künfte nur bis zehn Personen zulassen und der Gastronomie eine Sperrstunde verordnen wollte. Gestern war das schon passé; jetzt wird die Gastronomie wieder ganz geschlossen.
Mit Ihren Maßnahmen nehmen Sie erneut das ganze Land in Haftung, und dies, obwohl die Infektionszahlen es in weiten Landesteilen nach wie vor nicht hergeben.
So viel Lockerung wie möglich, so viel Einschränkung wie nötig - wie wir es bereits am 14. April 2020 in unserer Exit-Strategie gefordert haben -: Genau das sollte jetzt für jeden einzelnen Landkreis, für jede Stadt und jede Gemeinde Gültigkeit haben, aber nicht pauschal für das ganze Land.
Herr Günther, nicht die Aufhebung von Coronamaßnahmen bedarf der Begründung, sondern die Maßnahmen zur Einschränkung der persönlichen Freiheit und der Grundrechte müssen immer wieder aufs Neue überprüft und begründet werden. Mit dem Konzept des sogenannten WellenbrecherLockdowns machen Sie das Gegenteil: Mit dem großen Hammer immer kräftig drauf!
Die Kollateralschäden für die Menschen sind Ihnen offenbar egal. Sie treffen damit Branchen, also Unternehmer und Arbeitnehmer, die unter der Gesamtsituation ohnehin schon besonders leiden und - vor allem - die, die sich in der ganz großen Mehrzahl an die Regeln gehalten haben. Sie treffen abermals die Gastronomie und den Tourismus. Sie treffen die Kunst- und die Kulturszene. Sie treffen die gesamte Veranstaltungsbranche. Sie zerstören mit Ihrer Politik ganze Wirtschaftszweige. Ihre Maßnahmen sind weder zielgerichtet noch verhältnismäßig.
Ihre Maßnahmen sind auch völlig kontraproduktiv. Mit der Schließung der Gastronomie verlagern Sie Zusammenkünfte - Sie selbst befürchten es - in den privaten Raum, wo aber keine Hygienekonzepte gelten und von daher infektiologisch ein deutlich höheres Risiko besteht.
Meine Damen und Herren, wir machen da nicht mit. Wir beantragen deshalb heute mit unserem Alternativantrag „Kein Lockdown 2.0 in SchleswigHolstein!“, dass sich Schleswig-Holstein nicht an diesem Lockdown beteiligt.
Wir fordern gerade auch die FDP auf, sich den Stimmen ihrer Bundespartei anzuschließen. Die Kontrolle über so einschneidende Maßnahmen gehört in die Parlamente - mit Beratung und Beschlussfassung hier!
Augenmaß statt Holzhammer - das muss das Motto der Stunde sein. Zielgerichtete, lokale Maßnahmen - ja. Pauschale, landesweite Maßnahmen - nein.
Wie oft wollen Sie zukünftig das Land noch in den Lockdown schicken? Wenn Sie das den Betrieben noch ein- oder zweimal zumuten, dann können Sie sich zukünftige Lockdowns sparen; dann gibt es nämlich keine Restaurants, keine Bars, keine Theater, keine Kinos mehr, die Sie dichtmachen können. Und seien wir ehrlich: Auch die Bundeserstattungen sind die Steuern von morgen.
Meine Damen und Herren, wir wollen mit aller gebotenen Vorsicht, die diese Situation ohne Zweifel erfordert, allen Bürgern die größtmögliche Freiheit gewähren. Das Grundgesetz vertraut nämlich auf den mündigen Bürger - Herr Vogt hat es gesagt und auch auf seine Entscheidungskraft.
(Beifall Claus Schaffer [fraktionslos] - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie haben doch ei- nen geistigen Lockdown!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Es gibt namhafte, renommierte Wissenschaftler, die sich gegen die herausragende Gefährlichkeit des Virus ausgesprochen haben. „Infiziert“ bedeutet nicht notwendigerweise „infektiös“. Dafür sprechen leere Intensivstationen und Bestattungsunternehmer, die Corona-Überbrückungshilfe beantragen müssen.
Die weitreichenden Eingriffe in das private und wirtschaftliche Leben erscheinen mir nicht ausgewogen und nicht angemessen.
Ich kann diese Eingriffe nicht mit meinem Gewissen als Abgeordnete vereinbaren und werde sie politisch nicht mittragen. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit erkläre ich die Regierungserklärung für -
- Wer? - Entschuldigung! Das habe ich nicht gesehen. Herr Dr. Dolgner, ein Dreiminutenbeitrag bitte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gemeldet, weil ich meine, man darf den Blödsinn, der soeben gesagt worden ist, nicht einfach stehenlassen, weil er die Menschen tatsächlich verwirrt.
Ich weiß, dass Exponentialfunktionen nicht intuitiv erfassbar sind. Deshalb sind ja Schneeballsysteme, Pyramidenspiele und verschiedene Darlehenskonstruktionen - leider - so erfolgreich. Sie können es sich trotzdem klarmachen, indem Sie Ihren Taschenrechner zur Hand nehmen oder die Rechnerfunktion Ihres Smartphones nutzen. Laut DIVI-Report von gestern haben wir 700 Menschen in der Beatmung. Wir können relativ stressfrei ungefähr 7.500 Covidpatienten beatmen; die restliche Kapazität brauchen wir für andere Fälle.
Wir könnten noch 12.500 Betten dazupacken, wobei wir allerdings das Personal nicht hätten und deshalb mindestens doppelt so viele allein an Sepsis sterben würden. Das zeigen uns die Daten aus dem Vereinigten Königreich. Viele sterben durch die entsprechende Sepsis. Blutvergiftung im klinischen Bereich ist ein deutlich unterschätztes Thema.
Wenn ich der Argumentation von Frau von SaynWittgenstein folgte, dann dürfte man die Katastrophe erst dann verhindern, wenn sie eingetreten ist. Wer so etwas fordert, möchte anscheinend versuchen, die Leichen auferstehen zu lassen. Das soll ja bisher nur in einem Fall gelungen sein. Es ist jedenfalls genau das Gegenteil von Prävention. Man kann das dann höchstens bedauern und sich bei den Toten in aller Form dafür entschuldigen, dass man sich geirrt hat. Das ist nicht meine Form von Politik.
Machen Sie ein einfaches Experiment - ich schaue zu den Kollegen von der Gruppe der AfD und zur parteilosen Frau von Sayn-Wittgenstein; Sie können das gern nachvollziehen -: Es gibt 700 Intensivbeatmete. Tippen Sie also 1,07 hoch 35 ein.
Das Ganze nehmen Sie dann mal 700. Wenn Sie das nachvollzogen haben, kommen Sie auf 7.500. Bei dem derzeitigen Anstieg - gestern lag er übrigens nicht bei 7 %, sondern bei 10 % - hätten wir nach 35 Tagen keine Kapazitäten mehr, die Menschen optimal zu behandeln.
Wenn Sie das Gleiche mit 50 machen, also von 50 Tagen ausgehen, landen Sie pünktlich vor Weihnachten bei 20.000. Das ist ein exponentieller Anstieg. Dieser ist statistisch eindeutig belegt. Die Korrelation ist hoch, weil wir inzwischen 20 Werte haben, die das belegen. Deshalb stellt sich die gegenteilige Frage nicht.
Zum Glück gibt es Menschen, die das erkennen. Dazu gehört Frau Merkel. Schließlich hat sie sich in ihrer Promotion mit dynamischen Prozessen beschäftigt, wofür man sowohl Statistik als auch Quantenmechanik braucht; das kann ich sehr gut nachvollziehen. Deshalb ist vollkommen klar, warum sie Alarm schlug, nachdem sie das gesehen hatte. Deshalb ist es auch vollkommen klar, dass sie auf das Bettenregister als Hauptargument gegangen ist. Das ist ein hartes Faktum. Das hat überhaupt nichts mit irgendwelchen geglaubten Gefälligkeiten von Virologen zu tun. Die Menschen liegen dort, weil sie beatmet werden müssen.
Ja, danke. - Wer weiß, wie schwer die klinische Entscheidung ist, jemanden zu intubieren, der weiß, dass das nicht aus Spaß an der Freude geschieht oder um irgendeiner Verschwörungstheorie Genüge zu tun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil mich einiges im Lauf der Debatte etwas irritiert hat, möchte ich kurz etwas dazu sagen.
Ich halte die bundeseinheitliche Regelung für richtig. Ich halte es auch für richtig, dass wir ein einheitliches Regelwerk versuchen. Denn es ist doch klar, dass das Virus vor Landesgrenzen nicht haltmachen wird. Und ich finde, wir sollten die Chance nutzen, in vier Wochen zu bremsen oder möglicherweise gar die Bremsung zu schaffen. Weniger Kontakte, mehr Abstand, was für manchen in dieser Gesellschaft durchaus nicht selbstverständlich ist, frische Luft, Händewaschen oder, Herr Kollege Stegner, wie Sie es gesagt haben, Rücksichtnahme, Umsicht und Einsicht, das alles ist wahrlich nicht zu viel verlangt von unseren Bürgerinnen und Bürger, von unserer Gesellschaft.
Was wir darüber hinaus noch machen müssen, darüber kann man anhand von einzelnen Punkten sicherlich streiten. Aber wenn wir uns schon von einer Linie verabschieden, bevor wir es versucht haben, dann machen wir nach meiner Überzeugung einen Fehler.
Wir müssen alles tun, damit wir unser Gesundheitssystem nicht auf eine volle Belastungsprobe stellen. Eine normale Belastungsprobe ist für unser Gesundheitssystem schon ganz schwer. Aber jetzt geht es darum, unser Gesundheitssystem vor einer absoluten Belastung oder gar noch darüber hinaus zu schützen.