Protocol of the Session on August 27, 2020

Viel ist schon über Verkehrskonzepte gesagt worden. Kluge Verkehrskonzepte, kluge Parkraumkonzepte sind wichtige Maßnahmen. Wir haben in

Eckernförde Einfluss auf den B-Plan genommen. Das kann man als kommunale Ebene. Wenn man neue B-Pläne erstellt, muss man sich die Mühe machen und schauen, ob man dort auch eine Änderung mit aufnimmt, dass keine innenstadtrelevanten Warenangebote auf die grüne Wiese kommen dürfen.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Diese müssen vernetzt werden. Ich bin der Meinung, wir dürfen der kommunalen Ebene nicht ins Handwerk pfuschen. Wir sollen ihr helfen, aber nicht für Leerstände Landesgeld ausgeben, denn das wird woanders gebraucht.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, Hauke Göttsch [CDU] und Peter Leh- nert [CDU])

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um zwei Dinge zu sagen.

Erstens: Ich selbst bin seit vielen Jahrzehnten Karstadt-, also Kaufhauskunde. Das hat mit meiner Kindheit zu tun. Man ist damals in diesen Kaufhäusern aufgewachsen.

(Heiterkeit - Peter Lehnert [CDU]: Das hoffe ich nicht, dass du dort aufgewachsen bist!)

- Ja, ich jedenfalls; ich bin da in der Innenstadt aufgewachsen. Ich darf sagen, da geht es um Menschen, die teilweise dreißig oder vierzig Jahre in diesem Unternehmen arbeiten und sich mit diesem Unternehmen extrem verbunden fühlen. Insofern ist es schon wichtig, wie wir darüber reden, wie wir in solchen Krisen gerade mit den Betriebsräten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen Konzepte finden. Das ist mir sehr wichtig.

Ich darf an der Stelle aber auch sehr deutlich sagen: Herr Minister, Sie haben im Wirtschaftsausschuss sehr intensiv über all diese Probleme gesprochen. Ich habe da keinen empathielosen Wirtschaftsminister erlebt. Sie haben alles angesprochen, Sie haben auch über die Gespräche mit dem Betriebsrat berichtet. Wir haben um die Frage gerungen, was man tun kann. Ich glaube, das ist keine parteipolitische Auseinandersetzung, bei der die Grünen, die SPD oder die FDP bessere Konzepte haben. Wir sind alle betroffen. Ich finde es an dieser Stelle

wichtig - da haben Sie völlig recht -, dass wir noch schauen müssen, was noch geht. Wo können wir unterstützen, wo kann man das eine oder andere Haus doch halten?

Genauso wichtig finde ich es aber auch, dass wir mit dem Strukturwandel umgehen. Ich komme aus einer Region, dem Ruhrgebiet - da bin ich aufgewachsen -, wo die Menschen gelernt haben, mit dem Strukturwandel zu leben. Wichtige Berufe, beispielsweise im Bergbau, und Firmen, zum Beispiel STRABAG, sind nicht mehr da. Wichtige Produkte sind vom Markt verschwunden.

Deshalb finde ich es extrem wichtig zu fragen: Wie können wir diesen Strukturwandel gestalten? Heute sind die Häuser in den Innenstädten, beispielsweise in Herne, in Gelsenkirchen und in Oberhausen, zu Leuchttürmen geworden, weil man sich mit der Erfahrung der Krise mit dem Strukturwandel auskennt und mit den Immobiliengesellschaften geredet hat.

Diese Leerstände, diese Weigerung von PrivateEquity-Firmen, muss man durchbrechen. Karstadt ist ja an Immobilien-Equity-Firmen verkauft worden. Dass wir das jetzt auch noch mit staatlichen Mitteln unterstützen, Herr Dr. Stegner, das kann nicht unser gemeinsames Ziel sein.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb finde ich es wichtig, dass man gerade solchen Gesellschaften sagt: Wenn ihr künftig Geschäfte in den Innenstädten machen wollt, dann müsst ihr runterkommen von eurem hohen RenditeRoss, dann müsst ihr runterkommen, nur die Mehrung des eigenen Renditekapitals zu sehen! Ihr müsst euch Gedanken machen, denn sonst habt auch ihr keine Wertschöpfung mehr!

Die Frage, wie wir Verbünde schaffen, wie wir es schaffen, die Innenstädte wiederzubeleben, das sollte unser Ziel sein. Das sollten wir an der Seite der Kommunen in Angriff nehmen. Als Landespolitikerin und Landespolitiker dürfen wir nicht oberlehrerhaft gegenüber den Kommunen auftreten und ihnen erklären, wie sie ihre Innenstädte gestalten. Wir sollten aber sagen: Die Kommunen, die sich strategisch auf den Weg machen und das frühzeitig bewerkstelligen, die gehören am Ende dann auch zu denjenigen Gebietskörperschaften, die es geschafft haben, eine vernünftige Ökonomie in die Innenstädte zu holen.

Und wenn wir das so leidenschaftlich und gut machen wie mein Kollege Knuth, der viele Ideen hat, dann finde ich das toll. Wir sollten an dieser Stelle

nicht vergessen, dass wir hier als Landespolitiker auch nur mit Wasser kochen und dass wir es nicht schaffen, eine solche Problematik hier par excellence für die gesamte Gesellschaft zu lösen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Kay Richert [FDP])

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Krämer hat den Franzosenhof, so heißt das Gewerbegebiet in Elmshorn, als leuchtendes Beispiel für eine gelungene Ansiedlung auf der grünen Wiese genannt. Was sie nicht erzählt hat, weil sie es vielleicht nicht weiß, ist, was alles dahintersteckt, damit das ein erfolgreiches Projekt wurde. Das waren ganz enge Abstimmungen mit der Landesplanung. Die Stadt hat ein Einzelhandelskonzept erstellt. Wir haben genau vorgeschrieben, was in diesem Gewerbegebiet an den Einzelhandelsstandorten überhaupt verkauft werden darf, damit uns die Innenstadt nicht vor die Hunde geht,

(Beifall SPD)

denn die Firma Kibek hat einen Innenstadtstandort dafür aufgegeben. Das muss man auch sagen. Wir haben ein ISEK, und wir haben ein sehr erfolgreiches Stadtmarketing, das tolle Aktionen macht. Wir waren die erste Stadt in Schleswig-Holstein, die einen PACT hatte, den wir inzwischen erfolgreich fortführen. Das ist nämlich die einzige Möglichkeit, auf die Eigentümer der Gebäude und der Gewerbeimmobilien zuzugreifen und sie auch einmal an Kosten zu beteiligen.

(Beifall SPD)

Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns dieses Instrument noch weiter angucken und schauen, ob wir es schärfen können.

Ich kann Ihnen sagen: Wir hatten in der Stadt einen jahrelangen Leerstand des Hertie-Hauses. Wissen Sie, wie wir die Eigentümer gekriegt haben? - Wir haben sie mit der PACT-Abgabe an den Verhandlungstisch gekriegt, Herr Knuth, allein kommen die nicht zum Verhandeln. Da kann ich mich hundertmal hinsetzen und tolle Konzepte entwickeln. Wie will ich denn in einen solchen Kaufhaus-Betonklotz Büchereien oder Theater bringen? Das geht nicht von allein, dafür brauche ich Geld, und dafür brau

(Dr. Andreas Tietze)

che ich auch einen Eigentümer, der es zur Verfügung stellt und mitmacht.

Frau Abgeordnete!

Wenn zwischendurch das Haus leer steht, dann geht Ihnen die Stadt kaputt. Wenn das ein Gebäude am Marktplatz in einer mittleren Stadt wie Elmshorn ist, dann ist da Totentanz. Und wenn daneben die Kirche steht, dann ist das kirchlich begleiteter Totentanz.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Frau Abgeordneten Annabell Krämer?

Ja, sehr gern.

Werte Frau Kollegin, vielleicht haben Sie mich falsch verstanden? Ich habe ja gerade hervorgehoben, dass solche Standorte, die man mit dem Auto gut erreichen kann, die also an der Autobahn außerhalb der Stadt liegen, für größere Anbieter und für die, die jetzt noch gegen die Onlinekonkurrenz mithalten können, für die aber kein Platz in den Innenstädten ist, gut sind und zu loben sind. Gerade dies müssen wir vermehrt fördern. Wenn wir ein anderes Innenstadtbild haben wollen, dann müssen wir solchen Unternehmen auch Wachstumsmöglichkeiten und Chancen bieten.

Ein Beispiel ist das Outlet-Center in Neumünster. Ganz ehrlich, das will doch keiner bestreiten: Alle hatten Angst davor, dass das in der Peripherie entsteht. Ganz Neumünster profitiert davon. Ich frage noch einmal: Wo war Ihre Kritik an meiner Aussage?

- Frau Krämer, das ist super, weil ich jetzt auf Ihre Frage antworten kann und gleichzeitig das Problem der zu kurzen Redezeit löse, denn diese Stichworte stehen noch auf meinem Zettel.

Das Problem ist, dass der innerstädtische Standort von Kibek sicherlich nicht gut angebunden war. Trotzdem war es ein Innenstadtstandort. Ich frage jetzt nicht, wer dort schon einmal einen Teppich gekauft hat, ich habe schon ein paar Leute getroffen. Die Leute, die mit dem Auto dort hingefahren sind,

die sind auch in die Innenstadt gegangen, weil sie dicht dran war und weil es eine Verbindung gab. Wir haben im Vorwege dieser Umsiedlung in mehreren Gutachten untersuchen lassen, welche Auswirkungen das tatsächlich hat. Das füllt Aktenbände. Es ist eben mitnichten so, dass eine Ansiedlung auf der grünen Wiese eine tolle Idee ist. Die Stadt Elmshorn hat sich gerichtlich gegen die Ansiedlung des DOC in Neumünster und gegen die Erweiterung von Dodenhof in Kaltenkirchen gewehrt, eben weil wir die Auswirkungen in unserer Innenstadt merken. Das DOC mag für Neumünster toll sein. Da bin ich vielleicht mit der Landtagsvizepräsidentin nicht immer einer Meinung. Für unsere Innenstadt ist das eine Katastrophe, denn es sind die Acht-Arbeitsplätze-Läden, die damit über die Wupper gehen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Ich habe etwas zum PACT gesagt. Lieber Kollege Knuth und lieber Kollege Dr. Tietze: Wenn es denn immer die Private Equities und die bösen Heuschrecken wären! Es sind ganz oft Erbengemeinschaften, und an die ist genauso schlecht heranzukommen.

Ich will ganz einfach sagen: Wir haben bei uns in der Stadt jetzt ein großes Sanierungsgebiet. Wir haben tatsächlich innerstädtische Flächen und können diese neu gestalten. Diese Möglichkeit haben aber nicht alle. Deswegen ist es schwierig, zu sagen: Ihr müsst einfach nur neu kombinieren. Wenn ich keine Fläche habe, dann kann ich Gewerbe und Wohnungen nicht einfach zusammenlegen.

Ich finde auch, wir müssen daran denken: Das alles hört sich zwar toll an, in der praktischen Umsetzung stehen wir aber manchmal vor einem Problem. Wir hatten ein tolles altes Kino in der Innenstadt. Der Jugendbeirat hat mit ganz viel Unterstützung ein Jugendzentrum eingerichtet. Dort fanden Konzerte, Feten und Partys statt. Das war nach zwei Jahren wieder zu, weil sich die Anwohner in der Königstraße über den Lärm beschwert haben. Das Problem müssen wir auch lösen. Da müssen wir alle noch ein bisschen weiterdenken, als wir es jetzt tun. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal freue ich mich aus

(Beate Raudies)

drücklich darüber, dass unser Antrag hier so viel Zuspruch bekommt. Die Diskussionsbeiträge zeigen vor allem, wie nötig es ist, dass wir im Zusammenhang mit unseren Innenstädten und Kommunen neu denken und neu gestalten.

Sehr geehrter Herr Kollege Knuth, genau das besagt unser Antrag: Wie genau können wir aus unseren Innenstädten Orte machen nach den Modellen, wie wir sie bereits in anderen europäischen Ländern schon haben? Von daher: Sie tun so, als müsste man das machen, was wir in unserem Antrag sehr ausführlich beschrieben haben. Es ist ja immer die Strategie, zu sagen: Das und das müsste man machen. In unserem Antrag steht alles drin. Ich freue mich sehr auf die Ausschussberatungen, die kommen werden. Da soll natürlich alles mit bedacht werden.

Was sehr wichtig ist, das sagte auch die Kollegin Raudies gerade, ist die Kinder- und Jugendbeteiligung. Es ist wichtig, dass wir an alle Generationen denken und dass wir auch daran denken, dass unsere Städte divers sind und dass die Angebote divers werden müssen.

Noch einmal zurück zum Thema und zu der Frage: Warum dieser Antrag? Warum jetzt? Warum brauchen unsere Städte Sicherheit? - Der Grund ist, dass coronabedingt gerade sehr vieles ausfällt. Es finden im Moment eben keine Konzerte statt, die zusätzliche Besucherinnen und Besucher in die Städte bringen. Es finden zurzeit keine Jahrmärkte statt. In Schleswig beginnt jetzt einer, und auch in Flensburg kommt einer. Das heißt also: All das, was Städte bisher belebt und dafür gesorgt hat, dass diese Konzepte funktioniert haben, ist coronabedingt im Moment nicht möglich. Das heißt, die Konzepte, die wir vor Jahren aufgelegt haben, werden jetzt und wahrscheinlich auch in näherer Zukunft nicht funktionieren. Daher die eindringliche Bitte der SPD-Fraktion, sich mit allen zu verbünden, die nötig sind, damit wir hier zu neuen Regularien kommen, vielleicht miteinander neue Wege gehen und die Instrumente noch einmal anpassen können.

Wir alle wissen doch, dass die Einschränkungen insbesondere in den Innenstädten in Bezug auf Veranstaltungen, Konzerte und Begegnungen bis zum Ende des nächsten Jahres höchstwahrscheinlich weiterhin aufrechterhalten werden müssen. Von daher braucht es diese Konzepte, von daher braucht es diesen Pakt mit den Innenstädten.