Protocol of the Session on May 19, 2010

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Zukunft der Polizei im Saarland

(Drucksache 14/174)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der FDP-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Die Zukunftsfähigkeit der saarländischen Polizei sichern - Organisation fortentwickeln (Druck- sache 14/185)

(Ministerpräsident Müller)

Zur Begründung des Antrages der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 14/174, erteile ich Herrn Abgeordneten Stefan Pauluhn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vor einigen Wochen mit meiner öffentlich erhobenen Forderung nach einer zwingend notwendig gewordenen Strukturreform im Bereich der saarländischen Polizei sowie der Überlegung, als Zeichen einer positiven Zukunftsgestaltung für die Organisation auch belastbare Leitlinien zu formulieren, einen Stein ins Wasser geworfen. Dazu gab es vereinzelt kritische, aber überwiegend positive Resonanz aus der Polizei. Insbesondere die Podiumsdiskussion sowie die daraus folgenden Beiträge des Landesdelegiertentages der größten Polizeigewerkschaft im Lande, der GdP, haben mich in meiner Auffassung bestätigt, dass wir uns um eine Weiterentwicklung der vorhandenen Struktur innerhalb unserer Polizei nicht weiter herummogeln können. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Eigentlich sind wir damit schon ein bis zwei Jahre zu spät. Diesem Umstand trägt dieser Antrag Rechnung. Bereits zur Verabschiedung des Haushalts vor 14 Tagen konnte ich feststellen, dass trotz der auf den ersten Blick guten Einstellungsquoten von 115 jungen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten dennoch mit der Verabschiedung des Haushalts 2010 ein weiterer faktischer Personalabbau bei der saarländischen Polizei einsetzt.

Ich darf die sicher unwiderlegbare Grundlage dieser Feststellung wiederholen. Wer in der Gesamtfrage zukünftiger Polizeistrukturen im Land ernst genommen werden will, muss feststellen, dass auch in den Folgejahren nach 2011 die Einstellungsquote nicht über der diesjährigen Zahl liegen wird, und zwar trotz der zugegebenermaßen historisch hohen Einstellungsquote in diesem Jahr, wegen der dennoch nicht ausreichenden Wirkung gegenüber den Ruhestandsversetzungen. Die Fesseln dazu legt uns die Haushaltsnotlage an, ein Drittel dieses Haushaltes ist schuldenfinanziert. Die Schuldenbremse lässt überdies grüßen.

Der Kollege Jochem sprach in der Debatte von annähernd 3.000 Kräften und zog die von mir genannten 2.700 in Zweifel. Klar ist, dass der haushalterische Personalstand mit der tatsächlichen Zahl der Einheitskräfte im Wirkbetrieb natürlich nicht übereinstimmt. Sehr geehrter Herr Jochem, bei Ihren 3.000 angeführten Personen, sind beispielsweise freigestellte Personalräte, ins Umweltministerium abgeordnete Polizisten, aber auch freigestellte Polizisten hier im Landtag. Bei Ihren 3.000 Polizisten, die Sie mir entgegenhielten, sind Sie dabei, Herr Jochem, ist der Kollege Roth auch dabei! Ich schätze Sie sehr, auch als ehemaligen Polizisten, aber wir kön

nen nicht feststellen, dass Sie beide noch im Polizeiwirkbetrieb tätig sind. Außerdem stehen diejenigen, die sich noch in der Ausbildung befinden - darüber herrscht hoffentlich kein Zweifel -, eben erst nach der Beendigung ihrer Ausbildung zur Verfügung.

Binde ich diesen unumstößlichen Rahmen zusammen - dabei können wir bis in alle Ewigkeit über die Einstellungspolitik der frühen Neunzigerjahre fabulieren -, dann komme ich auf einen derzeitigen Personalbestand von etwa 2.700 Beamtinnen und Beamten im Wirkbetrieb. Die Einstellungen des Jahres 2010 korrespondieren, um den heutigen Personalbestand zu halten, mit den Inruhestandsversetzungen von 2013. 2013 gehen aber 133 Bedienstete der saarländischen Polizei planmäßig in den Ruhestand. Setzt man also die Inruhestandsversetzungen zu den Neueinstellungen ins Verhältnis, so stellt man fest, dass bereits die Einstellungsquoten der Vorjahre einen neuen Personalabbau in Gang gesetzt haben.

So korrespondieren 27 Einstellungen aus 2007 mit 115 geplanten Ruhestandsversetzungen 2010; 105 Einstellungen 2009 mit 135 Ruhestandsversetzungen 2012; 115 Einstellungen 2010 mit 133 Ruhestandsversetzungen 2013. Im Saldo kommt man durch die Einstellungsquoten der letzten drei Jahre bereits auf einen Stellenabbau von circa 100 Kräften. Setze ich die heute bereits klar zu prognostizierenden Inruhestandsversetzungen der kommenden zehn Jahre ins Verhältnis zu Einstellungsquoten wie in diesem Jahr von 115, also der heute von der Koalition richtigerweise als historischen Höchststand gepriesenen Zahl, so komme ich in zehn Jahren auf einen weiteren Personalabbau von mehr als 300 Kräften. Noch mal im Klartext: Die Inruhestandsversetzungen der kommenden zehn Jahre stehen unumstößlich fest. Wenn wir es nicht schaffen, in jedem Jahr deutlich mehr als 115 neue Kräfte einzustellen, wird in zehn Jahren der Polizeibestand im Saarland um rund 300 Kräfte unter dem heutigen liegen.

Bei der letzten Polizeistrukturreform unter Ministerin Kramp-Karrenbauer war noch von einer Planungsgröße von 2.900 Kräften die Rede. Diese Zahl wurde im Wirkbetrieb aber nie erreicht. Wir bewegen uns momentan auf einem Level von etwa 200 Kräften weniger und steuern wie gesagt auf eine Zahl von deutlich unter 2.700 zu. Alleine das macht deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine Fortschreibung der heutigen Organisationsreform und sollten den Mut und die Ehrlichkeit haben, zu definieren, mit wie vielen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten unserem Land auch nach einer erneuten Weiterentwicklung eine ausreichende und umfassende Sicherheitsstruktur gegeben ist.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

(Vizepräsidentin Ries)

Die Arbeit der gerade konstituierten Haushaltsstrukturkommission lässt grüßen. Dort wurde in der ersten Sitzung am Beispiel der Polizei im Ländervergleich erneut eine, wie ich finde, uralte Kamelle geboten. Die Analysten sahen im Verhältnis der Flächenländer West zum Saarland in diesem Bereich überproportionale Ausgaben und ein - wohlgemerkt rechnerisches - Einsparpotenzial in zweistelliger Millionenhöhe. Als Erklärung für diese überproportionalen Ausgaben dient die Feststellung der höheren Polizeidichte pro Einwohner in unserem Land. Es war sicher Zufall, und ich denke, dass diesem Beispiel überhaupt keine politische Bewertung vorausging. Die Tatsache, dass von dritter hinzugezogener Seite ein erstes Beispiel für Einsparpotenziale gerade bei der Polizei beziffert wurde, lässt mich jedoch keinesfalls beruhigter in die Zukunft blicken, was zukünftige Gestaltungsspielräume in diesem Bereich angeht.

Es gibt einen ersten Hinweis, wie wir im Rahmen der Gesamtdebatte um die Rückführungen von Defiziten insgesamt auch von außen betrachtet und beurteilt werden. Dennoch steht für mich und für die SPD fest: Innere Sicherheit bezogen auf Organisation und Dichte der Polizei lässt sich nicht an Bund-Länder-Rankings und schon gar nicht an Einwohnerzahlen und Flächenberechnungen festmachen. Dazu zählt viel mehr! Da unterscheidet sich die Position der SPD des Jahres 2010 - das sage ich erneut ausdrücklich - enorm von der am Anfang der Neunzigerjahre.

(Beifall bei der SPD.)

Wir kommen nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung, dass die Zahl der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in unserem Land keinesfalls unter eine Zielgröße von 2.700 fallen darf. Würde sie darunter fallen, muss jedem klar sein, dass es dann nicht mehr alleine um die eine oder andere Dienststelle im K-Bereich ginge, sondern dass dies zwingend einen exorbitanten Rückzug aus der Fläche zur Folge hätte. Das ist, wie ich finde, eine völlig neutrale Zustandsbeschreibung und keine politische Bewertung. Wahrscheinlich ist die Zeit noch nicht reif für eine große parteiübergreifende Positionierung in dieser Frage.

Dazu gibt der Antrag der Koalition zumindest erste Hinweise. Ich finde, dass der Antrag von CDU, FDP und GRÜNEN reichlich kurz springt. Es wird wiederholt und ohne weiteren konkreten Ansatz der Versuch unternommen, trotz elf Jahren eigener Regierungsverantwortung - zumindest gilt das für die CDU - alles auf die 11. Legislaturperiode Anfang der Neunzigerjahre abzuschieben. Wir befinden uns aber mittlerweile in der 14. Legislatur sowie in einem neuen Jahrhundert und blicken auf die Probleme der nächsten Periode am Ende dieses Jahrzehntes. Auch wenn 1990 bis 1991 Fehler gemacht wurden

das streite ich seit Jahren gar nicht ab -, kommen wir mit alleinigen Schuldzuweisungen und mit dem Blick zurück nicht mehr weiter. Ich will es in ein Bild fassen: Ein Tsunami von Ruhestandsversetzungen steht uns bevor. Die dürren Einstellungszahlen von vorvorgestern lösen das Problem jetzt nicht.

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch zu sagen, dass die von uns definierte Zielgröße von 2.700 Beamtinnen und Beamten unter den heutigen Rahmenbedingungen - beispielsweise einer in Funktion befindlichen Führungs- und Lagezentrale (FLZ) - gar nicht mehr zu schaffen ist. Dazu gehört auch eine aktuelle Aufgabenkritik vorhandener Strukturen. Die ist unumgänglich, der Blick zurück löst dabei kein Problem. Goldene Kälber darf es nicht geben, Spielwiesen von Partikularinteressen auch nicht. Wir müssen uns die Frage stellen, mit wie vielen Schnittstellen wir im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung zukünftig arbeiten können.

Wir müssen uns die Frage stellen, ob die Struktur von sieben Polizeibezirken eine zukunftsfähige Struktur sein kann, und wir müssen uns die Frage stellen, ob die generelle Festlegung und die generelle Definition von 20 Rund-um-die-Uhr-Dienststellen unter den heutigen wie zukünftigen Rahmenbedingungen eine zukunftsfähige Struktur darstellt. Alles dies gilt es zu bearbeiten. Finanzielle wie zeitliche Rahmenbedingungen lassen uns zur Lösung der Problematik kaum mehr Zeit. Auch darum sollten wir durch die Festlegung einer Zielgröße an Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten analog den Nachbarn in Rheinland-Pfalz im Blick zukünftig schwerer werdender Reformentwicklungsentscheidungen ein klares Signal an Zukunftssicherheit in die Organisation der Polizei geben.

Sehr geehrter Herr Innenminister, lieber Kollege Becker, wir haben ja in dieser Frage schon sehr oft die Klingen gekreuzt, auch in den letzten beiden Legislaturen. Ich habe heute versucht, meinen Beitrag auf einem sehr sachlich fundierten und eruierten Zahlenwerk aufzubauen. Ich habe versucht, ohne am Rednerpult polemisch zu wirken, die Probleme sachlich zu schildern. Ich möchte - ich verweigere mich dem nicht - auch gerne immer wieder die Debatte um die Vergangenheit führen. Aber es ist endlich an der Zeit, dass wir die Zeichen dieses Jahrhunderts erkennen und die Probleme von morgen anpacken. Die Lösungsansätze der letzten Jahre bieten dazu kein ausreichendes Potenzial. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Herzlichen Dank, Herr Pauluhn. - Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen Drucksache

(Abg. Pauluhn (SPD) )

14/185 erteile ich Herrn Abgeordneten Günter Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sicherheit in unserem Land ist eine grundlegende Voraussetzung für die Lebensqualität, die hier herrscht. Die saarländische Polizei ist gut ausgebildet, hervorragend ausgestattet und ein Garant für die innere Sicherheit in unserem Land. Die Polizeibeamtinnen und -beamten leisten Tag für Tag einen anspruchsvollen und häufig auch gefährlichen Dienst für unsere Gesellschaft.

Seit dem Regierungswechsel 1999 hat die Landesregierung, hat die politische Mehrheit in diesem Lande, durch massiv erhöhte Einstellungen und weitreichende Verbesserungen bei der Sachausstattung die Leistungsfähigkeit der Polizei auf ein hohes Niveau gebracht und dieses Niveau auch über all die Jahre gesichert. So weit der Sachstandsbericht über den derzeitigen Zustand der saarländischen Polizei, meine Damen und Herren.

Aber - ich kann es Ihnen leider nicht ersparen, Herr Kollege Pauluhn - es gab auch andere Zeiten in diesem Land. Darauf muss ich eingehen, weil man das nicht losgelöst voneinander sehen kann. Damals regierten die, die heute hier immer wieder nach Verbesserungen für die Polizei rufen. Was war in dieser Zeit? In den Neunzigerjahren, also zu Zeiten der SPD-Regierung unter Lafontaine, wurde nur auf ganz niedrigem Niveau eingestellt. Oft weniger als die Hälfte dessen, was wir an Ruhestandsversetzungen zu verzeichnen hatten. 1993 und 1995 gab es überhaupt keine Neueinstellungen. 1992, 1994, 1996 waren jeweils nur 24 Neueinstellungen zu verzeichnen.

Diese Lücken, meine sehr verehrten Damen und Herren, die in den Neunzigerjahren entstanden sind, sind nicht mehr zu schließen. Es fehlt uns eine ganze Einstellungsgeneration von 1992 bis 1998. Deshalb reicht es auch nicht aus, wenn heute die Opposition, wie es in Ihrem Antrag steht und auch eben wieder vorgetragen wurde, sagt, sie sehe diese Einstellungspolitik, die damals gelaufen ist, heute auch sehr kritisch. Das ist nicht nur kritisch zu sehen, das war Mist, was da gebaut wurde, und wir haben heute damit zu kämpfen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Sie können sich auch nicht damit herausreden, dass das damals so war, und sagen, wir müssen jetzt nach vorne schauen und brauchen den Blick in die Zukunft. Wir, die CDU, hätten ja genug Zeit gehabt, in den zehn Jahren diese Lücken zu schließen. Nein, die haben wir nicht gehabt, diese Lücke ist nicht zu schließen. Wir bemühen uns aber seit 1999, größeren Schaden hier abzuwenden. Mit dem Re

gierungswechsel 1999 erfolgte ein Anstieg der Einstellungen. In der Regel waren dies zwischen 60 und 125 Neueinstellungen. Einen Spitzenwert gab es im Jahre 2002 mit 125 Neueinstellungen. Wir werden einen Spitzenwert in diesem Jahr mit 115 Neueinstellungen haben.

Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass sich das Problem innerhalb der Personalstruktur nicht weiter vergrößert, weil uns die Polizei wichtig ist. Die Polizeistruktur muss stabil bleiben und muss sich weiterentwickeln. Ein weiterer Aspekt, weshalb Ihr Antrag, über den wir heute hier auch diskutieren, unredlich ist, ist der, dass Fehler der Vergangenheit nicht beseitigt werden können, indem man für die Zukunft überzogene Forderungen stellt. Und die Forderung, zukünftig durchschnittlich 150 Polizeibeamtinnen und -beamte pro Jahr einzustellen, um die Ruhestandsversetzungen auszugleichen, ist utopisch. Sie entspricht auch nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.

In den kommenden Jahren gehen voraussichtlich jedes Jahr zwischen 80 und 130 Polizeibeamtinnen und -beamte in Ruhestand, nicht 150, wie Sie das im Antrag dargelegt haben. Das werden wir voraussichtlich nur einmal haben, und zwar im Jahre 2019. Dass die Lücke nicht zu groß wird, dafür haben wir allerdings in den Jahren 1999 bis 2009 bereits gesorgt. Wir haben nämlich 328 Polizeibeamtinnen und -beamte mehr eingestellt, als in den Ruhestand gegangen sind. Das waren 926 Einstellungen bei 598 Ruhestandsversetzungen. Aber auch hier kommt die Lücke der Neunzigerjahre zum Tragen, die es uns unmöglich macht, die stärkeren Ruhestandsversetzungen ganz abzufangen. Zu den stärkeren Ruhestandsversetzungen möchte ich auch sagen, das waren starke Einstellungsjahrgänge. Auch die wurden zu Zeiten der CDU-Landesregierung eingestellt und nicht zu Zeiten der SPD. Darüber hinaus werden wir sicherlich auch, was die Verlängerung der Lebenszeit angeht, einiges tun.

Wir haben ein Interesse daran, dass Polizeibeamtinnen und -beamte auf freiwilliger Basis ihre Lebensarbeitszeit verlängern. Zum einen, weil sie Berufserfahrung mitbringen, und zum anderen, weil wir uns ihre Fachkompetenzen erhalten wollen. Die personelle Ausstattung und Sachausstattung der Polizei ist im Übrigen die beste, die es jemals gab. Das ist der Originalton von Hugo Müller, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei. Noch nie war die Polizei so gut ausgestattet wie heute. Neben der personellen und der sächlichen Ausstattung bedarf es natürlich auch einer Überprüfung der Strukturen der Polizeiorganisationen, wobei ich allerdings direkt sagen möchte, dass wir keine neue Strukturreform brauchen, wie sie im Antrag der SPD gefordert wird, sondern wir müssen die vorhandenen Strukturen überprüfen.

(Vizepräsidentin Ries)

Immerhin sind diese Strukturen seit zehn Jahren so, wie sie heute sind. Es haben sich neue Aufgaben ergeben. Das wissen wir. Das heißt, dass immer wieder einmal zu überprüfen ist, inwieweit wir mit der Struktur, die vor zehn Jahren geschaffen wurde, den heutigen Anforderungen noch genügen. Insofern werden wir mit Sicherheit alles daran setzen, die Polizei so aufzustellen, dass sie ihren Aufgaben gerecht werden kann. Ich betone es noch einmal: Es geht nicht um eine grundlegende Reform, es geht hier um eine Fortentwicklung der Organisation. Hier denken wir insbesondere an die Erhaltung der Polizeipräsenz in der Fläche und an einen bedarfsorientierten Personaleinsatz in den Dienststellen.

Auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen spielt eine große Rolle. Die Präsenz vor Ort kann hierzu einen großen Beitrag leisten. Wir müssen reagieren. Das Umfeld, die Straftaten, die Täter haben sich geändert. Unsere Polizei muss darauf reagieren können. Rechtsradikalismus, linksradikale Gewalt gegen Polizeibeamte, Internetkriminalität, der verstärkte Islamismus, all dies sind Herausforderungen, denen unsere Polizei begegnen muss und für die sie ausgestattet und ausgebildet sein muss.

(Abg. Schnitzler (DIE LINKE) : Und rechtsradikale Gewalt.)

Auch muss die Polizei damit kämpfen, oder besser gesagt darauf reagieren, dass man es mit veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu tun hat. Der Bedarf an Teilzeitverwendungen und Elternteilzeit hat stark zugenommen.

(Abg. Schnitzler (DIE LINKE) : Rechtsradikale auch, Herr Becker.)

Wenn Sie richtig zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass ich Rechtsradikalismus genannt habe. Aber wenn es um Linksradikalismus geht, sind Sie auf einem Ohr total taub und auf einem Auge völlig blind. Ich habe beide genannt und wir bleiben auch dabei.

(Zurufe von der LINKEN.)

Wenn ein Linksradikaler den Pflasterstein auf die Polizisten schmeißt, ist das genauso verwerflich, wie wenn ein Rechtsradikaler dies tut.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das ist für uns so. Da können Sie noch viel lernen von uns in der Richtung.

(Au-Rufe von der LINKEN.)

Der Bedarf an Teilzeitverwendungen und Elternteilzeit hat stark zugenommen. Wir brauchen auch verstärkt Polizeianwärter mit Migrationshintergrund. Gerade der Anteil der Menschen in unserem Land mit Migrationshintergrund steigt. Auch hier kann die Polizei durch entsprechende Einstellungen positive Signale setzen. All dies werden wir in den kommenden

Monaten überprüfen, wir werden mit der Organisation, mit Polizeibeamtinnen und -beamten darüber reden, wo Schwachstellen sind, wo Verbesserungen eintreten können.