Die Telekom hält sich nicht an Zusagen. Sie hatte 2008 versprochen, beim Tochterunternehmen Vivento die Zahl der Arbeitsplätze bis Ende 2010 bei 500 zu halten als Ausgleich für die Schließung des Callcenters in Saarbrücken. Zurzeit sind es weit weniger als 400. Dabei ist die Telekom nicht irgendein Betrieb. Der größte Anteilseigner ist der Bund. Er hält direkt 15 Prozent der Aktien und weitere 17 Prozent über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, insgesamt also 32 Prozent. Dieses Unternehmen ist aufgebaut worden aus Steuergeldern, also auch mit dem Geld der Bevölkerung im Saarland. Herr Minister, Sie müssen für den Erhalt der Arbeitsplätze im Saarland nicht nur schwätzen, sondern Sie müssen wie die Beschäftigten dafür kämpfen.
Die CDU-Vorgängerregierung mit Dr. Georgi an der Spitze hat damals viel versprochen und nichts gehalten. Sie wollte, dass im Saarland die Telkommunikationsbranche boomt und neue Callcenter mit Dienstleistungsjobs entstehen. Was ist daraus geworden? - Wie Sie sehen: Abbau, im Grunde genommen ist nichts daraus geworden. Wenn Sie als Landesregierung es ernst meinen mit Ihren mahnenden Worten, dann müssen Sie unseren Antrag unterstützen und sich im Bundesrat für den Erhalt der Arbeitsplätze bei der Telekom und somit auch im Saarland einsetzen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Linsler. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Bernd Wegner von der CDU-Landtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Linsler, wenn ich mir den Antrag der LINKEN und der SPD anschaue und Ihre Begründung hier anhöre, dann frage ich mich schon, in welcher Welt Sie eigentlich leben und was das Ganze hier soll. Wir haben vor nicht ganz einer Woche im Wirtschaftsausschuss zusammengesessen, hatten eigentlich über das Verhalten der Telekom eine einheitliche Meinung und haben durchaus verurteilt, was da alles passiert ist.
Was Ihren Antrag betrifft, so mag man vielleicht angesichts des Datums 11.11. verzeihen, was da drinsteht. Das ist nicht nur abenteuerlich, das ist auch wirklich weltfremd. Wenn ich mich einer Bundesratsinitiative gegenüber einem Konzern anschließe, der jährlich 10.000 Arbeitsplätze in diesem Land aus seinem Konzern ausgliedert, und wenn ich zusammen mit anderen Bundesländern der Meinung bin, die Bundesregierung mit ihren 32 Prozent könnte hier sagen, wir machen es im Saarland und nicht in Nordrhein-Westfalen und so weiter, dann ist klar: So kann ich die soziale Komponente, die Sie angesprochen haben, nicht erreichen. Die kann man erreichen, wenn man das macht, was die Vorgängerlandesregierung und die jetzige Landesregierung macht und was der Landtag des Saarlandes vor zwei Jahren in dieser Krisensituation gemacht hat, indem man sich nämlich mit den Akteuren zusammensetzt und versucht, das Nötige zu tun.
Ich werde darauf eingehen, was dabei herausgekommen ist. Das, was Sie fordern, ist ohne Substanz und ohne irgendwelchen Hintergrund. Deshalb können wir so nicht vorgehen. Ich darf an das erinnern - wobei Sie natürlich recht haben -, was die Telekom nicht nur hier im Saarland, sondern auch in vielen anderen Regionen macht. Wir hatten 2002 noch 5.500 Beschäftigte. Wir hatten im Jahr 2008, als das Callcenter der Deutschen Telekom geschlossen werden sollte und nachher geschlossen wurde, noch 1.500 bis 1.700 Beschäftigte. Heute sind wir bei 1.000 bis 1.100. Das ist das, was noch übrig geblieben ist.
Sehen wir uns einmal an, was von den Versprechungen von Herrn Welslau und anderen von der Telekom übrig geblieben ist. Es gab damals eine Standortgarantie bis zum 31.12.2012. Bisher ist die eingehalten worden. Man hat auch in diese Vereinbarung geschrieben, dass bis zum 31.12.2010 nicht über eine Veräußerung geredet wird. Es wurde vereinbart, dass diejenigen, die von der Deutschen Telekom zur Vivento Customer Service gewechselt haben, mit den gleichen tariflichen Bedingungen wechseln konnten. Es wurde vereinbart, dass bis zum 31.12. - Sie haben das eben schon gesagt - minde
stens 500 Arbeitsplätze bei der Firma Vivento gehalten werden. Sie haben recht. Wir haben im Moment 390, wie wir vorige Woche im Ausschuss gehört haben.
In dieser Vereinbarung steht, dass im Saarland ein Lead-Standort ausgebildet werden soll, und zwar mit ganz besonderen Kriterien für die Region. Es wurde gewährleistet, dass die Ausbildungen, die damals bei der Deutschen Telekom angefangen wurden, anschließend von Vivento umgesetzt worden sind. Das hat man erfüllt. Außerdem wurde von der VCS versprochen, dass man für den Gesamtkonzern in Deutschland die wirklich gute Callcenter-Akademie ein leuchtendes Beispiel; sie wurde von Hanspeter Georgi eingerichtet - zur Qualifizierung der Mitarbeiter benutzen wird.
Ich gebe Ihnen recht. Es ist nicht ganz einfach, was da zurzeit passiert. Wenn man die Meldung vom 07.08.2010 in der Saarbrücker Zeitung liest, dass o2 hier in Saarbrücken ein Callcenter mit 280 Mitarbeitern abgestoßen hat, dann weiß man in etwa, wie schwierig es gerade in dieser Branche ist. Trotzdem hatten wir zweimal Vertreter der Telekom im Ausschuss. Die haben uns klare Dinge gesagt, auch über die Handlungsmuster für ihre einzelnen Strategien.
Deshalb fordere ich den saarländischen Landtag und den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses auf, die Herren von der Telekom noch einmal einzuladen. Wir haben das in der letzten Sitzung beschlossen. Dann müssen wir fragen, was aus dem Projekt Lead-Standort geworden ist, den sogenannten Scan-Dienstleistungen, die angekündigt waren, der Aktendigitalisierung, dem Projekt D15 - die Behörden-Hotline, wo Jobsuche für Behörden, Kommunen und Kreise organisiert werden sollten. All das sind Dinge, die auf dem Weg waren und meines Erachtens richtig auf dem Weg waren.
Lassen Sie mich trotzdem aus dem Protokoll der Sitzung des Wirtschaftsausschusses zitieren, was uns Herr Welslau versprochen hat. Ich gebe ihn wieder: „Wir haben in den letzten Jahren in jedem Jahr im Durchschnitt 10.000 Arbeitsplätze verloren. Da wir Anpassungsinstrumente wie Altersteilzeit, Vorruhestand und Sonstiges nur in sehr begrenzter Form haben, kommen wir gar nicht umhin, jedem Einzelnen, der abstrakt in unser Potenzial fällt, also zum Beispiel alt genug ist, dieses Angebot zu machen, egal, wo er sitzt, wo immer er wohnt und was immer er tut.“ Er wollte damit deutlich machen, dass es hier keine für das Saarland spezifische Situation ist.
Herr Kollege Wegner, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass man hier nicht aus Ausschussprotokollen zitieren darf.
Das darf ich in jedem Fall. Das weiß ich. - Er hat sinngemäß gesagt, dass bei den verschiedenen Veränderungen, die es hier gibt, die Konzerneinheiten nicht versuchen, einen Kahlschlag in irgendeiner Region zu machen, sondern dass sie mit ihrer Geschäftspolitik versuchen das auszugleichen. Das sind meines Erachtens genau die richtigen Gedanken, die er hier formuliert hat. An die sollten wir anknüpfen, um die Telekom in die Pflicht zu nehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Telekom ist ein Konzern, der 10.000 Arbeitsplätze abbaut und auf der anderen Seite sagt, wir werden bis zum Jahr 2012 wieder um 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufbauen und hier eine Umstrukturierung machen. Darin sehe ich eine große Chance für das Saarland. Wir sollten die Verantwortlichen an ihre Versprechungen erinnern, die sie zweimal bei uns im Ausschuss gegeben haben. Sie waren zweimal im Wirtschaftsausschuss. Ich fordere Sie auf, Herrn Welslau einzuladen.
Es macht keinen Sinn, irgendwelche Bundesratsinitiativen und Schauaktionen zu machen, die vielleicht nach außen hin schön aussehen und den TelekomMitarbeitern vermitteln, es würde hier etwas passieren. Letztendlich sind das Dinge, die nicht konkret sind. Das, was ich angesprochen habe, ist konkret. Wir haben eine Chance, die Telekom bei ihrem Wort zu nehmen, in der Region Arbeitsplätze zu halten. Das muss unser Ziel sein. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Wegner. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Ulrich Commerçon von der SPD-Landtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Wegner, man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Selbstverständlich müssen wir mit den Akteuren reden. Ich sage Ihnen
aber auch, ich glaube, es war eben nicht sehr klug von Ihnen, aus dieser Ausschusssitzung Unternehmenszahlen wiederzugeben. Ich weiß nicht, ob wir es in Zukunft noch sehr oft schaffen werden, Unternehmen in den Wirtschaftsausschuss zu bekommen, die uns durchaus sensible Daten geben, welche anschließend in der Plenarsitzung beraten werden. Das vorweg.
Herr Kollege Wegner, ich sage Ihnen noch etwas anderes. Ich zitiere nicht aus der Ausschusssitzung, aber Sie erinnern sich sicherlich daran - wir hatten ja letzte Woche darüber gesprochen -, wie wir von diesem Unternehmen behandelt worden sind: Es hat uns zunächst hingehalten und keinen Vertreter geschickt. Irgendwann hat es sich dann doch dazu bequemt. Und dann hat es exakt die Aussagen wiederholt, die in einer Rahmenvereinbarung mit der damaligen Landesregierung getroffen wurden. Ich lese daraus noch einmal vor; es ist eine öffentliche Erklärung. Da steht unter Punkt 1: „Der VCS-Standort Saarbrücken erhält eine Standortgarantie bis 31.12.2012. Dies schließt einen Verkaufsschutz bis 31.12.2010 mit ein. Seitens der VCS besteht die Absicht, auch jenseits der genannten Zeitgrenzen die Marktstellung der VCS Saarbrücken nachhaltig zu festigen.“ Mein Eindruck ist jetzt nicht unbedingt, dass diese Vereinbarung wirklich eingehalten wird, denn nachhaltige Festigung sieht anders aus als das, was wir zurzeit bei diesem Unternehmen erleben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Unter Punkt 3 heißt es: „Wir garantieren eine Beschäftigung von mindestens 500 Mitarbeitern bis zum 31.12.2010.“ Wir durften von der saarländischen Landesregierung erfahren, dass wir vielleicht gerade einmal bei 390 sind. Als das Unternehmen gehört hat, dass es hier Proteste gibt, hat es angekündigt, die Zahl noch einmal zu erhöhen. Herr Kollege Wegner, Sie wissen, die zahlreichen Diskussionen im Ausschuss haben am Schluss dazu geführt, dass wir gesagt haben: Na ja, der Unternehmensvertreter hat uns jetzt das Gleiche noch einmal bestätigt. Wir müssen jetzt jedoch feststellen, dass die Zusage nicht eingehalten wird. Der Vertreter hat uns nicht nur schnöselig behandelt - damit kann man ja umgehen -, sondern er hat trotzdem Zusagen gemacht. Und es ist schlimm genug, wenn sich eine saarländische Landesregierung schriftlich Zusagen geben lässt und es hinnimmt, wenn sie hinterher nicht eingehalten werden. Ich sage: Ein Parlament kann sich so etwas nicht bieten lassen. Das ist nicht
hinzunehmen. Deswegen müssen wir an dieser Stelle die nötigen Konsequenzen ziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
So verhält sich ein Unternehmen, das überall mit dem Slogan wirbt: „Wir leben Verantwortung.“ Ich sage Ihnen: Wenn die Verantwortung dieses Unternehmens wirklich darin besteht, Zusagen nicht einzuhalten, möchte ich nicht wissen, was dieser Slogan bedeuten soll. Und ich sage noch ein Zweites. Das saarländische Wirtschaftsministerium hat dieser Tage - ich glaube, es war in der letzten Woche - eine Aktion zum Thema „unternehmerische Verantwortung“ veröffentlicht. Da wird das wieder hochgelobt. Ich habe mir heute noch einmal angesehen, was die Telekom macht. Sie arbeitet viel mit englischen Ausdrücken, mit viel Pomp und sonst was. Sie spricht auch sehr viel von unternehmerischer Verantwortung. Die Realität, meine sehr verehrten Damen und Herren, sieht anders aus: Die einzige unternehmerische Verantwortung, die die Telekom wahrnimmt, ist die Befriedigung der Aktionärsbedürfnisse. Am Anfang waren die Aktionäre hauptsächlich Mitarbeiter; da hat man das nicht so ernst genommen. Mittlerweile ist der Druck da, die Aktionäre zu befriedigen. Aber es geht hier eben auch um etwas anderes: Ein Unternehmen, das noch zu etwa einem Drittel mittelbar oder unmittelbar im Bundesbesitz ist, hat eine ganz besondere unternehmerische Verantwortung wahrzunehmen. Um nichts anderes geht es im vorliegenden Antrag. Wir wollen dieses Unternehmen und den Bund noch einmal darauf hinweisen, dass die unternehmerische Verantwortung besteht. Um mehr geht es an dieser Stelle nicht. Ich vermag nicht einzusehen, dass es nicht möglich sein soll, auch über den Bundesrat eine entsprechende Initiative an die Bundesregierung zu richten,
die darauf abzielt, dass dieses Unternehmen künftig wenigstens seine Zusagen einhält. Das kann ich doch von einem Unternehmen verlangen, zumindest wenn es mit einer Landesregierung verhandelt. Es mag nun sein, dass unsere jetzige Landesregierung von vielen nicht mehr ernst genommen wird, aber es geht trotzdem nicht, dass Verträge geschlossen und hinterher nicht eingehalten werden. Wenn Sie unseren Antrag nicht unterstützen, dann weiß ich nicht, ob Sie sich selbst noch ernst nehmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Commerçon. - Das Wort hat nun der Minister für Wirtschaft und Wissenschaft, Christoph Hartmann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen sagen, dass ich als saarländischer Wirtschafts- und Wissenschaftsminister vorsichtig ausgedrückt nicht ganz glücklich darüber bin, wie die Telekom an der einen oder anderen Stelle mit den Dingen umgeht. Es ist absolut richtig, dass die Zusagen, die gemacht worden sind und uns auch schriftlich vorliegen, nicht eingehalten wurden. Ich will des Weiteren sagen, dass wir deswegen als saarländische Landesregierung um jeden Arbeitsplatz kämpfen werden.
Wir haben die Telekom mit einer Vielzahl von Aktionen an ihre Verantwortung und ihre Zusagen erinnert. Es hat Gespräche und Schriftverkehr mit den Telekom-Vorständen gegeben. Ich will an dieser Stelle auch kurz darauf eingehen und klar sagen, dass das, was Herr Wegner gemacht hat, nicht so gewesen ist, als habe er irgendwelche vertraulichen Unternehmenszahlen genannt. Er hat vielmehr ein paar Dinge zitiert, die auch dem saarländischen Landtag zugesagt und zum Teil nicht eingehalten wurden. Dies ist für uns nicht akzeptabel; das sage ich an dieser Stelle auch ganz klar. Ich will allerdings auch sagen, dass es eine Anfrage an die damalige Bundesregierung gegeben hat, die Herr Steinbrück beantwortet hat. Er selbst war es, der gesagt hat, dass eine Bundesratsinitiative an dieser Stelle gar nicht möglich sei beziehungsweise aktienrechtlich überhaupt keine Chance hätte, irgendetwas zu verändern. Insofern ist das, was Sie hier liefern, leider ein Showgeschäft. Richtig ist, dass man spricht und zu Ergebnissen kommt.
Lieber Herr Linsler, als Sie uns vorgeworfen haben, wir hätten kein Konzept, keine Wirkung und ich weiß nicht was, sind mir die Worte „si tacuisses“ durch den Kopf gegangen. Was der saarländischen Landesregierung aufgrund ihrer Intervention zugesagt wurde - jetzt kann man sich natürlich wieder die Frage stellen, ob die Zusagen eingehalten werden -, ist, dass bei Vivento 100 Arbeitsplätze freigegeben werden, um sie aufzubauen, und dass 25 davon ganz konkret aufgebaut werden. Um das Delta von 75 wird sich die saarländische Landesregierung bei der Frage kümmern, ob es dafür qualifiziertes Personal gibt. Also wenn Sie sagen, was wir täten, habe keine Wirkung, dann muss ich entgegnen: Wenn es keinen Effekt hat, dass 100 Arbeitsplätze an dieser Stelle aufgebaut werden, dann möchte ich nicht wissen, was es bedeutet, wenn wir eine große Wirkung haben. Also lassen Sie die Showgeschichten beiseite!
Das ist ja richtig, aber Sie entschuldigen bitte, dass ich für diese 3.000 Arbeitsplätze nur eingeschränkt Verantwortung trage. Es tut mir echt leid.