Aber wenn es um Bürokratie geht, müssen wir uns auch immer wieder die Frage stellen: Wofür gibt es Bürokratie? Als Finanzpolitiker sage ich: Es geht immer darum, Steuergelder auszugeben. Es handelt sich nicht um Skepsis, wenn wir den Tierheimen sagen: Sie müssen auch gewisse Kriterien einhalten und gewisse Standards setzen, wenn es darum geht, wie Steuergelder ausgegeben werden.
Eine ganz andere Debatte ist: Wir finden es richtig, statt einer 28-Tage-Regelung eine 90-Tage-Regelung einzuführen, weil die Tierheime die Tiere laut BGB ohnehin für ein halbes Jahr behalten müssen. Gegebenenfalls müssen die Tiere wieder ihrer ursprünglichen Familie gegeben werden, auch wenn sie vorher ein paar Wochen lang bereits in einer anderen Familie waren. Hier gilt es politische Entscheidungen zu treffen, welche Empfehlungen man aussprechen möchte. Aber das ist etwas anderes als Bürokratieabbau, der ohnehin nicht so schlimm ist.
Viele von Ihnen sind kommunalpolitisch aktiv, und all die hier vertretenen Parteien sind kommunalpolitisch erfolgreich. Die Tierheime erhalten für die sichergestellten Tiere von den Kommune häufig nicht besonders viel Geld. Die Kommunen sind in der Regel bereit, mehr Geld für den Parkplatz eines sichergestellten Autos auszugeben als für einen sichergestellten Hund. Hier gehen die Werte auseinander. Hier kann man politisch, kommunalpolitisch ansetzen und sagen: Für einen sichergestellten Hund gebe ich mindestens so viel aus wie für ein paar Quadratmeter Beton. - Vielen Dank.
Für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke Ihnen zunächst einmal für diese gute und wichtige Debatte. Die Tierschutzvereine und Tierheime in Schleswig-Holstein leisten für den praktischen Tierschutz einen zentralen Beitrag. Unter anderem unterstützen sie die Kommunen in ihrer Aufgabe, aufgefundene und abgegebene Tiere artgerecht unterzubringen und zu versorgen. Wenn eine Kommune nicht über die geeigneten Möglichkeiten verfügt, die Unterbringungen von Fundtieren sicherzustellen, können sie zu diesem Zweck Tierschutzvereine und Tierheime beauftragen. Dann tragen die Kommunen die notwenigen Kosten für die Unterbringung und Pflege der Fundtiere. Das ist die gängige und seit jeher gelebte Praxis in Schleswig-Holstein.
Unsere Tierheime nehmen nicht nur Fundtiere auf, sie kümmern sich auch um Tiere, die aus unterschiedlichen Gründen abgegeben werden. Ein Großteil dieser Tätigkeit der Tierheime wird durch Spenden finanziert. Insbesondere die Unterstützung durch die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer macht diese Arbeit erst möglich.
2018 hat der Schleswig-Holsteinische Landtag deshalb beschlossen, eine großzügige Summe zur Unterstützung der Tierheime zur Verfügung zu stellen. In der Folge hat mein Haus in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium eine Förderrichtlinie erarbeitet, damit diese Mittel verausgabt werden können. Bereits 2018 konnten die ersten Tierheime Gelder für Baumaßnahmen und Anschaffungen erhalten. Da meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in engem Austausch mit den Tierheimen stehen, wurde ihnen bereits kurz nach Inkrafttreten der Richtlinie der Wunsch nach vereinfachten Förderbedingungen mitgeteilt.
Diesem Wunsch sind wir im Rahmen des zuwendungsrechtlich Möglichen gern nachgekommen. Damit konnte die Förderquote von 36 % auf 70 % verbessert werden. Die Vereinfachung für kleine Projekte unter 10.000 € hat zudem deutliche Wirkung gezeigt. Noch im Februar dieses Jahres wird es erneut Gespräche mit den Akteuren geben, um nach weiteren Verbesserungen im Förderverfahren zu suchen.
Klar ist aber auch, wenn Sie, Lars Harms, jetzt von einer systematischen Aushöhlung politischen Willens sprechen, dass dies meines Erachtens schon an Beleidigung der engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tierschutzreferat grenzt.
Denn die stehen in ständigem Austausch mit den betroffenen Tierheimen und sorgen in einer nahezu Eins-zu-eins-Betreuung mit bestem Wissen und Gewissen dafür, dass diese Mittel auch tatsächlich in Anspruch genommen werden.
Klar ist auch, dass wir uns gemeinsam wünschen, dass möglichst viele der Mittel, die zur Verfügung stehen, auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Die Herausforderungen sind groß. Gerade auf der Grünen Woche berichtete der Deutsche Tierschutzbund vom sogenannten Animal Hoarding, einer Tiersammelsucht, bei der Menschen Tiere in großer Zahl halten, sie aber eben nicht mehr angemessen versorgen und das auch nicht selbst erkennen. Der Deutsche Tierschutzbund berichtet, dass im Jahr 2018 59 solcher Tierhaltungen mit insgesamt 3.900 Tieren aufgelöst worden sind, von denen sich viele in miserablem Zustand befunden haben. Diese 3.900 Katzen, Kaninchen oder andere Heimtiere müssen in Tierheimen untergebracht und dort behandelt und versorgt werden. Aber wohin sollen diese Tiere vermittelt werden? Die Tierheime stehen ohne Zweifel vor einer enormen Aufgabe, bei der sie unterstützt werden müssen. Diese Frage geht weit über das hinaus, was mit unseren Fördertöpfen in der Sache erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren, es ist mir ein persönliches Anliegen: Sprechen Sie mit uns und den Tierheimen über die Tierheimförderungen, damit viele Heime sie in Anspruch nehmen können und es finanziell ein wenig leichter haben, mit ihren Aufgaben zurechtzukommen. Und noch eine Bitte: keine Angst vor der Antragstellung! Wie bereits in den vorvergangenen Jahren stehen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Antragstellern im Grunde genommen rund um die Uhr zur Seite.
Dem engagierten Einsatz meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es deshalb auch zu verdanken, dass wir von den gestellten Anträgen tatsächlich einen Großteil bewilligen konnten. Das ist der entscheidende Punkt. Wenn Sie mehr erreichen wollen als das, was mit dem Vergaberecht, dem Ausschreibungs- und Bewilligungsrecht möglich ist, müssen Sie diese Regeln ändern. Das steht Ihnen natürlich frei. Aber werfen Sie nicht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor, dass sie die Regeln, die hier im Landtag ebenso wie die auf Bundes- und Europaebene verabschiedet worden sind, angewendet haben. Das wäre ein Problem.
Wir müssen uns darum bemühen, die Regelungen zu vereinfachen, wo es geht, aber wir können nicht die Regelungen des Vergaberechts, der Haushaltsordnung und so weiter sozusagen erst auf diejenigen abladen, die sie anwenden müssen, und ihnen danach einen Vorwurf daraus machen, dass sie diese am Ende auch anwenden. Das wäre nicht richtig.
Wir suchen nach praktikablen Lösungen, und daran müssen wir weiter gemeinsam arbeiten. Ich freue mich, dass in den Fraktionen intensiv nach praktikablen Regelungen gesucht wird. Ich bin jederzeit bereit, diese bei der Gestaltung der Förderrichtlinie zu berücksichtigen, soweit das mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vereinbar ist.
Denn für unsere Tierheime stellt jede Unterstützung, die wir tatsächlich leisten können, einen entscheidenden Beitrag dar. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen. - Herzlichen Dank.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1916 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag einstimmig überwiesen worden.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Vereinigung der Pflegekräfte in Schleswig-Holstein (Pflegekräftevereinigungsge- setz - PfleVG)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die AfD-Fraktion dem Abgeordneten Claus Schaffer das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Die Petition gegen den Fortbestand der Pflegeberufekammer war der Anfang, die landesweiten Proteste der Beschäftigten in den Pflegeberufen gegen den Kammerzwang gehen auch im Jahr 2020 weiter. So haben erst am 6. Januar 2020 etwa 300 Pflegekräfte ihren Unmut über die Pflegeberufekammer vor Ort in Neumünster lautstark kundgetan. „Jetzt erst Recht!“ war der Tenor der Abschlusskundgebung. Damit haben sie auch Recht. Die Pflichtmitgliedschaften mit den Pflichtbeiträgen sind die Hauptkritikpunkte an der Pflegeberufekammer, und diese bestehen ungeachtet der Proteste weiter.
Die Jamaika-Koalition hatte sich noch vor Weihnachten letzten Jahres auf einen im wahrsten Sinne des Wortes faulen Kompromiss verständigt. Die Pflegeberufekammer bekommt als Anschubfinanzierung noch einmal 3 Millionen €, um auf die Einziehung der Zwangsmitgliedschaftsbeiträge für das Jahr 2019 verzichten zu können. Den Zuschuss soll es aber nur geben, wenn es Anfang 2021 eine Urabstimmung über den Fortbestand der Pflegeberufekammer gibt. Bis dahin soll die Kammer ihre Arbeitsfähigkeit und ihren Nutzen unter Beweis stellen.
Aber diese zusätzlichen 3 Millionen € seien nicht ausreichend, das Geld reiche lediglich für die Beitragsfreiheit der rund 28.000 registrierten Pflichtmitglieder für das Jahr 2019. - Das ist eine Aussage der Pflegeberufekammer selbst. Mit anderen Worten: Die Mitglieder haben ein Jahr zahlungsbefreiten Aufschub bekommen und mögen jetzt bitte den Protest beenden.
Die PBK selbst hält so gerade einmal den Status quo. Eine Arbeitsfähigkeit oder ein Nutzen wird so nicht zu belegen sein. Das war vorher nicht der Fall,
Genau das haben auch die Pflegekräfte erkannt. Sie lassen sich ihr Schweigen auch nicht weiter erkaufen. Die Proteste gehen also weiter, und sie zielen tatsächlich auf eine Abschaffung der Pflegeberufekammer ab.
Die AfD-Fraktion hat den Pflegekräften in unserem Land versprochen, einen eigenen Gesetzentwurf zur Pflegeberufekammer in den Landtag einzubringen. Wir halten selbstverständlich unser Wort. Unser Gesetzentwurf sieht genau das vor, was die Pflegekräfte im Land vollkommen zu Recht fordern: keine Zwangsmitgliedschaft und keine Pflichtbeiträge.
Unser Gesetzentwurf sieht eine rein freiwillige Mitgliedschaft und eine vollkommene Beitragsfreiheit vor. Deshalb sprechen wir auch nicht von einer Kammer, sondern von einer Vereinigung der Pflegekräfte. Unsere Initiative sieht die Vereinigung der Pflegekräfte als Körperschaft des öffentlichen Rechts vor. Das kann auch nicht anders sein. Die Finanzierung erfolgt aus dem Landeshaushalt, und angesichts der staatlichen Aufgaben, die diese Vereinigung der Pflegekräfte übernimmt und damit den Landeshaushalt sogar entlastet, aber vor allem angesichts der Leistungen, die unsere Pflegekräfte täglich erbringen, sollte dies doch eine Selbstverständlichkeit sein.
In Bayern reichen bei einer vergleichbaren Vereinigung 950.000 € pro Jahr aus. Wir müssen also keine 3 Millionen € Anschub für ein stillstehendes Konstrukt aufbringen.