Protocol of the Session on February 28, 2025

(Beifall SSW, SPD und Dr. Heiner Garg [FDP])

Zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Martin Habersaat das Wort. – Bitte schön.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 8. Februar 2024 erblickte die Drucksache 20/1882 das Licht der Welt. Sie trug den schönen Namen „Inklusion an unseren Schulen weiter stärken“. Sie hatte unter anderem eine Funktion: davon abzulenken, dass mit dem Inklusionsbericht, den wir in diesem Zeitraum diskutiert haben, herausgekommen war, dass Inklusion in Schleswig

(Christian Dirschauer)

Holstein mitnichten gestärkt wird, sondern dass, seit Karin Prien Bildungsministerin ist, die Exklusionsquote in Schleswig-Holstein Jahr für Jahr steigt.

(Birte Pauls [SPD]: Ganz genau!)

Aber das ist an dieser Stelle gar nicht mein Punkt. In diesem Antrag haben CDU und Grüne die Landesregierung beauftragt, in Abstimmung mit den Kreisen und kreisfreien Städten Schulbegleitung und Schulassistenz perspektivisch zu Poollösungen zusammenzuführen.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

Das war für die Grünen inhaltlich keine Neuerung, weil das schon in den Jahren 2012 bis 2017 unsere Perspektive war. Die FDP war kritisch; sie hatte in der Jamaikakoalition dieses Gutachten zur Evaluation der Schulassistenz in Auftrag gegeben – eigentlich mit der Hoffnung, Schulassistenz hinterher abschaffen zu können.

Dann besagte das Gutachten aber, dass Schulassistenz gut sei; man müsse das zusammenfügen. Das nahm dann auch die CDU zum Anlass zu sagen: Wir nehmen das in unsere Programmatik auf. Wir finden es richtig, Schulbegleitung und Schulassistenz zusammenzufügen.

Dieses Gutachten – ich sagte es eben – liegt im Bildungsministerium seit 2019 vor. Jetzt sind wir im Jahr 2025, sind einfach noch nicht weitergekommen, und heute legen Sie wieder einen Antrag vor. Sie sagen uns, unserem Antrag fehle der rote Faden zur Umsetzung. Meine Damen und Herren, der rote Faden zur Umsetzung schwieriger Vorhaben sind die Ministerien dieses Landes; sie sind dafür da, schwierige Vorhaben umzusetzen.

(Beifall SPD – Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Niemand hat gesagt, dass es leicht sein würde, und weil Sie sich der Schwierigkeit der Aufgaben unserer Ministerien bewusst sind, haben Sie zwei neue Minister und zahlreiche neue Staatssekretäre berufen, damit Sie das alles schaffen können.

(Beifall SPD)

Heute beantragen Sie schon wieder die Schaffung einer Datengrundlage. Meine Damen und Herren, die fehlende Datengrundlage ist seit 2019 das Problem. Das geht doch so nicht weiter. Da müssen wir doch jetzt einmal zum nächsten Schritt kommen.

Sie schreiben in Ihren Antrag, Sie wollten Strukturen überdenken. Darüber sind wir doch hinaus. Wir wissen doch seit 2019, wie die Zielstruktur aussieht.

Sie schreiben in Ihren Antrag auch, Sie würden den Prozess fortsetzen und konkretisieren wollen. Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Wir kennen das Ziel seit 2019.

Was wir immerhin seit heute neu kennen, und das will ich würdigen, ist der Termin erstes Quartal 2026. Wird uns da die Regierung eine Lösung vorlegen? – Nein, die Regierung soll heute beauftragt werden, bis zum ersten Quartal 2026 einen Weg zu einer Lösung vorzuzeigen. Das ist dann sieben Jahre nach diesem Gutachten.

(Zuruf Dr. Bernd Buchholz [FDP])

Es ist zum Verzweifeln.

(Beifall SPD – Wortmeldung Malte Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage/Anmerkung des Herrn Abgeordneten Krüger?

Sehr gerne.

Vielen Dank, Herr Habersaat. – Ich stimme Ihnen zu. Ich würde mir auch wünschen, dass Sachen oftmals schneller gingen, dass wir in ganz Schleswig-Holstein einheitlicher bei diesen ganzen Fragen sind. Da sind wir uns, glaube ich, einig.

Ich habe mich aber wegen zwei Sachen gemeldet. Das eine ist: Sie haben gerade auf die Debatte im Februar 2024 hingewiesen, die ich mir gestern zufällig noch einmal zu Gemüte geführt habe. CDU und Grüne haben dort neun Punkte im Bereich Inklusion gefordert. Da haben Sie hier in Ihrer Rede vor genau einem Jahr auch einige Punkte lobend erwähnt.

Jetzt tun Sie so, als würden wir mit unserem Antrag quasi nur von der Exklusionsquote ablenken.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

Finden Sie das wirklich, oder stehen Sie nicht mehr zu den Aussagen, die Sie dazu in der Debatte 2024 angeführt haben?

Das andere ist: Sie haben gerade darauf hingewiesen beziehungsweise selbst gesagt, dass die Datengrundlage fehle. Warum steht

(Martin Habersaat)

dann in Ihrem Antrag nichts zu dieser Datengrundlage?

(Beate Raudies [SPD]: Die habt ihr doch sel- ber erarbeitet!)

Beides kann ich relativ leicht beantworten. Die Tatsache, dass Sie mit Ihrem Antrag von der steigenden Exklusion ablenken wollen, spricht nicht dagegen, dass in dem Antrag vernünftige Dinge standen. Darin stand als Punkt eins, wenn ich mich richtig erinnere, dass Sie den Runden Tisch Inklusion wiederbeleben wollen.

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

Das hätte ich toll gefunden, aber das hat bis heute leider nicht geklappt. Aber bleiben wir doch dran.

(Beifall SPD)

Darin stand auch, Sie würden, wie ich eben zitiert habe, Schulbegleitung und Schulassistenz zu einer Poollösung zusammenführen wollen. Das ist super. Aber auch das hat bis heute nicht stattgefunden. Das wird man an dieser Stelle als Opposition kritisieren dürfen.

Was die fehlenden Daten angeht: Die Frage ist, mit welchem Anspruch man herangeht. Verlangt man von den Kreisen rückwirkend für fünf Jahre alle Fälle von Schulbegleitungen, alle Diagnosen, alle Teilzeitgenehmigungen oder sonstige Genehmigungen, jeden einzelnen Euro und würde den Kreisen quasi aufbürden, drei Leute einstellen zu müssen, um das alles zu erheben?

Oder einigt man sich mit den Kreisen auf einer Ebene von: Wir schauen uns an, was ihr heute in das System Schulbegleitung investiert. – Das ist eine Summe, die die Kreise benennen können und die wir kennen. Wenn die Kreise bereit wären, diese Summe künftig in einen Topf zu tun, um damit weiterzuarbeiten, dann ist man mit der Schaffung der Grundlage fertig. Dann ist das Reden über Datengrundlagen nur noch eine billige Ausrede. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, FDP und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Für einen weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Martin Balasus das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Habersaat hat völlig

recht, wenn er sagt, dass es so nicht weitergehen könne. Ich glaube, wir alle haben die innere Überzeugung, dass wir dringend ein Problem brauchen, und die Problembeschreibung ist ja auch – –

(Heiterkeit – Zuruf Christian Dirschauer [SSW])

Entschuldigung, wir brauchen dringend eine Lösung, und die Problembeschreibung ist völlig richtig. Es ist kein haltbarer Zustand, wenn in einer Klasse zum Beispiel vier Schulbegleitungen sitzen. Dass das wenig effizient ist, ist eindeutig klar.

Unser Punkt ist, dass wir sagen, dass uns die von der SPD in ihrem Antrag vorgeschlagene Lösung nicht groß genug ist. Da bin ich ganz bei dem Kollegen Dirschauer. Inwiefern sie nicht groß genug ist, möchte ich einmal an einem Beispiel aus dem Kreis Pinneberg erläutern.

Dort sollte das Projekt Klassenassistenz geschaffen werden. Klassenassistenz würde bedeuten, dass in jeder Grundschulklasse eine zweite Kraft dabei wäre, die nicht nur für einen Schüler oder eine Schülerin, sondern für die ganze Klasse zuständig ist und die Klassenlehrkraft als Team unterstützt. Das läuft momentan in Phase eins. Das wird also in einzelnen Schulen erst erprobt. Das Ziel war, das auf den ganzen Kreis Pinneberg auszudehnen, denn wir haben besondere städtische Herausforderungen.

Wir finden – da gibt mir die Kollegin Raudies schon durch Nicken recht –, das ist eine ideale Lösung für unsere Region und vielleicht auch eine ideale Lösung für das Land Schleswig-Holstein. Leider ist es aber so – das sagte der Kollege Krüger –, dass das Ganze gerade über zwei Jahre geschoben wurde.

Es gibt ein Moratorium – das stimmt –, und dafür gibt es zwei Gründe. Der erste Grund ist, dass zu viele Fragen offen sind. Der zweite Grund ist die angespannte Haushaltslage des Kreises Pinneberg. Darüber wollen wir nicht sprechen, aber vielleicht über Punkt 1, die vielen offenen Fragen. Also, was können wir vom Kreis Pinneberg oder aus diesem Fall lernen?

Erstens. Der Sachverhalt ist super komplex. Die Frau Ministerin sprach von der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit. Das ist ein ganz dickes Brett, das gebohrt werden muss, und dafür brauchen wir Lösungen. Unser Modell ist, dass wir vor Ort verschiedene Modelle entwickeln und schauen, wie das funktioniert. Welches ist die ideale Lösung? Da müssen sich alle Beteiligten bewegen.