Protocol of the Session on May 7, 2020

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

Darüber, unter welchen Umständen Lebensbereiche wieder normalisiert werden können, haben wir vor allem Orientierungslosigkeit und Zwist in der Regierungskoalition erlebt.

(Zuruf Dennys Bornhöft [FDP])

Lieber Herr Günther, dass Sie ausgerechnet mitten in der Krise gemerkt haben, dass Ihr bisheriger In

nenminister es mit der Wahrheit nicht ganz so genau genommen hat, ist nun wirklich ein schlechtes Timing.

Für die Bürger ist es jedenfalls ganz misslich, wenn sie alle paar Tage eine neue Verordnung verkündet bekommen und keinerlei Planungssicherheit haben. Das gilt für Familienbesuche genauso wie für die Schulen, den Einzelhandel und die Gastronomie. Von den Misstönen im Verhältnis mit unseren Hamburger Nachbarn will ich gar nicht erst reden. Viele Bürger haben doch längst den Überblick darüber verloren, was heute gerade erlaubt ist und was verboten ist.

(Zurufe FDP)

Sämtliche Maßnahmen müssen geeignet sein, eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Sie müssen aber auch verhältnismäßig sein. Mit anderen Worten ausgedrückt: Maßnahmen müssen ganz einfach auch verständlich sein. Nicht in erster Linie die Härte einer Maßnahme entscheidet über die Akzeptanz, sondern vielmehr die Sinnhaftigkeit.

(Beifall Dr. Frank Brodehl [AfD])

Damit sind wir wieder bei den Außenflächen von Eisdielen. Je mehr Maßnahmen sich widersprechen, je mehr bürokratische Auswüchse ins Lächerliche gehen, je mehr Gleiches ungleich behandelt wird, umso weniger Akzeptanz wird es für weitere Maßnahmen geben. Die Zeit ist gekommen, jetzt endlich Perspektiven aufzuzeigen, endlich unseren Betrieben mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen wieder eine Zukunft zu geben und nicht nur staatliche Almosen zu verteilen. Es ist an der Zeit, die Einschränkungen von Grundrechten zurückzufahren und zurückzufinden zu einem Zustand, der einer gesellschaftlichen Normalität zumindest nahekommt. Alles das muss natürlich mit der gebotenen Vorsicht passieren, aber eben auch nicht übervorsichtig. Das alles muss mit Blick auf das Infektionsgeschehen sowie die besonders gefährdeten Personengruppen und mit einem Blick für die Nöte und Sorgen der Menschen in unserem Bundesland geschehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

(Abgeordneter Lars Harms stößt auf dem Weg zum Rednerpult an eine Plexiglaswand)

(Jörg Nobis)

- Wir machen da vielleicht noch einmal einen roten Streifen dran, damit das besser zu sehen ist.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Oder Milchglasfo- lie! - Christopher Vogt [FDP]: Vogelaufkle- ber! - Heiterkeit)

Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, den beiden neuen Ministern beziehungsweise Frau Sütterlin-Waack in ihrer neuen Tätigkeit und Herrn Claussen herzlichen Glückwunsch zu sagen und viel Erfolg und Spaß bei der neuen Aufgabe wünschen, die sie übernommen haben. Gleichzeitig möchte ich unserem ehemaligen Innenminister Grote für eine wirkliche vertrauensvolle, faire und gute Zusammenarbeit mit dem SSW danken. Ich kann Ihnen sagen: Ich bedaure es sehr, dass ein Leistungsträger der Regierung gehen musste.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit dem wirklich am härtesten von der Coronakrise betroffenen Wirtschaftszweig beginnen. Die Gastronomie ist derzeit zu 99 % auf Kurzarbeit, und das Vermietungsgewerbe ist zu 95 % auf Kurzarbeit. Damit ist klar, dass der Tourismus auch in unserem Bundesland am meisten zu leiden hat.

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Tourismus bei uns nicht nur einer der größten Wirtschaftszweige ist, sondern auch derjenige, der flächendeckend in allen Ecken des Landes zu finden ist. Geht es dem Tourismus schlecht, so geht es vielen in unserem Land schlecht, und das flächendeckend. Deswegen haben wir in den letzten knapp drei Wochen immer wieder angemahnt, dass ein Ausstiegsplan aus den Coronabeschränkungen für diesen Bereich dringend vorgelegt werden muss. Leider konnte sich kein Bundesland - auch unser Bundesland nicht - rechtzeitig für einen Fahrplan zum schrittweisen Ausstieg aus den Beschränkungen durchringen.

Wir haben jetzt zumindest das Datum 18. Mai 2020 als Datum des Beginns der schrittweisen Wiedereröffnung von touristischen Einrichtungen vernommen. Aber es ist immer noch fraglich, wie das Ganze vonstattengehen soll. Eigentlich hätte die Landesregierung einen konkreten Ausstiegsplan schon Ende April vorlegen müssen, meine Damen und Herren.

Geschehen ist aber eben nichts. Deshalb sind alle möglichen am Tourismus Beteiligten mit Vorschlägen gekommen. Die Campingplatzhalter, die Ferienhausvermieter, die Hoteliers, die Anbieter von Ferien auf dem Bauernhof und natürlich auch der DEHOGA. Alle hatten Ideen, wie es gehen könnte, nur die Landesregierung hatte sie nicht.

Gut, dass andere Bundesländer wie MecklenburgVorpommern und Niedersachsen hier Dampf unter den Kessel gemacht und jetzt zumindest angestoßen haben, dass der Tourismus jetzt endlich wieder anfangen kann. Danke, Manuela Schwesig, und danke, Stephan Weil.

(Beifall Birte Pauls [SPD] und Kai Vogel [SPD])

Beide Bundesländer werden schon in Kürze die gastronomischen Betriebe unter Auflagen wieder aufmachen lassen. Die Frage, die sich dabei stellt, ist, warum nicht auch wir in diesem norddeutschen Geleitzug mitmachen. Warum müssen unsere Gastronomen noch eine Woche länger warten? Denen geht es genauso schlecht wie ihren Kolleginnen und Kollegen in Ostfriesland oder auf Usedom. Sie haben genauso gute Hygienekonzepte wie die Gastronomen in den anderen Bundesländern. Deshalb finden wir, sollten sie auch genauso schnell öffnen können wie die in anderen Bundesländern in Norddeutschland.

(Zuruf FDP)

Ähnliches gilt auch für die Ferienwohnungs- und Ferienhausvermieter. Auch die sollten nicht bis Montag, den 18. Mai 2020, warten müssen. Die klassischen Anreisetermine der meisten Urlauber sind Freitag und Samstag. Wenn jetzt aber erst am Montag, dem 18. Mai, die Quartiere wieder öffnen können, können viele schon gebuchte Reisen nicht stattfinden. Das heißt, unsere Vermieter verlieren unnötig Geld, obwohl sie sich schon perfekt auf ihre Gäste vorbereitet haben.

Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Vogt?

Aber immer gern.

Vielen Dank, Herr Kollege Harms. - Ist Ihnen bei all der Freude über die Regelungen in Niedersachen und Mecklenburg-Vorpommern aufgefallen, dass sie dort auch weiterhin massive Einschrän

(Präsident Klaus Schlie)

kungen haben und dass wir das mit einem klaren Schritt machen und damit Diskriminierung vermeiden?

Es stimmt nicht, dass andere Bundesländer das alles eine Woche früher aufmachen, sondern sie haben noch massive Einschränkungen, beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern für Menschen, die nicht aus diesem Bundesland kommen. Wir wollten gern vermeiden, hier Diskriminierungen vorzunehmen, die aus meiner Sicht nicht rechtssicher sind.

(Beifall FDP)

- Ich gebe Ihnen natürlich recht, dass man unsinnige und rechtswidrige Sachen aus anderen Bundesländern nicht übernehmen sollte.

(Zurufe FDP: Ah!)

Aber ich habe hier ja deutlich gemacht, dass es trotzdem Sinn macht, in norddeutscher Gemeinschaft die gastronomischen Betriebe aufzumachen, auch unter den Restriktionen. Wir wissen ja, was wir wollen. Wir wissen, dass wir eine Quadratmetergrenze pro Gast haben wollen. Wir wissen, dass wir Hygienemaßnahmen haben wollen. Wir wissen das alles. Wenn die Landesregierung schon vor drei Wochen einen Plan gehabt hätte, was zu geschehen hat, wenn gastronomische Betriebe aufgemacht werden sollen, dann hätte man heute erzählen können: Montag, Sonnabend, Sonntag, irgendwann könnt ihr jetzt aufmachen. Ihr kennt ja die Bedingungen. Die haben wir euch schon vor drei Wochen gesagt. - Das wäre gut gewesen. Das ist das, was wir von einer Landesregierung erwarten.

Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Vogt?

Selbstverständlich gern.

Sehr geehrter Herr Kollege Harms, ich möchte hier nur die Falschinformation klarstellen. Es wird im Tourismus keine Quadratmeterzahl geben, sondern es gibt eine Abstandsregelung und Hygienevorschriften. Natürlich gibt es auch Einschränkungen, beispielsweise auf Campingplätzen, dass man beispielsweise das Zelten noch nicht ermöglichen kann, weil die Menschen autark sein müssen, keine Duschen und andere Gemeinschaftsräume nut

zen sollen. Da wird es also auch hier Einschränkungen geben. Quadratmeterregelungen wird es im Tourismus in dem Sinne nicht geben.

Noch einmal: Uns war wichtiger, klare Vorbereitungen zu ermöglichen, weil es vor allem um Abstands- und Hygienekonzepte geht. Das muss vorbereitet werden. Deshalb eine klare Perspektive.

Wenn wir es so wie andere Bundesländer gemacht hätten, hätten Sie uns vorgeworfen, dass wir Verwirrung stiften dadurch, dass es alle paar Tage neue Regelungen gibt. Das wollten wir gern vermeiden.

Ich kenne Sie ja, deshalb weiß ich, was Sie uns sonst vorgeworfen hätten. Das wollte ich fürs Protokoll einmal feststellen.

(Beifall Lukas Kilian [CDU])

- Herr Kollege, ich würde einer Regierung nie vorwerfen, dass sie Verwirrung stiftet, wenn sie etwas ordentlich vorbereitet. Sie sehen ja: In der Tourismusbranche diskutiert man jetzt darüber, welche Regelungen es gibt. Ich werde gefragt: Sollen wir uns in Bezug auf die Quadratmeter irgendwie einschränken? Oder wie soll das funktionieren? Sie sagen jetzt: Wir machen daraus jetzt Abstandsregelungen. - Das ist auch in Ordnung. Schön wäre es gewesen, wenn wir schon vor drei Wochen gewusst hätten, was ab 9. oder 18. Mai 2020 gilt. Das hätte den Betrieben geholfen, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten. Dann hätten sie schneller öffnen können, dann hätten sie schneller Geld verdienen können, dann hätten sie schneller ihre Leute aus der Kurzarbeit holen können, dann hätten die Leute schneller wieder ihren Spaß daran gehabt, einen gastronomischen Betrieb zu besuchen. All die schönen Sachen, die ein ordentlicher Liberaler sicherlich auch fordern würde, wären dann gegeben gewesen. Das ist das, was wir auch einfordern. Vielen Dank aber für die Nachfragen.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir möchten gern, dass die gastronomischen Betriebe tatsächlich eine Chance haben, relativ schnell Geld zu verdienen. Es geht noch ein bisschen weiter. Auch für die Ferienwohnungen ist es - wie gesagt - ein bisschen zu spät, weil die Anreisetermine am Wochenende liegen. Das ist Tradition. Wenn es dann heißt, man könne erst am Montag anreisen, dann werden viele Reisen storniert, dann verlieren unsere Unternehmen unnötig Geld. Es ist einfach schade um die

(Lars Harms)

viele Kohle und um die schönen Arbeitsplätze, die wir dort haben.

Ähnliches gilt auch für die kommunalen und die privaten Wohnmobilstellplätze. Auch die, so möchte ich anmahnen, sollten so schnell wie möglich wieder öffnen können. Diese Touristen sind genauso Selbstversorger wie Leute, die Urlaub in einer Ferienwohnung machen. Somit ist die Gefahr einer Ansteckung auch da relativ gering.