Ich erkenne dennoch das Ziel der steuerlichen Berücksichtigung beruflich bedingter Aufwendungen im Homeoffice an. Wir brauchen eine Lösung, aber ganz so einfach ist es nicht. Ich könnte mir zum Beispiel die Einführung von festen Pauschalen vorstellen, um wenigstens Rechts- und Auslegungsstreitigkeiten zu verhindern. Ich könnte mir in der Praxis schon vorstellen -
Ja, gut, dann nutze ich jetzt die Gelegenheit, Herr Abgeordneter, und frage Sie, ob Sie eine Frage oder Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Professor Dunckel zulassen.
Vielen Dank. Dann haben Sie auch die Möglichkeit, vielleicht noch drei oder vier weitere Sätze zu sagen. Mir ging es nur um die Regelungswut, die Sie angesprochen haben. Da Sie diese Regelungswut kritisieren, würde ich schon gern wissen, wie Sie die aktuellen Paragrafen der Arbeitsstättenverordnung bewerten. Da herrscht ja die Regelungswut schon. Wir wollen ja nur, dass diese konkretisiert werden, wenn Sie § 3 oder 3 a nehmen. Die kennen Sie sicher alle. Darin geht es um Gefährdungsbeurteilung und Gesundheitsschutz. Die sind ja schon da. Wollen Sie die abschaffen, oder was wollen Sie mit der Regelungswut machen?
- Es geht darum, einen ordentlichen Rechtsrahmen zu schaffen, aber bei der Regelungswut sei vor allem auch auf den Rechtsanspruch verwiesen. Denn ob es jetzt ein Recht oder einen Zwang für Homeoffice gibt, sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer allein in ihrer Autonomie regeln. Das soll nicht gesetzlich geregelt werden. Ich glaube, es ist richtig so, dass wie bisher auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ihrem Bereich die Sachen selbst regeln.
Worauf ich in einem letzten Satz hinaus möchte, ist, dass wir besonders im Steuerrecht aufpassen müssen, dass wir nicht versuchen, jeden Einzelfall zu regeln, denn das macht die Sache immer komplizierter.
Ich glaube, wir haben ein gutes Steuerrecht, aber wir dürfen es nicht für andere Rechtsgebiete missbrauchen, sondern sollten es so schlank wie möglich halten.
In diesem Sinne bitte ich darum, den AfD-Antrag abzulehnen, unserem Antrag zuzustimmen und die Anträge von SPD und SSW dem Finanzausschuss zu überweisen. - Vielen Dank.
(Beifall CDU, FDP und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Volker Schnurrbusch [AfD]: Wir wollen genau das, was Sie wollen!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Können Sie sich noch an den 16. März dieses Jahres erinnern? Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland gingen an diesem Tag ins Homeoffice und arbeiteten mobil von zu Hause aus, mal mehr, mal weniger gut ausgestattet, mit viel oder wenig Datenrate und unter teilweise prekären, mindestens aber unklaren Bedingungen. Meine Vorredner haben darauf hingewiesen.
Und siehe da: Es funktionierte! Nicht immer und überall sofort und störungsfrei, aber es funktionierte. Es funktionierte auch, weil schnell Ausnahmeund Sonderregelungen gefunden wurden - in Klammern: Was Personal- und Betriebsräte in der Zeit geleistet haben, will ich hier einmal ausdrücklich erwähnen, da sind nämlich ganz viele Dinge passiert
und weil eben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber alle Fünfe haben gerade sein lassen. Niemand stellt heute mehr in Frage, dass wir in Zukunft mehr als bisher mobil arbeiten können. Deswegen brauchen wir klare Regeln, aber nicht nur im Steuerrecht, lieber
In der Praxis bieten viele Unternehmen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bereits heute die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. Dennoch herrscht in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine starke Anwesenheitskultur am Arbeitsplatz. Einigen sich die Arbeitsvertragsparteien auf mobile Arbeit, beruht dies in der Regel auf einer freiwilligen Entscheidung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist klar, dass nicht alle Berufstätigen die Möglichkeit haben werden, mobil zu arbeiten. Aber ich möchte es denen ermöglichen, die es nutzen wollen, sei es für einen Nachmittag, tageweise oder auch für eine längere Zeit, aber nicht als Goodwill-Leistung des Arbeitgebers, sondern als einen Rechtsanspruch. Das ist uns ganz, ganz wichtig.
Das ist eine Abkehr von einer langjährigen, bewährten, lieb gewordenen und bequemen Praxis. Gearbeitet wird dann eben nicht mehr nur im Betrieb, sondern auch mobil, sei es in der eigenen Wohnung, sei es an einem dritten Ort. Das bedingt eine Vielzahl von Einzelregelungen, wie wir sie in unserem Antrag aufführen. Das hat nichts mit Regelungswut zu tun, sondern damit, worauf dieses neue mobile Arbeiten Auswirkungen hat.
Dieser große Reformprozess kann nach unserer Auffassung nur unter Beteiligung der Gewerkschaften gelingen, denn ihre Aufgabe war und ist es, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vertreten. Es geht nicht, dass Beschäftigte rund um die Uhr arbeiten oder von ihnen erwartet wird, dass sie immer erreichbar sind. Es braucht klare Regelungen zur Arbeitszeit, damit die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit nicht verschwimmen. Arbeitsschutz muss es selbstverständlich auch zu Hause geben.
Es gibt einen weiteren guten Grund für klare Regelungen. Die Forscherinnen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-BöcklerStiftung haben herausgefunden, dass mobiles Arbeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr zugutekommen kann, wenn denn die Bedingungen stimmen. Leider hat sich in der Coronakrise auch gezeigt: Männer nutzen Homeoffice und flexibles Arbeiten nicht im gleichen Maße wie Frauen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Gegenteil!
Die traditionelle Arbeitsteilung hat sich in einigen Bereichen sogar verstärkt. Mir sei gestattet zu sagen: Da nutzt es auch nichts, wenn einzelne grüne Politiker mal zu Hause im Homeoffice die Wäsche machen.
Eine gerade veröffentlichte Studie der Krankenkasse DAK hat gezeigt, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Arbeiten von zu Hause positiv bewerten. Es bedeutet für sie nicht nur mehr Zeit für die Familie und weniger Stress, sondern häufig auch mehr Produktivität bei der Arbeit, ganz zu schweigen vom Zeitgewinn, wenn sie nicht mehr täglich zum Arbeitsplatz pendeln müssen. Zumindest diese Erfahrung haben die meisten hier im Rund während der Coronakrise auch machen können.
Viele Beschäftigte wollen das Homeoffice deshalb nicht mehr missen. 77 % der Beschäftigten, die erstmals seit der Coronakrise regelmäßig von zu Hause gearbeitet haben, möchten es in Zukunft zumindest teilweise gern beibehalten. Es gibt also gute Gründe für ein gesetzliches Recht auf mobile Arbeit. Wir müssen es nur endlich schaffen!
Sowohl der Antrag des SSW als auch der Antrag der AfD beleuchten nur Einzelaspekte des Themas. Deswegen finden sie nicht unsere Zustimmung. Das gilt auch für den Antrag der CDU.
Ich beantrage die Überweisung unseres Antrags in den Finanzausschuss, aber auch in den Wirtschaftsausschuss und in den Sozialausschuss. So gut eine Bitte an die Landesregierung auch gemeint ist, sich weiter einzusetzen - auch das Parlament darf und soll sich eine Meinung zu dem Thema bilden. Das machen wir mit einer Debatte in den Ausschüssen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es wurde mehrfach betont: Wir alle haben in den letzten Monaten erlebt, wie es ist, von zu Hause zu arbeiten, wie es ist, mit digitalen Endge
räten zu arbeiten. Wir alle haben einen Eindruck davon bekommen, wie mobiles Arbeiten und Homeoffice aussehen können. Ich werbe sehr dafür, dass das, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, nicht zu einem Stereotyp von mobilem Arbeiten verklärt wird.
Stellt man sich vor, dass wir das, was in den letzten Monaten passiert ist, mit einer guten digitalen Infrastruktur, mit aufeinander abgestimmten Endgeräten und einer digitalen Infrastruktur, mit einer funktionierenden Kinderbetreuung, mit einem Konzept dahinter, mit einer nichtbestehenden Angst vor einer Pandemie, mit all diese Bedingungen gehabt hätten, wäre das das, was wir unter mobilem Arbeiten heute eigentlich verstehen müssten.
Diese Form des Arbeitens wird in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Die Erfahrungen, die wir in den letzten Monaten gemacht haben, geben uns zumindest ein gewisses Gefühl dafür, wo Probleme und wo Chancen liegen könnten. Insofern ist es gut, dass uns jetzt die unterschiedlichen Anträge vorliegen, die im Prinzip in zwei unterschiedlichen Bereichen unterwegs sind. Wir haben zum einen den steuerlichen Bereich und zum anderen den Bereich der Arbeitsstättenverordnung.
Ein paar Sätze zur Arbeitsstättenverordnung. Es darf nicht passieren, dass durch eine Änderung der Arbeitsstättenverordnung die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aus der Verantwortung genommen werden. Am Ende des Tages ist immer der Arbeitgeber dafür verantwortlich, einen angemessenen Arbeitsplatz zu schaffen - egal, wo er ist. Der Arbeitsplatz muss angemessen sein, datenschutzkonform sein und gesundheitsschutzkonform sein. Wenn es aufgrund der Arbeit möglich ist, sie woanders anzugliedern, in einer Co-Working Space, meinetwegen auch in einem Café, zu Hause am Küchentisch oder am Schreibtisch, und wenn das für alle Beteiligten in Ordnung ist, ist alles fein. Deswegen bin ich auch nicht ganz von der Idee überzeugt, ein Recht auf Homeoffice oder auf mobiles Arbeiten einzuführen.