fraktionen mit Anträgen, die wir früher gemeinsam eingebracht hatten, nicht auf uns zugekommen sind. Wir haben das ein paar Mal moniert. Bei diesen Themen ging es unter anderem um Antisemitismus und Rassismus. Ich finde, diese Themen sind zu wichtig, als dass man auf diese Gemeinsamkeit verzichten sollte.
Nun haben wir die erste Tagung nach der Sommerpause. Wir hatten unseren Antrag am Ende der Einreichungsfrist eingebracht. Ich habe die Kollegin Touré zu Beginn der Landtagstagung angesprochen und gefragt, ob wir möglicherweise über einen gemeinsamen Antrag reden könnten. Darauf sagte sie mir: Nein, wir machen etwas eigenes.
Dann kam der Alternativantrag. Gestern bin ich noch einmal zu ihr gegangen, nachdem ich ihn gelesen hatte. Es blieb dabei: Wir machen etwas eigenes.
Das ist Ihr gutes Recht. Aber ich finde es dann nicht so richtig in Ordnung, hier so zu tun, als ob wir das nicht gemeinschaftlich machen wollten.
Das Zweite, Frau Kollegin Touré: Ich nehme jede Kollegin und jeden Kollegen in diesem Hause ernst. Das gilt ganz besonders für Sie. Ich achte Ihre Biografie. Ich achte Sie als Vizepräsidentin.
Aber Sie dürfen mir wirklich glauben, dass die Sozialdemokratie - die im Nationalsozialismus Widerstand leistete und verfolgt wurde! -, wenn sie einen solchen Antrag formuliert, nicht über die Frage nachdenkt, ob Sie sich in Ihrer Koalition durchsetzen oder nicht. Das war mir ein bisschen zu hochmütig, wenn ich das ganz ehrlich sagen darf. Das ist nicht unser Thema.
Wer hier den Beitrag von rechts gehört hat, hat verstanden, warum wir insbesondere bei solchen Themen ein Höchstmaß an Gemeinsamkeit suchen sollten. Wir sollten uns jedenfalls nicht gegenseitig Parteitaktik unterstellen, wenn wir darüber sprechen wollen, wie wir eine vernünftige Formulierung in der Verfassung finden können. Eine Zweidrittelmehrheit erreichen wir ohnehin nur, wenn die demokratischen Parteien in Bund und Ländern zusammenhalten. Das sollten wir bitte auch tun. - Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Aminata Touré, nicht erst seit George Floyd reden wir darüber, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen. Rassismus ist schon lange ein Problem in dieser Gesellschaft. Schon lange fordern Migrantenorganisationen, aber auch Migrationsforscherinnen und -forscher diese Streichung.
Nicht erst, seit die Grünen einen Artikel darüber verfasst haben, reden wir darüber. Nicht erst seitdem, liebe Kollegin! Ich erinnere daran, dass es gerade einmal sechs Monate her ist.
Nicht nur der Name George Floyd sollte sich in unser Gedächtnis einprägen, sondern auch die Namen Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi und Vili Viorel Păun.
Ich kann hier leider nicht in dem Tonfall wie Ralf Stegner reden. Aber als Landesvorsitzende der SPD verbitte ich es mir, dass sich hier jemand hinstellt und uns, der SPD, die wir einen hohen Preis für unseren Widerstand gegen den Faschismus gezahlt haben und seit unserer Gründung von Rassisten bedroht wurden, Parteitaktik vorwirft oder die Absicht, Ihre Koalition vorzuführen. Ich bitte Sie! Ich ermahne Sie auch, das nächste Mal gerade bei diesem Thema, das uns Sozialdemokraten besonders angeht, sensibler vorzugehen.
Ich war die erste muslimische, türkischstämmige Abgeordnete in diesem Parlament. Ich weiß, wie es ist, wenn man Communities zu vertreten hat. Ich freue mich, dass dieses Parlament diverser geworden ist, und würde mich freuen, wenn es nach der nächsten Landtagswahl noch diverser würde, damit all die Stimmen, die es in diesem Land gibt, auch hier gehört werden.
Aber, Kolleginnen und Kollegen, bei diesem Thema, dem Kampf gegen Rassismus und Faschismus, müssen wir uns einen. Die Gefahr ist groß, und das wissen wir. Die Gefahr von rechts ist groß! Wir wissen das. Im nächsten Jahr haben wir wieder eine
Bundestagswahl. Es ist unsere Aufgabe, die Aufgabe von Demokratinnen und Demokraten, dass wir uns jederzeit und überall gegen Faschismus und Rassismus in diesem Land einsetzen.
Wir wollen jetzt das Thema der Streichung des Rasse-Begriffs aus dem Grundgesetz thematisieren, weil es auf Bundesebene einen Kabinettsausschuss gibt, der in der nächsten Woche noch einmal tagen wird. Dabei soll über die zu ergreifenden Maßnahmen nach den Terroranschlägen gesprochen werden. Auch wir werden in Berlin noch diverse Gespräche führen. Ich selbst werde am Montag noch eine Runde mit Migranten-Selbstorganisationen haben.
Es ist übrigens der Bundeskanzlerin zu verdanken, dass wir jetzt diesen Kabinettsausschuss haben. Denn jetzt ist eingesehen worden, dass es genug ist der schönen und blumigen Worte nach solchen Anschlägen. Jetzt also muss gehandelt werden.
Auch die Migrantenorganisationen haben die Forderung erhoben, den Begriff Rasse aus dem Grundgesetz zu streichen. Das ist eine von vielen, vielen Forderungen.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir alle gemeinsam einen Antragstext formulieren könnten, damit wir zu guten Ergebnissen kommen. Denn auch von uns wird erwartet, dass in Berlin wirklich etwas Zielführendes herauskommt, damit wir zu einer diverseren, vielfältigeren Gesellschaft kommen.
Dieser Anspruch ist sehr hoch und er richtet sich an die CDU, an die SPD, natürlich aber auch an alle anderen demokratischen Parteien. Jeder, der gute Vorschläge machen kann, wie wir künftig den Rassismus in diesem Land bekämpfen können, ist herzlich willkommen, sich an der darüber zu führenden Debatte zu beteiligen. Mit Sicherheit ist unser Anspruch aber nicht gewesen, irgendwelche Unterschiede bei den einzelnen Fraktionen herauszuarbeiten. Ganz ehrlich, das ist wirklich ein bisschen zu dick aufgetragen gewesen, Frau Kollegin Touré.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Harms hat natürlich Recht. Es wäre sehr schön gewesen, wenn wir der oft beschworenen Gemeinsamkeit der Demokraten
auch bei diesem Antrag in Form einer gemeinsamen Beschlussfassung zum Durchbruch verholfen hätten. Nur leider ist hier ein Stück weit - Sie haben das an den Wortbeiträgen gemerkt - so etwas wie ein Wettbewerb entstanden, wer denn nun der Erste gewesen ist, der eine solche Forderung erhoben hat. Es ist natürlich mitnichten so, dass Frau Touré und Herr Habeck diesen Wettbewerb schon gewonnen hätten, unabhängig davon, dass es eigentlich Unfug ist, einen Wettbewerb daraus zu machen.
Einen solchen Wettbewerb - darauf ist schon hingewiesen worden - haben tatsächlich die Linken im Bundestagswahlkampf 2010 schon mit einem Antrag gewonnen, der sich genau auf das bezogen hat, was Herr Harms hier vorgetragen hat.
Dass es bislang zu keiner Beschlussfassung gekommen ist - das weiß man auch aus dem Gemeinschaftskundeunterricht -, liegt daran, dass man die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes etwas anders betrachten muss, die Artikel 1 und 20 sowieso, und die anderen natürlich auch, weil es darin um Grundrechte geht. Wenn man diese Grundrechte anfasst, kann man natürlich nicht den Schutz, den sie eigentlich gewähren sollen, durch eine Streichung im Prinzip abschaffen. Das heißt, es ist Ersatz erforderlich. An diesem Ersatz wird auch gearbeitet. Damit stellen wir auch keinen Blankoscheck aus.
Wenn Sie sich aber die Nummer 2 des Koalitionsantrages anschauen, dann ist diese Ziffer eigentlich der wahrhaftige Blankoscheck in einer Formulierung, bei der es keine Gemeinsamkeit geben kann. Das ist das Wörtchen „ob“, also die Frage, ob dieser Begriff gestrichen und ersetzt werden kann.
Diese Frage ist eigentlich schon entschieden. Diese Frage hat nämlich Horst Seehofer, der nicht unbedingt im Verdacht steht, auf der linken Seite eines Parlaments zu sitzen, bereits beantwortet; er sucht nach einer Lösung. Er ist also in dieser Frage schon sehr viel weiter als dieser Koalitionsantrag. Mit diesem Wörtchen „ob“ kann es in der Tat keine Gemeinsamkeit geben.
Wenn Sie bereit sind, dieses Wörtchen „ob“ aus Ihrem Antrag herauszunehmen, dann können wir versuchen, das in einem Ausschussverfahren zu klären. Aber solange dieses Wörtchen „ob“ in dem Antrag steht, kann es keine Gemeinsamkeit geben, weil Sie damit hinter die bisherige Diskussion zurückfallen und den Menschen keinen Gefallen damit tun. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die sich jetzt in dieser Weise entwickelt hat, zeigt deutlich, dass das Thema nicht nur einer wissenschaftlichen Betrachtung bedarf, sondern auch hochemotional ist. Das fällt bei jedem auf einen ganz anderen Boden.
Ich finde, dass Frau Touré doch auch eine sehr ausgewogene Rede gehalten hat. Über den Anfang kann man diskutieren. Es gilt auch zu respektieren, dass sie ihren Standpunkt, ihre aktuelle Initiative hier dargestellt hat.
Ich respektiere genauso, dass das bei der Kollegin Midyatli auf einen anderen Boden gefallen ist und sie ihren Emotionen auch freien Lauf gelassen hat.
Wir haben in dieser Debatte respektvoll miteinander umzugehen und uns nicht irgendwelche Taktiken vorzuwerfen. Ich würde mir wünschen - und diese Zeit haben wir heute noch -, dass wir vielleicht doch noch zu einem gemeinsamen Antrag kommen.
Ich sage das vor allem auch als Ausschussvorsitzende. Wenn ich mir anschaue, welch unterschiedliche Themen wir im Ausschuss zu behandeln haben und wir gerade auch unter Coronabedingungen um große Räume kämpfen, dann sehe ich es organisatorisch als durchaus schwierig an, diesem Thema den ausreichenden Raum und die Zeit zu geben.
Ich finde im Übrigen: Wir führen hier eine Debatte, die eigentlich auf Bundesebene geführt werden muss. Wir können uns in Schleswig-Holstein alle gemeinsam bei den Antirassismus-Konzepten einbringen. Wir sollten allesamt daran weiterarbeiten und unsere Arbeit tun, um dieses gemeinsam voranzubringen. Deswegen bitte ich darum, zu überlegen, wie wir hier und heute zu einem gemeinsamen Antrag kommen.
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dr. Stegner?