Ich höre häufig: Arp, erzähle uns doch nicht immer etwas von der A 20! Die Weiterführung kommt doch sowieso nicht! - Das ist die Frage der Glaubwürdigkeit. Natürlich wird die Weiterführung kommen! Sie wird in jedem Fall kommen. Die Kosten werden sich im Laufe dieser 20 Jahre allerdings mehr als verdoppelt haben. Auch das müssen wir den Menschen erklären.
Klar ist: Das liegt an unserem Planungsrecht, das anders ist als das in anderen Ländern der Welt. Insoweit haben wir Nachholbedarf; das haben wir mehrfach festgestellt. An der Reform des Planungsrechts müssen wir festhalten, daran muss sich etwas ändern.
Eine zweite Diskussion wird immer wieder angestoßen, die um den sogenannten Krause-Bogen. Herr Krause ist ja jüngst auf andere Art und Weise berühmt geworden. Der Krause-Bogen wurde damals bewusst vorgesehen. Ursprünglich sollte die Elbquerung bei Haseldorf erfolgen.
Warum sollte sie bei Haseldorf erfolgen, und warum fiel am Ende die Entscheidung für Glückstadt? Weil der Raum als zu urban angesehen wurde und bei Glückstadt mehr Platz ist. Das Ziel war aber von Anfang an die Umquerung von Hamburg. Es ging nicht um eine Infrastrukturmaßnahme, die der Westküste nutzen sollte. Hamburg hat es, anders als andere Metropolen, über Jahrzehnte hinweg versäumt, einen äußeren Ring zu bauen. Deshalb war unsere Forderung - sie lautet immer noch so -, die westliche und die östliche Umfahrung von Hamburg zu realisieren, um den Ring um Hamburg zu schließen. Das ist unsere Position. Wir halten daran fest, weil sie vernünftig ist. Es ist verkehrspolitisch vernünftig, so dicht wie möglich an Hamburg heranzukommen.
Auch das will ich Ihnen noch einmal erklären: Der Elbtunnel ist ausgelastet. Es wird keine zusätzlichen Röhren in Hamburg geben. Die A 7 hat Fakten geschaffen. Wir können nicht aus den sechs Spuren dort irgendwann acht Spuren machen. Dort ist Ende! Mehr Verkehr kann nicht durch den Elbtunnel geführt werden, sei es von Norden oder von Süden.
Die Umfahrung dient auch dazu, den Elbtunnel zu entlasten. Das ist insbesondere für die Pendler, die jeden Tag nach Hamburg hinein- beziehungsweise aus Hamburg herausfahren müssen, wichtig, fördert aber auch die Verbindung zwischen Skandinavien, Schleswig-Holstein und Zentraleuropa. Die Umfahrung kann nur dicht an Hamburg erfolgen. Die Querung kann nur bei Glückstadt und Drochtersen erfolgen. Im Interesse der Pendler und aller Menschen, die zu unserem Bruttosozialprodukt beitragen, müssen wir uns dafür einsetzen, dass mit dem Bau so schnell wie möglich begonnen wird.
Meine Forderung an alle Beteiligten, insbesondere an die Umweltverbände, ist, sich konstruktiv an diesem Prozess zu beteiligen - darüber würden wir uns sehr freuen - und nicht bei jeder vorgesehenen Maßnahme gleich nach Leipzig zu rennen. Alle Beteiligten sollten sich fragen: Was ist das Beste für die Umwelt? Was ist das Beste für die Natur? Wie schaffen wir es am schnellsten, die Baumaßnahme zu realisieren, auch mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft zu unterstützen? - Wenn wir diesen Konsens auch hier herstellen könnten, wäre das ein riesiger Erfolg. Dann hätte dieser Antrag sogar noch einen Sinn, Herr Kollege Vogel. Ich bedanke mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, wir haben einen Koalitionsvertrag geschlossen. Darin haben wir klar vereinbart, dass die A 20 weitergebaut wird, und zwar auf dieser Trasse. Wir haben diesen Koalitionsvertrag unterschrieben. 85 % unserer Delegierten haben dem auf einem Parteitag zugestimmt. Insofern erkläre ich hier deutlich: Wir sind koalitionstreu. Für uns gibt es in der Frage, ob es eine Ost-WestVerbindung geben muss, keinerlei Diskussion.
wie die Situation aussieht. Mit Wirkung ab 1. Januar 2020 und damit ein Jahr früher, als wir im Koalitionsvertrag vorgesehen haben, ist die Aufgabenübertragung an die DEGES, die ja in die neue Autobahninfrastrukturgesellschaft eingehen wird, erfolgt. Dafür darf ich mich auch bei Herrn Dr. Buchholz bedanken. Die Planung ist hier bisher mit einer solchen Professionalität erfolgt, dass sie jetzt von der DEGES weitergeführt werden kann.
In den Gesprächen, die wir mit der DEGES geführt haben, ist übrigens deutlich geworden, dass auch dort hohe Sensibilität für die Umweltbelange und die Frage der Ausgleichsmaßnahmen herrscht. Wir sollten nicht den Vorwurf erheben, dass Naturschützer von vornherein Unrecht hätten, wenn sie vor Gericht klagen. Wir sind in einem konkreten Fehlerbeseitigungsverfahren. Wir sollten jetzt auch nicht danach rufen, das Planungsrecht neu zu gestalten. Ich betone: Wir sind in einer gerichtlichen Auseinandersetzung, in einem Fehlerbeseitigungsverfahren; es wird abgearbeitet. Wir leben in einem Rechtsstaat. Das Verfahren läuft nach den vorgesehenen Fristen ab. - Das ist der aktuelle Stand.
Nachdem eine Kollegin im Deutschen Bundestag eine Kleine Anfrage an Herrn Scheuer zu der Kostenentwicklung der Infrastrukturprojekte in Deutschland gestellt hatte, wurde ich gefragt: Was halten Sie davon, dass die Kosten für den Weiterbau der A 20 von 3 Milliarden € auf schätzungsweise 4 Milliarden € steigen? - Darauf habe ich geantwortet: Das ist eine ganz schön teure Tasse Tee.
Dann bin ich gefragt worden, was denn die Auffassung der Grünen sei. Meine Damen und Herren, diese Auffassung trage ich hier schon seit zehn Jahren vor; sie ist auch in unserer Bundespartei bekannt. Wir sagen, dass die alte Form des Bundes
verkehrswegeplans ungeeignet ist. Bisher ist es so, dass Projekte aufgenommen werden, von denen im Grunde weiß, dass sie in den nächsten 30 Jahren nicht umgesetzt werden. Man hat nicht einen Moment daran gedacht, ein moderneres Instrumentarium zu erfinden. In der sogenannten Bodewig-Kommission wurde das vorgeschlagen. Man war zu der Überzeugung gelangt, dass wir nicht einen Bundesverkehrswegeplan brauchen, sondern einen Bundesmobilitätsplan, der von Experten aufgestellt wird.
- Ja, der von Experten aufgestellt wird, Herr Kollege. - Damit käme diese Frage aus der politischen Debatte heraus. Im Interesse einer guten Abwägung könnte man vielleicht auch neue Planungsmöglichkeiten nutzen. Ich verweise auf die Planungszirkel, die in Frankreich entstanden sind. Es sollte vermieden werden, dass bei Infrastrukturprojekten erst hinterher geklagt wird. Dieser Vorschlag ist von dem Nachfolger, Herrn Dobrindt, nicht umgesetzt worden; er hat auf diesen Ratschlag nicht gehört. Daher folgt die Große Koalition weiterhin dem Bundesverkehrswegeplan, obwohl nach wie vor unklar ist, wie die Projekte finanziert werden.
Auch Sie wissen: Die Maßnahmen im Infrastrukturplan sind mit Geld unterlegt. Nur wenn die Maßnahme im vom Deutschen Bundestag beschlossenen Haushaltsgesetz unterlegt ist, gibt es eine Projektfinanzierung. Für den Weiterbau der A 20, die 4 Milliarden € kosten würde, gibt es noch keine Finanzierungsvereinbarung und damit keine Finanzierungssicherheit. - Das habe ich gesagt.
Ich wurde dann gefragt, was denn die Position der Grünen in den nächsten Wahlkämpfen und generell sei. Ich habe geantwortet: Angesichts des Klimawandels und der sonstigen Herausforderungen müssen wir die Verwendung eines jeden Euros an Steuergeld begründen können.
Das gilt nicht nur für die A 20, sondern für alle Projekte im Kontext der deutschen Infrastrukturplanung. Wir können nicht mit den Lösungen von vor 30 Jahren die Probleme der nächsten 30 Jahren lösen. Wenn ich die Klimaforscher richtig verstehe, dann sagen sie uns: Ihr müsst integrierte Konzepte fahren. Ihr müsst mehr für den öffentlichen Nahverkehr tun. Ihr müsst mehr für klimagerechte Infrastruktur tun. - Nichts anderes habe ich der Presse gesagt.
Meine Damen und Herren, wir alle sind in der Verantwortung, wenn es um die Frage geht, wie es mit der Infrastruktur in den nächsten Jahren weitergehen soll. Dazu werden wir auch im nächsten Bundestagswahlkampf Ideen und Konzepte vorstellen. Die Wählerinnen und Wähler haben sich dann zu entscheiden, welches Lösungskonzept sie für schlechter oder für besser halten. Auch das habe ich nicht zurückzunehmen.
Herr Vogel, Sie haben auf den Vorschlag zu Drochtersen-Glücksstadt hingewiesen. Ja, den haben wir unterbreitet, aber deshalb, weil wir Grünen eben nicht die Ost-West-Verbindung infrage stellen.
Wir haben auch konstruktiv an dem Vorschlag einer Westumfahrung gearbeitet. Wir haben uns nicht verweigert, sondern sind einem konstruktiven Vorschlag gefolgt. Diese Idee ist nicht allgemein mitgetragen worden. In der Küstenkoalition war sie nicht konsensfähig, bei Jamaika ist sie nicht konsensfähig. Aber gut, so ist das mit Vorschlägen. Einige finden sie gut, andere nicht.
Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. - Ich habe hier noch einmal verdeutlicht, dass wir den Koalitionsvertrag nicht infrage stellen. Wir haben einen Antrag eingereicht, den wir mit den Stimmen der Grünen und der gesamten JamaikaKoalition heute verabschieden werden. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der SPD-Fraktion ausgesprochen dankbar für ihren Dringlichkeitsantrag. Ich bin es nicht nur deshalb, weil ich dadurch endlich einmal wieder in diesem Hohen Hause zur A 20 sprechen darf - auch wenn es vermutlich meine hundertste Rede dazu ist, obwohl darüber mittlerweile ein bisschen seltener gesprochen wird -, sondern auch deshalb, weil durch diese Debatte sehr klar herausgearbeitet wird, wer von den politischen Kräften hier im Land eigentlich wirklich Interesse daran hat, dass die A 20, dieses wichtige Infrastrukturprojekt, endlich fertiggestellt wird, und wer kein Interesse daran hat.
Die Grünen haben dieses Interesse erklärtermaßen nicht. Das hat der Kollege Dr. Tietze gerade sehr deutlich gemacht. Das ist auch völlig in Ordnung.
Herr Dr. Stegner, zum Thema Koalitionsvertragspoesie: Anders als die letzte Koalition hat diese die komplette Planung und den schnellstmöglichen Weiterbau der gesamten Strecke glasklar im Koalitionsvertrag vereinbart. Ich kann mich an die teilweise sehr lebhaften Verhandlungen mit dem geschätzten Kollegen Dr. Tietze und weiteren Kolleginnen und Kollegen noch sehr gut erinnern. Insbesondere bei der Passage des Koalitionsvertrags zur A 20 gibt es nun wirklich keinen Interpretationsspielraum. Noch entscheidender ist, Herr Dr. Stegner: Wir handeln auch danach.
- Sie kommen gleich noch dran. - Insofern ist Andreas Tietze sein medialer Aufschlag zwar durchaus geglückt; aber ich möchte noch einmal sehr deutlich sagen: Es war auch nur ein erneuter medialer Aufschlag. Sein grüner Weg nach Westen ist nicht unser Weg. Er hat seinen Vorschlag schon in der letzten Wahlperiode vorgebracht; ich habe es schon damals sehr pointiert kommentiert. Ich habe es diesmal aus freundschaftlichen Gründen etwas freundlicher gemacht.