Protocol of the Session on February 28, 2025

Auch die Zunahme der Förderschwerpunkte – wir haben verschiedene Sachen gehört wie Verhalten, Auffälligkeiten und so weiter, aber es sind keine Auffälligkeiten, es sind Förderschwerpunkte –,

(Beifall SSW)

beschleunigt zum Beispiel durch die Coronapandemie, machen eine Beschulung für Schülerinnen und Schüler immer schwieriger.

Die Schulbegleitung und die Schulassistenzen sind eine zentrale Stellschraube für eine funktionierende Inklusion und die Chancengleichheit an unseren Schulen. Vor allem dienen sie zur Entlastung der Lehrkräfte, denen immer mehr Aufgaben im schulischen Bereich einfach zugemutet werden.

(Beifall SSW und Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe gerade noch vergessen: Schulbegleitungen gibt es immer wieder, nicht nur um Förderschwerpunkte in dem Sinne auszugleichen, sondern sie dienen in ganz vielen Fällen medizinischer Betreuung in der Schule, wenn Schülerinnen und Schüler Tabletten benötigen oder einen Diabetes haben.

Das Problem bei den schulischen Hilfen ist nach wie vor, dass es keine oder kaum verlässliche Daten und Statistiken gibt. Zwar liegt jetzt erst einmal eine Übersicht über Fallzahlen vor, aber wir wissen immer noch nicht viel oder zu wenig darüber, welche Maßnahmen eigentlich überhaupt funktionieren, wo der Mitteleinsatz erfolgen müsste und wo eventuell dringend nachgesteuert werden müsste. Ohne valide Zahlen kann aber keine funktionierende Bildungspolitik gemacht werden. Daher brauchen wir möglichst viele verlässliche Daten und vor allem den Willen, sie nicht nur zu erheben, sondern nachher auch etwas mit diesen Daten zu machen und zu handeln.

Die steigenden Fallzahlen und explodierenden Kosten zeigen uns ganz eindeutig: Die schulischen Hilfen sind in ihrer derzeitigen Form kein zukunftsfähiges Modell.

(Unruhe Dr. Kai Dolgner [SPD])

Da ist etwas runtergefallen.

(Heiterkeit und Beifall – Zuruf: Hat keiner bemerkt! – Sybilla Nitsch [SSW]: Ein biss- chen wie in der Schule!)

Ja, da lägen jetzt alle Stifte. – Dabei müsste es endlich dazu kommen, dass gemeinsam mit den Akteuren festgelegt wird, welches Berufsbild, welche Zuständigkeiten und welche Aufgaben die einzelnen Unterstützungssysteme haben und was sie überhaupt leisten sollen. Das steht bis zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht fest.

(Heiterkeit FDP und SSW)

Die fehlende Verknüpfung der einzelnen Hilfen erweist sich dabei als große Hürde. Die Systeme existieren teils ohne eine klare Strategie für eine bessere Zusammenarbeit nebeneinander.

(Malte Krüger)

Man muss leider auch sagen: Es gibt viele unterschiedliche Träger und Anbieter, die in ihrer Qualität unterschiedlich sind. Das macht es nicht einfacher. Das bedeutet: Unnötige Doppelstrukturen, bürokratischer Aufwand und ineffiziente Mittel müssen hier beseitigt werden. Hier müssten sich die Landesregierung, die Träger und die Kommunen zusammensetzen und eine tragfähige Lösung finden, um die sehr begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen.

Ein großes Problem bleiben dabei die unterschiedlichen Ansätze von schulischer Assistenz und Schulbegleitung, deren Leistungen grundsätzlich sinnvoll vereint werden könnten. Wir haben gerade von multiprofessionellen Teams gehört; wir wünschen uns alle multiprofessionelle Teams. Wir sprechen auch darüber, aber diese müssen geeint werden, weil es diese multiprofessionellen Teams an viel zu wenigen Schulen gibt. Sie werden ganz häufig so genannt, aber ein multiprofessionelles Team besteht nicht aus Schulsozialarbeit und Lehrkräften vor Ort.

(Beifall FDP und SSW)

Schließlich: Die Arbeitsbedingungen der Schulbegleitung, weder die Vergütung noch die Qualifikation, sind derzeit zentral und einheitlich geregelt. Das ist keine Strategie, mit der man den Fachkräftemangel in diesem Bereich bekämpft, und um das Berufsbild attraktiv zu gestalten.

Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit für uns, umzudenken. Die Schulbegleitung, die Schulassistenzen dürfen kein teures und ineffizientes Flickwerk bleiben, sondern müssen ein tragfähiges, gut organisiertes System sein, denn die eingesetzten Mittel müssen hier effizient genutzt werden. Die Landesregierung muss alle relevanten Daten erheben und zentral auswerten, inklusive der Kosten und der tatsächlichen Wirksamkeit der Schulbegleitung und der Assistenzen. Nur mit validen Zahlen lassen sich nachhaltige Entscheidungen treffen.

Wir brauchen eine landesweite Koordinierungsstelle, die Schulbegleitung, Schulsozialarbeit, aber auch die Schulassistenz professionell organisiert und eine bessere Abstimmung zwischen Land, Kommunen und Schulen ermöglicht und vor allem bürokratische Hürden auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft und diese gegebenenfalls abbaut. Wir brauchen verbindliche Mindestqualifikationen in diesem Bereich und eine vernünftige, leistungsgerechte Bezahlung. Eine Schulbegleitung darf kein schlecht bezahlter Nebenjob sein,

(Beifall FDP und SSW)

sondern muss eine attraktive und professionelle Tätigkeit mit einer entsprechenden Aufstiegsmöglichkeit werden.

Zum Abschluss noch ein weiterer wichtiger Punkt: Die steigenden Zahlen zeigen, dass unser Schulsystem viele Kinder nicht richtig auffängt. Statt im späteren Verlauf auf individuelle Schulbegleitung zu setzen, müssen wir mehr Ressourcen in die frühzeitige Förderung geben: mehr Lehrkräfte und bessere Inklusionskonzepte. Wenn wir mit unseren Hilfen sehr früh ansetzen, können wir mit weniger Ressourcen einen viel größeren Effekt erzielen, statt viel Energie in einen späteren Reparaturbetrieb zu stecken.

Deswegen: Beide Anträge finden wir richtig und wichtig, und ich beantrage hiermit die Überweisung in den Bildungsausschuss. – Danke schön.

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt SPD)

Für die SSW-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Christian Dirschauer das Wort. – Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Frau Ministerin: Herzlichen Dank für den Bericht, vor allen Dingen aber ein herzliches Dankeschön an die Beschäftigten im Ministerium für diesen Bericht, der eine gute Grundlage für die weitere Diskussion ist. Vielen Dank dafür.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Cornelia Schmachtenberg [CDU])

Bereits vor einem Jahr – das haben wir schon gehört – haben wir hier im Plenum über die Lage der Inklusion an Schulen und über die mehr oder weniger funktionierenden Maßnahmen, unter anderem der Schulbegleitung, diskutiert. Viel hat sich seitdem nicht verändert, Herr Krüger. Das ist die Formulierung, die an der Stelle zutreffend ist.

Im Bericht der Landesregierung wird deutlich, dass viele Kreise und Kommunen versuchen, ihre Ressourcen zu bündeln und entsprechende Poollösungen zu entwickeln. Aber unter dem Strich – das Stichwort ist schon gefallen – wirkt das Ganze dann doch eher wie ein improvisierter Flickenteppich aus unterschiedlichen Maßnahmen und Konzepten. Das heißt, ob ein Kind mit besonderem Unterstützungsbedarf eine gute und angemessene Begleitung im Unterricht und Schulalltag erhält, ist in Teilen immer noch Glückssache oder – anders formuliert – abhängig vom Wohnort. Meine Damen und Her

(Anne Riecke)

ren, so kann weder Inklusion gelingen noch echte Chancengleichheit entstehen. Deshalb brauchen wir ein landesweites, gut koordiniertes und stabil finanziertes Konzept zur Schulbegleitung und Schulassistenz.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Momentan kommt es zwar einerseits zu Situationen, in denen viele Erwachsene im Klassenraum sitzen und einzelnen Schülern zugeordnet sind, es findet aber kaum Kooperation zwischen den Ausführenden der entsprechenden Einzelmaßnahmen statt. Andererseits gibt es Kinder, die aufgrund fehlender Schulbegleitung nicht beschult werden können. Da liegt es doch auf der Hand, dass es so nicht weitergehen darf.

(Beifall SSW, SPD und Dr. Heiner Garg [FDP])

An dieser Stelle muss ich noch mal erwähnen, wie schwer es für die Ersatzschulen ist, die verschiedenen Vorgaben der Kreise und Kommunen zu handeln, um dem Unterstützungsbedarf der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. Das muss man hier auch noch mal benennen.

Das Konzept der Schulassistenz kann man nur loben. Ich bin dankbar, dass wir diese Maßnahmen in Schleswig-Holstein eingeführt haben.

(Beifall Martin Balasus [CDU])

Ja, bitte, klatschen Sie ruhig, Herr Balasus. Das nehme ich gerne an.

(Beifall SSW und Martin Balasus [CDU] – Zuruf Martin Balasus [CDU])

Aber Schulassistenz kann natürlich nicht alle Bedarfe abdecken, schon gar nicht – jetzt kommt es –, wenn es um eine Eins-zu-eins-Betreuungsmaßnahme geht. Hier müssen wir überlegen, wie wir die multiprofessionellen Teams in Zukunft definieren und stärken wollen.

Vielleicht denken wir einen Schritt weiter und gehen von der Poollösung zu einem noch breiter aufgestellten multiprofessionellen Team, in dem die verschiedenen Mittel der Schulassistenz und der Schulbegleitung gebündelt werden.

(Beifall SSW und Martin Balasus [CDU])

Auch wenn der individuelle Hilfeanspruch weiterbestehen muss, müssen die Hilfemaßnahmen flexibel gestaltet werden, allein deshalb, um eine Stigmatisierung durch die Schulbegleitung zu verhindern. Deshalb brauchen wir eine klare Definition

von Aufgaben und Qualifikationen. Wenn eine Einzelhilfemaßnahme einer permanenten Eins-zu-einsBetreuung bedarf, muss diese nicht unbedingt durch eine pädagogische Fachkraft durchgeführt werden. Allerdings sollte die Maßnahme von einer pädagogischen Fachkraft vor Ort koordiniert, begleitet und unterstützt werden.

Aktuell gibt es keine klaren Qualifikationsanforderungen für Schulbegleitung. Hierfür sollten Mindestanforderungen gelten, die durch Fort- und Weiterbildung zu erlangen sind.

Das heißt, der Weg zur Poollösung ist zwar der richtige, aber dafür müssen landesweite Rahmenbedingungen gelten. Diese Rahmenbedingungen müssen klar aufzeigen, wer die Hilfe koordiniert, welche Aufgaben erfüllt werden müssen und welche Qualifikationen dafür benötigt werden. Um die Rahmenbedingungen zu erfüllen, müssen vor allem Stunden für Koordination bereitgestellt werden. Weiterhin ist zu klären, ob diese Koordinationsarbeit von den Schulträgern, von der Schulleitung oder von einer pädagogischen Fachkraft geleistet wird.

In einem Pool oder einem multiprofessionellen Team muss eine definierte Anzahl von Fachpersonal vorhanden sein; das ist unbestritten. Auch die kleinen Standorte benötigen ein eigenes kleines Team und entsprechende Koordinationsstunden.

Letztendlich muss es darum gehen, die vorhandenen Mittel effektiv zu nutzen, damit allen Schulträgern, auch den Ersatzschulen, den Schulleitungen und vor allem den Kindern, den Schülerinnen und Schülern, die gleichen Möglichkeiten der Unterstützung zur Verfügung stehen. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. – Herzlichen Dank.