Protocol of the Session on March 23, 2011

(Abg. Rehlinger (SPD) )

rungs- und Vorreiterrolle eingenommen. Und in diesem Punkt werden wir ebenfalls eine Vorreiter- und Vorbildrolle einnehmen müssen. Das gilt in Bezug auf den Ausstieg aus der Kernenergie ebenso wie in Bezug auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Hierbei kommt uns in der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Verantwortung zu, die es zu nutzen gilt.

Mit Cattenom haben wir eines der größten französischen Atomkraftwerke direkt an der Landesgrenze. Bei vorherrschender Westwindrichtung wäre das Saarland unmittelbar - und zwar das gesamte Land von einem möglichen Schadensszenario betroffen. Die Anhörung in der letzten Sitzung des Umweltausschusses hat zum Ergebnis geführt, dass das Kraftwerk durchaus in die Jahre gekommen ist, über eine nicht mehr neuzeitliche Ausgangstechnik verfügt und dass insbesondere die Lagerung ausgebrannter Kernbrennstäbe im Abklingbecken im Vergleich zu den hiesigen Anlagen durchaus als problematisch eingestuft werden kann. Wenn in Deutschland die Kernkraftwerke als Konsequenz aus Fukushima erneut überprüft werden, kann es für uns nur plausibel sein, dass wir hier im Saarland ebenfalls ein besonderes Interesse an einer intensiven Prüfung der Sicherheitsstandards in Cattenom haben. Deshalb ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die saarländische Landesregierung diese Bedenken bei unseren französischen Nachbarn vorgetragen und auf die Risiken, denen sich die Saarländer ausgesetzt fühlen, hingewiesen hat. Ebenso begrüßen wir die Initiative von EU-Kommissar Günther Oettinger, den angekündigten Stresstest für alle Atomkraftwerke in Europa durchzuführen.

Meine Damen und Herren, der Ausstieg wird aber nicht heute oder morgen zu realisieren sein. Das wird eine nationale, eine europäische und letztendlich auch eine internationale Aufgabe werden. Das Gleiche gilt für die Erschließung alternativer Energien in der Sahara oder in Nord- und Ostsee. Auch dies muss als europäische Gemeinschaftsaufgabe forciert werden. Wir in der Bundesrepublik müssen den Anfang machen beim Ausstieg. Nur dann werden wir, vor allen Dingen bei unseren französischen Nachbarn, mit unserem Anliegen überzeugen können. Mit der Regierungserklärung und mit den Anträgen heute in diesem Plenum haben wir, glaube ich, diese Aufgabe angenommen. Mit dieser Aufgabe korrespondiert aber eine weitere Aufgabe, die Aufgabe, erneuerbare Energien als tauglichen Ersatz für Kernenergie hier im Land verfügbar zu machen.

Meine Damen und Herren, wenn negative Strompreise für den Kraftwerksstrom gezahlt werden und dafür Windräder abgeschaltet werden, weil die Netzkapazität nicht ausreicht, dann läuft etwas schief in dieser Republik. Längst überfällig ist der Bau von neuen Stromtrassen, und zwar 3.600 Kilometer lang.

Man ist davon ausgegangen, dass wir zur Aufnahme der Windenergie und der erneuerbaren Energie im Land bis 2014 900 Kilometer neue Stromtrassen gebaut haben werden. In der Realität liegen wir heute bei zirka 90 Kilometern. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir die von uns selbst gesetzten Ziele bis 2020 so nicht erreichen können. Die rechtlichen Grundlagen für ein schnelles Genehmigungsverfahren sind nicht geschaffen worden; sie fehlen. Ich erinnere auch daran, dass wir dabei sind, die plebiszitären Elemente zu stärken. Wenn Volksbegehren in diesem Bereich greifen werden, dann ist davon auszugehen, dass erneute Hemmnisse auf uns zukommen werden. Unser Ziel, im Jahr 2020 20 Prozent unserer Energie mit erneuerbarer Energie darstellen zu können, werden wir auf diese Weise mit Sicherheit schwerlich erreichen können. Wer Kernkraftwerke abschalten will und erneuerbare Energie haben will, der muss sich für neue Stromtrassen entscheiden - sonst müssen wir wirklich sagen, gute Nacht Deutschland.

Wir wollen das Zeitalter erneuerbarer Energien so schnell wie möglich erreichen. Hierfür müssen wir umgehend die gesetzlichen Grundlagen zur Beschleunigung solcher Verfahren im Gemeinwohlinteresse schaffen. Für den Stromnetzerstbau ist ein straffes Planungsrecht notwendig. Der Entwurf des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes ist hierfür ein erster und wichtiger Anfang. Es wird auch darüber nachzudenken sein, ob wir in der Zeit des Übergangs der CO2-Problematik eine solche Bedeutung beimessen, wie es derzeit der Fall ist. Wenn wir den Übergang zu erneuerbaren Energien schaffen wollen, dann werden wir eine zeitlang auf fossile Energieträger zurückgreifen müssen. Auch das ist eine Erkenntnis, die wir aus Fukushima ziehen müssen. Es liegt nun an uns, aus den tragischen Ereignissen von Fukushima einen guten Start in ein neues Energiezeitalter zu machen. Nur dann kann das unermessliche Leid, das die Menschen in Japan derzeit erfahren, allgemein noch einen Sinn haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache. Und da es nicht nur um eine Aussprache zur Regierungserklärung ging, sondern gleichzeitig auch um die Beratung von drei Anträgen, kommen wir zur Abstimmung über die uns vorliegenden Anträge.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 14/ 429. Wer für die Annahme der Drucksache 14/429 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/429 mit Stim

(Abg. Heinrich (CDU) )

menmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen bei Ablehnung der Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion, Drucksache 14/427. Wer für die Annahme der Drucksache 14/427 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/427 einstimmig mit den Stimmen aller Abgeordneten angenommen ist.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 14/431. Wer für die Annahme der Drucksache 14/431 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/431 bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und Enthaltung der Oppositionsfraktionen einstimmig angenommen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche unsere Sitzung bis um 13.00 Uhr und wünsche allen einen guten Appetit.

(Die Sitzung wird von 11.53 Uhr bis 13.02 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort und kommen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Saarlandes (Drucksache 14/423)

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011 (Drucksache 14/424)

Zur Begründung der beiden Gesetzentwürfe Drucksachen 14/423 und 14/424 erteile ich Herrn Bildungsminister Klaus Kessler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Verfassungsänderung im Bereich des Schulrechts kommt eigentlich nicht so häufig vor, stellt sie doch einen erheblichen und grundsätzlichen Eingriff in eine bis dahin dauerhaft bestehende Schulstruktur dar. Die letzte Verfassungsänderung die Schulformen des Saarlandes betreffend wurde im Jahre 1996 durch dieses Parlament vollzogen. Damals verständigten sich SPD und CDU darauf, die Hauptschule aus der Verfassung herauszunehmen und neben dem Gymnasium, der Gesamtschule, der Förderschule, der Grundschule und den beruflichen Schulen unter Zusammenlegung der

Haupt- und der Realschule eine neue Schulform, die Erweiterte Realschule, in die Verfassung des Saarlandes aufzunehmen. Die GRÜNEN vertraten damals die Auffassung, dass eigentlich keine Schulform in die Verfassung gehöre, zumal damals wie heute das Saarland das einzige Bundesland ist, das eine solche Rechtsregelung hat. Einigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, bestand bei allen Fraktionen darüber, dass dauerhaft ein wohnortnahes qualifiziertes Bildungsangebot in den saarländischen Gemeinden angeboten werden muss. Seit dieser Zeit besteht im Bereich der allgemeinbildenden weiterführenden Schulen des Saarlandes ein verfassungsrechtlich abgesichertes dreigliedriges Schulsystem, rechnet man noch die Förderschulen hinzu, eigentlich sogar ein viergliedriges Schulsystem.

Wenn wir heute, im Jahr 2011, wiederum eine Verfassungsänderung vornehmen wollen, so muss es dafür wichtige - um nicht zu sagen: gewichtige Gründe geben. Mit Blick auf die Zukunftsfestigkeit des bestehenden Systems muss es meines Erachtens auch dringenden Handlungsbedarf geben. Und den gibt es, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die saarländische Landesregierung hat rechtzeitig erkannt, dass es angesichts der demografischen Entwicklung - wir haben jährlich einen Schülerrückgang von 2 bis 3 Prozent zu verzeichnen und eines sich zunehmend verändernden Elternwahlverhaltens bei der Anwahl weiterführender Schulen - wir haben feststellen müssen, dass Eltern in zunehmendem Maße Schulformen, die alle Abschlüsse anbieten, also Schulformen auch mit dem Abitur, anwählen wollen - dringend notwendig ist, unser Schulsystem klarer zu gliedern und somit für die Eltern überschaubarer zu machen, dass es notwendig ist, das Angebot so auch ein Stück weit sicherer zu machen und dabei gleichzeitig ein umfassendes, also ein komplettes, wohnortnahes, qualifiziertes Schulangebot sicherzustellen.

Dazu haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, im Bereich der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen ein sogenanntes Zwei-Säulen-Modell einzuführen, das neben dem grundständigen Gymnasium eine neue integrierte und differenzierte Schulform mit Namen „Gemeinschaftsschule“ vorsieht. Die Gemeinschaftsschule entsteht aus der Zusammenführung der bisherigen Erweiterten Realschule und der bisherigen Gesamtschule. Sie soll zum Schuljahr 2012/2013 landesweit mit dem 5. Schuljahr aufsteigend eingeführt werden.

Um in der Schulstrukturdebatte, die, wie wir wissen, stets stark ideologiegeprägt geführt wurde, endlich und dauerhaft einen Schulfrieden im Land herbeizuführen und gleichzeitig den Eltern Verlässlichkeit, aber auch Wahlfreiheit in der Schulformfrage zu geben, haben sich die Koalitionspartner darauf ver

(Präsident Ley)

ständigt, in der Verfassung des Saarlandes nur noch die Schulformen Gymnasium und Gemeinschaftsschule festzuschreiben. Beide Schulformen erhalten dadurch einen dauerhaften Bestandsschutz. Nicht zuletzt erhält das Saarland mit der Errichtung eines Zwei-Säulen-Schulmodells meines Erachtens eines der leistungsfähigsten und modernsten Schulsysteme Deutschlands.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Die hierzu erforderliche Verfassungsänderung liegt Ihnen mit Drucksache 14/423 vor. Danach soll Artikel 27 Abs. 3 der Verfassung des Saarlandes wie folgt neu gefasst werden: „Das öffentliche Schulwesen besteht aus allgemein bildenden und beruflichen Schulen. Allgemein bildende Schulen, an denen die allgemeine Hochschulreife erworben werden kann, sind Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.“

Durch die Neufassung des Absatzes 3 wird die neue Grundstruktur des öffentlichen Schulwesens in der saarländischen Verfassung verankert. Diese Grundstruktur setzt sich aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen zusammen. Im Bereich der allgemeinbildenden Schulen kann die allgemeine Hochschulreife sowohl am Gymnasium als auch an einer Gemeinschaftsschule erworben werden. Gymnasiale Sonderformen sowie die bestehenden gymnasialen Oberstufen mit berufsbezogenen Fachrichtungen bleiben davon unberührt und werden in die verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten einbezogen. Die verfassungsrechtliche Nennung zweier allgemeinbildender Schulformen, an denen gleichberechtigt die allgemeine Hochschulreife erworben werden kann, ist ein Beleg dafür, dass die Landesregierung von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit beider Schulsäulen im Zwei-Säulen-Modell ausgeht.

War es bislang selbstverständlich, dass die allgemeine Hochschulreife am Gymnasium erworben wird, wird es in Zukunft auch möglich sein, an der Gemeinschaftsschule die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Dies sichern wir jetzt in der Verfassung ab. Eine solche Absicherung des Angebotes sowohl des Gymnasiums als auch der Gemeinschaftsschule ist weit mehr, als bislang von Gesamtschulen oder Erweiterten Realschulen im Saarland erreicht wurde.

(Beifall bei den Koalitionsfraktionen.)

Durch das neue Schulmodell wollen wir mehr Bildungsgerechtigkeit, mehr Durchlässigkeit im System und eine bessere individuelle Förderung aller Kinder und Jugendlichen erreichen. Zur näheren Ausgestaltung der Gemeinschaftsschule und weiterer Rechtsregelungen liegt Ihnen mit Drucksache 14/424 der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011 vor.

Das Zwei-Säulen-Modell ermöglicht es, in den Schulformen Gemeinschaftsschule und grundständiges Gymnasium alle Abschlüsse bis zur allgemeinen Hochschulreife zu erwerben, wobei das Abitur am Gymnasium nach zwölf Schulbesuchsjahren und an der Gemeinschaftsschule nach 13 Schulbesuchsjahren erreicht wird. Dadurch werden wir dem in der saarländischen Elternschaft vielfach geäußerten Wunsch gerecht, neben dem G 8-Gymnasium eine zweite, eine zum G 8 alternative Schulform anzubieten, in der nach neun Jahren das Abitur erreicht werden kann.

Die bei § 3a Schulordnungsgesetz vorgesehenen Änderungen beziehen sich auf die Festlegung des Wesens der Gemeinschaftsschule. Die bisherige Definition des Wesens des Gymnasiums im Schulordnungsgesetz bleibt unverändert erhalten. Nach dieser Definition gehört es zum Wesen des grundständigen Gymnasiums, eine vertiefte allgemeine Bildung zu vermitteln, mit Klassenstufe 5 zu beginnen, den Unterricht mindestens bis Klassenstufe 10 im Klassenverband abzuhalten und zur allgemeinen Hochschulreife zu führen.

Zum Wesen der Gemeinschaftsschule gehört, dass sie den Hauptschulabschluss, den mittleren Bildungsabschluss und das Abitur anbietet. Sie ersetzt die Schulformen Erweiterte Realschule und Gesamtschule und beginnt ebenfalls mit Klassenstufe 5. Gemeinschaftsschulen unterhalten je nach Schülerzahl entweder eigenständige Oberstufen am Standort oder sie kooperieren in Oberstufenverbünden mit anderen Gemeinschaftsschulen oder mit grundständigen Gymnasien, Oberstufengymnasien und gymnasialen Oberstufen mit berufsbezogenen Fachrichtungen.

Die gymnasiale Oberstufe der Gemeinschaftsschule umfasst, wie am Gymnasium, eine einjährige Einführungsphase und eine zweijährige Hauptphase. Das Zentralabitur und die Prüfungsanforderungen sind für beide Schulformen gleich.

An der Gemeinschaftsschule unterrichten Lehrkräfte aller Lehrämter, die Gestaltung der Bildungsgänge und die Anerkennung der Abschlüsse erfolgt auf der Grundlage der geltenden Beschlüsse der Kultusministerkonferenz. Der Unterricht an der Gemeinschaftsschule findet grundsätzlich für alle Schülerinnen und Schüler im Klassenverband statt. Den unterschiedlichen Leistungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler wird durch Formen binnendifferenzierten Unterrichts und individueller Förderung entsprochen. In einem Teil der Fächer wird der Unterricht leistungsdifferenziert und auf mindestens zwei lehrplanbezogen definierten Anspruchsebenen in Kursen erteilt. Anstelle von Kursen können auch klasseninterne Lerngruppen gebildet werden.

(Minister Kessler)

Die Organisation und Differenzierung der Gemeinschaftsschule dient dem Ziel, die Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung ihrer individuellen Lernmöglichkeiten und -interessen in der Entfaltung ihrer Begabungs- und Leistungsschwerpunkte zu fördern und auf die jeweils erreichbaren Abschlüsse vorzubereiten.

Die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen bleibt so lange wie möglich erhalten. Selbstständiges Lernen und individuelle Lernwege werden unterstützt, fachliches und soziales Lernen gleichgewichtig verfolgt. Die Förderung praktischer Fähigkeiten, die frühe und entwicklungsgerechte Verbindung mit der Arbeitswelt, die Berufsorientierung sowie die Gestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf finden an dieser Schulform eine besondere Berücksichtigung.

In den Verhandlungen der Fraktionen und den vorbereitenden Gesprächen zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsschule, aber ebenso in der von mir durchgeführten Anhörung zur Gemeinschaftsschule, traten stets wieder die unterschiedlichen Auffassungen zur Ausgestaltung der Differenzierung hervor. Einerseits wurde gefordert, die Schülerinnen und Schüler möglichst lange gemeinsam zu unterrichten und den Grad der Fachleistungsdifferenzierung möglichst gering zu halten, andererseits gab es auch die Auffassung, dass möglichst früh eingerichtete leistungsbezogene homogene Lerngruppen der bessere Weg zum Schulerfolg seien.

Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass man aus dieser Diskussion kein politisches Dogma machen sollte, zumal die Politik die pädagogischen Grundentscheidungen nach wie vor denjenigen überlassen sollte, die als Profis in unseren Schulen arbeiten, und das sind die Lehrerinnen und Lehrer.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Allein schon aus diesem Grund erhalten die Gemeinschaftsschulen ein hohes Maß an Selbstständigkeit und einen Gestaltungsspielraum, der es ihnen ermöglicht, eigene pädagogische Konzepte zu entwickeln und ihr Profil auf die jeweils besondere Situation der Schule auszurichten.

Dies gilt ebenso für das Differenzierungsmodell der Schule. Wir haben uns darauf verständigt, allen Schulen ein Orientierungsmodell zur Fachleistungsdifferenzierung vorzugeben, von dem im Rahmen des Stundenbudgets in verschiedener Richtung aber auch abgewichen werden kann. Das Orientierungsmodell stellt eine schulformeinheitliche Orientierung und die Anerkennung der Abschlüsse sicher, beinhaltet aber auch Gestaltungsmöglichkeiten für die Schule, entweder den Grad der Differenzierung auszuweiten oder den Grad der Differenzierung zurückzunehmen. Hierüber soll die Schulkonferenz mit

Zwei-Drittel-Mehrheit entscheiden. Dazu soll das Schulmitbestimmungsgesetz an der Stelle geändert werden.

Die Möglichkeit, das Differenzierungsmodell durch die Schulgemeinschaft variabel selbst zu gestalten, bietet gleichermaßen eine große Chance, auch kleinere Schulstandorte zu erhalten. Die Einführung des Zwei-Säulen-Modells ist insofern die richtige Antwort auf die demografische Entwicklung in diesem Land bei gleichzeitiger Erhaltung auch kleinerer Schulstandorte.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Nach der Verfassungsänderung und der in einem ersten Schritt erforderlichen Änderung des Schulordnungsgesetzes zur Einführung der Gemeinschaftsschule werden wir in einem zweiten Schritt die Rechtsgrundlagen zur Aufrechterhaltung eines geordneten Schulbetriebs so ändern, dass anstelle der vorgeschriebenen Dreizügigkeit für eine weiterführende Schule eine standortbezogene Gesamtschülerzahl festgelegt wird. Alle Standortfragen und die Festlegung von Mindestschulgrößen werden wir gemeinsam im Rahmen unserer Schulentwicklungsgespräche mit den zuständigen Schulträgern zu erörtern haben.

Herr Minister, ich muss Sie kurz unterbrechen. Ich bitte die Medien, ihre Arbeit im Medienraum durchzuführen. Das stört hier. Das ist eigentlich nicht zulässig.