Protocol of the Session on May 18, 2011

das Amen in der Kirche - wird hier nicht nur der Bergbau zugemacht, sondern dann werden Zug um Zug auch die Kraftwerke stillgelegt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das ist ärgerlich. So viel Naivität ist ärgerlich.

Das Wort hat der Abgeordnete Reinhold Jost von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will etwas in Ergänzung zu dem gerade Vorgetragenen sagen, weil es hier für mich eine völlige Schieflage nicht nur im Denken, sondern auch im Handeln gibt. Wir haben gerade gehört, dass einem das Risiko zu groß ist, dass die öffentliche Hand an der einen oder anderen Stelle mit ins Obligo geht, wenn es um die Erwerbung von Anteilen geht, beispielsweise bei der Steag oder anderen Energieversorgungsunternehmen. Da muss man sich an den Kopf greifen, wenn einerseits dem Land oder den öffentlichen Händen, den Städten und Gemeinden, das Risiko beim Einstieg in Energieversorgungsunternehmen zu groß ist, wir aber andererseits im letzten Jahr in einer Größenordnung von fast 200 Millionen Euro - wenn ich die Preise des letzten Jahres zugrunde lege - bei der SaarLB eingestiegen sind. Da frage ich mich: Wo ist denn das Risiko größer?

Ich gebe Ihnen auch gleich die Antwort: Das Risiko, dass wir bei der SaarLB nix bekommen - das haben wir dort bei der Ausschüttungsdiskussion, bei der Dividendendiskussion gesehen - ist weitaus größer als bei einem Energieversorgungsunternehmen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wenn wir in der Lage sind, 200 Millionen Euro wenn wir die Gesamtanteile der BayernLB an der SaarLB zugrunde legen - in die Hand zu nehmen und keine Dividendenerwartungen haben, müssten wir „mit der Bull getuppt sin“, wenn wir bei den Energieversorgungsunternehmen, wo es um Renditen von 8, 10 und 15 Prozent geht, nein sagen, weil uns das Risiko zu groß ist. Wer so denkt, hat das Thema in keinster Weise begriffen. Dort besteht die Möglichkeit, Geld zu bekommen, das auch die Städte und Gemeinden dringend brauchen. Dort wäre ein sinnvolles Invest möglich, und zwar nicht zulasten derjenigen, die bisher immer die Zeche gezahlt haben, nämlich des Staates. Es kann nicht sein, dass man nach dem Motto verfährt: Privat vor Staat. Der Staat hat die Kosten und die anderen kriegen die Gewinne. - Damit muss Schluss sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat die Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr, Dr. Simone Peter.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Investitionen Privater ist jetzt etwas zugespitzt worden. Ich habe ausdrücklich nicht „Privatwirtschaft“ gesagt, sondern ich habe von der saarländischen Energiewirtschaft gesprochen, von denjenigen, die eine Kompetenz haben zu beurteilen, wie sich das Engagement in den nächsten Jahren im Bereich von Strom- oder Wärmeerzeugungskapazitäten darstellt, wie sich das Engagement bei Zukäufen darstellt.

Die Situation stellt sich derzeit so dar, dass selbst die Energiewirtschaft nicht beurteilen kann, ob es sich im Moment lohnt, zum Beispiel ein Steinkohleoder Gaskraftwerk hinzustellen. Wir befinden uns in direktem Austausch mit den Kraftwerksbetreibern und wissen, dass da eine große Unsicherheit herrscht. Ich habe ja eben gesagt, welche Faktoren auf uns zukommen beziehungsweise auf diejenigen, die entscheiden. Das sind die steigenden Rohstoffpreise, die generell sehr volatilen Preise für die Energierohstoffe, das ist der politische Rahmen, dass derzeit die Laufzeitverlängerung zurückgenommen wird und andere Kraftwerke wieder einen anderen Stellenwert erhalten, sofern sie im europäischen Kontext eine Rolle spielen. Wir sehen es derzeit am Kraftwerk Ensdorf, das in Kaltreserve ist, obwohl viele Atomkraftblöcke vom Netz sind. Das heißt, man muss auch einmal die Börsensituation beobachten. Fakt ist, dass alte Kohlekraftwerke an der Börse schlecht platziert sind, weil abgeschriebene Atomkraftwerke und erneuerbare Energien dort zunehmend eine Rolle spielen.

Daher ist es sehr schwierig, und in diesem Dialog mit den Kraftwerksbetreibern befinden wir uns ja die ganze Zeit, überhaupt festzustellen, in welchen Fällen es rentabel ist, die hiesigen Kraftwerke ans Netz zu bringen beziehungsweise an der Börse anzubieten. Besucht man das Kraftwerk Fenne oder auch andere Standorte, erlebt man vor Ort, dass diese Anlagen im Stressbetrieb gefahren werden, um den Anforderungen an der Börse entsprechen zu können. Der Betrieb ist für Kohlekraftwerke derzeit wenig lukrativ. Betrachtet man sich die Karte der derzeitigen Investitionen, stellt man fest, dass europaweit fast gar nicht mehr in Kohlekraftwerke investiert wird, sondern in Gaskraftwerke und in Windenergieanlagen.

Was die Erneuerung, die Ertüchtigung alter Kohlekraftwerke angeht, sehen wir ja auch bei uns, etwa mit Blick auf das Kraftwerk Ensdorf, dass solche Entscheidungen von sehr vielen Faktoren abhängig sind, die in erster Linie weder durch politische

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Steuerung noch durch Beteiligungen beeinflussbar sind.

Natürlich sind in der saarländischen Energiewirtschaft kommunale Unternehmen dabei. Die haben auch genug Beurteilungsvermögen, um entscheiden zu können, ob sie sich an einem solchen Konsortium beteiligen. Wir haben ja die Gespräche mit den Stadtwerken Saarbrücken, mit Herrn Attig, geführt, um herauszufinden, welche Erwägungen dazu geführt haben, sich nicht zu beteiligen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Und was war das?)

Es sind dafür intensive energiewirtschaftliche Analysen notwendig. Wir haben aufseiten der Landesregierung kein energiewirtschaftliches Unternehmen, das solche Analysen beziehungsweise solche Betrachtungen vornehmen würde. Ich habe eben das Beispiel Baden-Württemberg genannt, das zeigt, was geschieht, wenn sich solche Rahmenbedingungen ändern, wenn der Weg ein anderer wird. Es ist dann eben extrem schwierig, die Kosten noch einmal zu legitimieren beziehungsweise die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit erheblichen -

(Abg. Jost (SPD) : Es besteht ja wohl ein Unterschied zwischen dieser EnBW-Geschichte und der Geschichte hier!)

Wieso? Wieso ist das ein Unterschied?

(Abg. Jost (SPD) : Weil es ganz andere Dimensionen sind.)

Nein, das sind keine anderen Dimensionen.

(Abg. Jost (SPD) : Das sind keine anderen Dimensionen? In Baden-Württemberg ging es auch nur um ein paar Milliarden!)

Natürlich in der Gesamtsumme. Aber in BadenWürttemberg sieht auch, verglichen mit dem Saarland, die Haushaltssituation ein bisschen anders aus. Wir sind ein Haushaltsnotlageland und müssen uns daher sehr genau überlegen, wo wir uns engagieren.

(Abg. Jost (SPD) : Und bei der SaarLB haben wir das genau andersrum.)

Und bei einem Engagement in der Energiewirtschaft sehen wir zu viele Risiken. Das ist auch nachvollziehbar, wenn man sich vor Augen hält, welche Fragezeichen derzeit bei der Energiewirtschaft gemalt werden. Selbst der Energiewirtschaft ist nicht klar, wie sich die Kraftwerksentwicklung der Zukunft darstellt, wie sich Börsenpreise künftig darstellen werden, wie sich der politische Rahmen darstellen wird.

(Abg. Jost (SPD) : Und wie sieht es bei der Landeszentralbank aus? Genau das Gleiche!)

Die dezentrale Energieversorgung ist ganz klar ein wichtiger Punkt. Sie ist aber gerade ein Grund für

mehr Wettbewerb. Der Vorwurf, wir GRÜNE würden uns Wettbewerbsbestrebungen entgegenstellen, ist sicherlich nicht angebracht. Immerhin war es die rotgrüne Bundesregierung, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf den Weg gebracht hat. Seitdem sind zigtausende dezentrale Energieanbieter auf den Markt gekommen, die endlich mal Leben in den Wettbewerb bringen. Das muss man sich vor Augen halten. Dieser Effekt wird nun auch nicht unbedingt verstärkt, sollten wir uns an größeren Energiekonzernen beteiligen. Wir wollen ja gerade die kommunalen, die regionalen Energieversorger auffordern, ein stärkeres Engagement zu zeigen, sei es im Zuge von Beteiligungen, sei es beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist wesentlich lukrativer, als im Großverbund weitere Kraftwerke zu planen und diese in die Strom- und Wärmeerzeugung zu bringen. Danke schön.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Klaus Meiser.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, dass wir heute eigentlich eine Diskussion über das große Grundsatzthema führen, wie der Ordnungsrahmen im Kontext der Daseinsvorsorge aussehen muss. Wir alle müssen uns eingestehen, dass diesbezüglich eine gewisse Entwicklung stattgefunden hat. Ich betrachte jetzt einmal die Versorgung vor Ort mit Strom. Sie war zunächst sehr stark geprägt durch kommunale Werke und Beteiligungen. Später war sie dadurch geprägt, dass man über Privatisierungen Gewinne gemacht und an anderer Stelle investiert hat. Anlässlich der Globalisierung und generell der Gefahren, die sich für die soziale Symmetrie in unserem Lande abzeichnen, sind wir dazu gekommen, darüber noch einmal aus ordnungspolitischer Sicht nachzudenken. Ich darf daran erinnern, dass man auch im Bereich der Wasserversorgung und sogar beim Abwasser darüber nachgedacht hat, ob man stärker privatisieren sollte.

Vor diesem Hintergrund erscheint es mir angebracht, die Diskussion heute mit Augenmaß zu führen. Deshalb will ich auch nicht missverstanden werden, wenn ich jetzt mit Blick auf die eine Seite hier im Hause zu den Kraftwerken feststelle, dass wir alle mitgetragen haben, dass mit den Saarberg-Werken auch die Kraftwerke stärker an den Markt gekommen sind. Damit kamen sie auch in einen Rahmen, der die Gefahr barg, dass permanent weiterveräußert wird. Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass diese Unternehmen sehr stark immer wieder, wie sie das so fein nennen, das Portfolio bereinigt haben und sich nicht mehr diversifiziert haben, son

(Ministerin Dr. Peter)

dern nur noch Chemie oder nur noch Kraftwerke oder nur noch Kohle betrieben haben.

Was will ich damit sagen? Wir sollten diese Diskussion nicht führen nach dem Motto, dass ordnungspolitisch nur eine Seite Recht haben kann. Wir sollten vielmehr sehr genau darüber nachdenken, wie sich die Historie darstellt, wie die Rahmenbedingungen sind und wer was leisten kann. Dabei sind wir, so meine ich, in einem Punkt beieinander: Selbstverständlich muss es im Bereich der Energiewirtschaft eine Ordnungspolitik geben, die dafür sorgt, dass die soziale Symmetrie gewahrt wird. Wir teilen doch die große Sorge, dass die Preise für Energie zu galoppieren beginnen könnten.

Ich muss auch sagen, dass sich eine große Hoffnung als Irrtum erwiesen hat. Die Liberalisierung und die Globalisierung haben nicht zu mehr Wettbewerb geführt, sondern in vielen Bereichen dazu, dass die Monopole stärker geworden sind.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : So ist es!)

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass wir in unserer „kleinen Welt“, so möchte ich das einmal bezeichnen, nicht in der Lage sein werden, diesen Konflikt aufzulösen und eine Rolle rückwärts zu machen.

Wir sagen also übereinstimmend, dass es wünschenswert wäre, würde sich bei den Kraftwerken, die bei Steag waren und nun an das Konsortium gegangen sind, auch die kommunale Landschaft im Saarland beteiligen. Diese Dinge sind ja besprochen worden, bisher war das aber leider nicht der Fall. Wir sind auch beieinander in der Einschätzung, dass nordrhein-westfälische Kommunen zweimal darüber nachdenken werden, ob sie stärker bei uns investieren oder doch lieber in ihrem Bereich.

Dies kann aber doch nicht dazu führen, dass wir zur Antwort geben, und damit springe ich auch zu anderen Themen, dieses Land sei in der Lage, alle ordnungspolitischen Probleme über den Landeshaushalt zu lösen. Ich spreche SaarGummi an: Jeder weiß doch, dass eine Beteiligung des Landes gar nicht mehr möglich gewesen wäre, weil das in der Insolvenz beihilferechtlich unzulässig ist. Ich sage aber auch generell ganz klar, dass es wenig Sinn macht, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Eindruck zu erwecken, als könnte in allen Fällen, in denen Probleme auftauchen, in denen wir ordnen wollen, in denen wir lenken wollen, das Land eingreifen.

Kollege Jost hat in diesem Zusammenhang die Bankenlandschaft angesprochen. Ich gebe ihm zur Antwort: Wir alle hier im Hause haben gemeinsam gesagt, dass es dort temporär keine andere Lösung mehr gibt, weil andernfalls die Gefahr bestünde, dass die SaarLB als Motor der saarländischen Wirtschaft, als Strukturbank der saarländischen Wirt

schaft, als die Bank, die unsere Wirtschaft versorgt, wenn strukturpolitische Entscheidungen getroffen werden, ausfällt. Es war notwendig, diese Landesbank in neue Bahnen zu bringen. Wir alle haben uns aber auch darauf verständigt, dass das eine möglichst kurze Phase sein soll. Tatsächlich ist dieser Fall überhaupt nicht vergleichbar mit den Problemen bei der Energiewirtschaft, da wir bei Letzterer über langfristige Entwicklungen reden.

Daher macht es nur Sinn, an die Partner, die heute angesprochen worden sind, zu appellieren. Wir können ja nicht verordnen, dass sich die Kommunen beteiligen. Ich stimme der Ministerin zu, die festgestellt hat, dass der Landeshaushalt das nicht wird leisten können. Deklinieren wir doch einmal durch, was es bedeuten würde, Ensdorf, wo sich mit Blick auf das Mutterunternehmen ganz andere Fragen ergeben, Weiher, Fenne und Bexbach über das Land in die gewünschten Bahnen zu bringen, indem wir uns beteiligen! Wir würden uns verheben und weitere große Risiken eingehen.

Kollege Jost, ich bin bei Ihnen, wenn Sie feststellen, dass uns das auch im Bankenbereich Sorgen macht. Wir müssen hoffen, dass sich dort gewisse Risiken nicht verwirklichen werden, weil das unser Landeshaushalt nicht tragen könnte. Vor diesem Hintergrund hätte ich die Bitte und würde es für sinnvoll halten, dass wir in diesem Hause die ordnungspolitische Diskussion, wohin wir möchten und in welchem Rahmen wir die Entwicklung im Lande überhaupt noch beeinflussen können, weiterhin mit Augenmaß führen.

Und dann werden wir natürlich auch die Diskussion über die Kohlekraftwerke zu führen haben, die der Kollege Ulrich angesprochen hat. Sie kennen meine Auffassung dazu. Es kann nicht darum gehen, Kohlekraftwerke für 50 Jahre neu zu bauen. Es kann aber sinnvoll sein, vorhandene zu optimieren, eventuell mit vorgeschalteten Turbinen auszurüsten und damit die Brücke weiterzubauen.

Ich appelliere an Sie alle, dass wir im Rahmen dieser Diskussion nicht den Eindruck erwecken, dass die einen für staatliche Beteiligung sind, niedrige Preise und den Erhalt der Arbeitsplätze, und die anderen alles dem Markt preisgeben. So einfach ist diese Welt nicht. Ich habe es eben beschrieben. Wir müssen mit den verschiedenen Partnern diese Landschaft gestalten. Wir haben mit den Kommunen aus meiner Sicht starke Partner im Boot. Aber wir können dort nur appellieren, wir können nicht verordnen oder gesetzlich von Landesebene etwas beschließen, sondern wir können nur die Partnerschaft suchen. Deshalb sage ich: Mit dem Masterplan Energie, mit der Bestandsaufnahme, aus der die Schlussfolgerungen gezogen werden sollen, sind wir auf einem guten Wege, um die Kraftwerkslandschaft

(Abg. Meiser (CDU) )

so zu gestalten, dass das Saarland als Industrieund Energieland Bestand hat. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)