Leider hat das Bundesarbeitsministerium diesen Beschluss nicht umgesetzt. Wenn Sie sich schon empören, dann richten Sie Ihre Empörung bitte an die richtige Adresse, nämlich an den SPD-Arbeitsminister in Berlin.
Man achte auf die Details: Im Jahr 2019 hat die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister auf Initiative eines FDP-Ministers diese Arbeitsgruppe gefordert, die sich um diese Probleme kümmert. Der SPD-Bundesarbeitsminister hat diese Arbeitsgruppe nicht eingerichtet. Daran wird doch deutlich, wer die Belange des kleinen Mannes auf dem Zettel hat, wer von sozialer Politik nur redet und wer sie tatsächlich macht.
Nächster Punkt, Frau Ünsal: Sie wollen das Bauordnungsrecht so verändern, dass Zweckentfremdung, Verwahrlosung und Überbelegung effektiv bekämpft werden können. Das hört sich auf den ersten Blick gut an, insbesondere, wenn man sich nicht vertieft mit der Materie befasst hat. Aber ein Einschreiten gegen Verwahrlosung und Überbelegung ist bereits möglich. Neu ist das Einschreiten gegen die sogenannte Zweckentfremdung. Das ist eine alte Forderung, die aber nichts mit Corona und auch nichts mit dem Arbeitsschutz zu tun hat, sondern mit dem Wunsch vieler Kommunalfürsten, über das Eigentum ihrer Mitmenschen zu bestimmen.
Es ist kein Geheimnis, dass wir in der Koalition an einem Gesetz arbeiten, das die Kontrolle von Wohnungen ermöglicht, die den Charakter einer Unterkunft haben. Herr Kollege Joschka Knuth hat dies bereits erwähnt. Das tun wir, weil wir bereits vor der Umsetzung unserer sehr guten Vorschläge konkrete Verbesserungen für die betroffenen Menschen erreichen wollen.
Aber um es deutlich zu sagen: Solange es mildere Mittel gibt, werden wir keine Möglichkeit schaffen, in jeden beliebigen privaten Wohnraum einzudringen. Solange es mildere Mittel gibt, werden wir auch keine Möglichkeit schaffen, das Eigentum von Menschen zu beschränken.
Was schreiben Sie noch? Wir sollen uns für das Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie starkmachen. Werkverträge sind irgendwie „bäh“, aber keiner weiß so richtig, was das ist. Ich frage mich: Was hat der Werkvertrag mit den Missständen im Arbeitsschutz und bei der Unterbringung zu tun?
Führt das Verbot von Werkverträgen denn zu Verbesserungen? Nein. Alles bleibt, wie es ist. Diese Forderung zeigt, dass Sie entweder das Problem nicht lösen wollen oder das Problem nicht verstanden haben. Es bestehen Gesetzeslücken, die eine legale Umgehung des Arbeitsschutzes möglich machen. Das ist bei Werkvertragsarbeitnehmern, aber auch bei allen anderen möglich.
Wenn die Werkverträge verboten werden, dann werden die Lücken einfach weiter ausgenutzt. So einfach ist das! Was ist also mit einem solchen Verbot gewonnen? Gibt es irgendwelche messbaren Verbesserungen?
Ich will einmal Folgendes sagen: Es geht hier um Menschen, es geht nicht um Profite, es geht aber auch nicht um Ideologien. Wir wollen kein Schattengefecht gegen das Wort „Werkvertrag“ führen; wir wollen echte Verbesserungen erreichen. Wir wollen Respekt und Fairness im Umgang zwischen Betrieben und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wo das nicht der Fall ist, werden wir dafür sorgen, dass es so kommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vorschläge der SPD lösen das Problem schlicht nicht. Wir von der Jamaika-Koalition packen das Problem aber an und werden es lösen. Wir wollen Arbeitsbedingungen erreichen, die sozial ausgewogen und von einem starken Arbeitsschutzrecht geprägt sind. Wir wollen, dass die Unterbringung von auswärtig untergebrachten Werkvertragsarbeitnehmern auch dann unter das Arbeitsschutzrecht fällt, wenn private Mietverträge bestehen. Es kann ja wohl nicht sein, dass der Arbeitsschutz durch einen simplen Winkelzug ausgehebelt wird.
Wir wollen, dass es keinen Mietwucher bei der Überlassung von Unterkünften mehr gibt. Es ist nicht richtig, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch überhöhte Mieten das Geld aus der Tasche gezogen und dadurch der Mindestlohn unterlaufen wird.
Wir wollen Arbeitnehmerrechte auch für Werkvertragsarbeitnehmer, damit alle Betriebsangehörigen durch einen Betriebsrat vertreten werden können. Das hat ja auch Herr Baasch gefordert. Wir wollen, dass Arbeitszeitmanipulation sicher erfasst wird, wir wollen Gleichheit vor dem Gesetz, und deshalb wollen wir auch, dass Minister Garg seinen klaren Kurs der konsequenten Kontrollen weiterführt. Herr Minister Garg, wir unterstützen Sie gern. Sagen Sie uns bitte, wenn Sie weitere Unterstützung brauchen.
Jawohl. - Außerdem wollen wir, dass sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe endlich dieses Themas annimmt.
Ich bedanke mich bei meinen Kollegen von der Jamaika-Koalition. Ich glaube, das zeigt wieder einmal, warum Jamaika so gut für Schleswig-Holstein ist. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie in nationales Recht dürfen Arbeitnehmer zukünftig nicht mehr unter unwürdigen Bedingungen untergebracht sein. Unterkünfte für ausländische Arbeitnehmer müssen zukünftig den Mindeststandards der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Das bedeutet, dass alle Arbeitgeber - einschließlich der im Ausland ansässigen - diese Anforderungen hier in Deutschland erfüllen müssen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber selbst die Unterkunft zur Verfügung stellt oder Dritte, wie zum Beispiel Makler oder Vermietungsgesellschaften, dazwischenschaltet. Die Finanzkon
trolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung erhält nun die Befugnis, tarifvertraglich vereinbarte Unterkunftsbedingungen zu überprüfen und damit zugleich das Recht, entsprechende Unterkünfte betreten und kontrollieren zu dürfen. Diese Neuregelungen treten zum 30. Juli 2020 in Kraft und schließen die Lücken, die bisher leidlich ausgenutzt wurden.
Unabhängig von der Tatsache, dass es sich dabei um Bundesrecht handelt, sehen wir auch sonst keinen Bedarf für die zahlreichen Forderungen, die in den Anträgen der SPD-Fraktion enthalten sind, zumal diese zum großem Teil - gerade im Bereich der so wichtigen Arbeitsschutzkontrollen - auf Bundesebene umgesetzt werden. So werden nicht nur Unterkunftsbedingungen kontrolliert, sondern künftig in Fällen der Arbeitnehmerüberlassung mit grenzüberschreitendem Bezug in einem neu eingefügten § 15 a Arbeitnehmer-Entsendegesetz umfassende Unterrichtsverpflichtungen vorgeschrieben. Die Behörden der Zollverwaltung kontrollieren künftig nicht nur Mindestentgeltsätze, sondern auch darüber hinausgehende Entlohnungsbedingungen, die nach § 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes in anwendbaren und allgemeinverbindlichen Tarifverträgen enthalten sind. Nach den gesetzlichen Neuregelungen ist der Arbeitgeber zukünftig verpflichtet, die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer umfassend und manipulationssicher aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre vorzuhalten.
Zudem arbeitet das Bundesarbeitsministerium zurzeit mit Hochdruck an einer Neuregelung der Arbeitszeiterfassung, um das entsprechende Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 in nationales Recht umzusetzen.
Es ist also bereits alles auf dem Weg. Der Antrag der SPD ist hier, wie sie selbst, überflüssig. So viel zur Wohnsituation. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon 2016 hat der SSW hier im Landtag die teilweise unzumutbaren Zustände in der Fleischindustrie kritisiert. Was dort seinerzeit ans Licht der Öffentlichkeit gedrungen ist, hat uns
alle empört, denn die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Fleischindustrie waren und sind für die Beschäftigten unzumutbar. Wir stellen fest, dass die Selbstverpflichtung der Fleischwirtschaft für attraktivere Arbeitsbedingungen schon damals nicht erfüllt wurde und daher als gescheitert anzusehen ist.
Wir als SSW haben uns auch in dem Zusammenhang immer für das Konzept der guten Arbeit ausgesprochen. Das bedeutet: Gute Arbeit ist gut bezahlte Arbeit. Gute Arbeit ist menschengerechte Arbeit, bei der die Arbeitsbelastung begrenzt ist und in Vereinbarkeit mit der Familie stehen muss. Gute Arbeit bedeutet auch, dass es Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt. Zu guter Letzt bietet gute Arbeit einen effektiven Kündigungsschutz. Instrumente wie Leiharbeit, Werkverträge und Befristung sollen nur ergänzende Mittel sein. Dementsprechend sind diese Instrumente auch nur in einem begrenzten Umfang zu nutzen, beispielsweise um Spitzenbelastungen abzufangen. Was hier unter guter Arbeit zu verstehen ist, wurde in Teilen der Fleischindustrie unterlaufen. Bereits damals waren in manchen Schlachthöfen bis zu 80 % der Mitarbeiter dauerhaft mit Werkverträgen durch Subunternehmen angestellt.
Das war 2016. Seitdem hat es hier im Landtag immer wieder Debatten zu diesem Thema gegeben. Erst jetzt - durch die Vorfälle in den Schlachtbetrieben im Zusammenhang mit der Coronapandemie bekommt das Ganze einen neuen politischen Anstoß. Es erweckt den Eindruck, dass das Kind erst in den Brunnen fallen musste, bevor wirklich dem Letzten die Augen geöffnet wurden, unter welchen Bedingungen Menschen dort arbeiten und wohnen. Es ist beschämend, dass solche Verhältnisse über so viele Jahre überhaupt bestehen konnten.
Jetzt, wo nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in anderen Bundesländern derartige Fälle in Schlachtbetrieben zu Tage gekommen sind, diskutieren wir dieses Thema bundesweit. Dabei erstaunt es mich, dass vonseiten der Bundespolitik zum Teil so getan wird, als wäre es etwas vollkommen Neues, und niemand es gewusst haben will. Das System der Fleischindustrie mit seinen Subunternehmen und Werkverträgen sowie den miserablen Unterkünften hat über Jahre hinweg eine menschenverachtende Praxis gefahren. Das ist einem bundesweiten politischen Versagen anzulasten. Wie sonst lässt sich erklären, dass Sozialstandards oder Arbeitsschutzrechte derartig unterlaufen und missachtet werden konnten?
Unter der Überschrift „Corona deckt auf“ werden nun auf Bundesebene politische Initiativen in Gang gesetzt, um Maßnahmen zu ergreifen, um gegen derartige Beschäftigungs- und Wohnverhältnisse vorzugehen. Das, meine Damen und Herren, ist bitter nötig.
Für den SSW kann ich nur sagen: Wir werden weiterhin alles dafür tun und uns konstruktiv an den politischen Prozessen beteiligen, die dazu beitragen, dass einem derartigen Vorgehen endlich der Garaus gemacht wird und die Menschen endlich in einer würdigen Umgebung arbeiten, leben und wohnen können.
Nicht erst seit heute wissen wir, dass es gerade im Zusammenhang mit Werkverträgen und Subunternehmen gesetzliche Lücken gibt. Es fehlt allein an der gesetzlichen Handhabe, um gegen Missstände vorzugehen. Die Liste der Kritikpunkte ist lang. Wir reden über Verstöße gegen Hygiene-, Abstands- und Arbeitsschutzbestimmungen sowie Verstöße gegen den Mindestlohn und das Arbeitszeitgesetz, auch bei Unternehmen in Schleswig-Holstein und Deutschland, wo unsere Behörden hilflos danebenstehen und nichts tun können. Das kann nicht sein und darf nicht länger hingenommen werden.
An dieser Stelle möchte ich einen ganz großen Dank an das Krankenhaus Itzehoe richten, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich so fürsorglich um die ganzen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Kellinghusen gekümmert haben.
Wir haben innerhalb der EU die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das ist politisch so gewollt. Betriebe in Deutschland profitieren davon. Da haben wir, verdammt nochmal, eine Verantwortung diesen Menschen gegenüber, die hier zu uns, in unser Land kommen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Darum brauchen wir endlich die rechtlichen Grundlagen, die ihren Begriff wirklich ausfüllen, nämlich: Arbeitsschutzrecht.
Diese dürfen auch nicht länger unterlaufen werden. Denn was nützen die besten Gesetze, wenn sie nicht entsprechend kontrolliert und Verstöße sanktioniert werden? - Deshalb begrüßen wir es auch, dass der Zoll, die Arbeitsschutzverwaltung, die Berufsgenossenschaften sowie die kommunalen Ordnungsund Gesundheitsämter aufgestockt werden. Mit der Novelle des Arbeitsschutzgesetzes verfolgt die Bundesregierung das Ziel, bessere Kontrollen wir
Ich möchte noch einmal auf den Kollegen Joschka Knuth eingehen, der von einem Wohnraumschutzgesetz gesprochen hat. Lieber Joschka, die entsprechende Drucksachennummer lautet 19/721. Jamaika darf diese Drucksache gern noch einmal vorlegen, es ist ein Gesetzentwurf des SSW. Das würde vielleicht helfen, dieser Sache näher zu kommen.