Protocol of the Session on November 18, 2010

Auf der anderen Seite, Herr Kühn, sagt auch die FDP, der Staat muss sich heraushalten. Ich habe ansatzweise in der Zeitung gelesen, dass der Gesundheitsminister von der FDP sich zurzeit darum bemüht, Krankenhäuser zu kaufen.

(Zurufe von Minister Dr. Hartmann und den Re- gierungsfraktionen.)

Wir wollen doch in dieser Frage die Kirche im Dorf lassen! Wir wollen uns darauf verständigen, dass alles Mögliche getan werden muss, um bei SaarGummi die Arbeitsplätze zu sichern.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, ich sage aber auch, wir sind nicht der Auffassung, dass es dauerhafte Lösungen über staatliche Beteiligungen gibt. Wir müssen industrielle Partner finden. Nach den Erfahrungen mit Finanzinvestoren sind wir - wahrscheinlich alle hier - nicht der Auffassung, dass dies die Lösung sein muss. Es muss Beteiligungen geben, Partner, die ein strategisches Interesse an dem Unternehmen, dem Unternehmenszweck und den Arbeitsplätzen haben. Darum geht es uns.

Deshalb will ich auf ein strukturelles Problem in der Automobilwirtschaft hinweisen, das man für die Zukunft berücksichtigen sollte: Viele Automobilzulieferer - wir reden nicht nur über SaarGummi, sondern auch über Halberg Guss - mögen eigene strukturelle Probleme haben, aber ein Teil der Probleme der gesamten Zulieferwirtschaft ist darauf zurückzuführen, dass die Automobilhersteller in den letzten 10 bis 15 Jahren viel outgesourct und dann über viele Jahre die Zulieferer ausgequetscht haben, bis es nicht

(Minister Dr. Hartmann)

mehr ging. Das führt heute dazu, dass die Automobilhersteller den Zulieferern Geld zur Verfügung stellen, sie teilweise kaufen, wie vor kurzem ZF. Das ist kein Prinzip der nachhaltigen Wirtschaft, Produktionsprozesse bei den Herstellern outzusourcen, dadurch Zulieferer entstehen zu lassen, die sich zunächst einmal darüber freuen, aber dann in einem ruinösen Wettbewerb ausgequetscht werden, bis sie vor der Insolvenz stehen. Auch das ist ein Punkt, der überdacht werden muss, das kann so nicht weitergehen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb sage ich für die SPD-Fraktion noch einmal: Wir erwarten von der Landesregierung, dass all die guten Worte umgesetzt werden. Es ist völlig unstrittig, dass wir ein gemeinsames Ziel haben. Die Frage ist, welche Möglichkeiten in der jetzigen Situation bestehen, dem Unternehmen zu helfen, aus der Insolvenz zu kommen, und dabei so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern. Wir unterstützen Sie bei allem, was Sie tun, was vernünftig ist. Wir werden Sie aber auch nicht aus der Verantwortung lassen und werden Sie antreiben, wenn wir meinen, dass Sie dieser Verpflichtung nicht ausreichend nachkommen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Bernd Wegner für die CDU-Landtagsfraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin teilweise schon etwas entsetzt über die Diskussionsbeiträge zu diesem Thema, obwohl Herr Maas und andere Redner eigentlich festgestellt haben, dass wir einer Meinung sind. Wir wollen, dass bei SaarGummi alles gut läuft und dass wir in der Insolvenz einen strategischen Partner finden, und zwar mit einer Belegschaft - das will ich besonders herausstellen -, die in den letzten Jahren gezeigt hat, wie opferbereit sie ist, was sie für den Standort und für ihre Arbeitsplätze zu tun bereit ist. Die Kollegin Rehlinger hat schon erwähnt, dass der Standort 2008 zum Werk des Jahres gewählt wurde. Ich bin deshalb sehr enttäuscht, dass wir hier in dieser Art und Weise die Diskussion führen. Trotzdem vorher ein großes Lob an die Belegschaft dafür, wie sie sich einsetzt und wie sie für den Standort kämpft.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Kollegin sagte hier, das ist das größte Geschenk, das sie für Weihnachten bekommen kann, wenn sich dort die Situation entspannt, und wenn sich neue Perspektiven auftun. Als dann von der linken Seite dieses Hauses gerufen wurde, das ist besser als Parfüm, war ich entsetzt. Das macht deutlich,

was Ihnen hier in der Debatte etwas wert ist, nämlich Effekthascherei und nicht die Menschen vor Ort, auch nicht die Menschen im Hochwald.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Herr Lafontaine, Sie haben es doch heute Morgen ganz klar gehört und Sie haben es hier am Podium nicht revidiert: Sie haben es möglich gemacht, dass Heuschrecken sich für SaarGummi interessiert haben.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : So ein Blödsinn! Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Ein Schwachsinn!)

Für eine D-Mark haben Sie damals Saarstahl verkauft, den schwarzen Bereich, den weißen Bereich, die SOTEC und SaarGummi. Wie viel war da SaarGummi noch wert? 3 Pfennige oder so etwas? Letztendlich haben Sie die Tür aufgemacht und haben jeglichen Handlungsspielraum, den eine Landesregierung überhaupt haben könnte, um SaarGummi zu retten, für eine D-Mark verspielt, als Sie das damals gemacht haben.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Ich komme einmal in eure Fraktion, dann klären wir das! - Abg. Linsler (DIE LINKE): Sie sind ein Dummschwätzer!)

Oh Herr Linsler, das höre ich von Ihnen ganz gerne, weil Sie darin, glaube ich, mehr Erfahrung haben. Sie sind hier am Pult schon öfter gut aufgefallen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Frau Rehlinger, Sie sagen hier, Sie hätten vor einem Jahr schon gewarnt, was hier passieren kann, dass das Geld eventuell nicht richtig eingesetzt werde, wenn wir die Bürgschaft geben. Was nützt es denn? Der Wirtschaftsminister Dr. Hartmann hat eben deutlich gemacht, wir bewegen uns im Rahmen von europäischem Recht, wir haben einen europäischen Markt. Wir haben keine anderen Möglichkeiten. Wir können keine Arbeitsplatzgarantien an Bürgschaften festmachen. Das geht nicht. Wenn von der Geschäftsführung - da ist es gut, dass jetzt eine Insolvenz eingetreten ist - von Odewald, von den Geschäftsführern, die das Ganze zu verantworten haben, Gelder nicht richtig, nicht sachgemäß eingesetzt worden sind, dann ist die Staatsanwaltschaft dafür zuständig. Sie können sicher sein, das wird sie auch tun und ihrer Aufgabe gerecht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich die Analysen ansieht, die von Prof. Dr. Bierbaum und Ihnen allen gemacht worden sind, wenn wir über Halberg reden, Halberg Guss und all die ganzen Probleme, die es mit Sicherheit in jeder Branche irgendwann geben kann, dann mag es durchaus sein, dass die Geschäftsführer von Odewald bei SaarGummi nicht richtig reagiert haben und vieles falsch gemacht haben. Ich habe noch nie ein

(Abg. Maas (SPD) )

Unternehmen gesehen, wo Geschäftsführung und Arbeitnehmerschaft so weit auseinander waren wie bei SaarGummi. Ein Skandal, da bin ich ganz Ihrer Ansicht. Aber Sie sagen, dass wir eine Wirtschaftskrise gehabt haben, die gerade den Automotive-Bereich ganz besonders belastet habe, und dass wir hier als saarländische Landesregierung nicht genug gemacht hätten. Ich glaube, eindrucksvoller als Dr. Hartmann kann man diesen Vorwurf nicht widerlegen.

Herr Kollege Wegner, ich erinnere Sie an Ihre Redezeit.

Ja, Herr Präsident, ich komme zum Ende. Es ist von der saarländischen Landesregierung alles richtig gemacht worden. Wir stehen zu SaarGummi, wir stehen zu den Unternehmen in diesem Land, aber auf einer rechtlichen und wirtschaftlichen Basis, wie sie auch in Europa trägt. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Dagmar Ensch-Engel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin immer wieder erstaunt, wie sehr Redebeiträge der LINKEN hier die Gemüter in Wallung bringen und speziell Herrn Meiser immer wieder zur Legendenbildung animieren. Was soll ich sagen, Herr Meiser?

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Märchen!)

Der Erfolg gibt Ihnen recht? Sie wissen noch nicht einmal, was mit Ihrer Bürgschaft passiert ist.

(Beifall bei der LINKEN.)

Kann ich Ihnen jetzt unterstellen, dass Sie das Geld bezahlt haben, ohne zu wissen, was damit passieren wird? Das wäre sehr verwerflich. Eigentlich wollte ich etwas zu SaarGummi und Büschfeld sagen, denn auch ich komme aus diesem Wahlkreis, aus dem Kreis Merzig-Wadern. Ich habe mit meinen Genossen regelmäßig vor dem Werkstor gestanden. Das kann Ihnen übrigens der Betriebsrat bestätigen.

(Abg. Schmitt (CDU) : Na dann! Dann haben Sie aber wirklich einen Arbeitsplatz gerettet.)

Frau Kuhn-Theis, ich habe Sie ein Mal dort gesehen, und zwar letzten Samstag, als das Fernsehen da war. Ansonsten waren Sie nicht da.

(Laute Protestrufe von der CDU. - Beifall bei der LINKEN. - Abg. Schmitt (CDU) : Wir waren jeden Tag da!)

Was bedeutet SaarGummi und Büschfeld für unseren Kreis? Das ist seit über 60 Jahren ein Symbol für die Symbiose der Hochwaldregion mit einem der größten Arbeitgeber im Kreis. Es ist ein Symbol für Tradition und eine bodenständige, zuverlässige Belegschaft, die immer zu ihrem Betrieb gestanden hat und in den letzten Wochen sehr große Opfer gebracht hat, um die Arbeitsplätze zu erhalten. SaarGummi, das sind auch tausend Arbeitsplätze und damit verbunden die Schicksale von Familien, die teilweise seit mehreren Generationen hier beschäftigt waren, Familien, die seit Generationen hier leben und ihre gesamte Lebensplanung auf einen sicheren Arbeitsplatz gegründet haben.

All das ist nun durch das Missmanagement der Geschäftsleitung und die daraus resultierende Insolvenz infrage gestellt. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens von SaarGummi von vor zwei Jahren sagte Staatssekretär Hettrich - ich zitiere -: „Im harten internationalen Wettbewerb sind die Mitarbeiter einer Firma für den Erfolg ausschlaggebend.“ Ich denke, diese Aussage könnte nicht mehr zutreffen als gerade in diesem Augenblick, denn alleine die Kompetenz der Belegschaft und die gute Qualität der Produkte hat dafür gesorgt, dass ein Bankenkonsortium und zufriedene Automobilkunden eine Soforthilfe gewährt haben, damit die Produktion während des Insolvenzverfahrens überhaupt gewährleistet ist.

Das, meine Damen und Herren, scheint vorerst eine gute Nachricht im Trauerspiel um SaarGummi zu sein, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ganze Situation immer noch kritisch ist und die Zukunft des Unternehmens noch nicht in trockenen Tüchern ist. In den letzten Wochen habe ich wie gesagt regelmäßig an den Demonstrationen teilgenommen und habe den Frust, die Angst und die Verzweiflung der Menschen erleben müssen. Auch heute, nachdem die Schlagzeilen um SaarGummi wieder etwas positiver sind, ist die Unsicherheit noch groß. Ich frage Sie, haben die Menschen im Hochwald das verdient? Es muss wirklich eine dauerhafte und tragfähige Lösung her. Da sind wir uns alle einig. Es ist nicht angebracht, sich gegenseitig auf diese Art und Weise anzugreifen, wie das Herr Meiser hier praktiziert hat.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ein Aus für SaarGummi wäre eine Katastrophe für unsere strukturschwache Region; denn wie Sie wissen, sind auch die Zulieferer betroffen. Das wissen Sie ganz genau. Ich appelliere an Sie, dass Sie wirklich alles tun. Ich möchte hier Herrn Kiefaber zitieren, denn Herr Kiefaber hatte am Samstag gesagt wir wollen ihn hier nicht als Gaukler bezeichnen, oder als jemand, der anderen Sand in die Augen streut, wie das Herr Ulrich eben sagte -: Wir lassen SaarGummi nicht im Stich. Ich nehme Sie beim

(Abg. Wegner (CDU) )

Wort. Ich hoffe, dass Sie ihre Worte wahr machen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

(Zurufe der Abgeordneten Linsler (DIE LINKE) und Becker (CDU).)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Becker gibt mir das Stichwort. Wenn es um Bürgschaft geht, ist mir der Beitrag wirklich chinesisch vorgekommen, denn, Frau Ensch-Engel, ich kann Ihnen Ihre verzweifelte Frage beantworten, was mit der Bürgschaft passiert ist: Nichts! Die ist nicht in Anspruch genommen worden.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Du weißt genau, dass es um das Geld geht, nicht um die Bürgschaft!)