Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte um Nachsicht, dass ich als Zugezogener, wie bekannt ist, nur Hochdeutsch kann. Ich konnte trotzdem den Ausführungen meiner Vorredner sehr gut folgen.
Herr Richert hat es gerade gesagt: Es gab Zeiten, als Niederdeutsch an den Schulen und anderen Einrichtungen geradezu verpönt war.
Wir haben es dem Eigensinn und starken Traditionsbewusstsein der Schleswig-Holsteiner zu verdanken, dass Plattdeutsch nicht zu einer Orchideensprache verkam. Die Politik handelte daher folgerichtig, als sie 1992 den Beirat für Niederdeutsch gründete und 2014 mit dem Handlungsplan Sprachenpolitik den Schutz und die Förderung der Minderheitensprachen als Ziel festlegte und seitdem in diesem Gremium Perspektiven erarbeitet, wie Niederdeutsch dauerhaft und besser gefördert werden kann.
Der Bericht zur Sprachencharta 2019 zeigt eindrucksvoll, dass das Fundament - nämlich die Zahl der Bürger, die gut Plattdeutsch sprechen - immer noch intakt ist: Heute leben in Schleswig-Holstein 24,5 % gute bis sehr gute Niederdeutschsprecher.
Wir haben ja gerade welche gehört. Darüber hinaus gibt es 24,6 %, die sich als mäßige Sprecher bezeichnen, und knapp 60 % verstehen gut bis sehr gut Platt. Das ist mehr als in jedem anderen Bundesland.
Damit es so bleibt und die Zahl der aktiven Sprecher möglichst noch anwächst, müssen die Schlüsselfunktionen beim Spracherwerb gestärkt werden. Das geschieht in den Kitas und in den Schulen. Um den Erfolg zu sichern, wird es darauf ankommen, dass wir Kindern und Jugendlichen einen systematischen Spracherwerb über den kompletten Bildungsweg ermöglichen. Das Land hat mit einer Unterstützung von insgesamt 500.000 € für den Zeitraum 2018/2019 dafür gesorgt, dass Kinder frühzeitig Niederdeutsch und anderen Sprachen wie zum Beispiel Friesisch lernen können. Die wachsenden Angebote führen dazu, dass die Zahl der Vorschulund Schulkinder, die Platt gut verstehen, gestiegen ist. Diese Förderung muss dauerhaft gewährleistet sein.
Auch in der Schule hat sich einiges getan. Während sich immerhin 32 Grundschulen als Modellschulen an der Vermittlung des Niederdeutschen mit zwei Wochenstunden beteiligen, sind es bisher erst neun weiterführende Schulen, die Schülern die Gelegenheit geben, Niederdeutsch systematisch zu lernen. Um die Sprache weiter zu fördern, müssen wir die Bildungskette schließen und auch in den weiterführenden Schulen den Ausbau des Niederdeutschen voranbringen.
Doch auch die Arbeit gesellschaftlicher Organisationen, die den Spracherwerb und die niederdeutsche Kultur fördern, möchten wir hier ausdrücklich erwähnen. Dazu zählt vor allem der Schleswig-Holsteinische Heimatbund. Das wurde eben schon erwähnt. Die AfD-Fraktion hat dessen Bedeutung auch erkannt und im letzten Haushaltsjahr gefordert, die Zuwendungen an den Heimatbund um ein Drittel zu erhöhen. Leider wurde dies von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Selbst bei diesem Thema ist es den Altparteien also offensichtlich wichtiger, pauschal gegen die AfD zu stimmen, als eine sinnvolle Sache zu unterstützen.
Ob Niederdeutsch auch zukünftig die starke Stellung halten und ausbauen kann, die es jetzt gerade noch hat, hängt wesentlich von der staatlichen Unterstützung ab. Das betrifft allerdings nicht nur die Finanzen, mit denen neue Stellen in Kitas und Schulen geschaffen werden oder Lehrmittel, wir habe es gerade gehört, sondern auch das fraktionsübergreifende gemeinsame Eintreten für den Erhalt und den Ausbau des Niederdeutschen in den öffent
lich-rechtlichen Medien. Der NDR sollte aus unserer Sicht die identitätsfördernde Rolle von Regionalsprachen stärker würdigen.
In einem Gegenentwurf zu einem schlanken öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben wir als Landtagsfraktion auch auf die wichtige Rolle von Regionalsprachen und Mundarten hingewiesen. Die Landesverfassung verpflichtet uns zum Schutz und zur Förderung des Niederdeutschen. Trotz der angespannten Finanzlage werden wir uns weiterhin für die Förderung mit Landesmitteln einsetzen und somit zur Identität Schleswig-Holsteins gern beitragen - auch als Zugezogene. Darüber werden wir nächste Woche wieder im Beirat unter der bewährten Leitung von Herrn Schlie sprechen. Ich freue mich jetzt schon darauf, und wir stimmen auch gern dem vorliegenden Antrag von Jamaika zu. - Danke.
Velen Dank, Herr Präsident! - Mine Kolleginnen un Kollegen! Wenn wi över uns Spraaken snacken, dann seggt man meistens, wi mööt de Spraaken stütten, dormit de Spraaken ok in‘e Tokumst snackt warrt. Denken deit man aver, dat dat nich en sülvst wat angeiht. Dat sünd de annern Lüüd, de so’n Art „Spraakenhobby“ hebbt. Vele Lüüd, de nich en vun uns Minderheiten- un Regionalspraaken snacken köönt, wüllt dormit egentlich gor nix tu doon hebben.
Ik glööv, dat is en grote Problem. Denn de enkelten Groppen, de uns Spraaken snacken, de mööt de annern Lüüd immer wedder övertügen, dat dat wichtig is un stütt uns Spraaken. Dorüm mööt wi dorför sorgen, dat uns Spraaken as gemeinsames Kulturgut ansehn warrn. De Spraaken hören nich blots to de Spraakengruppen. De Spraaken hören alle Lüüd in‘t ganze Land. Un dormit hebbt ok alle Lüüd in‘t ganze Land en Verantwortung för de Spraakenveelfalt. Wi mööt also sehn, dat ok de Lüüd, de nich Plattdüütsch snacken doon, en Verbindung to uns plattdüütsche Kultur kriegen.
Un dann kann man natürlich fragen: Woans kann man dat hinkriegen? Am besten geiht dat, wenn de Lüüd ganz natürlich dorop stött warrn. Wenn för en poor Minuten wat op Platt in‘t Radio oder in‘t Fernsehn kummt. Wenn Politiker - so as de Landdagspräsident - un annere Personen ut dat apentliche Le
ven bi Reden af un to mal en plattdüütsche Satz mit inflechten doot. Wenn Ünnernehmen ok op Platt Werbung maakt. Also, wenn Platt hier un dor mal to hören un to sehn is.
Aver mal afsehn vun de allgemeine Landschopspleeg vun uns Spraaken mööt wi ok jümmers direkt wat för de Spraaken doon. Un dat geiht natürlich am besten in de Kinnergoorns un in de Scholen. Op Initiative vun de SSW hebbt wi 2016 en extra Förderung för Regional- und Minderheitenspraaken in de Kinnergoorns inföhrt. Un wat schall ik seggen? Dat is en grote Erfolg. Bit 2.000 Euro in‘t Johr kriegt en Kinnergoorn, wenn dor extra noch Platt, Freesch oder Dänisch snackt warrt. In de letzten Johren sünd mehr un mehr Kinnergoorns dorto kamen, de nu ok en twete Spraak mit in‘t Anbott hebbt. Mit en lütte Anbott - blots 2.000 Euro hebbt wi en Masse Lüüd motiviert, hier noch mehr to maken. Beter geiht dat egentlich gor nich.
Un nu mööt wi sehn, dat dat in de Scholen wiedergeiht. Dor warrt Lehrmaterial maakt, un wi hebbt dat aufwachsende System an de Scholen. Dat funktioniert ok dor, wo Lehrers sünd, de en Plattdüütsch-Utbillen hebbt. Un dor hebbt wi en lütte Problem. Nich överall, wo wi Anbotten in de Kinnergoorns hebbt, hebbt wi ok Anbotten in de Scholen. Dat mööt wi noch beter koordinieren. Un dat gellt nich blots för Plattdüütsch, dat gellt vör allem ok för Freesch un Dänisch. De Probleme sünd dor teemlich gliek.
In de Medien süht dat ‘n beten anners ut. Dat gifft vele Sendungen op Platt, un dat liggt seker ok doran, dat noch vele Lüüd Plattdüütsch verstahn köönt. Immerhin, in ganz Norddüütschland gifft dat noch um un bi 2 bit 3 Millionen Plattsnackers, un en Masse Lüüd - man seggt bit to 17 Millionen köönt Platt tominnst verstahn.
Bi Dänisch und Freesch süht dat anners ut. Blots en ganz begrenzte Antall vun Lüüd köönt de doren Spraaken verstahn. Un in de Medien is dor fast nix op Dänisch oder op Freesch to hören oder to sehn. Hier mööt wi um de Existenz vun de doren Spraaken in de Medien strieden.
Bi Plattdüütsch geiht dat aver nich um de Existenz, dor geiht dat mehr um de Qualität. Natürlich gifft dat feine Höörspele un schöne Musik op Platt, aver af un to rutscht dat denn doch wedder so‘n lüttje beten rin in de Döntjes- un Klamauk-Ecke. Un dor mööt wi oppassen. Plattdüütsch kann Humor, Plattdüütsch kann aver ok Ernsthaftigkeit un Seriosität. Un wenn en Spraak en wisse Status hebben schall, dann mutt dat af un to ok ernsthaft un seriös togahn.
Radio Bremen hett dat, de NDR in Hamborg hett datt, aver in de Platthochborg Sleswig-Holsteen gifft dat dat noch nich. Dat mööt wi ännern, leve Lüüd.
Also, Se seht, in’e Scholen, in’e Kinnergoorns, in’e Medien hebbt wi noog to doon. Aver ik glööv, tosamen kriegen wi dat hin. Wi sünd sotoseggen de Koalitschoon der Willigen hier in’e Landdag, un ik find, dat is goot so. Dor passt de Begreep würklich. - Velen Dank.
Dat Woort hett nu för die Landsregeren uns Ministerpräsident. Wi sünd al bannig gespannt, ob he ok wat op Platt seggt.
Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank dafür, dass Klaus Schlie mich so anmoderiert hat, obwohl er ja spätestens seit dem Frühstück heute Morgen wusste, dass ich heute gar nicht auf Plattdeutsch spreche. Ich gehöre eben zu dem Teil der Bevölkerung unseres Landes, die keine Wurzeln hier im Land hat. In der Tat - es ist gut, dass wir hier darüber sprechen habe ich zum Beispiel weder in meiner Familie noch im Kindergarten oder in der Schule überhaupt Begegnungen mit dem Plattdeutschen gehabt. Das Schöne ist, und darüber sprechen wir miteinander, dass es heute wieder so eine Selbstverständlichkeit ist.
Zu dem, was Lars Harms gerade zum Schluss gesagt hat: Natürlich ist es so, dass man im Plattdeutschen manch harte Kritik einfach viel netter verpackt. Jemand, der auf Plattdeutsch etwas durchaus Böses sagen kann, dem kann man danach gar nicht böse sein. Aber ich will an der Stelle sehr deutlich sagen, dass ich es genauso empfunden habe: Die Ernsthaftigkeit, Plattdeutsch zu sprechen, ist in dieser Debatte heute gerade besonders deutlich geworden. Diejenigen, die das auf Platt gesprochen haben, haben genau das zum Ausdruck gebracht. Daher - das darf man auch einmal als Regierungschef
In den vergangenen Monaten haben wir meist nur über das Thema Corona geredet. Das war auch richtig so, aber es ist gut, dass wir heute auch über andere Themen sprechen, über viele Dinge, die deutlich mehr Aufmerksamkeit verdienen. Eines davon ist die Förderung unserer kulturellen Identität, und ich bin sehr froh darüber, dass wir jetzt wieder diesen Raum haben, dass wir einen weiteren Schritt Richtung Normalität gehen können, zumal Regionalsprachen wie das Niederdeutsche auch um ihre Bedeutung zu unterstreichen, öffentliche Aufmerksamkeit brauchen.
Schleswig-Holstein ist ohne Plattdeutsch gar nicht vorstellbar. Welche Sprache könnte die Coronapandemie gleichzeitig so charmant und treffend beschreiben wie unser Niederdeutsch?
„Krankheiten kaamt to Peerd un gaht to Foot.“ Treffender geht es kaum. Das Virus hat uns mit voller Wucht erwischt. Mit den Folgen werden wir noch lange zu tun haben.
Meine Damen und Herren, Plattdeutsch ist ein Schatz, den wir hier im Land haben. Ich freue mich ausdrücklich darüber, dass Niederdeutsch wieder seinen festen Platz in unserer Gesellschaft hat, dass wieder zunehmend Platt geschnackt wird, und - was besonders schön ist - vor allem auch von jungen Leuten. Das belegen die Zahlen.
Seit nunmehr fünf Jahren gibt es das Modellschulprojekt Niederdeutsch in Schleswig-Holstein. In diesem Schuljahr sind 32 Grundschulen und neun Sekundarschulen dabei. Mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler lernen damit Niederdeutsch in der Schule. Für die kulturelle Vielfalt unseres Landes, für unsere schleswig-holsteinische Identität ist das eine ausgezeichnete Entwicklung.
Als Landesregierung wollen wir diesen positiven Trend fortsetzen und verstärken. Seit vergangenem Jahr gibt es dafür den neuen Niederdeutsch-Erlass für unsere Schulen. Im Laufe dieses Jahres wollen wir den neuen „Handlungsplan Sprachenpolitik“ in den Landtag einbringen. Bildung wird darin bewusst wieder eine zentrale Rolle spielen. Wir arbeiten weiterhin daran, Niederdeutsch im gesamten Bildungsgang zu verankern, von der Kita bis zur Hochschule.
Deshalb unterstützt das Land die Fortsetzung des Lehrwerks „Paul und Emma“ für die Sekundarstufe an der Europa-Universität Flensburg. Deshalb unterstützen wir ein Buchprojekt für die Sekundarstufe I, das aktuell am Länderzentrum für Niederdeutsch in Bremen erarbeitet wird. Deshalb sind fortlaufend Qualifizierungsangebote am IQSH und an unserem Zentrum für Niederdeutsch in Leck für Niederdeutschlehrkräfte geplant.
Auch die Kitas haben wir selbstverständlich im Blick: In den Kitas verstetigen wir die Sprachförderung in unseren Regional- und Minderheitensprachen, weil wir Kinder von Beginn an mit unseren Heimatsprachen vertraut machen wollen. Dazu beteiligen wir uns an Personal- und Sachkosten. Im vergangenen Jahr haben wir rund eine halbe Million Euro an Zuwendungen ausgezahlt. Über 230 Kita-Gruppen haben davon profitiert, darunter viele Gruppen, in denen Plattdeutsch geschnackt wird.
Diese Förderung setzen wir auch im Rahmen der Kita-Reform fort. Hierzu wird es eine neue Förderrichtlinie geben, die nicht nur ein Jahr gilt, sondern insgesamt drei Jahre. Sie wird dadurch den KitaTrägern deutlich mehr Planungssicherheit geben.
Für den Erhalt und den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen ist Bildung entscheidend. Das ist für uns gemeinsam völlig klar.
Man kann aus meiner Sicht heute ganz klar feststellen: Niederdeutsch hat Zukunft. Daran hat der Plattdeutsche Rat entscheidenden Anteil, denn eine erfolgreiche Sprachförderung kann nur gemeinsam mit der Sprechergruppe erfolgen.
In diesem Jahr feiert der Plattdeutsche Rat sein 20jähriges Bestehen. Damit war Schleswig-Holstein das erste Land mit einer Organisation der Sprechergruppe, die sich in den Gremien beim Land für das Niederdeutsche einsetzt. Das ist sicher auch ein Grund, warum wir im Vergleich zu anderen Ländern so weit vorne sind. Im Namen der Landesregierung gratuliere ich sehr herzlich zu diesem Jubiläum. Vielen Dank für die hervorragende Arbeit zum Schutz und Erhalt unserer niederdeutschen Sprache und Kultur! Oder besser: „Dull maakt, bannig goot!“
Danken möchte ich in diesem Zusammenhang auch unserem Niederdeutsch-Beauftragten, Johannes Callsen, für sein Engagement für das Niederdeutsche als lebendige Sprache. Er sorgt dafür, dass es mit dem Platt weiter bergauf geht. Deshalb an dieser Stelle, lieber Johannes, ganz, ganz herzlichen Dank auch für deine Arbeit!