Protocol of the Session on February 19, 2020

beratungsfeld, etwa wenn der Einlass in eine Diskothek verweigert wird.

Meine Damen und Herren, Fälle von Diskriminierung sind es immer wert, öffentlich thematisiert zu werden, denn es gibt sie ohne jeden Zweifel. Das allein ist beschämend.

Wir von der AfD-Fraktion stehen aber doch einigen Vorschlägen und Forderungen, die sich aus dem Bericht und damit aus den geschilderten Diskriminierungsfällen ergeben, kritisch gegenüber. Aufgreifen möchte ich hierzu einige der wesentlichen Forderungen, wie zum Beispiel die Einführung eines Landesdiskriminierungsgesetzes, die Zielrichtung der Diversity-Förderung und einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt. So sollen die angeblich letzten bestehenden Schutzlücken geschlossen werden.

Meine Damen und Herren, ein eigenes Landesdiskriminierungsgesetz brauchen wir schlichtweg nicht, genauso wenig, wie wir eine gesetzlich verankerte Diversity-Förderung brauchen. Es gibt auf der Ebene der Europäischen Union wie auf Bundesund Landesebene genügend gesetzliche Regelungen, die für ausreichend Schutz sorgen. So gibt es unter anderem die Rahmenrichtlinie Beschäftigung, die die Bekämpfung von Diskriminierung wegen der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung im Bereich Beschäftigung und Beruf verlangt. Auf Bundesebene haben wir unter anderem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das einen besseren Schutz vor Benachteiligungen im Rechtsverkehr geschaffen hat, aber auch explizit ein arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot enthält, und bereits seit dem 1. Mai 2002 werden behinderte Menschen durch das Behindertengleichstellungsgesetz geschützt, um hier nur einige der wesentlichen rechtlichen Regelungen zu nennen.

Ein weiterer Punkt ist die zum wiederholten Male aufgestellte Forderung nach einer Verschärfung des Gaststättenrechts. So soll rassistisch diskriminierendes Verhalten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, und es soll ein Verbandsklagerecht eingeführt werden. Der Hintergrund für die Forderung ist, dass Personen mit Migrationshintergrund der Zutritt zu Diskotheken und Gaststätten verweigert worden ist. Ich bin mir sicher, dass Diskothekenbetreiber grundsätzlich gute Gründe dafür haben, Personen den Zutritt zu verweigern. Und ja, davon sind auch Menschen mit Migrationshintergrund betroffen. Und ebenfalls ja, die Erfahrungen des Sicherheitspersonals von Diskotheken fließen hierbei stets mit ein.

Es hat Fälle von Diskriminierung gegeben. Diskotheken- und Gaststättenbetreiber aber unter den Generalverdacht des Rassismus zu stellen, mag ja zurzeit politisch en vogue sein, richtig wird es dadurch aber nicht.

Der Bericht der Antidiskriminierungsstelle sieht eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft auch dann, wenn sich Vermieter weigern, einen Mietvertrag mit Asyl- oder Schutzsuchenden abzuschließen, die nur einen befristeten Aufenthaltstitel haben. Meine Damen und Herren, Vermieter haben ein ganz vitales und wirtschaftliches Interesse an einer langfristigen Vermietung ohne häufigen Mieterwechsel. Das hat erst einmal nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern eben mit wirtschaftlicher Sicherheit. Der Lösungsvorschlag ist jetzt allen Ernstes, dass die Kommunen, also die Gemeinden, Wohnraum für Emigranten mit zum Beispiel schlechter Bleibeperspektive anmieten und dann im Schluss für etwaigen Mietausfall haften sollen. Um das finanzielle Risiko der Gemeinden abzufedern, soll die Einrichtung eines Landesfonds geprüft werden.

Wir haben doch bereits reguläre Aufnahmeverfahren über Flüchtlingsunterkünfte des Landes mit der anschließenden Zuweisung auf die Zuwanderungsbehörden der Landkreise oder der kreisfreien Städte, und zwar so lange, bis der Aufenthaltsstatus wirklich geklärt ist.

Denn darum geht es hier ja im Grunde.

Im Ergebnis zeichnen sich die Vorschläge und Forderungen der Antidiskriminierungsstelle aus unserer Sicht durch ein Übermaß an Regulierungswut in Bereichen aus, die längst reguliert sind. Der Bericht der Antidiskriminierungsstelle lässt auch im Hinblick auf die relativ geringen Fallzahlen die Frage aufkommen, ob wir diese Stelle tatsächlich brauchen.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Für Flüchtlinge gibt es den Flüchtlingsbeauftragten, für Frauen die Gleichstellungsbeauftragte, für Menschen mit Behinderung den Behindertenbeauftragten und für alle zusammen die Bürgerbeauftragte. Zudem steht jedem Menschen der Rechtsweg offen, und notfalls übernimmt auch hier der Staat über Beratungs- und Prozesskostenhilfe die Kosten für die Beauftragung eines Anwalts. Wir tun also eine ganze Menge. Hier von institutionellem oder gar strukturellem Rassismus zu sprechen, geht bei Weitem zu weit. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

(Claus Schaffer)

Für die Abgeordneten des SSW hat das Wort der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Erst einmal möchte ich mich bei Samiah El Samadoni und ihrem Team für die engagierte Arbeit und für den Bericht bedanken.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt FDP)

Leider wird hier sehr schnell klar, dass der Einsatz gegen Diskriminierung wichtiger ist als je zuvor. Die Zahl der Eingaben steigt. Gleichzeitig verfestigt sich der Eindruck, dass wir viele Arten der Diskriminierung nicht effektiv verhindern können. Jedes Jahr drehen sich Bericht und Diskussion in Land und Bund um sehr ähnliche Themen, und jedes Jahr stellen wir fest, dass es an wirkungsvollen Mechanismen fehlt, um ausgrenzendes, diskriminierendes Verhalten zu unterbinden.

Als Vertreter einer Partei zweier Minderheiten ist mir Diskriminierung in ihren verschiedenen Ausprägungen nicht fremd. Wer Teil einer Minderheit ist, weiß, dass Benachteiligung und Ausgrenzung meistens schleichend und vermeintlich harmlos beginnen. Aber auch wenn es oft Minderheiten sind, die diskriminiert werden, stehen dadurch letztendlich viele Menschen vor handfesten Problemen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich unsere Antidiskriminierungsstelle um diese Dinge kümmert. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass in den Bericht auch Themen der anderen Landesbeauftragten einfließen.

Wir sollten uns nichts vormachen: Diskriminierung ist kein Rand-, sondern ein Alltagsproblem. Auch in den Berichtsjahren 2017 und 2018 wurden Menschen hier bei uns im Land aufgrund eines im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, AGG, geschützten Merkmals diskriminiert. Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion oder Weltanschauung sind bis heute Ursachen für Ausgrenzung und Benachteiligung. Das verurteilen wir aufs Schärfste, und allen sollte klar sein, dass es nicht reicht, nur darüber zu reden. Wir müssen diesem Problem entschlossen entgegentreten und den Betroffenen helfen.

Natürlich haben wir es mit einem dicken Brett zu tun, aber nicht zuletzt dieser Bericht zeigt doch, wie wir die Rechte Betroffener stärken können. Nehmen wir zum Beispiel die angespannte Situation auf

dem Wohnungsmarkt. Seit Jahren können wir beobachten, wie schwächere Gruppen, zum Beispiel Obdachlose oder Geflüchtete, klar benachteiligt werden. Für uns steht fest, dass auch diese Menschen Anspruch auf angemessenen Wohnraum haben. Deshalb müssen die Kommunen gemeinsam mit dem Land daran arbeiten, diesen Menschen zu helfen. Der im Bericht angeregte Landesfonds wäre ein konkreter Anreiz, um diesen Wohnraum zu schaffen oder ihn diesen Gruppen zur Verfügung zu stellen. Wir haben regelmäßig Haushaltsanträge in diesem Sinn gestellt, und das werden wir auch weiter tun.

Diskriminierung ist kein individuelles Problem, das jeder oder jede Betroffene für sich lösen kann. Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Problem, das nicht zuletzt auf gesetzlichem Weg angegangen werden muss. Auch gesetzliche Änderungsbedarfe werden im Bericht aufgezeigt: Zum einen wird durch die Beratungsarbeit auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes deutlich, dass der Katalog an Merkmalen ergänzt werden sollte. Als Beispiele werden Sprache, sozialer Status und das Merkmal chronische Erkrankungen aufgeführt. Zum anderen muss man sich in Berlin endlich um Themen wie Verbandsklagerecht oder Prozessstandschaft kümmern. Das AGG muss dringend um diese Möglichkeiten ergänzt werden, denn nach der derzeitigen Rechtslage dürfen Antidiskriminierungsverbände die Interessen benachteiligter Personen nur dadurch wahrnehmen, dass sie sie als Beistand in gerichtlichen Verhandlungen begleiten.

Durch eine Prozessstandschaft erhält ein Verband dagegen die Möglichkeit, das Recht einer diskriminierten Person im eigenen Namen geltend zu machen, und durch ein Verbandsklagerecht könnten Verbände sogar unabhängig von der individuellen Betroffenheit Einzelner einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot feststellen lassen. Das stärkt dann auch das Antidiskriminierungsrecht insgesamt.

Diese gesetzlichen Änderungen sind vor allem aus Sicht der Betroffenen sehr wichtig, denn viele Opfer von Diskriminierung verfügen nicht über umfangreiches rechtliches Wissen. Gleichzeitig wünschen sie sich aber, dass endlich etwas passiert, sodass in Zukunft niemand mehr das Gleiche erleiden muss. Durch erweiterte Rechte für entsprechende Verbände können wir diesem Wunsch zumindest etwas besser nachkommen. Hier sollten wir nicht mehr Zeit verlieren. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Einige mögen sich wundern, dass die Landesregierung jetzt doch redet.

(Serpil Midyatli [SPD]: Ich freue mich, lie- ber Heiner!)

- Das habe ich mir gedacht!

(Heiterkeit)

Ich habe mich im Verlauf der Debatte entschlossen, doch kurz für die Landesregierung das Wort zu ergreifen, obwohl die meisten Abgeordneten von Ihnen alles Notwendige und alles Richtige gesagt haben, und man muss nicht alles wiederholen.

Zunächst einmal möchte ich Ihnen, liebe Samiah El Samadoni, auch im Namen der Landesregierung von Herzen für die Arbeit danken, die Sie mit Ihrem Team leisten.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt CDU)

Wenn man Ihren Bericht liest, dann ist es wirklich egal, welche Beispiele man herausgreift, es ist egal, ob es um Menschen mit Handicap geht, ob es um Diskriminierung wegen des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Hautfarbe oder der Herkunft geht: Ich sage an dieser Stelle für diese Landesregierung klipp und kar, dass jeder einzelne Fall von Diskriminierung hier in Schleswig-Holstein von uns gemeinsam aufs Schärfste verurteilt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt CDU)

Mich hat nachdenklich gestimmt, was die Abgeordnete Touré gesagt hat. Wir haben uns nicht an die Antidiskriminierungsstelle gewandt, aber ich höre diese Sätze ja schon mein ganzes Leben lang: Jeder ist doch frei, so zu sein, wie er ist. Damit geht relativ häufig auch ein Stück Gleichgültigkeit einher. Auch wenn das vielleicht gar nicht so gemeint ist, wird den Menschen ein Stück Gleichgültigkeit ins Gesicht geschleudert.

Ich habe vor eineinhalb Jahren mit meinem Mann hier in Schleswig-Holstein etwas erlebt, bei dem

ich nicht gedacht habe, dass ich so etwas mit meinen damals doch schon über 50 Jahren einmal erleben würde. Wir sind gemeinsam in ein Fitnessstudio gegangen, weil wir eine Mitgliedschaft für meinen Mann erwerben wollten, der auch homosexuell ist

(Zurufe - Heiterkeit)

und dann auch noch anders aussieht. Er hat eine dunkle Hautfarbe. Heute können wir beide darüber lachen, und Sie lachen ja mit uns. Ich mache es kurz: Er hat keine Mitgliedschaft bekommen. Auf mehrfache Nachfrage meinerseits, warum das nicht möglich ist, ihn zumindest für die Zeit, für die er in Deutschland ist, dort trainieren zu lassen, sagte uns eine junge Dame ziemlich frech ins Gesicht: „Das wisst ihr warmen Brüder doch schon.“

Ich habe so etwas lange nicht mehr gehört, und ich kann nach vielen Jahren und Jahrzehnten mit solchen Beschimpfungen, glaube ich, ganz gut damit umgehen. Mein Mann konnte es nicht. Und da habe ich mir zum ersten Mal die Frage gestellt: Was macht das eigentlich mit Menschen? Das war nur ein Beispiel, das war, zugegeben, ein sehr persönliches Beispiel. Aber was macht es mit Menschen mit Handicap? Was macht es mit Menschen, die eine andere Hautfarbe haben, mit Menschen einer anderen geschlechtlichen Identität, wenn man ihnen in diesem Land so begegnet?

Ich möchte diese Debatte und diese Chance einfach nutzen, einen Aufruf zu machen jenseits von allen notwendigen Diskussionen, die wir auch innerhalb der Landesregierung geführt haben und immer noch führen. Ich bin unglaublich dankbar, dass wir der Bundesratsinitiative mehrerer Länder beigetreten sind, Artikel 3 des Grundgesetzes um die geschlechtliche Identität zu ergänzen.

Neben all diesen notwendigen Diskussionen möchte ich die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner zu Zivilcourage auffordern. Denn neben rechtlichen Rahmenbedingungen liegt es an jeder und an jedem von uns allen, ein solches Klima nicht nur nicht zu dulden, sondern gemeinsam für ein noch besseres Klima für alle Menschen in diesem Land zu arbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Die Würde des Menschen ist unantastbar, und das gilt für alle Menschen. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall im ganzen Haus)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Der Tagesordnungspunkt ist erledigt.

Ich unterbreche die heutige Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung 13:12 bis 15:04 Uhr)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren, wir wollen fortfahren. Wenn Sie bitte Ihre Plätze einnehmen. - Begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Kulturmittler und Kulturmittlerinnen der Volkshochschule Rendsburg, Schüler und Schülerinnen des Berufsbildungszentrums Ostholstein in Oldenburg sowie Schüler und Schülerinnen des Gymnasiums Glinde. - Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall)