Protocol of the Session on June 18, 2020

(Beifall CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten der SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Sandra Redmann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte ein bisschen in die Historie gehen, um zu erläutern, wie es überhaupt zu diesem Antrag wahrscheinlich - gekommen ist. Vor einigen Jahren hatten wir eine Sitzung des Waldbesitzerverbandes, auf der Robert Habeck verkündete - diejenigen, die dabei waren, werden sich erinnern -, dass wir das Ziel von 12 % Waldanteil in Schleswig-Holstein aufgeben sollten.

Ich möchte betonen, dass Herr Habeck das nicht deswegen sagte, weil er dagegen gewesen wäre oder weil er die Auffassung vertreten hätte, wir bräuchten nicht so viel Wald, sondern weil er der Meinung war, dass das Ziel unrealistisch sei. Daraufhin fand eine muntere Diskussion statt, und alle Fraktionen haben sich zu diesem Ziel bekannt.

Kurz davor hatte Tobias Koch im Finanzausschuss noch überlegt, wie er Geld aus den Landesforsten ziehen könne.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Hört, hört! - Zuruf Tobias Koch [CDU])

(Tobias Koch)

Das war sein größtes Interesse. Das Interesse an Neuwaldbildung und dem Wald allgemein war damals bei ihm nicht besonders stark ausgeprägt.

Immer wieder gab es in dieser Zeit aber auch Überlegungen - sozusagen von den „Waldbewegten“ -, wie der Waldanteil erhöht werden könne. In dieser Diskussion sind zwei Punkte besonders von Gewicht: Zum einen ist es der schon angesprochene Punkt Fläche. Zum anderen ist es natürlich das Geld, um die Fläche zu erwerben, auf der man, wie Sie es angesprochen haben, aufforsten oder Wald begründen kann.

Die Diskussion um den Klimawandel hat das Thema sicherlich wieder in den Fokus gerückt - zum Glück! Dabei geht es natürlich insbesondere um die Bereiche Moor und Wald. Die CDU überlegte sich: Dann machen wir doch einen Waldgipfel, am besten ohne Koalitionspartner und ohne Regierung; denn die CDU muss schließlich auch einmal irgendwie „Klima machen“.

(Beifall SPD)

Aufhänger waren sicherlich auch die angekündigten Millionen aus Berlin. Denn man wusste, dass man das auf der Landesebene nicht finanzieren können würde. Aber Frau Klöckner hatte ja erwähnt, dass es für den Wald Geld geben werde. Wohin es fließen sollte, war noch nicht klar.

Alle Player wurden eingeladen, um „offen zu diskutieren“; so hatte Herr Koch zumindest eingeladen. Schwierig war dann allerdings die wirklich wenig schlaue Aussage von Herrn Rickers - das noch am selben Tag -, dass Ackerflächen für die Neuwaldbildung auf gar keinen Fall genutzt werden dürften. Dies könne man der Landwirtschaft in SchleswigHolstein nämlich nicht zumuten.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Man solle doch lieber naturschutzfachlich wertvolles Grünland zur Verfügung stellen oder andere Naturschutzflächen - schietegal, was mit dem Artenschutz ist. So in eine offene Diskussion zu gehen, kam dann wirklich nicht besonders gut an. Zudem hatte man sich über die wirklichen Kosten nicht so richtig Gedanken gemacht. Man musste dann Kritik einstecken und hat für mächtig viel Verwirrung gesorgt.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

- Das können Sie nicht wissen, Herr Koch; denn Sie waren auf den Anschlussveranstaltungen der Waldbesitzer und der „Waldbewegten“ nicht dabei.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Nach dem zweiten Waldgipfel gab es von Ihrer Seite wenigstens schon ein paar Konkretisierungen, in welche Richtung Sie gehen wollen - zumindest so ungefähr.

Nun kommt der Antrag von Jamaika mit der Idee einer Förderrichtlinie zur Gewährung einer Nutzungsausfallprämie bei erfolgter Neuwaldbildung auf bislang landwirtschaftlich genutzten Flächen. Das ist eine spannende Idee, die nicht ganz neu, deutschlandweit aber einmalig ist. Es ist ohne Frage ein spannendes Konstrukt, dem auch wir uns nicht verschließen.

(Tobias Koch [CDU]: Super!)

Interessant wird jetzt aber die Gestaltung der Förderrichtlinie; denn es muss sich ja, wie erwähnt, um Landesgeld handeln.

(Tobias Koch [CDU]: Ja!)

Welche Diskussion erwarten Sie denn da? Wer, meinen Sie, wird das nutzen und in Anspruch nehmen? Wie viele sind denn das? Und: Von welchen Flächen gehen Sie denn da aus?

Nun wird es interessant; denn sicher ist doch, dass es nicht, wie von Ihnen zunächst angedacht, Feuchtgrünland und schon gar nicht ein Moorstandort sein kann. Dann würden Sie sich nämlich selbst widersprechen, was Klimaschutz betrifft.

Also müssten Sie, wenn man richtig überlegt, in den Ackerbereich gehen. Das wäre die logische Konsequenz. Sie brauchten monatelange Diskussionen und haben viel Verwirrung und Streit ausgelöst - sie haben auch einen Keil zwischen Naturschützer und Waldbesitzer getrieben -, um zu einem Ergebnis zu kommen, das wir Ihnen von Anfang an vorhergesagt hatten.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wenn man sich nämlich fragt, was das denn für Flächen sein könnten, dann kommt man zu dem Ergebnis: Ackerflächen!

(Beifall SPD)

Das sind landwirtschaftlich genutzte Flächen, die Sie übrigens vorher noch großspurig ausgeschlossen hatten. Aber ich will ausdrücklich sagen: Wir freuen uns, dass Sie dazugelernt haben.

Überrascht waren wir dann doch, als Sie den Vorschlag, in den Landeshaushalt 1 Million € für die Neuwaldbildung bei den Landesforsten einzustellen, ablehnten. Aber nun gut; Sie haben ja dann noch einmal Geld nachgeschoben.

(Sandra Redmann)

Wir werden uns dem, wie gesagt, nicht verwehren. Wir werden die Diskussion um die Förderrichtlinie genau verfolgen. Wir sind gespannt, wie die Reaktion in der Landwirtschaft ausfallen und welches Ergebnis im Bereich Klimaschutz herauskommen wird. Wir werden uns heute der Stimme enthalten. Zur Gewährträgerversammlung bringe ich noch einen Dreiminutenbeitrag. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Marlies Fritzen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wusste gar nicht, dass ich „waldbewegt“ bin. Aber gut, ich denke noch einmal darüber nach, wie ich dieses Wort finde.

Wir „Waldbewegten“ - das ist mehrmals gesagt worden - wiederholen schon seit Jahren unser Ziel, dass 12 % der Landesfläche bewaldet sein sollen. An diesem Ziel - auch das ist gesagt worden - haben alle festgehalten. Seit ebenso vielen Jahren verfehlen wir es aber. Auch in Zeiten, in denen es eine Waldbauförderung gab, die höher als die heutige war, haben wir dieses Ziel nicht erreicht.

Fläche - so viel muss man sagen; das schließt an den Beitrag der Kollegin Redmann an - ist eben nicht vermehrbar. Im Gegenteil, in Zeiten des Klimawandels und des ansteigenden Meeresspiegels muss unser Land zwischen den Meeren durchaus damit rechnen, sogar Fläche zu verlieren.

Zugleich leisten Wälder - neben ihrer ökologischen und ihrer Erholungsfunktion - einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Erderwärmung. So bleibt das Zwölfprozentziel weiterhin wichtig und richtig. Ich freue mich, dass an dieser Stelle hier im Haus Einigkeit besteht. Wir als Jamaika-Koalition wollen deshalb erneut Anreize setzen, um mehr Flächeneignerinnen und -eigner für die Bildung neuer Wälder zu gewinnen.

Sehr geehrte Frau Kollegin Redmann, ich hätte mir gewünscht, dass Sie dem zustimmen könnten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir haben mit dem Bekenntnis zum biologischen Klimaschutz und dem entsprechenden Landtagsbeschluss aus dem Januar dieses Jahres neben dem

Moorschutz, der viermal so viel zum Klimaschutz beiträgt wie Wälder - das wissen wir; dennoch haben auch Wälder eine wichtige Funktion -, die Neuwaldbildung verstärkt in den Fokus genommen. Wir bitten die Landesregierung mit unserem heutigen Antrag, eine entsprechende Förderrichtlinie auf den Weg zu bringen und von der EU notifizieren zu lassen. Wir unterstreichen damit unseren Willen, das Ziel von 12 % zu erreichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will aber auch sehr deutlich sagen - der Minister hat es in Teilen schon angeführt -, dass eine solche Notifizierung kein Selbstläufer ist und scheitern kann. Das wissen wir; trotzdem wollen wir es versuchen. Wir müssen uns darauf einstellen - auch das muss im Sinne des Erwartungsmanagements gesagt werden -, dass dieser Vorgang etwa ein Jahr dauern wird. Das haben wir nicht in der Hand, sondern das ist so. Ich betone das deshalb, weil es hier nicht allein um politische Absichten, sondern auch um eine rechtssichere Abwicklung geht, ohne die wir kein Geld in die Hand nehmen können.

Es gehört für mich zu einer ehrlichen Politik dazu, dass wir keine falschen Erwartungen wecken. - Kollege Koch nickt. - Das Risiko ist uns bewusst; wir wollen es trotzdem versuchen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, mit dem zweiten Antrag wollen wir die gesetzliche Grundlage für die Landesforsten ändern und deren Organisation um eine Gewährträgerversammlung erweitern. Die Landesforsten gehören zu 100 % dem Land. Aus meiner Sicht ist es daher vollkommen logisch, dass das Land als Eigentümer und Gewährträger einen angemessenen Einfluss auf die Unternehmensführung und die Geschäfte haben muss. Bislang gab es in der Struktur der Landesforsten kein Organ, in dem diese Eigentümerinteressen ausgeübt werden konnten. Die Mitglieder des Verwaltungsrats gehören nicht überwiegend der Landesregierung an; sie sind zudem nicht weisungsgebunden. Eine angemessene Beteiligung des Landes an den Entscheidungen ist demnach hier nicht gegeben.

Hinzu kommen die Selbstverpflichtung der Landesregierung aus der letzten Wahlperiode - damals regierte die Küstenkoalition - und die rechtliche Grundlage in der Landeshaushaltsordnung, wonach sich das Land nur an Unternehmen beteiligen darf, auf die es seinem Anteil nach angemessenen Einfluss ausüben kann.

(Sandra Redmann)

Das ist bei den Landesforsten erkennbar nicht der Fall. Mit der Einführung einer Gewährträgerversammlung und der Erweiterung des Verwaltungsrates um ein von der Landesregierung benanntes Mitglied wird dies nun berichtigt.