Ähnlich verhält es sich mit dem Antrag der SPD und der Forderung nach weiterer Anhebung des Pflege-Mindestlohnes. Zum einen hat sich die Pflegekommission erst am 28. Januar 2020 auf höhere Mindestlöhne für die Beschäftigten in der Altenpflege geeinigt, zum anderen ist auch dies originäre Aufgabe der Pflegekommission, zu der jetzt sogar Vertreter der kirchlichen Arbeitgeber, aber auch die Vertreter der Gewerkschaften gehören. Wann immer die SPD etwas fordert, geht es um staatliche Einmischung und Bevormundung - sei es in der Kinderbetreuung, in der Schulbildung, im Internet oder jetzt bei der Tarifautonomie in der Pflege. Das wollen wir nicht, deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist es gar nicht so einfach, das Thema Wertschätzung für die Pflege in diesen Zeiten zu diskutieren, denn wir reden seit Jahren oder Jahrzehnten darüber und fragen uns, wie wir diesen Beruf attraktiver machen können. Gleichzeitig gibt es viele Ideen, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Doch wissen wir alle, dass fast überall im Pflegebereich zu niedrige Löhne gezahlt werden. Leider ist aber gerade bei diesem Thema viel zu wenig passiert. Es ist also schön, wenn in diesen Krisenzeiten auch den Allerletzten klar wird, wie unglaublich wertvoll gute Pflegearbeit ist.
Aber es müssen eben auch alle wissen, dass warme Worte und Einmalzahlungen nicht reichen. Wir brauchen endlich eine deutlich größere Wertschätzung für unsere Pflegekräfte. Das Lohnniveau spielt hier eine ganz wesentliche Rolle. Wenn ich die vorliegenden Anträge richtig deute, sind sich die Antragsteller zumindest darin einig, dass es an Anerkennung für die Pflege mangelt. Das ist doch schon mal schön!
Während die SPD aber die finanzielle Aufwertung der Pflegearbeit fordert, will die Koalition vor allem
Aus Sicht des SSW sind beide Anliegen für sich genommen richtig. Gleichzeitig wird hier natürlich deutlich, dass das System Pflege völlig unterfinanziert ist. Für den SSW steht aber fest, dass wir an beiden Baustellen arbeiten müssen: Pflege muss bezahlbar bleiben, das ist völlig richtig. Pflegende müssen aber eben endlich auch angemessen vergütet werden.
Keine Frage: Das ist eine milliardenschwere Aufgabe, die nicht von heute auf morgen gelöst werden kann. Noch dazu steigen die Kosten schon ohne Pflegemindestlohn und ohne tarifliche Lohnsteigerungen stetig an. Immer mehr Menschen haben Anspruch auf Pflegeleistungen, immer mehr Menschen müssen über immer längere Zeiträume gepflegt werden. Alle, die auf Pflege angewiesen sind, müssen selbstverständlich menschenwürdig versorgt werden. Ich denke, diese Fakten müssen nicht nur uns hier im Landtag, sondern allen Mitgliedern der Gesellschaft endlich klar sein.
Wir haben es immer wieder betont, und trotzdem sage ich es noch einmal: Wir sehen weder eine Alternative zur menschenwürdigen Pflege noch zu angemessenen Löhnen. Wir wollen keine Pflege erster und zweiter Klasse. Wir brauchen dringend ein höheres Lohnniveau als Teil einer größeren Wertschätzung für die Pflege. Voraussetzung dafür, dass wir diese Ziele erreichen, ist und bleibt aber eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung. Pflege muss endlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt und finanziert werden. Die rein steuerfinanzierte Pflege wäre aus unserer Sicht die sauberste Lösung, denn auf diesem Weg könnten wir sicherstellen, dass Menschen, die viel besitzen, auch entsprechend beitragen. Wir könnten sicherstellen, dass Menschen, die wenig haben, trotzdem menschenwürdig gepflegt werden, und zwar, ohne dabei noch weiter zu verarmen.
Mich freut, dass sowohl die Koalition wie die SPD die Notwendigkeit sehen, die Finanzierung der Pflege neu zu regeln. Für die meisten aber ist und bleibt die Aufstockung der Pflegeversicherung durch Steuermittel die äußerste Kompromisslinie. Das ist aus unserer Sicht das absolute Minimum.
Vor dem Hintergrund der Unterfinanzierung in der Pflege steht für uns fest, dass wir zumindest einen dynamisch steigenden und damit dauerhaften Steu
erzuschuss brauchen. Eine feste steuerfinanzierte Säule kann die Pflegeversicherung zumindest stabilisieren, zu einem höheren Lohnniveau beitragen und gleichzeitig verhindern, dass Pflegekosten in die Armut führen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Besonders der Wortbeitrag der Kollegin von der SPD hat mich doch animiert, noch einmal aus ordnungspolitischer Sicht Stellung zu nehmen.
Erst einmal möchte ich sagen: Der SPD-Antrag fordert mehr Wertschätzung. Das fordert auch unser Antrag, aber unser Antrag macht auch klar, dass mehr Wertschätzung das ist, was jetzt gerade passiert.
Damit meine ich nicht nur den Pflegebonus. Unsere Regierungszeit unterscheidet sich zentral von der Vorgängerregierung dadurch, dass jetzt ein Ansprechpartner für die Pflegekräfte da ist.
Dort wird nicht nur zugehört, sondern sie werden auch ernst genommen. Dieser Ansprechpartner ist Minister Garg.
Das ist die Grundlage dafür, dass es hier eine Wertschätzung geben kann. Das finde ich total klasse.
Es ist nicht alles gut, aber das ist die Grundvoraussetzung. 2012 bis 2017 war das nicht so. Alle Pflegekräfte, mit denen ich gesprochen habe, erinnern sich mit Grausen an diese Zeit. Ich sage gar nicht, dass Sie die Pflegekammer mit bösen Absichten installiert hätten. Manchmal ist „gut gemeint“ einfach nicht ausreichend.
Das ist auch eine gute Überleitung zum nächsten Thema: „Gut gemeint“ ist nicht ausreichend. Sie fordern ziemlich unverblümt schon wieder das Schleifen der Tarifautonomie. Ich habe hier schon häufig gesagt: Tarifbindung ist eine gute Sache.
Starke Gewerkschaften sind auch eine gute Sache, denn sie sind Voraussetzung für eine starke Wirtschaft und für eine gute und starke Teilhabe der Beschäftigten. Die Tarifautonomie ist grundgesetzlich geschützt, und zwar aus gutem Grund.
und schon gar nicht, wenn er in einer Regierungssituation ist und denkt: Ach Mensch, jetzt könnte ich hier doch einmal etwas verändern!
Tarifautonomie ist Sache der Sozialpartner und nicht des Staates. Die Gewerkschaften haben alle Möglichkeiten, stark zu werden: Sie müssen ihren Mehrwert zeigen.
Diesen Mehrwert zeigen sie zurzeit. Ihnen wird nicht entgangen sein, dass ver.di zurzeit einen enormen Aufschwung erlebt, übrigens deshalb, weil die Beschäftigten sehen, dass sie nur zusammen stark genug sind, um gegen die Zumutungen der Pflichtmitgliedschaft in der Pflegeberufekammer vorgehen zu können.
Vielen Dank, dass ich Gelegenheit bekomme, auf Ihr Argument vom Schleifen der Tarifautonomie zu antworten. Entscheidend ist doch die Realität. Die Realität besagt, dass nicht einmal mehr 30 % der Arbeitgeber in der Pflege überhaupt in einem Tarifverbund organisiert sind. Wer schleift denn hier Tarifverträge? - Es ist doch gar nicht möglich in diesem Zusammenhang.
Das war die Bemerkung des Abgeordneten Baasch, Sie dürfen jetzt, wenn Sie mögen, dazu Stellung nehmen.
Herr Abgeordneter, ich habe nicht gesagt - - wie auch immer Sie es genannt haben. Ich habe gesagt, Sie schleifen die Tarifautonomie. Die Tarifautonomie legt ganz klar fest, dass es eine Koalitionsfreiheit zwischen Arbeitgebervertretern und Arbeitnehmervertretern gibt. Da ist nicht hineinzufummeln. Der Organisationsgrad der Arbeitgeber folgt doch, wenn Sie einmal die Geschichte verfolgen, immer dem Organisationsgrad der Arbeitnehmer. Der Organisationsgrad der Arbeitnehmer nimmt gerade im Bereich der Pflege zurzeit dramatisch zu, was den Zuständen dort geschuldet und logische Folge ist. Ich finde das gut. So funktioniert die Tarifautonomie.
Gestatten Sie, Herr Abgeordneter Richert, eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Baasch? - Das ist der Fall. - Bitte.