Protocol of the Session on January 19, 2011

nen Standort finden. Deshalb müssen wir im Saarland herausarbeiten, wie wir uns mit unseren Bundeswehrstandorten positiv von den anderen Bundesländern absetzen können. Dabei ist zu bemerken: Alle Bataillone verfügen über eine Infrastruktur, die ihrer jeweiligen Aufgabenstellung gerecht wird. Das ist natürlich bei uns im Saarland ebenso. In dieser Beziehung werden wir uns nicht von unseren bundesweiten Mitbewerbern positiv absetzen können, hier haben wir keine Sonderkompetenzen.

Es gibt aber ein Argument, das hinsichtlich der künftigen Aufgabenstellung der Bundeswehr bei uns im Saarland sicherlich als einmalig gewertet werden darf. Ich darf daran erinnern, es hat Zeiten gegeben, da wurde gegen die Bundeswehr als Einrichtung demonstriert. Soldaten wurden beschimpft. Es gibt auch heute noch Landstriche in der Bundesrepublik, wo jegliche Identifikation der Zivilbevölkerung mit der Bundeswehr fehlt. Mancherorts wird sie sogar als lästiges Übel angesehen.

Hier kommt unser Standortvorteil, aus meiner Sicht ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal, zum Tragen. Bundeswehr und Zivilbevölkerung sind im Saarland ein großes Ganzes. Das eine gehört untrennbar zu dem anderen. Wie die Saarschleife gehören die Soldaten zum Bild des Saarlandes. Meine Damen und Herren, das ist auch ein großes Verdienst der Städte und Gemeinden in ihrem gemeinsamen Engagement für die Bundeswehr und mit der Bundeswehr. Und es ist das Verdienst von vielen ehrenamtlichen Organisationen, die mit ihrem Engagement zu dieser Akzeptanz beigetragen haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Soldaten erfahren im Saarland nicht nur eine hohe Akzeptanz bei der Bewältigung ihrer Aufgaben, sie sind hier auch in den Herzen der Bürger aufgenommen. Viele junge Menschen aus dem „Reich“, die hier ihre Ausbildung bei der Bundeswehr genossen haben, haben im Saarland auch ihr Herz verloren, eine Familie gegründet und sind diesem Land als Bürger erhalten geblieben. Ich glaube, wenn man das über die zurückliegenden Jahrzehnte verfolgt, dann ist das einer der schönsten, der bedeutendsten und der nachhaltigsten Ansiedlungserfolge, die wir im Saarland zu verzeichnen haben.

Viele von denen, die als Soldat ins Saarland gefunden haben, haben unser Land und seine Bürger kennen und schätzen gelernt. Sie haben gelernt, wie Bundeswehr und Familie sich bei uns arrangieren können und sich eben nicht als institutionelle Feinde gegenüberstehen. Familie, Beruf, Kindergarten und Schule lassen sich im Saarland im Umfeld der Bundeswehrstandorte problemlos organisieren. Diesen Standortvorteil wissen viele Betriebe, wenn es darum geht, Ansiedlungen vorzunehmen, sehr wohl zu

schätzen. Das ist natürlich bei unseren Soldaten ebenfalls nicht anders.

Bei vielen von ihnen ist zu beobachten, dass sie ihre guten Erfahrungen bei der Bundeswehr im Saarland und die saarländische Lebensfreude weitergeben an ihre Kinder, Verwandte und Freunde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von uns nehmen an den öffentlichen Gelöbnissen teil, die regelmäßig im Saarland stattfinden. Ich erinnere nur an die vielen Gelöbnisse, die sich gerade am Standort Lebach vollziehen. Wenn man dort als Abgeordneter sitzt und den Blick über den Platz schweifen lässt, stellt man fest, dass viele ehrenamtlich Tätige und viele Bürgerinnen und Bürger aus Lebach diesem Gelöbnis beiwohnen und damit auch ihre Verbundenheit zu diesem Standort ausdrücken.

Wenn man sich vorstellt, gegen was alles in dieser Republik demonstriert wird, dass an manchen Orten auch Demonstrationen gegen die Bundeswehr stattfinden, und man dann den Bundeswehrstandort in Lebach betrachtet, im Herzen der Stadt mit seinem alltäglichen Betrieb, dann stellt man fest: Hier ist das nicht so. Man hat hier nicht nur nichts gegen die Bundeswehr, sondern man identifiziert sich mit den Soldaten. Die Soldaten sind dort gängiges Bild im Umgang mit den Bürgern. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen, und dieses Zeichen gilt es auch heute von hier aus zu setzen.

Dies ist auch mit ein gewichtiges Pfand, wenn man sich die künftigen Aufgaben des Kreiswehrersatzamtes vor Augen hält. Die Kreiswehrersatzämter waren zuständig für die Rekrutierung der jungen Wehrpflichtigen, eine Aufgabe, die in Zukunft gänzlich entfällt. Nach den bisherigen Überlegungen und Planungen sollen sie nun für die Werbung von Freiwilligen verantwortlich sein. Auch hier empfiehlt sich in einer besonderen Weise das Kreiswehrersatzamt Saarlouis mit seiner anerkannten Kompetenz. Bezüglich der auch künftig durchzuführenden medizinischen und psychologischen Eignungsuntersuchungen Freiwilliger ist das Kreiswehrersatzamt in Saarlouis besonders gut aufgestellt, wie die Spitzenergebnisse des Amtes bei der Werbung und Einberufung freiwillig Wehrdienstleistender und der Musterungsquote bereits heute unter Beweis stellen. Diese Kompetenz muss bei sachgerechten Überlegungen zur Neustrukturierung der Bundeswehr mit ihren Einrichtungen Berücksichtigung finden. Wir haben diesbezüglich gute Karten im Land. Diese Karten gilt es auch auszuspielen.

Meine Damen und Herren, erfolgreich werben für den Beruf Soldat bei der Bundeswehr können Sie nur dort, wo das Umfeld stimmt. Wo Gleichgültigkeit oder gar Ablehnung gegenüber der Bundeswehr besteht, werden wir nicht sehr viele junge Menschen als Soldaten gewinnen können. Dort, wo jedoch Auftrag und Existenz der Bundeswehr eine breite Unter

(Abg. Heinrich (CDU) )

stützung erfahren, und dort, wo Soldaten gerne gesehene Bürger und Mitmenschen sind, wird man auch zukünftig erfolgreich Soldaten für die neuen Aufgaben der Bundeswehr gewinnen können. Deshalb ist es wichtig, dass heute vom saarländischen Landtag ein Zeichen der Solidarität von Bürgern und Volksvertretern mit ihren Soldaten und den Beschäftigten des Kreiswehrersatzamtes gesetzt wird. Hier im Saarland waren Soldaten gerne gesehene Gäste, Freunde und Bürger dieses Landes. Wir wünschen uns von Herzen, dass auch zukünftig Soldaten der Saarlandbrigade an den Standorten Lebach, Merzig und Saarlouis als Bürger dieses Landes unserer Solidargemeinschaft angehören.

Ich werte es als ein großartiges Zeichen der demokratischen Geschlossenheit und der inneren Verbundenheit mit unseren Soldaten und deren Familien, dass heute die Koalitionsfraktionen, die SPD und in modifizierter Form auch die LINKEN in diesem Hohen Hause mit diesem Antrag ein sichtbares Zeichen für die Standorte und damit für die Soldaten der Bundeswehr hier im Saarland setzen.

Meine Damen und Herren, unser Appell gilt heute insbesondere dem Bundesverteidigungsminister und allen in der Strukturkommission Verantwortlichen, im Interesse der Bundeswehr, aber auch im Interesse des Saarlandes als jüngstes der alten Bundesländer dazu beizutragen, dass das Saarland durch eine sachgerechte Standortentscheidung mit seiner geringen Präsenz von Bundesbehörden in seiner Wirtschaftsstruktur nicht weiter geschwächt wird. Dies würde die Erfolge der beiden vergangenen Legislaturperioden insbesondere auf dem Beschäftigungssektor konterkarieren. Das dürfen wir so nicht zulassen. Deshalb müssen wir uns für diese Standorte einsetzen.

Mein Appell nach Berlin und Bonn lautet: Wenn die Bundeswehr in ihren neuen Strukturen Erfolg haben will, dann empfiehlt es sich, an den bisherigen Standorten im Saarland festzuhalten und diese weiterhin aufrechtzuerhalten. Wir haben uns entschlossen, unseren Beitrag dazu fraktionsübergreifend zu leisten. Ich möchte deshalb unser Engagement mit dem Slogan der Fallschirmjäger beschreiben: Einsatzbereit jederzeit. In diesem Fall aber nur bundesweit. - Glück ab!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zur Begründung des Antrages 14/381 erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Heinrich, Sie haben hier in

sachlicher Form den Antrag der Koalitionsfraktionen, dem sich auch die SPD angeschlossen hat, begründet und festgestellt, dass in der Grundsatzfrage, dass das Saarland zu den hiesigen Bundeswehrstandorten steht, kein Dissens hier im Parlament besteht. Es ist wichtig, das festzustellen, denn das ist nicht der Gegenstand des Alternativantrages, den wir hier vorlegen. Der Gegenstand ist vielmehr ein anderer. Wir können ja nicht daran vorbeigehen, dass die Saarlandbrigade derzeit im AfghanistanKrieg eingesetzt wird. Zu diesem Gegenstand möchte ich mich heute hier äußern und ich will das in aller gebotenen Sachlichkeit tun.

Sie haben hier die bekannte Argumentation vorgetragen, dass die Saarlandbrigade dort auch im Kampf gegen den Terrorismus eingesetzt ist; so habe ich Sie ja wohl richtig verstanden. Hier ist der erste Streitpunkt. Ich habe im Deutschen Bundestag der Bundeskanzlerin zwei bis drei Jahre lang bei allen Debatten zu diesem Gegenstand die Frage gestellt, was Terrorismus ist. Ich habe immer wieder begründet, wenn Sie gegen den Terrorismus kämpfen, dann müssen Sie in der Lage sein, der deutschen Bevölkerung zu sagen, was Terrorismus ist. Die Bundeskanzlerin hat im Deutschen Bundestag diese Frage zwei bis drei Jahre lang nicht beantwortet, bis es das Gesetz zur Anti-Terror-Datei gab, wo Sie es jetzt nachlesen können. In diesem Gesetz steht: Terrorismus ist die gewaltsame Durchsetzung und die rechtswidrige Anwendung von Gewalt zum Erreichen politischer Belange. Ich habe diesen Passus im Deutschen Bundestag vorgetragen und festgestellt, das Parlament hat soeben beschlossen, dass die Herren Bush, Blair und andere Terroristen sind, denn ohne jeden Zweifel haben sie rechtswidrig Gewalt zum Erreichen politischer Belange angewendet.

(Beifall bei der LINKEN.)

Es gab keinen Widerspruch. Sie können das im Bundestagsprotokoll nachlesen. Es gab keinen Widerspruch im Bundestag, als ich dies vorgetragen habe. Ich weise zusätzlich darauf hin, den Irak-Krieg betreffend hat das Bundesverwaltungsgericht - dieses Urteil ist viel zu wenig beachtet worden - beschlossen, dass der Irak-Krieg völkerrechtswidrig ist und es daher rechtswidrig ist, dass die Bundesrepublik zur Unterstützung der Militärmaßnahmen im Irak-Krieg ihre infrastrukturellen Einrichtungen zur Verfügung stellt. Ich bin also der Auffassung, wenn wir den Terrorismus bekämpfen wollen - und es geht mir nicht um Polemik, Herr Kollege Heinrich -

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE). Sprechen.)

Wenn Sie das jetzt als eine polemische Ausführung ansehen, tut es mir leid. - Wenn wir den Terrorismus bekämpfen wollen, dann müssen wir zumindest sa

(Abg. Heinrich (CDU) )

gen, was wir darunter verstehen. Ich habe hier die offizielle Rechtsdefinition des bundesdeutschen Gesetzgebers vorgetragen und habe für uns vorgetragen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Bis zum heutigen Tage, Herr Kollege Heinrich und die Damen und Herren, soweit Sie an einer sachlichen Erörterung dieses Themas interessiert sind, sind mir keine nachvollziehbaren Gegenargumente vorgetragen worden. Die Diskussion wird ja zwischen den Parteien geführt.

Ich will einen Kronzeugen anrufen, der lange Zeit auf der rechten Seite des politischen Spektrums stand und mit dem ich in früheren Jahren die Klinge gekreuzt habe: den ehemaligen CDU-Abgeordneten Todenhöfer. Todenhöfer hat sich wie kaum ein anderer in dieser Frage engagiert und kommt zu völlig anderen Schlussfolgerungen. Ich bemühe ihn hier nur, um deutlich zu machen, dass auch im anderen Lager ganz anders gedacht wird. Todenhöfer, der sehr oft in Afghanistan war und offensichtlich eine tiefe emotionale Verbundenheit zu diesem Land hat, hat festgestellt, dass unsere Vorgehensweise dort ein Terrorzuchtprogramm sei. Das heißt, er kommt zu einem ganz anderen Urteil als Sie, nämlich zu dem Urteil, dass, wenn man dort einen Krieg führt, so wie er jetzt geführt wird, der Terrorismus geradezu gezüchtet wird und auch die Anschlagsgefahr in unserem Land ansteigt.

Dass die Anschlagsgefahr in unserem Land ansteigt, diese Auffassung hat nicht zuletzt auch der damalige bayerische Ministerpräsident Beckstein öffentlich in einem Interview bekundet. Ich habe ihn damals im Bundestag zitiert und ich gebe ihn jetzt sinngemäß wieder: Wir wissen, dass unser Einsatz dort die Anschlagsgefahr in Deutschland erhöht. Die Frage ist also: Ist es verantwortbar, dass wir Missionen unternehmen, bei denen die Anschlagsgefahr in Deutschland erhöht wird?

Wir kommen hier zu einem anderen Ergebnis als Sie. Wenn man das Problem des Terrorismus ernst nimmt, muss man alles tun, damit der Terrorismus wirklich zurückgedrängt wird, sowohl in anderen Ländern als auch in der Bundesrepublik. Wir sind der Überzeugung, dass ein Krieg, der so geführt wird wie jetzt, den Terrorismus stärkt und nicht bekämpft. Das ist der entscheidende Punkt, den ich hier ansprechen möchte.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das ist ja auch verständlich. Herr Kollege Heinrich, ich spreche Sie an, weil ich gespürt habe, dass Sie ernsthaft diese Auffassung vertreten. Sie müssen sich einen Moment vorstellen, es sei umgekehrt, es würden hier Flugzeuge eines anderen Landes Bomben abwerfen und es kämen bei diesen Bombenabwürfen in großem Umfang Zivilpersonen ums Leben. Was glauben Sie wohl, was die Reaktion der Ver

wandten auf diesen Sachverhalt wäre? Man muss sich einfach nur diese Frage stellen. Wir stellen uns diese Frage und kommen zu einem anderen Ergebnis.

Der zweite Punkt. Ursprünglich war es ja so, dass viele Abgeordnete des Deutschen Bundestages - ich war an diesen Debatten immer beteiligt - der Auffassung waren, es handele sich in erster Linie um eine Friedensmission. Wenn wir als Partei DIE LINKE das Wort Krieg in den Mund genommen haben, wurde dies als eine nicht zulässige Vereinfachung oder Bezeichnung immer wieder zurückgewiesen. Es wurde damals nicht mit rechtlichen Argumenten, die heute noch angeführt werden, argumentiert, sondern es wurde schlicht und einfach gesagt, es handele sich um einen Friedenseinsatz. Von daher seien unsere Argumente nicht zulässig. Wir müssen doch feststellen, meine Damen und Herren, dass sich dies jetzt geändert hat, dass auch die Bundesregierung eingesehen hat, dass es sich hier um einen Krieg handelt. Also geht es nicht mehr darum, die Saarlandbrigade - worüber man ja diskutieren könnte - zu einem Friedenseinsatz zu schicken. Wir schicken sie in einen Krieg, und dies halten wir unter den gegebenen Umständen nicht für verantwortbar.

(Beifall bei der LINKEN.)

Deshalb noch einmal unser Verweis auf den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr. Es ist, denke ich, eine enorme moralische Herausforderung, wenn man als Abgeordneter über den Einsatz junger Männer entscheiden soll, die ihr Leben aufs Spiel setzen sollen. Man kann dies sicherlich verlangen, wenn der Einsatz dazu dient, die eigene Heimat zu beschützen, also im klassischen Verteidigungsfall. Niemand wird infrage stellen, dass dies ethisch und moralisch verantwortbar ist, unbeschadet der Positionen des Pazifismus. Wenn man aber junge Soldaten in andere Einsätze schickt, dann stellt sich, wie ich meine, eine neue Herausforderung, dann stellt sich auch eine andere Frage.

Wenn man sich fragt, ob der Kriegseinsatz verantwortbar ist, muss man die Ziele heranziehen, die erklärt worden sind. Wie gesagt: Das erste Ziel, die Terrorbekämpfung, trägt nicht. Das ist mittlerweile bewiesen. Und auch die Nachrichtendienste, von denen ja so oft die Rede ist, haben immer wieder darauf hingewiesen, dass wir die Anschlagsgefahr in Deutschland erhöhen. Es gibt genügend Äußerungen in diese Richtung. Der zweite Punkt ist die Befriedung des Landes. Am Anfang bestand sicherlich die Absicht, das Land zu befrieden. Ich bin der Auffassung: Nach vielen, vielen Jahren Kriegseinsatz muss heute jeder zu dem Ergebnis kommen, dass Krieg eben kein Mittel ist, um ein Land zu befrieden. Deshalb ist, wie ich meine, auch dieses Ziel verfehlt worden. Auch wenn man grundsätzlich militärische Kampfeinsätze billigt, um ein Land letztendlich zu

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

befrieden, muss man hier einsehen, dass dieses Mittel nicht geeignet ist. Afghanistan ist in viel höherem Maß in einem unsicheren Zustand, als es zu Beginn des Militäreinsatzes der Fall war. Das ist die Analyse aller Beteiligten.

(Beifall bei der LINKEN.)

Damit ist wiederum die These des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt in seiner Nobelpreisrede bestätigt worden, deren Kernsatz lautet: Krieg ist eben nicht die Ultima Ratio, sondern Krieg ist die Ultima Irratio. Wir bleiben bei dieser Feststellung und sind der Ansicht, dass der Afghanistan-Krieg dies einmal mehr gezeigt hat.

Der nächste Punkt: Ist dieser Einsatz überhaupt rechtmäßig? Dazu werden in Debatten des Deutschen Bundestages immer wieder Beschlüsse der UNO herangezogen. Ich unterstelle jetzt einmal, dass die Anfangsargumente hinsichtlich der Abwehr eines Angriffs zutreffen; ich will mich aus Zeitgründen nicht mit ihnen beschäftigen. Aber was immer wieder ausgeklammert wurde - und dies verbindet sich mit der Betrachtung zum Terrorismus - ist, dass in Afghanistan aufgrund seiner Infrastruktur und Kultur kein Krieg zu führen ist, ohne große Opfer in der Zivilbevölkerung in Kauf zu nehmen. Sie können nämlich einen afghanischen Bauer, zu dessen Tradition es gehört, Waffen zu tragen, nicht von einem sogenannten Terroristen unterscheiden. Deshalb ist die Kriegsführung in diesem Land nach unserer Auffassung nicht vertretbar, weil das Gebot der Genfer Konvention, von dem in den ganzen Diskussionen keine Rede ist und welches beinhaltet, dass bei Kriegsführung die Zivilbevölkerung zu schonen ist anders formuliert: Ein Krieg, der die Zivilbevölkerung nicht schont, ist gar nicht vertretbar -, in Afghanistan schon aus infrastrukturellen und kulturellen Gründen überhaupt nicht durchzuhalten ist. Deshalb bleiben wir dabei, dass dieser Krieg völkerrechtswidrig ist.

Ein Letztes noch aus unserer Sicht, und ich hoffe, dass ich niemandem zu nahe getreten bin. Wenn man sagt, humanitäre Interventionen seien geeignet, Menschenleben zu retten, dann muss man doch ernsthaft die Frage stellen, ob die These, humanitär zu wirken, überhaupt richtig ist. Da kommen wir zu dem Ergebnis, dass ein Sachverhalt niemals bestritten werden kann, auch jetzt wieder nicht: Wenn man das Geld, das man zur Kriegsführung verwendet, einsetzen würde, um Hunger und Krankheit zu bekämpfen, würde man ungleich mehr Menschenleben retten, ohne einen Einzigen töten zu müssen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Und solange dieser Satz stimmt, sind wir der Auffassung, dass sogenannte militärische Interventionen auch im Sinne der Nobelpreisrede Brandts die Ultima Irratio sind. Und noch ein abschließender Hinweis: Stellen Sie sich einen Moment vor, wir hätten

die vielen Mittel, die auch wir in diesem Krieg aufgewandt haben, teilweise eingesetzt, um die Seuche in Haiti zu bekämpfen. Jedes Mal, wenn ich die Bilder von dort sehe, geht mir das durch den Kopf. Wäre es nicht sinnvoller, dass Deutschland hier ein Beispiel gäbe und versuchen würde, anders zu wirken als andere Nationen, die teilweise ja auch eine große koloniale Tradition haben? Obwohl hier ungleich weniger Mittel viele Menschenleben retten könnten, wird das Geld nicht eingesetzt. Das ist traurig. Aus all diesen Gründen, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir unseren Antrag gestellt. Weil er ein grundsätzlicher Antrag ist, beantrage ich im Auftrag meiner Fraktion namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Reinhold Jost.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es direkt vorweg sagen: Herr Kollege Fraktionsvorsitzender Lafontaine, was Sie hier geführt haben, war eine Stellvertreterdebatte. Ich will gar nicht einmal die Frage „polemisch oder nicht polemisch“ bewerten. Ich stelle aber fest: Sie haben kein einziges Wort zu dem gesagt, was eigentlich Tagesordnungspunkt ist, nämlich die Zukunft der Bundeswehrstandorte im Saarland.

(Beifall bei der SPD und den Regierungsfraktio- nen.)

Sie haben stattdessen eine Stellvertreterdebatte geführt, die mit Sicherheit notwendig ist und die auch die Menschen interessiert,