In vielen agrarpolitischen Themenfeldern bauen wir auf die europäischen Strategien und Standards; nur so erreichen wir faire Produktionsbedingungen, nur mit Europa kann die Neuausrichtung der Agrarpolitik hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, ökologisch verträglich, sozial gerecht, ökonomisch rentabel und am Tierwohl orientiert, gelingen.
Agrarpolitik ist komplex, erfordert Weitsicht und Fachlichkeit. Wenn so ein AfD-Antrag kommt und ich mir so etwas anhören muss, kann ich nur feststellen: Das ist fahrlässig. Sie reißen aus den ganzen Diskussionen einen Aspekt heraus, übernehmen ihn aus Niedersachsen, haben ihn aber nicht verstanden. Sie machen Stimmung, und das ist gefährlich und hilft der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein an keiner Stelle weiter.
Jahrelang haben es die Bundesminister - wir können sie alle aufzählen - nicht auf die Kette bekommen, das deutsche Düngerecht oder die Düngeverordnung zu gestalten.
- Das mit dem Aufzählen können wir gleich beim Kaffee machen. Die Erfüllung der Richtlinien zum Schutz des Wassers müssen jetzt auf den Weg gebracht werden, sie müssten eigentlich schon lange auf den Weg gebracht worden sein. Die Versuche, die Novellierung durch Lobbyarbeit der Agrarindustrie und des Bauernverbandes immer wieder aufzuhalten, waren keine gute Idee. So langsam spricht sich unter den Landwirten herum, dass das ein Bärendienst war.
Im Landtag haben wir - ich schon lange - gesagt: Diese Taktik führt die Landwirtschaft in Deutschland in eine Sackgasse. Die Demonstrationen der Landwirtschaft sind Ausdruck davon, dass die Landwirtschaft in der Sackgasse steckt. Jetzt wird versucht, in der Sackgasse panisch mit dem großen Güllefass am Schlepper zu wenden. Das kann nicht gelingen. Die Europäische Kommission hat wegen mangelhafter Umsetzung der Düngeverordnung geklagt. Das EuGH hat 2018 entschieden. Jetzt ist Deadline. Bis zum Juni 2020 muss umgesetzt werden.
Heiner Rickers hat es gesagt. Das Kabinett konnte nicht beschließen, weil sich die CSU quergestellt hat. Jetzt wird es die Verordnung der Ministerinnen und Minister im Agrar- und Umweltausschuss des Bundesrats geben. Am 3. April 2020 muss der Bundesrat entscheiden, sonst ist eine Umsetzung in den Ländern nicht mehr möglich. Wenn das nicht gelingt, gibt es die Strafzahlungen, von denen wir schon gehört haben - was man noch viel ernster nehmen muss. Jean-Claude Juncker hat „angeboten“: Wenn ihr es nicht schafft, dann macht die Europäische Kommission eine Düngeverordnung für euch! - Das war kein Angebot, das war eine Drohung.
Heiner Rickers, all die Details, die Sie in Ihrem Antrag aufgeführt haben, helfen jetzt nicht mehr weiter. Wir müssen - das war unser Ziel - die großen Linien bis zum 3. April 2020 klären. Sie müssen so geklärt werden, dass die Länder die Möglichkeit haben, Spezifika vor Ort umzusetzen. Das ist das Thema. Aber wir können jetzt doch nicht erwarten, dass wir neu anfangen, über Bagatellgrenzen zu reden. Liebe Leute, die Zeit ist vorbei. Ihr habt 20 Jahre Zeit gehabt, dafür zu sorgen, und habt es nicht getan!
Die Binnendifferenzierung gibt es in Niedersachen, in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, und die EU-Kommission hat solche Regelungen durchaus eingefordert. Da sind noch sechs Monate Zeit. Wir müssen natürlich an solche Modelle ran.
Wir haben viele Punkte schon 2018 gefordert. Ich erinnere mich an die Debatte, und ich erinnere mich, dass die Jamaika-Kollegen und der Minister mich herzlich ausgelacht haben. Wir fordern jetzt wieder Lösungen, die die Landwirtschaft tragen kann, Lösungen, die Landwirte, die jetzt schon verantwortlich düngen, nicht zusätzlich belasten, Lösungen, die bei den Bauern nicht zu überbordender Bürokratie führen, Lösungen, die den Strukturwandel nicht zum Strukturbruch werden lassen.
Es ist richtig, landwirtschaftliche Betriebe bei der Anpassung an die Düngeverordnung finanziell zu unterstützen. Das ist kein Schweigegeld, das ist fairer Umgang mit der aktuellen Herausforderung.
Über das Messstellennetz reden wir in SchleswigHolstein schon lange. - Bevor die Präsidentin mich bittet, komme ich zum letzten Satz.
- Entschuldigung, der Präsident. - Wir fordern die Landesregierung auf, dafür zu arbeiten, dass der Bundesrat am 3. April 2020 eine EU-rechtskonforme Düngeverordnung beschließt. So einen Rohrkrepierer wie bei der Sauenhaltung können wir uns nicht noch einmal leisten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf meine Vorrednerin an einer Stelle ergänzen: Im Investitionspaket von JeanClaude Juncker 2014 kam Agrarpolitik nicht vor. Das ist der Unterschied zu Frau von der Leyen. Sie hat mit ihrem Green Deal Agrarpolitik und ähnliche weitere Themen hoch oben auf die Agenda gesetzt, um da zu einer effizienten Umsetzung zu kommen. Unter diesem Vorzeichen werden wir auch diesen Punkt diskutieren müssen.
Es geht nicht um die Abwendung von Strafzahlungen wegen Nichteinhaltung von Vorschriften, die aus Brüssel „aufgezwungen“ werden, wie es häufig
Es waren nicht allein die Grünen, die Anfang der 90er-Jahre die EU-Nitratrichtlinie durchgesetzt haben. Es war auch Deutschland, die damalige KohlRegierung - um auch das noch einmal deutlich zu sagen. Wir müssen das auch unter dem Vorzeichen betrachten, und das ist auch gut so.
Bei der Düngeverordnung ist Zeit verspielt worden, und das bringt uns jetzt in diese schwierige Lage. Die Stimmen der Wissenschaftlichen Beiräte sind ignoriert worden, die Warnungen der Kommission, die Warnungen der Wasserversorger. Über die Rolle des Bauernverbands in dieser Sache ist schon mehrfach gesprochen worden.
Es ist nachvollziehbar, dass Bauern und Bäuerinnen auf die Barrikaden gehen, wenn Vorschriften kurzfristig wieder geändert werden. Das ist nachvollziehbar, aber die Nitratrichtlinie der EU, die damit umgesetzt wird, gibt es seit 28 Jahren. Wären die erforderlichen Reformen und Anpassungen zeitiger auf den Weg gebracht worden, wäre für die Betriebe vieles leichter und erheblich kostengünstiger gewesen.
Man muss ehrlich sagen, dass jetzt nicht mehr viel drin sein wird. Die Länder werden Änderungsvorschläge in den Bundesrat einbringen, auch Schleswig-Holstein, aber am Ende wird zugestimmt werden, niemand wird sich eine tägliche Millionenstrafzahlung an die Hacken binden und dafür die politische Verantwortung übernehmen.
Es ist klar, dass wir in Schleswig-Holstein - wie bei der letzten Reform 2017, wo wir die Ersten waren das umsetzen, was uns vom Bund vorgegeben und ermöglicht wird. Es wäre zu begrüßen, wenn bei Monitoring und Messstellen zur Ermittlung der Belastungsgebiete bundeseinheitlich vorgegangen wird. Wir haben die Forderung in unserem Antrag drin.
Aber eines muss man auch ganz klar sagen: Es muss klar werden, dass sich die Probleme nicht „wegmessen“ lassen. Die Probleme sind da und lassen sich nicht „wegmessen“. Wir sprechen in unserem Antrag darum ganz gezielt von der Binnendifferenzierung. Das heißt, dass sich strengere Maßnahmen der neuen Düngeverordnung in den roten Gebieten gezielt auf diejenigen konzentrieren sollten, die in der Vergangenheit erhöhte Nitratwerte verursacht haben. Die Betriebe, die nachweislich gewässerschonend gewirtschaftet haben, sollten davon ausgenommen bleiben.
Das hört sich jetzt alles so an: Na, was wird da jetzt wieder für ein Verwaltungstiger angesetzt! Das ist überhaupt nicht der Fall, denn die Daten der Betriebe liegen vor, sie mussten in der Vergangenheit erhoben werden. Anhand dieser Daten kann ermittelt werden. Hier wird nach dem Verursacherprinzip vorgegangen, und das ist gut und richtig so. Daran müssen sich die Kontrollen in ihrer ganzen Systematik orientieren.
Die Umsetzung eines effizienten und schlanken Kontrollsystems kann es unter anderem nur dann geben, wenn zum Beispiel Betriebe mit geringem Viehbesatz entlastet werden und Betriebe mit hohen Konzentrationen im Viehbesatz intensiver begleitet werden.
Auch das haben wir schon mehrfach gesagt: Es reicht nicht aus, wenn sich die Düngeverordnung allein auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie von 1992 beschränkt. In der Zukunftsstrategie für die Landwirtschaft haben wir auch die NERCRichtlinie, die Ammoniak-Richtlinie, die EU-Wasserrahmenrichtlinie und die nationale Biodiversitätsstrategie berücksichtigt, um nur einige zu nennen. Auch diese Herausforderungen werden zeitnah umgesetzt werden müssen, sonst wird es teuer für die Betriebe, sonst drohen Strukturbrüche.
Zuletzt haben wir aktuell als Regierungskoalition in Schleswig-Holstein die Kofinanzierungsmittel zur Verfügung gestellt, um in den kommenden drei Jahren knapp 5 Millionen € für Maßnahmen im Nährstoffmanagement den Betrieben zur Verfügung zu stellen. Die anstehenden Investitionen in den Betrieben - das muss man sehr deutlich sagen - sind um ein vielfaches höher. Das wird letztlich vom Markt kommen müssen, das sollten wir nicht verschweigen.
Daher muss Schluss sein mit einer Agrarpolitik, die meint, unsere Betriebe in eine Kostenführerschaft auf den Weltmärkten hineindrängen zu müssen. Damit wird es nicht zu bezahlen sein, das führt nicht zu fairen Preisen und führt nur zu Verliererinnen und Verlierern. Das müssen wir uns vor Augen halten. Wir brauchen ein grundlegendes Umsteuern. Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion über die Düngeverordnung steht gemeinsam mit dem sogenannten Agrarpaket im Zentrum der Bauernproteste. Wir nehmen die Proteste natürlich sehr ernst und müssen daher ehrlich sein. Dies bedeutet, dass wir nicht Strafzahlungen in Millionenhöhe riskieren können. Es wird eine neue Düngeverordnung geben müssen. Das EuGHUrteil liegt der Bundesregierung seit fast zwei Jahren vor, und die EU-Kommission wird Deutschland, wie ich denke, nicht länger Aufschub gewähren. Strafzahlungen drohen und müssen abgewehrt werden.
Natürlich kann man sich lange an der Entstehungsgeschichte der Düngeverordnung abarbeiten. Da ist vieles schiefgelaufen. Die rechtzeitige Anpassung des Messstellennetzes und somit eine sinnvolle einheitliche Regelung für ein bundesweites Netz hätten bereits viel früher Eingang finden müssen. Der pauschale 20-%-Abschlag hätte gestrichen werden müssen, weil er effektiv kaum etwas für den Gewässerschutz bringen wird. Ich glaube aber, dass es für diese Änderungen leider zu spät ist. Zwar kommt wahrscheinlich die Binnendifferenzierung für rote Gebiete - aber nur für das Monitoring. Die Messstellen sollen im Nachgang der Düngeverordnung vereinheitlicht werden.
Das alles macht nicht den Eindruck, dass hinter der Düngeverordnung ein effektives Gesamtkonzept steckt. Das ist bedauerlich.
Wir dürfen nicht suggerieren, dass wir als Land noch große Verbesserungen an der Verordnung erreichen können. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Hier führt der Antrag der AfD in die Irre. Sie haben es ja selbst zugegeben, dass Sie einen alten niedersächsischen Vorschlag übernommen haben. Der ist nicht zielführend. Sie wollen nur ein bisschen auf der Protestwelle mitsurfen und haben das Thema gesetzt. Sinnvoll und zielführend ist das, was Sie vorgeschlagen haben, definitiv nicht.
Auch wir - wie wahrscheinlich alle hier im Saal sind für das Verursacherprinzip. Die Einträge müssen an der Quelle, also beim Verursacher, minimiert werden. Wer kann schon dagegen sein? Aber der Weg dorthin ist problembehaftet. Wie können wir das Verursacherprinzip umsetzen - vor allem auch aus der Perspektive der Länder -, wenn die Bunde
regierung das Verfahren zur Düngeverordnung schon so lange verschleppt? - Das ist eine der Kernfragen. Die Länder warten hier schon lange auf eine Einigung zwischen EU-Kommission und Bundesregierung und haben selbst viele Vorschläge gemacht.