Protocol of the Session on October 26, 2010

Ein weiterer Bestandteil unseres Sparprogramms bezieht sich auf den Baubereich. Wir haben uns entschieden, dass von den ursprünglich geplanten neuen Baumaßnahmen mit Kosten in Höhe von rund 44 Millionen Euro auf etwa die Hälfte der Maßnahmen verzichtet wird. Dies bedeutet konkret eine Ausgabenreduzierung um 20 Millionen Euro. Dabei haben wir darauf geachtet, dass der zukunftsorientierte Bildungs- und Hochschulbereich in seiner Substanz nicht eingeschränkt wird. Nach wie vor verbleiben rund 85 Prozent der Bauausgaben für neue Maßnahmen in den Bereichen Hochschule für Technik und Wirtschaft, Universität und Klinikum. Besonders zu erwähnen sind der Neubau des Zentralgebäudes der HTW, der Neubau des Forschungsgebäudes der Physiologie der Universität sowie die Beteiligung des Landes an den Kosten für den Neubau der Inneren Medizin in Homburg.

Gerade in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass trotz aller notwendigen Sparanstrengungen der investive Anteil unseres Haushalts unter Einbeziehung der Bauausgaben des Landesbetriebs „Bau und Liegenschaften“ mit über 10 Prozent nach wie vor gerade auch im Vergleich mit den anderen Bundesländern sehr hoch gelegen ist. Auch das macht deutlich, dass unsere Sparbemühungen in einer angemessenen und differenzierenden Weise entwickelt worden sind. Dies drückt aus, dass Sanieren und Gestalten keine Gegensätze sind, sondern möglicherweise einander bedingen.

Das gilt auch im Blick auf die über 30 Millionen Euro an Einsparungen, die über alle Ressorts hinweg erbracht worden sind. Erhebliche Kürzungen wurden vorgenommen im Bereich der Verwaltungskosten oder bei den Landesämtern wie dem Landesamt für Straßenbau, dem Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz sowie dem Katasteramt, wobei ich ganz besonderen Wert darauf lege, dass dies im Blick auf die Verwaltungskosten geschehen ist. Im Übrigen legen wir Wert auf eine Verbesserung der Erlössituation, genauso wie wir vertretbare Kürzungen bei verzichtbaren Investitionsmaßnahmen bewirken. Nicht jede Investitionsmaßnahme hat etwas mit der Erschließung von Entwicklungspotenzialen zu tun. Da muss in der heutigen Zeit schon diskutiert werden.

Dass wir angesichts weiter anwachsender Sozialhilfekosten auch hier Strukturmaßnahmen auf den Weg bringen - etwa verbesserte Zugangskontrollen und konsequentere Verlaufskontrollen bei den verschiedensten Maßnahmen -, ist nach Meinung der Landesregierung ebenfalls Gebot der Stunde. Den Sozialhaushalt zu durchforsten, seine Ausgaben mit den Ausgaben anderer Bundesländer zu vergleichen und unterschiedliche Standards zu hinterfragen, daran führt kein Weg vorbei. Auch hier gilt der Grundsatz, dass wir uns keine Ausgaben leisten können,

(Minister Jacoby)

die es sonstwo in dieser Form nicht gibt. Wir haben im Übrigen auch hier, ebenso wie in anderen Zusammenhängen, eine Verantwortung mit Blick auf die steuerzahlende Mittelschicht.

Meine Damen und Herren, ich bin etwas verwundert über die Diskussion zur Sozialhilfe, wie sie in diesen Tagen geführt worden ist.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Wir auch.)

Deshalb will ich zur Erklärung das eine oder andere hinzufügen. Erstens. Sozialhilfe, Eingliederungshilfe und Behindertenwerkstätten sind ein bundesgesetzlich geregelter Bereich. Es ist klar, dass wir uns als überörtlicher Sozialhilfeträger selbstverständlich an Recht und Gesetz halten. Es gibt aber beim Vollzug dieser bundesgesetzlichen Regelungen Spielräume. Es gibt in den Bundesländern unterschiedliche Standards in der Umsetzung des bundesweit vorgegebenen Rechts. Es gibt unterschiedliche Standards bei den Pflegesätzen, beim Betreuungsaufwand und bei sonstigen Kosten. Deshalb möchte ich in diesem Zusammenhang eine erste Feststellung treffen, die an dieses Parlament und an die Öffentlichkeit gerichtet ist. Wir sparen gar nicht bei der Sozialhilfe, sondern wir wachsen auf. Wir sparen auch nicht bei den Werkstätten für Behinderte, sondern wir wachsen auf.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Beispiel!)

Wir wachsen bei der Sozialhilfe von 200 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 211 Millionen Euro im Jahr 2011. Das sind 11 Millionen Euro mehr Sozialhilfe. Bei den Werkstätten für Behinderte hatten wir im Jahr 2010 einen Ansatz von 42 Millionen. Im Jahr 2011 haben wir einen Ansatz von 51 Millionen.

(Zuruf der Abgeordneten Schramm (DIE LINKE).)

Wir bremsen allenfalls den Anstieg leicht ab. Genau das ist dringend geboten, um die Kostenexplosion und die Kostenentwicklung in diesem Bereich kontrolliert zu halten und das ganze System für die Zukunft finanzierbar zu halten. Das ist der Zusammenhang. Wir bauen nicht ab, sondern wir bauen auf allerdings kontrolliert.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Ihr bremst die sozial Schwachen aus.)

Wenn ich gefragt werde, was diese Standards bedeuten und was es bedeutet, Spielräume zu nutzen, dann will ich auf Folgendes hinweisen. Wenn im Saarland die Zahl der Frühförderfälle mehr als doppelt so hoch ist wie etwa in Thüringen, und dies, obwohl Thüringen doppelt so viele Einwohner und doppelt so viele Kinder in der Altersgruppe der Frühförderung hat wie das Saarland, wenn unsere Vergütungssätze für die Leistungserbringer der Frühförderung deutlich höher sind als beispielsweise in Bay

ern, Sachsen oder in Nordrhein-Westfalen, wenn die Ausgaben der Kostenträger pro Leistungsberechtigten bei den Werkstätten für Behinderte im Saarland über denen aller anderen Bundesländer liegen, dann kann in der Situation, in der wir uns befinden, niemand einer Position das Wort reden, die besagt, dass alles so bleiben muss, wie es ist. Es gehört sich dann vielmehr, dass auch solche Positionen auf den Prüfstand kommen und möglicherweise neu justiert werden - im Sinne der Zukunftssicherung des gesamten Systems. Das ist der Gedanke, der dahinter steht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deshalb wiederhole ich, dass wir nicht bei der Sozialhilfe und den Behindertenwerkstätten sparen. Wir kontrollieren den weiteren Anstieg. Das ist dringend geboten. Daran führt kein Weg vorbei. Ich habe die herzliche Bitte, dass man bei aller Diskussion und allem Engagement ein kleines bisschen Sorgfalt walten lässt, was die Attribute anbelangt.

Hier mangelt es nicht an sozialer Empfindlichkeit. Hier handelt es sich nicht um Sozialabbau, hier handelt es sich nicht um soziale Demontage, ganz im Gegenteil. Auch das will ich an diesem Punkt sagen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hinzu kommen weitere Sparmaßnahmen über alle Ressorts hinweg, etwa im Bereich des Asylbewerberleistungsgesetzes oder im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung. Hinzu kommen aber auch Einsparungen im Rahmen eines verbesserten und professionalisierten Zinsmanagements, nicht zuletzt auch Einnahmesteigerungen, etwa durch die Anhebung der Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 4 Prozent.

Mit den dargestellten Maßnahmen im Umfang von mehr als 100 Millionen Euro stellt sich die Landesregierung ihrer Verantwortung mit Blick auf das strukturelle Defizit des Haushalts. Sie trägt den Maßgaben der Schuldenbremse Rechnung und entspricht den Erwartungen des Stabilitätsrates, der sich vor wenigen Wochen neu konstituiert hat.

Bei aller Sparnotwendigkeit ist es für die saarländische Landesregierung, ja für das ganze Land von großer Bedeutung, dass auch weiterhin wichtige Zukunftsinvestitionen auf der politischen Agenda verbleiben. Sie werden auch im Sinne des Strukturwandels, der Verbesserung der Standortbedingungen oder der Erschließung der Zukunftspotenziale unseres Landes seriös und im Rahmen unserer Möglichkeiten finanziert. So bleiben Kunst und Kultur von Sparmaßnahmen weitgehend verschont,

(Abg. Ries (SPD) : Vor allem Kultur!)

(Minister Jacoby)

Qualitätsverbesserungen in der Schule finden durch die Reinvestition der demografischen Rendite kontinuierlich statt.

(Vereinzelt Lachen bei der SPD.)

Die Erweiterung bei der Ganztagsbetreuung und im Kindergartenbereich, insbesondere beim Krippenausbau, erfährt mit einem Aufwuchs von 12 Millionen Euro auf insgesamt 80 Millionen Euro eine klare Priorität, ebenso die Hochschulen mit einem Aufwuchs von rund 15 Millionen Euro auf rund 290 Millionen Euro.

Dass es der Landesregierung gelungen ist, mit der Universität eine neue Ziel- und Leistungsvereinbarung abzuschließen, um für die nächsten drei Jahre Planungssicherheit zu haben für eine erfolgreiche Fortentwicklung der Universitätsstruktur, verdient genauso erwähnt zu werden wie die Tatsache, dass die Wirtschaftsfördermaßnahmen des Landes weiterhin auf hohem Niveau fortgeführt werden. Insgesamt stehen für die einzelnen Förderprogramme einschließlich der entsprechenden EU-Mittel 105 Millionen Euro zur Verfügung. Damit werden vor allem Maßnahmen im Bereich des Mittelstands, der gewerblichen Wirtschaft, der wirtschaftsnahen Infrastruktur, des Tourismus sowie der Innovationstechnologie und der Forschungsförderung unterstützt.

Ergebnis: Von Kaputtsparen des Landes, meine Damen und Herren, kann mit Blick auf den Haushalt und die mittelfristige Finanzplanung keine Rede sein.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Das stimmt.)

Investitionsausgaben von insgesamt 308 Millionen Euro alleine im Kernhaushalt des Landes sowie rund 62 Millionen Euro im Blick auf den Landesbetrieb für Bau und Liegenschaften - und dies wie gesagt nach der Offensive in Zusammenhang mit den Konjunkturprogrammen der Vergangenheit - sind ein eindeutiger Beleg dafür.

Was den finanziellen Handlungsspielraum im Bereich Umwelt, Klimaschutz und Energie anbelangt, wird auch dieser nicht eingeschränkt, sondern weiter ausgebaut. Hier werden die Ansätze gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Millionen Euro auf insgesamt 11 Millionen Euro erhöht. Damit wird sichergestellt, dass ein wesentlicher Themenbereich der Koalition weiter forciert werden kann und dass so notwendige Weichenstellungen für die Zukunft auf den Weg gebracht und finanziert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was den kommunalen Finanzausgleich anbelangt, bleibt es auch für das Jahr 2011 bei einem ungeschmälerten Verbundsatz in der Größenordnung von 20,5 Prozent. Trotzdem tragen die Kommunen - das muss gesagt werden - genauso wie das Land ihrerseits die Lasten aus der Wirtschafts- und Finanzkrise, die

sich niederschlagen in den Zahlen für 2011. Hierbei muss man Folgendes sehen: Das Land hat den mit der Wirtschaftsund Finanzkrise verbundenen Steuereinbruch des Jahres 2009 zunächst einmal alleine getragen und entgegen der Praxis vieler anderer Länder den kommunalen Anteil hieran nicht gleich an die Kommunen weitergeleitet aus Rücksichtnahme auf deren finanzielle Situation. Zum Jahr 2011 erfolgt allerdings im Zuge der Spitzabrechnung eine Rückführung dieses zinslosen Darlehens mit dem Ergebnis, dass sich der kommunale Finanzausgleich für das Jahr 2011 auf 386 Millionen Euro - gegenüber 420 Millionen Euro in diesem Jahr - belaufen wird. Wir greifen also nicht in den kommunalen Finanzausgleich ein. Der vorübergehende Rückgang der Zahlungen in den Finanzausgleich ist vielmehr die unmittelbare Folge des Regelmechanismus im unverändert geltenden Gesetz.

Wenn das so akzeptiert wird, dann soll bitte auch in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck erweckt werden, als würden wir in die kommunale Finanzsituation der Gemeinden eingreifen und würden uns gegenüber den Gemeinden in einer Weise verhalten, die nicht vertretbar ist. Hier will ich die Gelegenheit wahrnehmen, Sie alle über einen Vorgang zu informieren. In der Saarbrücker Zeitung hieß es am 08. Oktober unter der Überschrift „Kommunen kritisieren Sparmaßnahmen“ -

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Richtig!)

Richtig, sagt der Kollege Linsler. - Der Saarländische Städte- und Gemeindetag hat die erneute Absenkung des kommunalen Finanzausgleiches zulasten der Kommunen heftig kritisiert, heißt es da. Nach Angaben des Saarländischen Städte- und Gemeindetages plant das Land, den Städten und Gemeinden im Jahr 2011 rund 34 Millionen Euro weniger zu überweisen als noch 2010. - Ihr Beitrag, Kollege Linsler? - Richtig! - Gut.

(Heiterkeit bei den Regierungsfraktionen. - Zuruf: Doch nicht so richtig!)

Jetzt will ich Ihnen vorlesen, was der Städte- und Gemeindetag mir einen Tag nach dieser Presseveröffentlichung geschrieben hat. Städte- und Gemeindetag, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, unterschrieben von Herrn Neu, Pressemitteilung zum Thema Saarländischer Städte- und Gemeindetag und so weiter. „Sehr geehrter Herr Minister Jacoby, es ist mir ein ernstes Anliegen, Ihnen mitzuteilen, dass die heutige kurze Pressenotiz in der Saarbrücker Zeitung ‚Kommunen kritisieren Sparmaßnahmen’ nicht das Geringste zu tun hat mit unserer gestern der Presse übermittelten Pressemitteilung, die ich zu Ihrer Kenntnisnahme beifüge.“ Jetzt kommt ein Satz, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn hier zitieren soll -

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Machen Sie mal!)

(Minister Jacoby)

Gut. Dann schreiben die weiter: „Hieraus können Sie ersehen, dass die Saarbrücker Zeitung offensichtlich nicht in der Lage war, das zugegebenermaßen komplizierte Thema korrekt pressemäßig zu bewältigen.“

(Zurufe von den Oppositionsfraktionen. - Beifall des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das schreibt mir der Städte- und Gemeindetag. Ich will mir diese letzte Formulierung so nicht zu eigen machen, aber den Gesamtkontext, meine ich, muss man doch zur Kenntnis nehmen und in der Debatte berücksichtigen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wir werden morgen in der Saarbrücker Zeitung lesen, wie Sie sich verhalten.)

So viel zum Thema kommunaler Finanzausgleich im Jahre 2011,

(Anhaltendes Sprechen)

wobei man hinzufügen muss: Im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung bis 2014 wird der kommunale Finanzausgleich allerdings wieder auf 452 Millionen Euro im Jahre 2012, auf 470 Millionen Euro im Jahre 2013 und auf 487 Millionen Euro im Jahre 2014 aufwachsen. Vor diesem Hintergrund, dass wir im nächsten Jahr infolge der Spitzabrechnung diesen Einbruch haben und angesichts der Tatsache, dass dann die Dinge noch einmal ins Lot kommen und aufwachsen, ist die Bitte des Saarländischen Städte- und Gemeindetages an die Landesregierung um eine Verstetigung des kommunalen Finanzausgleichs nicht abwegig, sondern sie ist durchaus nachvollziehbar.

Deshalb sage ich, die Landesregierung ist bereit, zusammen mit dem Städte- und Gemeindetag nach Lösungen zu suchen. Wenn es uns gemeinsam gelingt, im Lichte der Ergebnisse der November-Steuerschätzung eine derartige Verstetigung der den Kommunen zustehenden Mitteln aus dem gesamten kommunalen Finanzausgleich, also im Blick auf die ganze Zeitachse, mit den Anforderungen an die Schuldenbremse in Einklang zu bringen, wird sich die Landesregierung diesem Anliegen nicht verschließen. Ich denke, wir sollten im Lichte der Ergebnisse der November-Steuerschätzung über diesen Punkt noch einmal sprechen.

Trotzdem bleibt es dabei: So wie wir als Land angewiesen sind auf eine wachsende Wirtschaft, eine sich verbessernde Konjunktur und ein wachsendes Bruttoinlandsprodukt, gilt dies auch für die Gemeinden. Insofern müssen wir darauf vertrauen, dass der wirtschaftliche Aufschwung sich unmittelbar auch auf die Steuereinnahmen der Kommunen auswirkt, und wir müssen darauf vertrauen, dass der weitere Rückgang der Arbeitslosigkeit die Sozialausgaben, den für die Kommunen entscheidenden Kostentrei