Sie hat sich diese Woche in der Saar
brücker Zeitung geäußert und gesagt ist, sie bezahle annähernd Tariflohn. Da muss man schon genau hinhören. Sie hat gesagt, sie habe auch eine Mitarbeitervertretung. Wenn sie das hat, heißt das, sie hat kein Gremium auf der Basis des Betriebsverfassungsgesetzes.
Ich hatte vor einigen Jahren ein Gespräch mit dem jungen Herrn Thielen, der mir damals offenbart hat, sie könnten ihre Tarifbindung nicht mehr halten, weil Konkurrenten sie durch Dumpingprozesse unterwanderten. Wir haben so etwas Ähnliches bei Kunzler. Kunzler hat einen Tarifvertrag mit einer sogenannten christlichen Gewerkschaft, irgendeinem Sprengel des CGB, den sie zu Dumpinglöhnen abgeschlossen haben, im Sinne von Tarifsvertragsfreiheit. Auch das hat Höll in schweres Fahrwasser gebracht. Man muss sich die Frage stellen, ob wir das so wollen, ob wir das so hinnehmen und ob es Freiheit ist, dass die Leute so nach unten gezogen werden.
Wir haben aber auch ein umgekehrtes Beispiel. Es gibt die Firma Schröder, die am teuersten ist, weil sie nach Tarifbindung arbeitet. Ich persönlich kann allerdings nicht feststellen, dass die Qualität gelitten hätte - im Gegenteil. Oft ist es so, dass gerade in den Betrieben, in denen mitbestimmt gearbeitet wird und wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter echte, gesetzlich garantierte Mitbestimmungsrechte haben, das Geschäftsmodell erfolgreicher ist als bei den anderen. Also muss man diese andere Ideologie doch einmal sein lassen, dass das Umgekehrte richtig wäre.
Jetzt stellt sich die Frage, was man in Sachen Wirtschaftsförderung tun kann. Die CDU hat einen umfassenden Begriff gewählt, nämlich die Veränderung der Wirtschaftsförderungskulisse unter anderem durch die Begrenzung von Leiharbeit. Man bezieht sich aber nur auf die Leiharbeit. Die LINKE hat die Werkverträge erwähnt. Wir gehen darüber hinaus und sagen, es müssen einige Komponenten hinzukommen. Das thüringische Modell, eingeführt von SPD-Wirtschaftsminister Matthias Machnig zusammen mit Christine Lieberknecht, die es in der Großen Koalition abgedeckt hat, ist eines, das sich auf die Gemeinschaftsaufgabe der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur beschränkt.
Zunächst einmal müsste man hinsehen, was bisher gut gelaufen ist und wo es Probleme gibt. Darüber hinaus meinen wir aber, dass bei der Wirtschaftsförderung überhaupt einmal Transparenz hergestellt werden muss, wer denn nach welchen Kriterien Wirtschaftsförderung erhält, ob die Stellungnahme des Betriebsrates eingeholt wird, ob die Mittel mit dem Betriebsrat abgestimmt sind, ja oder nein.
was der Roth sagt? Ich kann Ihnen sagen, wo wir hinkommen. Der DGB in Niedersachsen - übrigens in engem Dialog mit der niedersächsischen Regierung, die meines Wissens von einem Herrn McAllister gestellt wird - hat entsprechende Gutachten, wie man eine derartige soziale Wirtschaftsförderung umsetzen könnte, um „gute Arbeit“ zum Benchmark in den Ländern zu machen, weil da ja auch um Köpfe gekämpft wird. Gerade die jungen Leute kucken, ob sie in Regionen ziehen, wo sie per se 10 Prozent weniger verdienen und ungesicherte Verhältnisse haben, oder ob sie in saubere, geordnete Verhältnisse mit guter Arbeit kommen. Das heißt, hier geht es noch mal um das Standortargument.
Wir müssten deshalb schauen, ob das Thüringer Modell praktikabel wäre, allerdings ergänzt um weitere Komponenten der Transparenz. Ich habe eben beispielsweise die Frage einer Stellungnahme des Betriebsrates angesprochen. Wenn Geld an eine Firma gegeben werden soll, müsste ja zunächst einmal gefragt werden: Hat die überhaupt einen Betriebsrat? - Dann wird das also alles etwas spannender.
Wir reden immer davon, dass wir, wenn wir das Geld des Steuerzahlers ausgeben, an der Stelle ein bisschen aufpassen sollten. Der DGB in Niedersachsen, Bremen, Sachsen-Anhalt hat Gutachten, wonach das geht. Der hat auch Gutachten zur wirtschaftlichen Wirkung, die belegen, dass das in höchstem Maße sinnvoll ist. In dem Fall sind wir der Meinung, dass das, was die LINKE zu Recht initiiert hat, erweitert werden müsste um die Dinge, die wir noch eingebracht haben.
Ich möchte abschließend noch kurz die anderen Punkte erwähnen. Zum öffentlichen Beschäftigungssektor mache ich jetzt keine Ausführungen mehr. Aber das Thema Frauenerwerbsquote und ungerechte Bezahlung der Frauen bei gleicher Arbeit möchte ich noch einmal kurz ansprechen. Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit eine Auseinandersetzung mit unserem saarländischen Arbeitgeberverband, der mir unterstellt hat, wir würden da Äpfel mit Birnen vergleichen. Das stimmt nicht. Wir haben, lieber Bernd Wegner, mehrere Beispiele, die belegen, dass für die gleiche Arbeit Lohnunterschiede von bis zu 23 Prozent bestehen. Das geht nicht, vor allem wenn wir darüber reden, dass wir eventuell ein Fachkräfteproblem bekommen. Da brauchen wir gar nicht so weit zu kucken, sondern müssen zuallererst auf unsere Frauen kucken und sie besser bezahlen; denn dort ist das Potenzial für künftige Fachkräfte. Da spielt der Lohn eine sehr zentrale Rolle.
Ich bin persönlich auch der Auffassung, dass sich das klimatisch nur ändern wird, wenn in Gremien auch Frauen in Führungspositionen kommen, gerade in der Privatwirtschaft. In politischen Gremien haben wir das ja schon - ein Beispiel sitzt neben mir -,
aber in der Privatwirtschaft haben wir das nicht. Dort ist es noch die absolute Ausnahme, dass der Vorstand weiblich ist. Da müsste man etwas tun. Wenn das nicht geht, müsste der Gesetzgeber zusehen, dass er das per Gesetz macht.
Ich möchte zum Schluss noch kurz auf die anderen Anträge eingehen. Wir beantragen, das Ganze in die zuständigen Ausschüsse zu überweisen, denn an jedem Antrag ist was dran, aber überall gibt es auch was zu kritisieren. Wir sind sehr breit aufgestellt. Wir wollen das Thema „gute Arbeit“ als Überschrift und Rahmen für alles. Ich nehme einmal den Antrag der CDU. Da wird man über das Thema Mindestlohn noch etwas genauer reden müssen. Was heißt denn das, was da andeutungsweise beschrieben ist? Ich bin der Auffassung, dass das, was die LINKE eingebracht hat, gut ist. Man wird aber bei dem Thema Werkverträge noch etwas nacharbeiten müssen, weil das, wie ich mir habe sagen lassen, formaljuristisch sehr kompliziert ist. Das, was BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebracht haben, ist ein qualitativ guter Antrag. Bis vor einiger Zeit hat man Anträge dieses Kalibers hier nicht lesen können, aber sei’s drum - jetzt ist die Zeit, in der so etwas kommt. Aber die Frage regionaler und branchenspezifischer Mindestlöhne ist etwas, worüber man reden müsste. Die Gewerkschaften wollen nicht, dass wir die Mindestlöhne nach Regionen und Branchen festsetzen.
Weil wir als SPD-Fraktion dieses Thema für ein wichtiges Standortthema halten, nicht nur für irgendetwas aus der Ecke Sozialpolitik oder Arbeitsmarktpolitik, sondern für ein standortrelevantes Thema im Wettbewerb mit anderen, beantragen wir, es in die entsprechenden Ausschüsse zu überweisen. Das müsste mindestens der Ausschuss für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport sein, aber auch der Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft.
Ansonsten sollten wir mithelfen, dass Dinge, wie sie bei Höll und bei anderen passiert sind, nicht mehr vorkommen. Das hat unser Saarland und unser saarländischer Zusammenhalt nicht verdient. Ich esse weiterhin Höll-Lyoner - das sage ich ganz bewusst -, denn es geht nicht um Boykott oder einen ähnlichen Quatsch. Aber es geht darum, mit den Verantwortlichen nachhaltig über die Probleme zu reden und notfalls auch Schrauben anzuziehen, damit ein Geschäftsmodell, das so angelaufen ist wie dieses, auf Dauer keine Zukunft hat, im Saarland allemal nicht.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei, drei Vorbemerkungen zu der Thematik machen. Erste Vorbemerkung: Wir halten Leih- und Zeitarbeit sowie Werkverträge für ein wichtiges Instrument, um Produktionsspitzen abzudecken und insofern in Deutschland nach wie vor Industriepolitik stattfinden zu lassen. Natürlich ist es richtig, dass man aufpassen muss, dass Stammbelegschaft nicht ersetzt wird, dass es nicht zu einem Missbrauch dieses Instrumentes kommt; das ist vollkommen klar. Nichtsdestotrotz darf ich in dem Zusammenhang festhalten, dass man sich hier inzwischen scheinbar über vier Fraktionen einig ist, dass es eine Leiharbeiterhöchstquote geben muss für die Wirtschaftsförderung in diesem Land. Das ist an dieser Stelle eine fast größtmögliche Koalition, Herr Kollege Maas. Ich möchte aber noch auf mehrere Dinge hinweisen.
Erster Punkt. Wir haben am 18.05. des letzten Jahres dieses Thema schon einmal debattiert und dabei einen Antrag gehabt, der hier mit Mehrheit angenommen wurde. Dieser Antrag hat erklärt, dass eine Studie in Auftrag gegeben werden soll, die das Thema bearbeitet und dann Ergebnisse vorlegt. Diese Studie ist in Auftrag gegeben, aber die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Insofern widerspricht das, was im Antrag der CDU steht, schlicht und einfach dem, was wir am 18.05. gemeinsam beschlossen haben, dass nämlich zuerst die Ergebnisse vorliegen sollen, bevor man weitere Konsequenzen zieht.
Zweitens. Wenn Sie wirklich so vorgehen wollen, wie Sie es hier beschrieben haben, müssen Sie von einer Firma, die eben hier genannt worden ist, viereinhalb Millionen Euro zurückfordern und zwar sofort. Das würde unweigerlich zur Insolvenz dieser Firma führen und zur Vernichtung von 200 Arbeitsplätzen. Ich will das nur ganz direkt sagen. Wenn Sie sich selbst ernst nehmen, müssen Sie das Geld fordern - es sei denn, dass Sie es noch nicht überwiesen haben, dann müssen Sie das Geld zurückhalten.
Das ist die notwendige Konsequenz aus der Forderung, die Sie hier selbst aufstellen. Es sei denn, Sie sagen hier jetzt, Sale-and-lease-back-Geschäfte sind eigentlich keine Wirtschaftsförderung und die SBB ist eigentlich nicht die Landesregierung. Wenn Sie diese Differenzierung vornehmen wollen, dann können Sie das von mir aus tun. Ich sage ganz deutlich: Wir sind nicht dafür, das Geld zurückzufordern. Aber es geht darum, hier klarzumachen, was man auf der einen Seite fordert, aber auf der anderen Seite dann nicht durchführt, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund, weil man als Landesregie
rung eben nicht will, dass dieses Unternehmen in die Insolvenz geht. Wenn Sie sich selbst ernst nehmen würden, würden Sie dieses Unternehmen in die Insolvenz treiben. Genau an dieser Stelle muss man den Finger in die Wunde legen.
Der Kollege Lafontaine hat heute Morgen gesagt, wir können uns hier heute bei jedem Antrag den Vorwurf des Populismus um die Ohren hauen. Ich möchte den Vorwurf nicht selbst machen, sondern einfach die Vereinigung Saarländischer Unternehmensverbände zitieren, die am 03. Februar folgende Presseerklärung herausgegeben hat: VSU warnt vor Populismus im Wahlkampf, keine Kopplung der Wirtschaftsförderung an die Zeitarbeitsquote. Jüngstes Beispiel für die beobachteten Vorgänge - steht hier sind mögliche Pläne der Landesregierung, die Wirtschaftsförderung zukünftig unter anderem von der Quote der Zeitarbeitnehmer in einem Unternehmen abhängig zu machen. Wer hier - so Präsident Bubel - einem populistischen Reflex folgt, handelt unverantwortlich und schadet dem Wirtschaftsstandort Saarland und so weiter. - Wer Herrn Bubel kennt, der weiß, dass er ein ausgesprochen zurückhaltender Mann und eine differenziert argumentierende Persönlichkeit ist. Und wenn er dann in diesem Zusammenhang von Populismus redet - und das geschah nicht aus dem Affekt heraus, sondern wurde schriftlich in einer Presseerklärung niedergeschrieben -, dann zeigt das einiges, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Und was diese Debatte ebenfalls zeigt, ist - deshalb bin sehr dankbar auch für das, was der Kollege Roth gesagt hat -, dass es weiterführende Ideen gibt, woran man die Wirtschaftsförderung koppeln könnte. Sie nicken, Danke für dieses Nicken an dieser Stelle. Es geht also nicht nur darum, dass es eine Leiharbeitshöchstquote geben soll, sondern beispielsweise geht es auch um die Frage, gibt es in einem Unternehmen einen Betriebsrat oder nicht. Soll man daran nicht die Wirtschaftsförderung koppeln? Beispielsweise geht es auch um die Frage, wie sieht es aus mit der Frauenquote in der Topetage. Dazu passt natürlich auch die Presseerklärung von Frau Pack, die vor fünf Tagen eine Presseerklärung mit dem Inhalt herausgegeben hat, wenn sich da nichts tut, soll die EU gesetzgeberisch tätig werden. Das heißt, wir sind im Saarland gerade auf dem Weg, die Wirtschaftsförderung dieses Landes von mehreren Kriterien abhängig zu machen, die die Politik vorlegt.
Die Frage der Leiharbeitshöchstquote wird in Deutschland solitär nur in Thüringen diskutiert. Das ist ein Weg, den kann man gehen, um sich zu differenzieren. Im Sinne von Tom Peters ist das wirklich eine Differenzierung, die man vornehmen kann. Ob es allerdings die richtige Differenzierung ist, dass nämlich die Politik erklärt, wie hoch die Leiharbeitsquote sein darf, ob es einen Betriebsrat gibt und wie
hoch die Frauenquote in der Führungsebene ist, über diese Frage kann man sich trefflich stellen. In dem Zusammenhang würde ich wirklich gern die ordnungspolitische Debatte führen. Ist das das, womit sich dieses Land differenzieren möchte, womit dieses Land nach außen gehen möchte? Sie sind mir nicht böse, wenn ich sage, wenn es die größtmögliche Koalition gibt und vier in eine Richtung rudern, dann muss es wenigstens einen geben, der noch ein ordnungspolitisches Gewissen hat. Ich hatte heute Mittag zufällig die Begegnung - im Saarland trifft man sich eben - mit einem herausragenden Vertreter der Mittelstandsvereinigung der CDU, der zu mir sagte, wenn die CDU mittlerweile so sozialdemokratisch ist, dass es keinen Unterschied mehr gibt, dann stellen sich die Menschen die Frage, ob man nicht das Original wählen soll. Ich glaube, die CDU wird sich auf diese Art und Weise selbst ad absurdum führen. Aber ich bin nicht deren Berater. Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Hermann Scharf von der CDULandtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine gerechte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unseres Landes, eine Entlohnung, mit der jeder seinen Lebensunterhalt eigenständig bestreiten und am gesellschaftlichen und kulturellen Leben unseres Landes teilhaben kann, ist und bleibt ein zentraler Punkt der Politik der CDU. Dumping- und Niedriglöhne tragen nicht nur zu einer Wettbewerbsverzerrung bei und sind somit auch in hohem Maße gesamtwirtschaftlich schädlich, sondern sie verstoßen darüber hinaus in eklatanter und nicht hinnehmbarer Weise gegen die Grundsätze der Menschenwürde. Ganz zu schweigen davon, dass sie auch mit den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft in keiner Weise übereinstimmen.
Das historische Credo Ludwig Erhards - Wohlstand für alle - ist eine klare Absage an Niedriglöhne, denn Wohlstand für alle ist nur realisierbar, wenn alle am wirtschaftlichen Erfolg angemessen teilhaben können und dies bedeutet in erster Linie eine angemessene Entlohnung. Ludwig Erhard hat dann später als Bundeskanzler formuliert, Ziel der deutschen Sozialpolitik muss es sein, alle sozialen Gruppen vor einer Entwicklung zu bewahren, in der sie bloß Objekte staatlicher Fürsorge werden. Die Forderung nach einer Mindesthöhe des Lohnes ist daher etwas, das die CDU schon von ihrem Selbstverständnis her als ein äußerst wichtiges politisches Anliegen auf ihrer Agenda hat. Und wer die Arbeitsmarktpolitik und
speziell den Lohnbereich in der Geschichte der Bundesrepublik analysiert, der wird zu dem Schluss kommen, dass gerade die von der CDU geführten Bundesregierungen auf diesem Politikfeld Entscheidendes und Nachhaltiges bewirkt haben. Im Übrigen ist die Zielvorstellung der CDU, was den Mindestlohn betrifft, durchaus identisch mit den Vorstellungen der Opposition. Lediglich die Wege, um dieses Ziel zu erreichen, unterscheiden sich. Wir wollen nicht per se einen direkten Eingriff in die Lohnfindung. Das heißt, wir sind zwar für einen gesetzlichen, aber nicht für einen staatlich festgesetzten Mindestlohn.
Ich möchte daran erinnern, dass im Jahre 1996 erstmals die damalige CDU-geführte Bundesregierung mit der Verabschiedung des Arbeitnehmerentsendegesetzes die Möglichkeit geschaffen hat, für bestimmte Bereiche einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn festzulegen. Wir haben auf der Basis des Arbeitnehmerentsendegesetzes derzeit für elf Branchen eine Mindestlohnregelung und verhindern damit in diesen Branchen eine Entwicklung hin zu Niedriglöhnen. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich festhalten: An der Einführung aller in diesen elf Branchen bestehenden Mindestlöhnen war die Union federführend beteiligt. In der Fixierung und Quantifizierung dieser Mindestlöhne sehen wir von der CDU eine wichtige und primäre Aufgabe der Tarifpartner und dies muss auch so bleiben.
Lohnverhandlungen gehören in die Hände von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Wer die Tarifautonomie diesbezüglich unterläuft und infrage stellt, untergräbt eine der wichtigsten Säulen der sozialen Marktwirtschaft. Wir sind offen für alle Vorschläge, die dazu beitragen, dass Billiglöhne verhindert werden. Dazu haben wir auf unserem Parteitag in Leipzig weitreichende Beschlüsse gefasst. Wir wollen unter Einbeziehung der Tarifpartner dazu beitragen, dass jeder Arbeitnehmer den Lohn erhält, der ihm zusteht, und wir wollen Missstände in diesem Bereich unterbinden und verhindern. Den Weg über einen generellen gesetzlichen Mindestlohn halten wir für falsch, weil er die Tarifparteien nicht in angemessener Form einbezieht und wir letztlich dann staatlich verordnete Löhne haben. Dies bedeutet in der Konsequenz auch ein Weniger an Regelkompetenz für Gewerkschaften. Wer sich hier als Verfechter von Gewerkschaftsrechten darstellt, der muss sich den Vorstellungen der CDU anschließen, die wir auf dem Leipziger Parteitag beschlossen haben. Dabei gilt, dass die jeweilige Lohnuntergrenze durch eine Kommission bestehend aus den Tarifpartnern ausgehandelt wird. Diese legen dann auch die Höhe und etwaige Differenzierungen fest. Solche Differenzierungen müssen entsprechend den Vorstellungen der Tarifpartner nach Branchen und Re
gionen möglich sein. Wir als CDU wollen, dass die Erfolgsgeschichte der sozialen Marktwirtschaft fortgeschrieben wird.