Protocol of the Session on June 16, 2010

(Abg. Theis (CDU) )

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zu einem letzten aktuellen Punkt kommen, der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einführung von Langzeitstudiengebühren steht. Es geht um die Diskussion rund um die Kompensation des Wegfalls der Mittel aus den allgemeinen Studiengebühren. Diese Koalition hat sich dazu verpflichtet - die Zahl ist bereits gestern genannt worden -, den materiellen Ausfall aus dem Wegfall von Hochschulgebühren mit 11,4 Millionen zu kompensieren. Das Prinzip dieser Kompensation lautet, dass jeder Euro, der früher aus Gebühren für die Verbesserung der Lehre zur Verfügung stand, jetzt aus dem Landeshaushalt zur Verfügung stehen wird. Das geschieht eins zu eins, was den materiellen Ausfall angeht.

Ich habe es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bereits gesagt: Wir werden die immaterielle Wirkung von allgemeinen Studiengebühren - die uns dazu bewogen hatte, diese einzuführen - nicht kompensieren können, weil sie nicht in Euro zu bemessen ist. Das war die Verbesserung der Beziehungen zwischen Hochschule beziehungsweise Lehrenden und Studierenden. Das war die Anreizwirkung für ein effizientes und zügiges Studium, die von Gebühren ausgeht. Das war die Anreizwirkung durch die Befreiung von Gebühren für besonders erfolgreiche Studierende. Es wird an den Hochschulen dieses Landes weiterhin mehr Tutorien, mehr Arbeitsgemeinschaften, besser ausgestattete und länger geöffnete Bibliotheken geben sowie eine bessere Ausstattung der Funktionsräume und eine bessere Vorbereitung auf die Abschlüsse, egal in welcher Form. Dies zeigt sich an den Wanderungsbilanzen und an der Frage, wie viele Studierende in guter Zeit zu ihrem Abschluss kommen.

Ich möchte etwas sagen zu der Berichterstattung heute in einer großen saarländischen Zeitung. Die CDU-geführte Koalition steht weiter für eine Politik, die Wissenschaft auch in finanziell schwerer Zeit in den Vordergrund stellt. Wir werden es uns in angespannter Haushaltslage leisten, über 10 Millionen Kompensation zu garantieren. Das ist ein Kraftakt sondersgleichen. Das zeigt, Wissenschaft, Forschung und Lehre spielen für diese Koalition eine große Rolle. Wir sollten an diesem Tag ein Stück weit stolz sein, dass wir das geschafft haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich habe viel Verständnis für diejenigen, die sagen, dass darüber hinaus mehr Geld für die Hochschulen notwendig sei. Ich will aber daran erinnern, dass wir nicht nur heute Verantwortung für die finanziell gute Ausstattung unserer Hochschulen tragen. Wir tragen auch morgen Verantwortung für die finanziell gute Ausstattung unserer Hochschulen. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die fiskalische Verantwortung nicht außer Acht gelassen wird. Wenn man bundes

weit vergleicht, wo das Saarland steht, sieht man, dass wir im Bereich Hochschulinvestitionen im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt im oberen Mittelfeld stehen, vor Rheinland-Pfalz und Hessen. Im Bereich der außeruniversitären Forschung, wenn man die An-Institute inklusive nimmt, stehen wir vor Bayern, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man darf das im Hinblick auf mögliche Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich gar nicht so laut sagen. Ich erwarte von jedem, der Verantwortung trägt, dass er den Blick für das Gesamte nicht verliert. Zumindest wir als Haushaltsgesetzgeber stehen in der Verantwortung für alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Ich glaube, wir handeln im Bereich der Wissenschaft sehr gerecht.

Die Hochschulen in diesem Land hatten in den vergangenen Jahren eine gute Entwicklung, ich habe die einzelnen Aspekte bereits genannt. Deshalb erwarte ich von jedem in diesem Haus, bei aller notwendigen Diskussion, dass er die Hochschulen nicht schlechtredet. Herr Kollege Commerçon, das will ich Ihnen nicht zum Vorwurf machen, weil es bei Ihnen heute nicht der Fall war.

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Das war letztes Mal schon so. Man weiß ja nicht, wer sich noch alles zu Wort meldet. Das ist ein guter Punkt, den Sie da ansprechen. - Tatsache ist, unsere Hochschulen stehen im Wettbewerb, nicht nur im regionalen und im nationalen, sondern auch im europäischen Wettbewerb. Tatsache ist, dass der Ruf einer Hochschule dabei eine wichtige Rolle spielt. Deshalb sollten wir die gute Entwicklung unserer Hochschulen nicht schlechtreden. Wir sollten das Image unserer Hochschulen pflegen. Wer sie schlechtredet, schadet den Hochschulen. Dieses Hochschulgebührengesetz schadet nicht, es nutzt den Hochschulen, deshalb bitte ich um Unterstützung. - Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Danke, Herr Theis. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Barbara Spaniol von der Fraktion DIE LINKE.

Ich muss das Pult gar nicht verstellen, das ist auch mal angenehm. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Commerçon, ich gebe Ihnen recht, manchmal können Anhörungen richtig spannend sein. Verheerender konnte der Verriss eines Gesetzentwurfes kaum sein als das, was wir im Rahmen dieser Anhörung erlebt haben. Durch die Bank weg - das ist schon gesagt worden - haben alle dieser Koalition geraten, ganz vorsichtig ausge

(Abg. Theis (CDU) )

drückt, diesen Gesetzentwurf ad acta zu legen. Herr Theis, das ist äußerst befremdlich, dass Sie von Stolz reden, sich immer noch dafür aussprechen und keine Einsicht zeigen.

Der Universitätspräsident, den ich nachher zitieren muss, hat in der Sitzung sehr massiv Kritik geübt, das war schon erstaunlich. Er hatte immer gesagt, er steht dafür, er möchte Studiengebühren. Er hat jedoch in der Anhörung ganz massiv Kritik geübt, vor allem, dass es im Vorfeld kein einziges Gespräch über Details dieses Opus - an dem Sie immer noch hängen - gegeben habe. Dabei haben doch Sie, Herr Theis, uns tatsächlich im Laufe der Ersten Lesung ganz wichtig berichtet, Sie haben mit dem Unipräsidenten telefoniert und Sie haben ihm nochmals die Gebührenpolitik der Koalition erklärt. Herr Linneweber war jedoch in der Anhörung erfrischend unbeeindruckt ob solcher Interventionen. Schön, dass Herr Ulrich hinausgegangen ist.

(Lachen und Beifall bei der LINKEN.)

Kommen wir noch einmal zu Herrn Linneweber. Er hat nämlich ganz glasklar erklärt, dass dieser Entwurf - das hat er richtig so gesagt - handwerklich so schlecht sei, dass man ihn ablehnen müsse. Das ist so eindeutig, da braucht man nichts mehr hinzuzufügen. Alle Hochschulen haben sich dieser Einschätzung angeschlossen. Dass der Gesetzentwurf das Gegenteil einer frauenfördernden Politik darstellt, das ist auch sehr klar. Gerade Frauen müssen doch Unterbrechungen und den Wiedereinstieg ins Studium hinnehmen. Herr Kollege, Sie wollen mich etwas fragen. Gerne.

(Abg. Theis (CDU) : Klar. Das ist ja der Sinn und Zweck einer Zwischenfrage.)

So ist es.

Abg. Theis (CDU) mit einer Zwischenfrage: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, Frau Kollegin Spaniol, dass der Grund, warum insbesondere der Universitätspräsident gesagt hat, dieser Gesetzentwurf sei abzulehnen, darin besteht, dass er sich dagegen ausgesprochen hat, dass die Beteiligung von Studierenden in diesen Gesetzentwurf hineinformuliert wird? Und sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Grund, warum der Universitätspräsident diesen Gesetzentwurf ablehnt, darin besteht, dass er sich dagegen ausgesprochen hat, dass soziale Ausnahmefälle in der Begründung stehen? Sind Sie ferner bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass das eigentlich gar nicht Ihre Politik ist, Frau Spaniol? Herzlichen Dank.

Ich antworte Ihnen gerne in einem Satz. Der Verriss war so eindeutig, Herr Kollege Theis, niemand will dieses Gesetz, noch nicht einmal die Hochschulen.

Das war so eindeutig, an Ihrer Stelle hätte ich mich da noch ein bisschen kleiner gemacht in der Anhörung, Herr Kollege.

(Beifall von der LINKEN.)

Noch einmal. Die Gleichstellungsbeauftragte - der Kollege Commerçon hat sie vorhin zitiert - hat gesagt, Frauen sind gezwungen, hier Unterbrechungen des Studiums hinzunehmen, Wiedereinstieg hinzunehmen, was wiederum verzögert. Auch das konnten Sie nicht überzeugend darstellen mit Ihren Ausnahmetatbeständen. Das hat alles nicht funktioniert. Das ist doch genau das, was der Sinn und Zweck einer Anhörung ist, wo das deutlich gemacht worden ist.

Aber meine Damen und Herren, ich möchte einmal den Blickwinkel noch woanders hinrichten. Herr Müller sagt derzeit dauernd einen sehr richtigen Satz. Heute Morgen hat er diesen Satz wieder gesagt. Es ist der Satz, mit dem er es bis in die Tagesthemen geschafft hat: „Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache Schultern.“ Absolut richtig. Und wie ist das mit unseren saarländischen Studierenden? Wer hat dort die starken Schultern? Richtig. Die starken Schultern hat in der Regel der Überflieger. Der kommt meistens aus einem starken Elternhaus, aus dem sogenannten Bildungsbürgertum. Der schließt sein Studium mit Auszeichnung ab und die Regelstudienzeit ist noch nicht einmal vorbei. Der schwache Student kommt in aller Regel aus einem armen Elternhaus.

(Zurufe aus den Regierungsfraktionen.)

Da gibt es leider viele im Saarland, Herr Theis. Dank einer Niedriglohnpolitik in diesem Land gibt es hier leider viele arme Elternhäuser. Dieser arme Student muss nebenbei arbeiten und er hat von Haus aus kaum Unterstützung. Der braucht eben länger, weil er die finanzielle Unterstützung nicht hat. Das ist genau der Grund. Deswegen braucht er länger. Da reicht die Regelstudienzeit oft nicht aus.

(Beifall von den LINKEN.)

Wer trägt die Lasten, Herr Kollege? Diejenigen, die es ohnehin schwer haben, müssen diese Lasten tragen, weil sie nicht rechtzeitig mit dem Studium fertig werden. Die zahlen dann noch Studiengebühren. Die strafen Sie noch mit diesem Entwurf ab. Das ist doch genau der Punkt. Das machen wir nicht mit. Deswegen war auch die Anhörung für Sie sehr schmerzhaft, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den LINKEN.)

So steht es in Ihrem Gesetz. Die zahlen dann noch Studiengebühren. Herr Hinschberger ist auch wieder da. Ihr Beispiel vom Spitzenstudent mit vielen Semestern - das haben Sie mir letztens in der Debatte ein bisschen entgegengehalten -, fand ich ganz put

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

zig, aber das geht eindeutig an der Realität, an unserem Uni-Alltag vorbei.

Wenn man sich dann noch anschaut, was Ihr neues Gebührenmodell so einbringt - darum geht es Ihnen ja auch -, dann wird der ganze Unsinn noch viel deutlicher. Vor allem, wenn man weiß, dass die Gebühren dieser wenigen Studierenden, Herr Kollege, um die es geht - da sind wir uns einig, das haben alle gesagt -, die kleine Zielgruppe, insgesamt gerade einmal 100.000 Euro oder noch ein bisschen mehr pro Semester einbringen werden.

Zur Verwaltung, zur genauen Dokumentation des Studienverlaufs in diesen Fällen schauen Sie in die Stellungnahme und die Berechnungen der Uni! Dann werden Sie ein bisschen schlauer. Dafür müssen die Hochschulen in jedem Semester mehr für die Verwaltung bezahlen, als sie überhaupt einnehmen. Der Aufwand wird mit etwa 130.000 Euro pro Semester berechnet. Da erdreisten Sie sich, liebe Jamaika-Kolleginnen und -Kollegen, in den § 10 c Ihres Gesetzes hineinzuschreiben: „Die aus der Gebührenpflicht (...) den Hochschulen zufließenden Einnahmen stehen diesen in ihrer Gesamtheit zur Verbesserung der Qualität in Studium und Lehre zur Verfügung.“

Meine Damen und Herren, § 10 c Ihres Gesetzes muss richtig lauten: Die aus der Gebührenpflicht den Hochschulen zufließenden Einnahmen stehen diesen in ihrer Gesamtheit überhaupt nicht zur Verfügung. Im Gegenteil. Den Hochschulen verbleibt kein Cent. Die Hochschulen müssen vielmehr jedes Semester mindestens noch 10.000 Euro draufsatteln, um diese sogenannten Einnahmen zu verwalten. Das ist die Wahrheit, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der LINKEN.)

Noch ein interessanter Aspekt im Rahmen der Anhörung. Der Rektor der Musikhochschule hat dann etwas irritiert im Ausschuss gefragt - eigentlich aber zu Recht -, wie der Betrag von 400 Euro zustande kam, um den es hier geht. 300 Euro und 500 Euro, das hatten wir alles schon einmal. Die Antwort aus den Koalitionsreihen kam auch prompt. Das sei dem Kompromiss innerhalb der Koalition geschuldet. Auch das kennen wir schon länger.

Warum ist das so? Das ist so, weil die Koalitionäre diesmal wohl vor allem der CDU als Partei der Studiengebührenbefürworter die Nase im Gesicht lassen mussten. Das ist alles. Darum geht es immer wieder. Das ist nicht tragbar. Das geht gegen die Studierenden. Das geht gegen diejenigen, die hier im Land bessere Chancen verdient haben, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der LINKEN.)

Deswegen fassen wir es noch einmal gerne zusammen. Der Kreis der Betroffenen, die Zielgruppe Ihres

Gesetzes, ist doch sehr überschaubar. Das wurde mehr als deutlich. Nun stellen wir uns doch alle die alles entscheidende Frage: Warum ausgerechnet für diese Studierenden gesetzliche Regelungen, die zu Studiengebühren führen? Das frage ich Sie ernsthaft. Ist das Ihr neues Konzept zur Hochschulfinanzierung? Sanieren Sie damit unseren maroden Haushalt? Ist das Ihr Rezept zur Aufstockung der Globalhaushalte, zur Sicherung des Hochschulstandortes Saar? Das ziehen Sie doch wohl nicht ernsthaft in Betracht! Das machen doch auch Ihre Reaktionen hier deutlich.

Noch etwas. Dies alles, Herr Schmitt, vor dem Hintergrund weiterer schlechter Noten.

(Zuruf.)

Hören Sie hin! Es gab noch weitere schlechte Noten. Studierende im Saarland brechen ihr Studium so oft ab wie nirgendwo sonst. Wir haben hier die schlechteste Quote aller Bundesländer. Geprüft wurde vom Statistischen Bundesamt der Zeitraum ab 1999. Ursache sind unter anderem Studienbedingungen. Das ist bezeichnend.

Hier erinnere ich Sie noch einmal gerne daran, dass die CDU 2002 die Einführung von Langzeitstudiengebühren beschlossen hat, und zwar in Höhe von 500 Euro. Weiter ging es mit der Einführung von allgemeinen Studiengebühren im Juni 2004. Damit hat man hier in diesem Land schlechtere Studienbedingungen geschaffen. Das rächt sich heute mit den Abbrecherquoten. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Das ist so, meine Damen und Herren. Nehmen Sie es endlich zur Kenntnis!

Ich fasse es noch einmal zusammen. Studiengebühren - wir werden Sie nicht überzeugen, da hat der Kollege Commerçon natürlich recht - Studiengebühren sind immer unsozial. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Egal, ob für Erst-, Zweit- oder Langzeitstudium, Studiengebühren sind ein Abschrecksystem. Das kann niemals ein Anreizsystem sein. Trotz dieser schlechten Noten, trotz dieser Quoten et cetera wollen Sie Studiengebühren hier wieder zulassen. Gleichzeitig stimmen Sie als Saar-Regierung im Bundesrat gegen eine Bafög-Erhöhung. Das ist unverantwortlich, Kolleginnen und Kollegen!

Die zentrale Frage ist doch die Frage eines Konzeptes der künftigen Hochschulfinanzierung, also eines vernünftigen Konzeptes der Studienfinanzierung. Da empfehle ich Ihnen einen Blick in die neue, mittlerweile 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Nur eine Zahl: 66 Prozent der Studierenden im Erststudium jobben, 3 Prozent mehr als im Jahre 2006. Danach ist das Jobben mit die wichtigste Säule der Studienfinanzierung. Das können Sie ja wohl nicht abstreiten. Das ist absolut problematisch. Hier sind Konflikte zwischen Studium und Nebenjob vor

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )