Protocol of the Session on June 15, 2011

Wahlprogramm, das klar von dem der CDU abgegrenzt ist.

(Beifall bei der SPD.)

Wir haben andere Vorstellungen. Deswegen ist völlig klar, dass wir nicht zustimmen können.

(Beifall bei der SPD.)

Ich sage nur noch einen Satz zu dieser Fragestellung. Ich kann alle verstehen, nur eine Partei in diesem Land kann ich nicht verstehen, das ist die CDU selbst. Sie bedienen sich nämlich heute der Stimmen einer Partei, die Sie vom Verfassungsschutz überwachen lassen,

(Abg. Schnitzler (DIE LINKE) : Vorsicht! - Zuruf aus der CDU: Falsch!)

immer wieder vom Verfassungsschutz haben überwachen lassen, um diese Verfassung zu ändern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist zumindest seltsam.

(Beifall bei der SPD. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das muss der Innenminister klarstellen, dass das nicht so ist.)

Die eigentliche Frage ist doch nicht, wie Schulen heißen. Die eigentliche Frage ist doch - und darum muss es gehen -, was wir für die Schulen der Zukunft brauchen, was wir beispielsweise für erfolgreiche Gemeinschaftsschulen brauchen. Aufgabe dieser Gemeinschaftsschule müsste es sein, jedes einzelne Kind nach seinen Fähigkeiten, nach seinen Begabungen, nach seinen Möglichkeiten, Stärken und Schwächen bestmöglich zu fördern und zu unterstützen.

Dazu brauchen wir eine starke Individualisierung des Lernens, denn wir wissen heute, jedes Kind ist anders, und Schule muss sich künftig viel stärker auf jedes einzelne Kind einstellen. Jedes einzelne Kind in diesem Land hat das Recht darauf. Wir haben als Gesellschaft die Verpflichtung dazu, jedes einzelne Kind zu fördern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist doch die Kernfrage, um die es in der Bildungspolitik geht, nichts anderes.

(Beifall bei der SPD.)

Da kann dann noch jeder zustimmen wollen. Das mag ja sein, so allgemein. Nur kann ich das nicht den Schulen einfach überantworten und ins Aufgabenbuch hineinschreiben, ohne die Voraussetzungen dafür zu schaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dazu brauchen wir kleinere Lerngruppen. Das wurde uns in den Verhandlungen verweigert. Dazu brauchen wir eine deutlich verbesserte Personalisierung, verbunden mit einem klaren Rechtsanspruch darauf, dass ordentlich personalisiert wird mit Lehrerinnen und Lehrern, mit Sozialpädagoginnen und

(Abg. Commerçon (SPD) )

Sozialpädagogen und mit all denjenigen, die künftig im Schulsystem gebraucht werden.

Dazu brauchen wir auch vor dem Hintergrund der Gleichwertigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Dinge, die bisher nicht gewährleistet sind. Wir brauchen das originäre Recht zumindest der Gemeinschaftsschulen auf eine eigene Oberstufe. Wir brauchen Gleichbehandlung bei der Frage der Schulabschlüsse insgesamt. Es kann doch nicht sein, dass an der einen Schule künftig mit den gleichen Erfordernissen, mit den gleichen Leistungen, zentrale Abschlussprüfungen gemacht werden müssen, während es an der anderen Schule nicht der Fall ist.

Ich nenne noch einen dritten Punkt, den ich wirklich für den verheerendsten an der ganzen Sache halte. Es kann doch nicht sein, dass wir an der einen Schule die besser bezahlten Lehrer haben und an der anderen Schule die schlechter bezahlten. Solange das der Fall ist, werden die Eltern draußen im Lande immer sagen, das eine muss ja dann die bessere Schule sein und das andere die schlechtere. Das ist die Gefahr, in die Sie sich heute begeben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen ist das nicht der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD.)

Da sind wir ja schon beim Kernpunkt der Bildungsdebatte, worum es eigentlich geht, worum es auch in Zukunft geht, was wir letzte Woche schon eindrucksvoll in einem ersten, zarten Hauch zu spüren bekommen haben. Es geht - der Kollege Waluga hält es hoch - um die Frage, wie wir es bei der Bildung künftig mit dem Sparen halten. Sie fangen heute, nachher, beim nächsten Tagesordnungspunkt schon an zu sparen. Sie führen wieder Beiträge im letzten Kindergartenjahr ein, im Übrigen vor dem Hintergrund, dass die Bundes-CDU gerade beschließen will - es steht an, dies zu beschließen -, das letzte Kindergartenjahr künftig quasi als Vorschuljahr verpflichtend einzuführen. Dafür führen Sie jetzt noch einmal Gebühren ein, sozusagen schon Schulgeld im Vorgriff. Sie haben nach wie vor in diesem Land mit die größten Klassengrößen in der Republik. Sie haben die höchsten Unterrichtsausfälle. Auch wenn es hier eine wie auch immer geartete Zusage geben soll, in den Gesetzestexten, lieber Kollege Lafontaine, finde ich nichts.

Ich weiß nicht, was Sie auf das Wort dieser Regierung geben. Offenbar mehr als wir. Ich glaube dem nicht an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion. Deswegen glaube ich einfach nicht, dass es wirklich gelingen wird, in Zukunft Unterrichtsausfälle, die in diesem Land massiv vorhanden sind, zu verhindern. Zumindest glaube ich das nicht, solange wir es nicht rechtsverbindlich ir

gendwo geregelt haben. Da ist überhaupt nichts geregelt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD.)

Es gibt weitere Punkte, die Sie selbst eigentlich kritisch sehen müssten. Sie wissen, wir haben mangelnde Unterstützung bei den Beteiligten selbst. Natürlich signalisieren alle - das ist von der Berichterstattung richtig gesagt worden - grundsätzlich Unterstützung, so einen Weg kann man gehen. Aber all diejenigen sagen auch, gebt uns die Voraussetzungen in den Schulen dafür, dass wir das auch zum Erfolg bringen können. Die sagen alle unisono, so sind die Voraussetzungen nicht gegeben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn das nicht der Fall ist, kann ich einer solchen Änderung nicht zustimmen. So habe ich meine Rolle als Abgeordneter immer verstanden. Es muss zunächst um die Qualitäten gehen. Es muss zunächst einmal klar gesagt werden, wir schaffen auch wirklich die Voraussetzungen für den Erfolg, bevor wir Schulen einfach umbenennen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD.)

Gefährlich ist das vor allem deswegen, weil Sie Erwartungen wecken. Wenn eine Verfassungsänderung gemacht wird, dann erwarten die Menschen doch draußen etwas ganz Großes. Sie wecken mit dieser Verfassungsänderung Erwartungen und sind nicht bereit, diese gesetzlich verbindlich zu erfüllen. Auch deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann jemand, der sich ernsthaft damit auseinandergesetzt hat, nicht heute an diesem Tage zustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD.)

Ich sage das auch im Hinblick auf die Zukunft. Wir werden ja in die Umsetzungsphase kommen. Alle diejenigen, die heute diese Reform mittragen, tragen auch Verantwortung für all das, was durch diese Reform geschieht. Auch das ist völlig klar. Es wird nicht so sein, dass man sich in Zukunft da herausstehlen kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Es hilft auch nichts, wenn es heißt - wie ich gestern von einer der beteiligten Fraktionen las -, man müsse sich jetzt auf das Arbeitskammermodell verständigen. Die Klassenfrequenz der neu einzurichtenden Gemeinschaftsschule müsse auf 24 begrenzt werden und ein neuer Klassenteiler von 27 solle eingeführt werden. Liebe Kollegin Spaniol, all das haben wir doch als Sozialdemokraten versucht, in den Verhandlungen gesetzlich verbindlich zu regeln.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das war doch etwas anderes im Stufenmodell.)

All das ist doch abgelehnt worden. Die haben das doch nicht abgelehnt, um es anschließend durchzu

(Abg. Commerçon (SPD) )

führen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wie naiv kann man denn an dieser Stelle sein?

(Beifall bei der SPD. - Weiterer Zuruf der Abge- ordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Nein. Es ist nicht die Unwahrheit. Wir haben ausdrücklich gefragt, damit Sie es nachher nicht anders behaupten, Herr Minister. Es ist nicht die Unwahrheit. Wir haben in der letzten Runde noch einmal gefragt: „Sind Sie bereit, den jetzigen Klassenteiler von 29 - -“

(Zuruf.)

Aber natürlich, das steht sogar in dem Protokoll, das Sie uns gegeben haben: „Sind Sie bereit, von der 29 als Klassenhöchstzahl abzugehen?“ Da haben Sie gesagt: „Nein, es bleibt bei den derzeitigen Zahlen.“ Das ist doch völlig klar. 27, das weiß jeder in diesem Land, ist etwas anderes als 29, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Arithmetik können Sie nicht außer Kraft setzen.

(Beifall bei der SPD.)

Ich komme zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Meiser (CDU) : Das ist auch besser so!)

Wenn man eine Verfassungsänderung vornimmt, dann muss man dafür gewichtige inhaltliche Gründe haben. Es reicht nicht, dass danach vielleicht nichts schlechter wird. Es reicht auch nicht, dass es eine vage Chance gibt, dass es danach besser wird. Es muss klar sein, dass es für die betroffenen Menschen danach wirklich besser wird. Wir haben sehr umfassend über ein Jahr mit Eltern, Schülern, Lehrern, mit allen am Bildungsprozess Beteiligten äußerst intensiv diskutiert. Ebenso wie die Eltern und die Lehrer sind wir der Auffassung, dass zunächst einmal die Qualitäten gesichert werden müssen, bevor wir die Strukturen verändern. Da wir an dieser Stelle ganz klar sind, sage ich Ihnen: Wenn das alles so ist - und davon sind wir überzeugt -, kann man am heutigen Tag einer solchen Verfassungsänderung nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Gisela Rink.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die Chance, einen langfristigen Schulfrieden zu beschließen. Wir haben diesen Kompromiss, den wir diskutieren, sehr intensiv in vielen Gesprächen besprochen und vorberaten. Herr Kollege Commerçon,

bei Ihrer Rede hatte ich das Gefühl, Sie haben nicht an dem runden Tisch gesessen, Sie haben nicht mitberaten und Sie haben auch nicht zur Kenntnis genommen, dass es im Saarland sehr starke Bildungsinvestitionen gibt. Ich empfehle einfach einen Blick in das PwC-Gutachten. Dort sind auch weiterhin Bildungsinvestitionen, insbesondere die Reformvorhaben, aufgeführt.

(Sprechen und teilweise Heiterkeit bei der SPD.)

Ich darf zitieren: „Mehrbedarfe entstehen ab 2011 bis 2020 durch den Aufbau einer Lehrerfeuerwehr, durch die Kleine-Klassen-Garantie, durch zusätzliche Lehrer zur Umsetzung der Gemeinschaftsschule.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind uns bewusst, dass Veränderungen in unserem Bildungssystem nicht ohne Investitionen möglich sind. Dies ist beschlossen und dazu stehen wir auch. Ich denke, es wäre gut, wenn Sie das auch zur Kenntnis nehmen würden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir brauchen ein modernes, zukunftsorientiertes, leistungsfähiges und gerechtes Bildungssystem angesichts der Herausforderungen, die vor uns liegen. Es sind Herausforderungen, und es gibt ganz einfach Gründe, unser jetzt bestehendes Bildungssystem zu verändern. Wir haben zum einen die demografische Entwicklung. Auch hier zeigt uns ein Blick in das PwC-Gutachten: Die Demografie wird sich im Bereich der Schülerzahlen dramatisch verändern. Bis 2015 verlieren wir im Saarland 12.000 Schüler.

Ich darf einen zweiten Aspekt nennen, gesellschaftliche Veränderungen. Auch das sind Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Diese Verfassungsänderung, dieser Bildungskompromiss ist ein Weg, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Die Zukunft unserer Gesellschaft, die Zukunft unseres Landes hängt in hohem Maße von einer umfassenden Bildung ab. Wir wollen allen saarländischen Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die besten Chancen eröffnen, einen möglichst qualitätsvollen Schulabschluss zu erreichen. Und wir wollen Wahlfreiheit, wir wollen ein verlässliches Bildungssystem und - ich erwähne das ausdrücklich - einen lang anhaltenden Schulfrieden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Um dies zu erreichen, möchten wir ein Zwei-SäulenModell einführen. Aufbauend auf der Grundschule bildet eine Säule das grundständige Gymnasium und eine zweite Säule die Gemeinschaftsschule, natürlich - das betone ich auch ausdrücklich - unter Einbeziehung der beruflichen Schulen. Die Anhörung zu dieser Verfassungsänderung hat doch gezeigt, dass wir mit diesem Modell auf dem richtigen Weg sind. Es wurde von vielen bestätigt - von Experten, aber auch von Verbänden. Ein Blick über die